Der Zusammenhang zwischen Körper und Geist und der Spaltung ebendieser Instanzen beschäftigt nicht nur die Medizin, sondern auch die Literatur, in dem Versuch, das nicht Sichtbare zu verstehen. Unter der Verwendung diverser Mittel verarbeiten Schriftsteller wie E.T.A. Hoffmann und Robert Louis Stevenson im 19. Jahrhundert sowohl Ursachen, als auch verschiedene Formen der Darstellung innerer Gespaltenheit. Das Auftauchen eines sogenannten Doppelgängers wird als eines der häufigsten Mittel genutzt, kann diese Figur doch sowohl als Ursache, als auch als Ausdruck einer seelischen Störung verwendet werden.
Hoffmann nimmt in seinem Roman Die Elixiere des Teufels das Vererben einer seelischen Krankheit auf, die an dieser Stelle als ein Fluch des Teufels dargestellt wird. Das Wissen um diesen Fluch, gekoppelt mit dem Trinken der teuflischen Elixiere, kann eine bereits vorhandene, unauffällige Psychose mittels eines ebensolchen Placebo Effekts herbeiführen. Auch in Der Sandmann entscheidet ein Kindheitstrauma über den Verlauf des weiteren Lebens des Protagonisten, welches einzig auf die Angst ausgerichtet ist, das Trauma erneut erleben zu müssen. Hoffmann lässt seine Protagonisten ihre jeweiligen Symptome auf jene fiktiven Motive projizieren, sodass schließlich die Krankheit selbst einen fiktiven Charakter erhält und auf den Rezipienten nahezu widernatürlich erscheint.
Dem gegenüber steht Stevenson, der sich als einer der ersten seiner Zeit mit dem Phänomen der Doppelexistenz beschäftigt und das visuell verdeutlicht, was in dem Geist jener Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung geschieht: Das Annehmen einer fremden Identität, einer fremden Verhaltensweise, eines fremden Charakters. Die unterschiedlichsten Ursachen sind denkbar und während Hoffmann die realen Ursachen mittels Motiven, die es auf die Realität zu übertragen gilt und die sich mit dem Glauben der Welt vor einigen Hundert Jahren decken, verschleiert, präsentiert Stevenson einen medizinischen Ansatz, welcher die Persönlichkeitsspaltung als solche darstellt. In diesem Fall ragen vorangegangene Gefühle wie das Gefühl der Unzugehörigkeit und Fremde zu dem eigenen Körper, Gefangenschaft im eigenen Körper und der damit verbundene Wunsch der Freiheit heraus. Was Dostojewski mittels eines zwillingshaften Doppelgängers darstellt, verdeutlicht Stevenson in einer unabhängigen, zweiten Person, die losgelöst von Aussehen und Identität erscheint und somit glaubt, von jeglichen Konsequenzen befreit zu sein.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Darstellung der Schizophrenie in der Geschichte
- Die Darstellung von Schizophrenie in der Literatur
- Die Darstellung von Schizophrenie im Motiv des Doppelgängers
- Darstellungsformen
- Reaktionen der Umgebung
- Die Darstellung von Schizophrenie bei E.T.A. Hoffmann
- Die Elixiere des Teufels
- Der Sandmann
- Die Darstellung von Schizophrenie bei Robert Louis Stevenson
- Dr. Jekyll und Mr. Hyde
- Realitätsbezug
- Die Darstellung von Schizophrenie im Motiv des Doppelgängers
- Conclusio
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung von Schizophrenie und verwandten psychischen Störungen in der Literatur, insbesondere im 19. Jahrhundert. Sie analysiert, wie Schriftsteller wie E.T.A. Hoffmann und Robert Louis Stevenson das Thema der inneren Zerrissenheit und der Spaltung des Selbst literarisch verarbeiten. Ein Vergleich mit medizinhistorischen Ansätzen zur Betrachtung dieser Erkrankungen soll die Parallelen und Unterschiede zwischen literarischer und medizinischer Perspektive aufzeigen.
- Die literarische Darstellung der Schizophrenie und verwandter Störungen
- Das Motiv des Doppelgängers als Ausdruck innerer Zerrissenheit
- Vergleich der literarischen Darstellungen mit medizinhistorischen Ansätzen
- Analyse der Motive und Ursachen für die psychischen Störungen in den ausgewählten Werken
- Die Rolle fiktiver Elemente in der Darstellung psychischer Krankheiten
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Darstellung von psychischen Störungen, insbesondere der Schizophrenie und der multiplen Persönlichkeitsstörung, in der Literatur ein. Sie hebt die Bedeutung des Motivs des Doppelgängers als Ausdruck innerer Zerrissenheit hervor und kündigt den Vergleich zwischen literarischen und medizinhistorischen Ansätzen an. Die Arbeit fokussiert auf die Werke von E.T.A. Hoffmann und Robert Louis Stevenson, analysiert deren Darstellung innerer Spaltung und untersucht die Rolle fiktiver Elemente in der Darstellung psychischer Krankheiten. Der Schwerpunkt liegt auf der Erforschung der Parallelen zwischen den literarischen Interpretationen und dem medizinischen Verständnis von psychischen Erkrankungen. Der Einfluss von Kindheitstraumata und die Rolle des Glaubens im Kontext der Psychose werden als wichtige Aspekte hervorgehoben.
Die Darstellung der Schizophrenie in der Geschichte: Dieses Kapitel bietet einen historischen Überblick über die Definition und das Ansehen von Schizophrenie in verschiedenen Epochen. Es beleuchtet die Entwicklung des medizinischen Verständnisses der Erkrankung, von mystischen und religiösen Erklärungsansätzen bis hin zu modernen medizinischen Definitionen. Es werden Symptome der Schizophrenie wie Halluzinationen, instabiles Gefühlsleben und das Gefühl der Fremdheit im eigenen Körper beschrieben. Das Kapitel betont die Schwierigkeiten, Schizophrenie von einer multiplen Persönlichkeitsstörung abzugrenzen, insbesondere im Kontext der Literaturanalyse. Der historische Kontext der Behandlung und der Wahrnehmung der Erkrankung wird in Bezug auf die literarischen Darstellungen gesetzt.
Die Darstellung von Schizophrenie in der Literatur: Dieses Kapitel analysiert die Darstellung von Schizophrenie in literarischen Werken des 19. Jahrhunderts. Es konzentriert sich auf das Motiv des Doppelgängers als zentrales Element in der Darstellung innerer Zerrissenheit und Spaltung des Selbst. Der Einfluss von E.T.A. Hoffmann und Robert Louis Stevenson wird im Detail untersucht. Das Kapitel diskutiert verschiedene Darstellungsformen des Doppelgängers und analysiert die Reaktionen der Umgebung auf die dargestellten psychischen Störungen. Es wird auf die unterschiedlichen literarischen Strategien eingegangen, wie z.B. die Verwendung von fiktiven Motiven wie mächtigen Tränken oder verzauberten Gegenständen, zur Darstellung der Krankheit. Die Arbeit untersucht die Parallelen zwischen der Entstehung, dem Verlauf und dem Ende der Krankheit in den literarischen Texten und dem realen medizinischen Verständnis.
Schlüsselwörter
Schizophrenie, multiple Persönlichkeitsstörung, Doppelgänger, E.T.A. Hoffmann, Robert Louis Stevenson, innere Zerrissenheit, psychische Krankheit, Literatur, Medizin, Identitätsverlust, Paranoia, Realitätsbezug, fiktive Motive.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Darstellung von Schizophrenie in der Literatur
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Darstellung von Schizophrenie und verwandten psychischen Störungen, insbesondere der multiplen Persönlichkeitsstörung, in der Literatur des 19. Jahrhunderts. Der Fokus liegt auf der Analyse, wie Schriftsteller die innere Zerrissenheit und die Spaltung des Selbst literarisch verarbeiten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Vergleich zwischen literarischen und medizinhistorischen Ansätzen.
Welche Autoren stehen im Mittelpunkt der Analyse?
Die Arbeit konzentriert sich auf die Werke von E.T.A. Hoffmann und Robert Louis Stevenson, deren literarische Interpretationen der inneren Spaltung im Vergleich zum medizinischen Verständnis psychischer Erkrankungen analysiert werden.
Welche zentralen Motive werden untersucht?
Ein zentrales Motiv ist der Doppelgänger, der als Ausdruck innerer Zerrissenheit interpretiert wird. Die Arbeit analysiert verschiedene Darstellungsformen des Doppelgängers und die Reaktionen der Umgebung auf die dargestellten psychischen Störungen. Auch der Einfluss von fiktiven Elementen (z.B. Tränke, verzauberte Gegenstände) in der Darstellung der Krankheit wird untersucht.
Wie wird der historische Kontext berücksichtigt?
Die Arbeit beinhaltet einen historischen Überblick über die Definition und das Ansehen von Schizophrenie in verschiedenen Epochen. Sie beleuchtet die Entwicklung des medizinischen Verständnisses der Erkrankung von mystischen und religiösen Erklärungsansätzen bis hin zu modernen Definitionen. Der historische Kontext der Behandlung und Wahrnehmung der Erkrankung wird in Bezug auf die literarischen Darstellungen gesetzt.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Darstellung der Schizophrenie in der Geschichte, ein Kapitel zur Darstellung von Schizophrenie in der Literatur (mit Unterkapiteln zu Hoffmann und Stevenson sowie dem Motiv des Doppelgängers), und eine Conclusio. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Zusammenfassung und Analyse der jeweiligen Aspekte.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Schizophrenie, multiple Persönlichkeitsstörung, Doppelgänger, E.T.A. Hoffmann, Robert Louis Stevenson, innere Zerrissenheit, psychische Krankheit, Literatur, Medizin, Identitätsverlust, Paranoia, Realitätsbezug, fiktive Motive.
Wie werden literarische und medizinische Perspektiven verglichen?
Die Arbeit vergleicht systematisch die literarischen Darstellungen von Schizophrenie und verwandten Störungen mit den medizinhistorischen Ansätzen. Ziel ist es, Parallelen und Unterschiede zwischen literarischer und medizinischer Perspektive aufzuzeigen. Der Einfluss von Kindheitstraumata und die Rolle des Glaubens im Kontext der Psychose werden ebenfalls als wichtige Aspekte hervorgehoben.
Welche konkreten Werke von Hoffmann und Stevenson werden analysiert?
Bei E.T.A. Hoffmann werden "Die Elixiere des Teufels" und "Der Sandmann" analysiert. Bei Robert Louis Stevenson steht "Dr. Jekyll und Mr. Hyde" im Fokus.
- Quote paper
- Julia Anna Jagalski (Author), 2014, Die Darstellung von Schizophrenie in der Literatur. E.T.A. Hoffmann und Robert Louis Stevenson, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/285554