Erotische Begierden, werbende Schmeicheleien, zärtliche Zuwendung, brüske Abweisung, Ehekrisen, Eifersucht, Untreue – das ganze Arsenal an Liebeslust und Liebesfrust – bilden das Herzstück vieler Werke des Dr. Arthur Schnitzler. Diese Arbeit möchte vergleichende Überlegungen zu zwei Schnitzler Texten anstellen: zu dem Einakterzyklus Reigen und zu der Traumnovelle. Mein Erkenntnisinteresse gilt dabei der Art und Weise, wie Geschlechterverhältnisse und der Umgang mit Untreue bei verheirateten Paaren inszeniert werden. Deswegen liegt bei der Analyse des Reigens der Fokus auf den drei Szenen, bei denen es um ein verheiratetes Paar bzw. den jeweils fremdgehenden Ehepartner geht. Das sind: Der junge Herr und die junge Frau, die junge Frau und der Gatte und der Gatte und das süße Mädel. Da die Traumnovelle im Rahmen einer Bachelorarbeit für eine Gesamtanalyse zu komplex ist, werde ich mich bei meiner textnahen Auseinandersetzung mit diesem Werk auf das Gespräch zwischen Albertine und Fridolin im ersten Kapitel konzentrieren.
Für die Auswahl dieser beiden Texte sprechen mehrere Gründe: Zum einen bieten beide Texte eine gute Grundlage für den von mir ausgewählten Untersuchungsgegenstand – Umgang mit Untreue, Inszenierung von Geschlechterverhältnissen bei verheirateten Paaren – denn in beiden Werken lässt uns der Autor an der Intimkommunikation eines Ehepaars teilhaben. Zum anderen liegen zwischen der Veröffentlichung des Reigens und der Traumnovelle fast 30 Jahre. Diese drei Jahrzehnte zwischen 1896/97 (Entstehungszeit des Reigens) und 1926 (erste Buchausgabe der Traumnovelle) waren eine Zeit, in der in Schnitzlers Heimat Österreich und nahezu in ganz Europa gravierende gesellschaftliche sowie kulturelle Wandlungen stattgefunden haben – insbesondere bezüglich des Ehe- und Familienlebens und der Stellung der Frau in der Gesellschaft.
[...] In einer textnahen Auseinandersetzung mit den beiden Werken möchte ich das jeweils inszenierte Geschlechterverhältnis zwischen Ehefrau und Ehemann herausarbeiten und dann die Ergebnisse der Analyse des Reigens mit denen der Traumnovelle vergleichen. [...] Bedienen sich die dargestellten Figuren traditioneller, geschlechtsspezifischer Rollenvorstellungen? Wie werden die Figuren bezüglich zwischenmenschlicher und vor allem zwischengeschlechtlicher Beziehungen dargestellt? Wie werden die Machtverhältnisse zwischen den Figuren dargestellt? Wie verhalten sich die Figuren in Bezug auf Sexualität?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- (Geschlechter-) Diskurse und literarische Rollenmuster
- Diskurse der Wiener Moderne
- Rollenmuster in der Literatur der Jahrhundertwende
- Inszenierungen von Geschlechterverhältnissen und sozialen Regelbrüchen im Reigen
- Die junge Frau
- Der Gatte
- Zwischenfazit Reigen
- Inszenierungen von Geschlechterverhältnissen und sozialen Regelbrüchen in der Traumnovelle
- Albertine
- Fridolin
- Zwischenfazit Traumnovelle
- Vergleichende Überlegungen zu Reigen und Traumnovelle
- Schluss
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit der Inszenierung von Geschlechterverhältnissen und dem Umgang mit Untreue in zwei Werken Arthur Schnitzlers: dem Einakterzyklus "Reigen" und der "Traumnovelle". Ziel ist es, die Darstellung von Ehepaaren in beiden Texten zu analysieren und die Unterschiede in der Inszenierung der sozialen Rollenmuster im Kontext der Wiener Moderne zu untersuchen.
- Inszenierung von Geschlechterverhältnissen in der bürgerlichen Ehe um 1900
- Umgang mit Untreue in den Werken Arthur Schnitzlers
- Vergleich der Darstellung von Ehepaaren in "Reigen" und "Traumnovelle"
- Analyse der sozialen Rollenmuster in beiden Texten
- Einfluss der Diskurse der Wiener Moderne auf die literarische Darstellung von Geschlechterverhältnissen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und erläutert die Auswahl der beiden Schnitzler-Texte. Sie stellt die Forschungsfrage nach den Unterschieden in der Inszenierung von Geschlechterverhältnissen und dem Umgang mit Untreue in "Reigen" und "Traumnovelle" im Kontext der Wiener Moderne.
Kapitel 2 gibt einen Überblick über die wichtigsten Diskurse der Wiener Moderne, die den sozio-kulturellen Hintergrund der beiden Werke bilden. Es werden die verschiedenen Strömungen und Denkrichtungen der Zeit beleuchtet, die die Darstellung von Geschlechterverhältnissen in der Literatur beeinflusst haben.
Kapitel 3 analysiert die Inszenierung von Geschlechterverhältnissen und dem Umgang mit Untreue im "Reigen". Es werden die drei Szenen mit verheirateten Paaren näher betrachtet, um die Darstellung der Figuren und ihre Beziehungen zueinander zu untersuchen.
Kapitel 4 widmet sich der Analyse der "Traumnovelle". Es wird das Gespräch zwischen Albertine und Fridolin im ersten Kapitel untersucht, um die Darstellung der Geschlechterverhältnisse und den Umgang mit Untreue in diesem Werk zu beleuchten.
Kapitel 5 vergleicht die Ergebnisse der Analyse von "Reigen" und "Traumnovelle" und untersucht die Unterschiede in der Inszenierung von Geschlechterverhältnissen und dem Umgang mit Untreue in beiden Texten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Umgang mit Untreue, die Inszenierung von Geschlechterverhältnissen, die soziale Rollenmuster in der bürgerlichen Ehe um 1900, die Diskurse der Wiener Moderne, Arthur Schnitzler, "Reigen", "Traumnovelle", Gender-Analyse, Literatur der Jahrhundertwende.
- Quote paper
- Silke Stecher (Author), 2012, Der Umgang mit Untreue. Geschlechterverhältnisse und soziale Regelbrüche in Arthur Schnitzlers "Reigen" und in der "Traumnovelle", Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/283323