Vorlesungsmitschrift zu Arbeitswissenschaft in Stichpunkten und kurzen Abschnitten. Aus dem Inhalt: Mensch und Arbeit, Ergonomie und Arbeitswissenschaft, Das Arbeitssystem und seine Elemente, Belastung und Beanspruchung, Prävention, Der Leistungsbegriff in der Ergonomie, Maximale Kapazität des Organismus, Disposition, Psychologische Arbeitsplatzgestaltung, Musik am Arbeitsplatz, Gestaltung der Arbeitsumgebung, (...).
1. Mensch und Arbeit
1.1 Ergonomie und Arbeitswissenschaft
Arbeitswissenschaft - Kerndefinition:
Arbeitswissenschaft ist die Systematik der Analyse, Ordnung und Gestaltung der technischen, organisatorischen und sozialen Bedingungen von Arbeitsprozessen mit dem Ziel, dass die arbeitenden Menschen in produktiven und effizienten Arbeitsprozessen
- Schädigungslose, ausführbare, erträgliche und beeinträchtigungsfreie Arbeitsbedingungen vorfinden
- Standards sozialer Angemessenheit in der Arbeit erfüllt sehen
- Handlungsspielräume und ihre Persönlichkeit entfalten können.
- Ergonomie - Inhalt und Ziele:
Die Ergonomie ist ein Teilgebiet der Arbeitswissenschaft und befasst sich mit der Ermittlung von Grundlagen einer menschenbezogenen Arbeitsgestaltung.
Unter Benutzung von anatomischen, psychologischen, technischen, physiologischen und soziologischen Erkenntnissen liefert sie Methoden, um die Grenzen der Ausführbarkeit und Erträglichkeit menschlicher Arbeit zu bestimmen und das Zusammenwirken von Mensch und Technik bestmöglich einzurichten.
1.2 Das Arbeitssystem und seine Elemente
Kennzeichen eines Systems ist, dass es über eine Systemgrenze und Beziehungen zwischen den Elementen und ggf. zur Umgebung verfügt. Das betrachtete System kann einerseits Teiloder Subsystem eines übergeordneten Systems sein und andererseits als Elemente wiederum Subsysteme enthalten.
Als Arbeitssystem bezeichnet man die Gesamtheit von Elementen und Relationen zwischen diesen Elementen, die zur Erfüllung der Arbeitsaufgabe notwendig sind.
Allgemein kann ein Arbeitssystem durch Arbeitsauftrag und Arbeitsaufgabe, Eingabe, Ausgabe, Arbeitsperson, Arbeitsmittel, Arbeitsgegenstand und Umwelteinflüsse beschrieben werden. Damit ist ein Ordnungsschema zur systematischen Beschreibung beliebiger Arbeitsplätze gegeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.
Das Arbeitsmittel wird bestimmt durch den Menschen, das Informationsmaterial (Eingabe), die Arbeitsaufgabe (bestehend aus Arbeitsinhalt und Arbeitsablauf) und hat das Arbeitsergebnis als Ergebnis.
Der Mensch wird gefordert durch die Arbeitsaufgabe und nimmt sich das Arbeitsmittel zur Hilfe. Beeinflusst wird der Mensch durch die Arbeitsumgebung.
a) Bewertungsebenen der Arbeit und des Arbeitssystems
Gegenstand arbeitswissenschaftlicher Bewertung ist im allgemeinen eine sächliche oder konzipierte Arbeitssituation, also die Gesamtheit der Arbeit einschließlich ihrer stofflichen und sozialen Rahmenbedingungen. Primäres Bewertungskriterium ist die „Menschengerechtigkeit“ der Arbeit, also inwieweit sie in dem Sinne menschengerecht ist, dass sie den physischen, psychischen und sozialen Anforderungen und Bedürfnissen des Menschen entspricht. Da eine Arbeitssituation an sich weder gut noch schlecht ist, erfolgt die Bewertung anhand der Wirkungen, die sie beim Menschen hervorruft.
- Die Arbeit soll im Hinblick auf die Ergonomie mit hierarchischer Folge
- Ausführbar
Dazu ist erforderlich, dass die Anforderungen sich innerhalb der Grenzwerte menschlicher Leistungsfähigkeit bewegen, etwas hinsichtlich der Erreichbarkeit von Bedienteilen, erforderlicher Körperkräfte, Erkennbarkeit von Anzeigen und Wahrnehmbarkeit von Signalen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Bandbreite der sensorischen und motorischen Fähigkeiten zwischen einzelnen Individuen stark schwankt. Explizit nicht berücksichtigt wird auf dieser Bewertungsebene, über welchen Zeitraum und mit welcher Anstrengung, Überwindung etc. die Ausführung verbunden ist.
- Erträglich
Die Erträglichkeit der Arbeit berücksichtigt zusätzlich, dass - auch bei gegebener Ausführbarkeit - eine Arbeit nicht zwangsläufig auch über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden kann, ohne dass es z.B. zu Schädigungen kommt. Kriterium der Erträglichkeit ist also, dass die Arbeit über die Dauer des Berufslebens bei gegebener täglicher Arbeitszeit ohne Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Gesundheit ausgeführt werden kann.
- Schädigungslos
Der Aspekt der Schädigungslosigkeit ist in der oben genannten Erträglichkeit enthalten und meint insbesondere die Vermeidung von Gesundheitsschäden durch Ausschluss von Unfallgefahren und Schadstoffen.
sein.
Die Arbeit soll im Hinblick auf die Soziologie/Psychologie
- Zumutbar sein
Mit Einbeziehung der Zumutbarkeit wird der Rahmen einer nur naturwissenschaftlichen Betrachtung verlassen und es werden soziale Aspekte mit berücksichtigt. In die Zumutbarkeit gehen vor allem kollektive Normen ein. Das Niveau dessen, was als zumutbar empfunden wird, hängt damit stärker als bei den zuvor betrachteten Ebenen von den aktuellen ökonomischen Rahmenbedingungen ab. Beispielsweise können überdurchschnittliche Bezahlung oder besondere sozio-ökonomische Rahmenbedingungen dazu führen, dass Arbeitsplätze als zumutbar empfunden werden, die unter anderen Bedingungen nicht akzeptiert würden.
- Zufriedenheit geben
Der Begriff der Zufriedenheit schließlich hebt stärker als die Zumutbarkeit auf die individuelle Bewertung der Arbeitssituation ab. Zufriedenheit in der Arbeit liegt üblicherweise dann vor, wenn die objektiven Merkmale der Arbeitssituation den individuellen Erwartungen entsprechen.
- Sozialverträglich sein
b) Gestaltungsbereiche
- Fertigungstechnische und ergonomisch günstige Produktgestaltung
- Bestgestaltung von Arbeitsvorgang, -platz, -umgebung
- Eignungsermittlung, Ausbildung,
- Arbeitsunterweisung
- Arbeitsschutz
- Arbeitsaufgabe
c) Ziele der Arbeitswissenschaft
- Humanität
- Wirtschaftlichkeit
1.3 Belastung und Beanspruchung
Belastung:
Alle von außen auf den Organismus einwirkenden Größen (z.B. Kraft, Druck, Lärm, Stress). Als physikalische Größen ist die Belastung messbar, als psychische Größe nur qualitativ erfassbar.
Entsprechend werden in der Arbeitswissenschaft unter Belastung(en) die äußeren Merkmale der Arbeitssituation (z.B. Arbeitsaufgabe, physikalisch-chemische und soziale Umgebungsbedingungen, besondere Ausführungsbedingungen wie Zeitdruck) verstanden.
Beanspruchung:
Ist die Folge der Belastung im individuellen Organismus (Ermüdung, Schwitzen, Kopfschmerzen). Beanspruchung ist im emotionalen psychischen Bereich kaum messbar.
Unter Beanspruchungen werden die Reaktionen des arbeitenden Menschen auf die Belastungen subsumiert. Die Beanspruchung ist dabei nicht nur eine Funktion der Belastung, sondern hängt auch von individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten (z.B. Gewöhnungsgrad, Qualifikation) des Individuums ab. Eine gleiche Belastung führt somit bei verschiedenen Menschen zu unterschiedlicher Beanspruchung.
In der Praxis kann man nur für gleiche Belastung sorgen, obwohl die gleiche Beanspruchung sinnvoller wäre.
Die Belastungsfaktoren können auftreten bei:
- Arbeitsaufgabe (Maschinenmontage, Bildschirmarbeit)
- Betriebsmittel (Rechner, CNC-Maschine, Werkzeug)
- Arbeitsplatz (Raum, Bedienstelle, Tisch, Stuhl)
- Arbeitsumgebung (Lärm, Vibrationen, Schadstoffe)
- Arbeitsablauf (Zeitdruck, Stress)
Zudem spielen bei der Belastung noch personelle Faktoren eine Rolle, die die Höhe und Dauer der Belastung beeinflussen:
- Konstitution
- Geschlecht
- Alter
- Ausbildung
- Training
- Erfahrung
Die Physische und psychische Beanspruchung hat positive und negative Seiten, die man fördern bzw. vermeiden sollte.
Vermeide:
Lärm, Schädigung des Knorpelapparates, überschwere körperliche oder mentale Beanspruchung
Fördere:
Ausbildung von Fertigkeiten, Erfolgserlebnisse, Selbstbestätigung
1.4 Prävention - Sicherung arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse
a) Aspekte der Prävention in der Arbeitswelt
Verhältnisprävention: Gestaltung der Umwelt in Hinblick auf Technik, Arbeitsplatz, Umwelt Verhaltensprävention: Gesundheitsbewusstsein
Vermeide:
- Erschwernisse
- Einseitigkeit
- Bewegungsmangel
- Monotonie, Stress
- = Pathogenethischer Ansatz
Fördere:
Arbeitsschutz Aktivität
Selbststeuerung Erfolgserleben
= Salutogenetischer Ansatz
b) Arbeitswissenschaft und Arbeitssicherheit
Arbeitsschutzgesetz
Pflichten der Arbeitgeber:
§3 ...die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit treffen
§5 und 6 ...Dokumentation aller Arbeitsplätze bei mehr als 10 Mitarbeitern ...Gefährdungsbeurteilung
...notwendige Maßnahmen zum Arbeitsschutz nachweisen.
Berücksichtigung gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse im:
- Betriebsverfassungsgesetz Abschnitt 4 §90
Berücksichtigung gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse bei Neu-, Um-, Erweiterungsbauten sowie Neugestaltung von Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitsplätzen.
-Arbeitssicherheitsgesetz
Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit:
Nicht nur Probleme der Unfallverhütung, sondern auch die menschengerechte Gestaltung von Arbeitssystemen und „sonstige Fragen der Ergonomie“ berücksichtigen.
- Arbeitsstättenverordnung und -richtlinien
Konkrete Angaben und Zahlenwerte zur Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitsumgebung. Die Verordnung wird durch Richtlinien ergänzt.
- DIN-Normen
Normen des Fachausschusses Ergonomie:
Regeln und Zahlenwerte zur Arbeitsgestaltung.
c) Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Gestaltung der Arbeit
Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Gestaltung der Arbeit (§§80 Abs.1, 87, 88, 90, 91 BetrVG)
Der Betriebsrat hat im Arbeitsschutz nach dem Betriebsverfassungsgesetz:
- Überwachungsauftrag
- Gestaltungsauftrag
- Mitbestimmungsauftrag
- Informationsrecht
- Unterstützungsauftrag
2. Der Leistungsbegriff in der Ergonomie - physiologische und psychologische Grundlagen Menschliche Leistungsvoraussetzungen
Einteilung der Muskelarbeit:
Bei energetisch-effektorischen Arbeitsformen werden als aktive Organe hauptsächlich die Muskeln und das Herz-Kreislauf-System belastet. Im Sinne einer Engpassbetrachtung unterscheidet man daher bezüglich der Arbeitsform:
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a) Schwere dynamische Arbeit
Hierbei kommen mehrere, in der Regel große Muskelgruppen gleichzeitig zum Einsatz. Bei hoher Belastung kommt es primär zu einem Versorgungsengpass durch die begrenzte Leistungskapazität des Herz-Kreislauf-Systems. Beispiele hierfür sind Sandschaufelarbeit, Fahrradfahren oder Rudern.
b) Einseitig dynamische Arbeit
Hierbei sind hauptsächlich kleinere bzw. lokal begrenzte Muskelgruppen im Einsatz, die bei hoher Belastung ermüden. Der Engpass liegt hierbei also primär im Muskel, wobei das HerzKreislauf-System nicht zwangsläufig spürbare Beanspruchungsreaktionen zeigen muss (z.B. beim Schrauben eindrehen).
Die Differenzierung zwischen schwerer dynamischer und einseitig dynamischer Arbeit hängt folglich vom Beanspruchungsengpass ab. Wenn regelmäßig mehr als ca. 1/8 bis 1/7 der Muskelmasse des Körpers im Einsatz ist, kann in erster Näherung von einer schweren dynamischen Arbeitsform ausgegangen werden.
c) Statische Arbeit
Im Unterschied zur mechanischen Betrachtung der äußeren Situation müssen die Muskeln jedoch auch bei unbewegtem Körper zur Erhaltung der Körperposition angespannt werden. Die besondere Bedeutung statischer Arbeitsformen liegt darin, dass diese energetisch besonders unwirtschaftlich sind, da die aufgrund der fehlenden Bewegung unzureichende Muskeldurchblutung zu einer viel schnelleren Muskelermüdung und letztere wiederum zu einer gesteigerten Kreislaufaktivität führt.
Eine solchermaßen statische Muskelbelastung entsteht bei
- Statischer Haltungsarbeit
Bei der lediglich bestimmte Gelenk- oder Körperstellungen fixiert werden (Beispiel: Verkehrsregelung per Hand).
- Statischer Haltearbeit
Bei der zur Körperstellung zusätzlich eine Last fixiert wird (Beispiel: Das Halten von Deckenplatten bei Ausbauarbeiten).
- Statische Kontraktionsarbeit
Die das Aufbringen einer nicht konstanten Kraft beschreibt, ohne dass eine Bewegung vorliegt (Beispiel: Betätigen einer Bandbremse zum Steuern einer Maschinendrehzahl).
Obwohl der Engpass zunächst im Muskel liegt, ist bei größeren Muskelgruppen daher auch eine erhebliche Beanspruchung des Herz-Kreislauf-Systems zu verzeichnen.
2.1 Maximale Kapazität des Organismus
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Definition - psychosomatische Beschwerden:
Über die Psyche eingeleitete körperliche, organische oder funktionelle Störungen.
Stoffwechsel und Energiegewinnung:
Voraussetzung für die Energiegewinnung zur Krafterzeugung ist die Aufnahme, Verarbeitung und Bereitstellung entsprechender Nährstoffe. Die notwendige Energiezufuhr erhält der Körper in Form von Nahrungsmitteln und Sauerstoff. Als Stoffwechsel bezeichnet man alle chemischen Vorgänge innerhalb des Körpers. Hierzu gehören die folgenden wichtigen Teilvorgänge:
- Nahrungsaufnahme und Aufbereitung
- Ab- und Umbau der aufgenommenen Stoffe zu Zucker, Fettsäure und Aminosäuren im Magen-Darm-Trakt
- Teilweiser Umbau der Nährstoffe in der Leber
- Verbrennung der energiereichen Stoffe mit Sauerstoff in den Verbrauchern unter Abgabe von Energie und Bildung der energiearmen Abfallprodukte
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2.2 Disposition - momentane Verfügbarkeit
a) Tagesrhythmik (Leistungsangebot des Menschen in Abhängigkeit von der Tageszeit)
Eine Vielzahl der Funktionen des Menschen unterliegt einer tageszeitlichen Schwankung, die man aufgrund ihrer Periodizität als zirkadianen Rhythmus bezeichnet. Ihre Periodendauer schwankt zwischen 23 und 27 Stunden bei einem Mittelwert von 25 Stunden.
Der wichtigste zirkadiane Rhythmus ist der Wach-Schlaf-Zyklus. Einer Phase erhöhter Leistungsbereitschaft während der Wachphase folgt die Schlafphase, in der elementare organische Funktionen regeneriert werden.
Außer der Periodendauer ist der Verlauf der menschlichen Rhythmik für die Gestaltung von Arbeit wichtig. Die bedeutendste zirkadiane Rhythmik in diesem Zusammenhang ist die menschliche Leistungsfähigkeit. Sie ist über den Tagesverlauf nicht konstant. Zunächst steigt sie an, bis zwischen 9 und 11 Uhr ein Maximum eintritt. Dann beobachtet man meist ein Absinken bis zu einem flachen Minimum um die Mittagszeit, worauf jedoch ein erneutes, im Vergleich zum Vormittag jedoch nicht so ausgeprägtes Maximum am frühen Abend folgt. Danach sinkt die Leistungsfähigkeit kontinuierlich ab, bis zwischen 2 und 4 Uhr ein absolutes Minimum erreicht wird.
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Graf nannte diese Schwankungen der Leistung über den Tagesverlauf die physiologische Arbeitskurve. Das Arbeiten nach diesem Rhythmus wird subjektiv als besonders natürlich empfunden. Neben der physiologischen Arbeitskurve wird die Leistungsfähigkeit durch weitere Faktoren, wie die Motivation, Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme usw., beeinflusst.
Bei Schichtarbeit ist eine oberflächliche Anpassung des Biorhythmus durch
- Gestaltung des Schicht- und Pausenprogramms
- Regel einhalten für Essenszeiten (warme Mahlzeiten)
- Veränderung des Freizeitverhaltens (Anpassung) anzustreben.
b) Ermüdung
Die Durchführung der Arbeitstätigkeit erfordert eine Inanspruchnahme der physischen und psychischen Ressourcen der Arbeitsperson. Solange neue Ressourcen im gleichen Umfang nachgebildet werden können, entsteht ein Gleichgewicht zwischen Verbrauch und Nachschub, und somit dürfte eine Ermüdung nicht eintreten. Soll jedoch mehr Leistung erbracht werden als an Nachbildung von Ressourcen möglich ist, so werden zwangsläufig die vorhandenen Ressourcen in Anspruch genommen. In Folge verringern sich die vorhandenen Ressourcen und somit die mögliche Anpassungsbreite in der Reaktion. Dies bedeutet, dass trotz konstanter Belastung die Höhe der Beanspruchung zeitabhängig zunimmt. Dieser Vorgang wird als Ermüdung bezeichnet.
Als gemeinsamen Inhalt der Ermüdungsdefinition kann man folgende Merkmalshierarchie herausstellen. Ermüdung
- Tritt als Folgeerscheinung einer vorhergehenden Beanspruchung auf,
- Bewirkt eine reversible Leistungs- oder Funktionsminderung,
- Verursacht eine Abnahme der Arbeitsfreudigkeit und eine Steigerung des Anstrengungsgefühls und
- Kann schließlich zu einer Störung des Funktionsgefüges der Persönlichkeit führen
Eine Differenzierung der Ermüdung kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen:
- Biologische Ermüdung: durch Aufrechterhaltung der Körperfunktionen
- Arbeitsermüdung: durch Arbeitsleistung
- Antriebsermüdung: durch fehlende Motivation, z.B. Monotonie
Folgeerscheinungen geistiger Arbeit:
- Störung der Wahrnehmung
- Störung des Koordinationsprozesses
- Störung der Aufmerksamkeit und Koordination o Störung des Denkens
- Störung der Antriebsstruktur
c) Pausen
Von einer Pause spricht man immer dann, wenn die Belastung durch Unterbrechung der Tätigkeit so stark verringert wird, dass sie vernachlässigt werden kann.
Entspannungspausen:
- Verhindern (verzögern) abfallende Leistung (physiologische Wirkung)
- Erhöhen die Leistungsmotivation
Der Erfolgszuwachs einer Pause ist zu Beginn der Pause am größten und nimmt mit zunehmender Pausenlänge exponentiell ab.
Pausenarten:
- Kurzzeitpausen: unter 1min
- Kurzpausen: 1min bis 8min
- Pausen: über 8min
Pauseneinteilung:
Bei selbst gewählter Pauseneinlage besteht die Gefahr, dass die Person im Hinblick auf Arbeitsumfang und Ermüdung keinen Überblick über zweckmäßige Pauseneinteilung hat.
d) Leistungsstreuung
Mit zunehmendem Alter wächst:
- Arbeits- und Berufserfahrung
- Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein
- Selbständigkeit
Mit zunehmendem Alter verringert sich:
- Fähigkeit der Sinnesorgane
- Lernfähigkeit für abstrakte Beziehungen
- Speicherfähigkeit des Kurzzeitgedächtnisses
2.3 Antriebe und Motivation
a) Motivation
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Maslow hebt fünf Gruppen von Motivationsursachen als so genannte Grundbedürfnisse voneinander ab:
- Physiologische Bedürfnisse, die bei der Aufrechterhaltung organismischer Funktionen dienen
- Sicherheitsbedürfnisse, die auftreten als Verlangen nach Sicherheit und Beständigkeit, Stabilität, Schutz, Ordnung und Gesetz
- Soziale Bedürfnisse wie Zugehörigkeits- und Liebesbedürfnisse, die auf das Abgeben und Empfangen von Sympathie und die Aufnahme in die Gemeinschaft zielen
- Achtungsbedürfnisse, deren Befriedigung zu Selbstvertrauen und Anerkennung, deren Frustration zu Minderwertigkeits- und Hilflosigkeitsgefühlen führt
- Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung, also das zu verwirklichen, was man in sich fühlt
Definition:
Motivation als Aktivierung von Antrieben und Bedürfnissen ist angesiedelt als hypothetisches Konstrukt zwischen:
- Anforderungen und Anregungen der Situation vorher und
- Handeln bzw. Entscheiden nachher
Dilemma der Motivationsforschung:
Man weiß, was man erklären möchte, kennt die Variablen der Motivation, kann sie jedoch nicht verändern.
Motivation in der Arbeit:
- Möglichkeit zur Variation der Fähigkeiten
- Möglichkeit sich mit der Aufgabe zu identifizieren
- Erkennbarkeit der Wichtigkeit
- Erleben des eigenen Erfolgs
- Information über das Ergebnis der Arbeit
Faktoren, die zur Arbeitszufriedenheit beitragen:
- Sicherheit des Arbeitsplatzes
- Gute Bezahlung
- Aufstiegsmöglichkeiten
- Gutes Verhältnis zu Vorgesetzten und Kollegen
- Interessante Arbeit
- Gute Arbeits- und Sozialbedingungen
b) Monotonie
Zustand herabgesetzter psycho-physischer Aktivität, Erleben von Eintönigkeit, Langeweile, Gleichgültigkeit.
Ursachen:
- Reaktion auf eintönige, reizarme Situation - z.B. einseitige Wiederholtätigkeiten
- Aufgabenerfüllung erlaubt kein vollständiges gedankliches Lösen von der Tätigkeit
- Keine ausreichende Möglichkeit zur sachbezogenen (geistigen) Auseinandersetzung mit der Arbeit
c) Psychische Sättigung
Äußert sich in Widerspenstigkeit, Nörgelei, Streitsucht, Kritiküberempfindlichkeit oder Phlegma, Antriebsschwäche, Lustlosigkeit, Depression, Unruhe.
Ursache:
Besonders bei Tätigkeiten, deren Bedeutsamkeit nicht erkannt wird.
d) Stressfaktor als dreifaktorielles Geschehen
Faktoren:
- Biologisches System „Organismus“
- Soziales System „Gruppe/Organisation“
- Psychisches System „Persönlichkeit“
Stress - die Reaktion des Körpers auf wirkende Stressoren, wie:
Überfordernde Arbeitssituation, wie
- Hoher Anforderungsdruck
- Übergroße Entscheidungsdichte
Psychosoziale Störungen, wie
- Konflikte, Ängste
- Misserfolge, Ärger
Stress kann auf Dauer krankheitsauslösend wirken.
e) Methoden der Beanspruchungsermittlung und -beurteilung
Messgrößen mentaler Beanspruchung:
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3. Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung
Die ergonomische Gestaltung beinhaltet die Gestaltung von Arbeitsplätzen, -systemen und Produkten nach Kriterien, die durch die Abmessungen des Menschen, seine physiologischen Leistungen und durch psychologische Bedingungen bestimmt werden. Dies gilt gleichermaßen für Arbeitsplätze, Arbeitsmittel und Konsumprodukte, wobei eine klare Trennung ohnehin nicht möglich ist.
Eine essentielle Voraussetzung, die jegliche materielle Arbeitsmittel und Produkte erfüllen müssen, ist deren Benutzbarkeit. Dies setzt deren maßliche Anpassung an den menschlichen Körper voraus. Am Anfang dieses Kapitels steht daher zunächst die Anthropometrie des Menschen. Im darauf folgenden Abschnitt wird die Betrachtung dann um die physiologischen Einflussfaktoren ergänzt.
Die informationstechnische Gestaltung befasst sich anschließend mit der Gestaltung der Schnittstelle zwischen dem Menschen und technischen Elementen, die für eine Interaktion notwendig sind.
3.1 Anthropometrische Arbeitsplatzgestaltung
a) Körpermaße
Die Anthropometrie (Lehre von den Maßen, Maßverhältnissen und der Messung des menschlichen Körpers) bildet die Grundlage für die menschengerechte Gestaltung von Arbeitssystemen. Über die empirische Ermittlung der Abmessungen verschiedener Gliedmaßen und Körperteile hinaus befasst sich die Anthropometrie mit der Untersuchung der Einflussfaktoren auf die Körpermasse.
Die angesichts der Variationsbreite scheinbar sinnvolle Entscheidung, den sog. „mittleren Menschen“ als Bezugsmaß zu wählen, erweist sich fast grundsätzlich als falsch. Es wird deutlich, dass im Gestaltungsprozess weniger die mittleren Maße, als vielmehr die Extremwerte - bei Innenmaßen die der „kleinsten“ Person, bei Außenmaßen die der „größten“ Person - von entscheidender Bedeutung sind.
Da eine Orientierung am kleinsten und am größten denkbaren Menschen im Sinne einer allgemeingültigen Gestaltung zu unverhältnismäßigen Auslegungsanforderungen führen würde, wird in der Regel ein Verteilungsbereich ausgewählt. Die Grenzen werden üblicherweise bei 5% und 95% festgelegt und als 5.Perzentil bzw. 95.Perzentil bezeichnet. Innerhalb dieser Grenzen liegen somit 90% der Bevölkerung. Wegen der deutlichen Differenzen zwischen Frauen und Männern werden diese normalerweise getrennt erfasst und als Grenzwerte die Masse einer Frau des 5.Perzentils und die eines Mannes des 95.Perzentils herangezogen.
Die Anwendung von Tabellenwerten der Körpermaße muss aus mehreren Gründen mit großer Vorsicht erfolgen:
- Im Laufe der Zeit ist, insbesondere in Industrieländern, eine allgemeine Zunahme der Körpermaße zu verzeichnen.
- Der Einfluss des Alters muss ebenfalls berücksichtigt werden. Neben den speziellen Verhältnissen bei Kindern und Jugendlichen, nimmt beispielsweise die Körpergröße Adulter mit zunehmendem Alter wieder ab. Dabei erhöht sich das Körpergewicht und darüber hinaus sind Proportionsänderungen zu beachten.
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- Quote paper
- Anonymous,, 2013, Mensch und Arbeit. Vorlesungsmitschift zur Arbeitswissenschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/281562