Die Entwicklung der Jugendkriminalität steht seit einigen Jahren verstärkt im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Auftrieb hat die öffentliche Diskussion in den letzten Jahren durch Berichte über Wiederholungstäter wie den bekannten Münchener „Mehmet“, sowie in jüngster Zeit aufgrund Meldungen über die zunehmende Brutalität und den Sittenverfall an Berliner Schulen, erfahren. Aufgrund solcher Vorfälle wird auch die öffentliche Diskussion um die Effizienz und Angemessenheit des Jugendstrafrechts neu entfacht. In der Öffentlichkeit herrscht Unverständnis über die „Vergnügungen, in deren Genuss die Verbrecher kommen“ , wenn sie trotz mehrerer Straftaten auch noch mit (erlebnis-) pädagogischen Maßnahmen belohnt werden. Forderungen nach einer Verschärfung des Strafrechts werden laut.
Die vorliegende Arbeit thematisiert das Phänomen der so genannten Mehrfach- und Intensivtäter als besondere Erscheinungsform innerhalb der Jugendkriminalität. Diese Problematik wird in den Kontext jugendstrafrechtlicher Reformbewegungen gestellt.
Zunächst gibt der erste Teil der Arbeit einen Überblick über das Jugendstrafrecht und die einzelnen Reformen, aus denen das für die heutige Jugendstrafrechtspraxis grundlegende Jugendgerichtsgesetz hervorging. Exemplarisch werden als Ergebnisse der Reformen die Diversion und der Täter- Opfer- Ausgleich thematisiert.
Im zweiten Teil wird die Gruppe der Mehrfach- und Intensivtäter in relevanten Aspekten umschrieben, um ein ganzheitliches Bild dieses Tätertypus zu entwerfen. Da-bei werden die Probleme, die sich im Umgang mit dieser Gruppe für die Jugendkriminalrechtspflege ergeben, dargestellt.
Anschließend werden verschiedene Kriminalitätstheorien vorgestellt, mit denen das Zustandekommen von Kriminalität erklärt werden kann und die somit Aufschluss über die Ursachen fortgesetzter strafrechtlicher Auffälligkeit geben.
Im vierten Teil der Arbeit werden die gegenwärtigen Forderungen nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts in ihrer zentralen Zielsetzung und Begründung wiedergegeben. Nachfolgend wird die Entwicklung der Jugendkriminalität einer kritischen Betrachtung unterzogen. Dabei wird vor allem auf die Rolle der Medien innerhalb der öffentlichen Diskussion eingegangen. Auch die Bedeutung, die dem „Typus Mehrfach- und Intensivtäter“ für die fachliche und öffentliche Debatte um einen Anstieg der Jugendkriminalität zukommt, soll vor Augen geführt werden. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Jugendstrafrecht
- Besonderheiten des Jugendstrafrechts
- Die Rechtsfolgen des Jugendgerichtsgesetzes
- Die Reformen des Jugendstrafrechts
- Das Jugendgerichtsgesetz von 1923
- Das Jugendgerichtsgesetz von 1953
- Das 1. Jugendgerichtsgesetz- Änderungsgesetz von 1990
- Die Diversion
- Der Täter- Opfer- Ausgleich
- Zusammenfassung
- Das Phänomen der Mehrfach- & Intensivtäter
- Definition der Tätergruppe
- Zahlen und Fakten zum „Mehrfachtäter- Phänomen
- Die Qualität der Delikte der Mehrfachtätergruppe
- Das Problem der Prognostizierbarkeit krimineller Karrieren
- Psycho- Soziale- Merkmale aus der Retrospektive
- Zusammenfassung
- Exkurs Sanktionsforschung
- Sinn und Zweck von Strafe
- Erkenntnisse der Sanktionsforschung
- Systembedingte Mängel
- Theorien zur Kontinuität und Diskontinuität krimineller Karrieren
- Klassische Theorien
- Die Theorie der differentiellen Assoziationen
- Die Theorie der delinquenten Subkultur
- Die Drucktheorie
- Die Theorie des Labeling- Approach
- Die Kontrolltheorie
- Die Abschreckungstheorie
- Zusammenfassung
- Entwicklungsdynamische Kriminalitätstheorien
- Die Beschämungstheorie
- Die Allgemeine Drucktheorie
- Die altersabhängige Kontrolltheorie von Sampson & Laub
- Soziales Kapital
- Verlust von sozialem Kapital und Kontinuität von Delinquenz
- Wendepunkte und Zugewinn sozialen Kapitals
- Die Allgemeine Kriminalitätstheorie von Gottfredson & Hirschi
- Der Begriff der Selbstkontrolle nach Gottfredson & Hirschi
- Die Entstehung von Selbstkontrolle
- Folgerungen aus den Theorien
- Klassische Theorien
- Gegenwärtige Reformbewegungen
- Verschärfung des Jugendstrafrechts
- Gründe für die Verschärfung
- Entwicklung der Jugendkriminalität
- Zusammenfassung
- Die mediale Berichterstattung
- Der Terminus des Mehrfach- & Intensivtäters
- Der Reformvorschlag der DVJJ
- Die Reformdiskussion aus sozialpädagogischer Sicht
- Das Phänomen der Mehrfach- & Intensivtäter aus sozialpädagogischer Sicht
- Literaturverzeichnis
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Phänomen der Mehrfach- und Intensivtäter im Kontext des Jugendstrafrechts und der aktuellen Reformbewegungen. Ziel ist es, die Problematik dieser Tätergruppe zu beleuchten und die Herausforderungen für die Jugendkriminalrechtspflege aufzuzeigen. Dabei werden die historischen Entwicklungen des Jugendstrafrechts, die Reformen und die relevanten Kriminalitätstheorien betrachtet.
- Entwicklung des Jugendstrafrechts und Reformen
- Das Phänomen der Mehrfach- und Intensivtäter
- Kriminalitätstheorien und ihre Relevanz für die Erklärung von Delinquenz
- Gegenwärtige Reformbewegungen im Jugendstrafrecht
- Sozialpädagogische Perspektiven auf das Phänomen der Mehrfach- und Intensivtäter
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Jugendkriminalität und die öffentliche Diskussion um das Jugendstrafrecht ein. Sie stellt die Problematik der Mehrfach- und Intensivtäter als besonderen Schwerpunkt der Arbeit dar.
Das zweite Kapitel bietet einen Überblick über das Jugendstrafrecht und seine Besonderheiten. Es beleuchtet die Rechtsfolgen des Jugendgerichtsgesetzes und die wichtigsten Reformen, die zu seiner heutigen Form führten. Die Diversion und der Täter-Opfer-Ausgleich werden als exemplarische Ergebnisse der Reformen vorgestellt.
Im dritten Kapitel wird die Gruppe der Mehrfach- und Intensivtäter in ihren relevanten Aspekten beschrieben. Es werden die Probleme dargestellt, die sich im Umgang mit dieser Gruppe für die Jugendkriminalrechtspflege ergeben.
Das vierte Kapitel widmet sich verschiedenen Kriminalitätstheorien, die das Zustandekommen von Kriminalität erklären können und somit Aufschluss über die Ursachen fortgesetzter strafrechtlicher Auffälligkeit geben.
Das fünfte Kapitel behandelt die gegenwärtigen Forderungen nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts und beleuchtet die Entwicklung der Jugendkriminalität. Die Rolle der Medien in der öffentlichen Diskussion und die Bedeutung des „Typus Mehrfach- und Intensivtäter“ für die Debatte um einen Anstieg der Jugendkriminalität werden kritisch betrachtet.
Das sechste Kapitel stellt einen Reformentwurf der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen (DVJJ) vor und erläutert dessen wesentliche Punkte.
Der Schlussteil der Arbeit nimmt Stellung zu den gegenwärtigen Reformbewegungen innerhalb des Jugendstrafrechts und beurteilt diese aus sozialpädagogischer Sicht. Abschließend wird das Phänomen der Mehrfach- und Intensivtäter ebenfalls aus sozialpädagogischer Perspektive rekapituliert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Jugendstrafrecht, Mehrfach- und Intensivtäter, Jugendkriminalität, Reformen, Diversion, Täter-Opfer-Ausgleich, Kriminalitätstheorien, Selbstkontrolle, soziale Kontrolle, mediale Berichterstattung, sozialpädagogische Perspektiven.
- Quote paper
- Dipl. Soz. Päd/ Gesundheits- und Krankenpfleger/ Fachkrankenpfleger Psychiatrie Matthias Thielen (Author), 2006, Das Phänomen der Mehrfach- und Intensivtäter vor dem Hintergrund jugendstrafrechtlicher Reformbewegungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/283329