„Standardessentielle Patente“ (SEPs) enthalten die Ergebnisse oft aufwendiger Forschung, die für die Erzeugung von Gütern erforderlich sind, die vor wenigen Jahren noch nicht existierten oder Privilegien waren und heute unverzichtbare Technologien verkörpern. Es entspricht dem natürlichen Empfinden, dass alle mit derartigen Patenten verbundenen Aufwendungen einschließlich eines angemessenen Gewinnes vom Markt zu vergüten sind. Unbestritten ist auch, dass die durch den Patentschutz gewährte Vormachtstellung ein Anreiz für Fortschritt und Weiterentwicklung sein soll.
Das Innehaben eines Patents und dessen Verwertung ist ein unbedenkliches Marktverhalten, solange das Unternehmen verantwortungsbewusst dafür sorgt, dass ein wirksamer und unverfälschter Wettbewerb am Markt nicht beeinträchtigt wird. Funktioniert dieser Wettbewerb nicht mehr, weil das Unternehmen seine Marktstellung missbraucht, sind Eingriffe des Gesetzgebers in das Eigentum gerechtfertigt, sofern die Patentinhaber nicht auf freiwilliger Basis Regeln schaffen, die den Wettbewerb und den Fortschritt nicht behindern bzw überhaupt erst ermöglichen.
Im Zentrum dieser Arbeit steht das Prinzip der „FRAND“-Kriterien und damit einhergehende faire, angemessene und nicht-diskriminierende Technologietransfervereinbarungen. Sie kann sich aber nicht nur auf die Betrachtung der angemessenen Lizenzgebühr im Falle einer Lizenzierung beschränken, denn dieser ist ein Produkt aus einem Konglomerat von rechtlichen, wirtschaftlichen und taktischen Argumenten.
Daher sind die folgenden Problemfelder zu behandeln:
• wann liegt überhaupt ein kartellrechtlich missbräuchliches Marktverhalten vor;
• welchen Standardisierungsorganisationen (SSOs) ist es erlaubt, Standards zu erlassen, ohne mit dem Kartellrecht in Konflikt zu geraten;
• was unternehmen die Patentinhaber, um sich des Vorwurfs der willkürlichen Ausnutzung der Immaterialgüterrechte zu entziehen und
• welche Mittel stehen den Behörden und Gerichten innerhalb der Europäischen Union zur Verfügung, um einen Missbrauch zu erkennen und abzustellen.
In dieser Masterthesis werden bspw jene speziellen Tatbestände untersucht, die mit dem AEUV potentiell in Konflikt stehen oder auf internationaler Ebene Einfluss auf die Europäische Rechtslage haben. Des Weiteren werden auch die erlaubten Strategien und Mittel zur Maximierung des Profits aus Lizenzen analysiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aufbau und Ziel der Arbeit
- Definition technischer Standards
- „De-jure“ Standards
- „De-facto“ Standards
- Gewerbliche Schutzrechte
- Bedeutung für den Wettbewerb
- Patentrecht und andere Formen gewerblicher Schutzrechte
- Rechtliche Schutzwürdigkeit
- Institutionelle Rahmenbedingungen von Standards
- Standard-Setting-Organizations (SSOs)
- Mitgliedschaftsstruktur von SSOs
- Aktuelle Problematik und Bedeutung
- Apple/Samsung
- Google/Microsoft
- Hauptteil
- Standardessentielle Patente
- Definition
- Rechtliche Schutznormen und Reglements
- „De-facto“ und „de-jure“ standardessentielle Patente
- „FRAND“-Kriterien
- Definition der „FRAND“-Kriterien
- „FRAND“-Erklärungen und deren formelle Bedeutung
- Art 102 AEUV im Konflikt mit standardessentiellen Patenten
- Spannungsfeld zwischen Kartell- und Patentrecht
- Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
- Art 101 AEUV im Konflikt mit Lizenzvereinbarungen und Technologietransfer
- Freistellungen gem Art 101 Abs 3 AEUV und Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO)
- Kartellrechtswidrige Handlungen auf Ebene der „SSO“
- Rechtswidrige Verweigerung der Mitgliedschaft an einer SSO
- Kartellrechtlicher Missbrauch durch Standardessentielle Patente
- „Patent Ambush“ – Patenthinterhalt
- Missbrauch bei Lizenzvergabe
- Missbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs
- „Lock-in“ und „Hold-up“ als Strategien zur missbräuchlichen Schutzrechtsausübung
- Lock-in
- Hold-up
- Zwangslizenzen und ihre beschränkende Wirkung für Inhaber „standardessentieller Patente“
- Notwendigkeit von Zwangslizenzen für den innovativen Wettbewerb
- Kriterien einer Erteilung von Zwangslizenzen
- Bewertung von Lizenzen und deren finanzieller Wert
- Privatautonomie und die Grenzen des kartellrechtlichen Missbrauchs
- Basis der Wertberechnung
- Patentpools
- Verfahren bei Missbrauch von SEPs auf europäischer Ebene
- Conclusio
- Legislativer Handlungsbedarf und juristische Problemfelder
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit untersucht die Nutzung standardessentieller Patente im Kontext des europäischen Kartellrechts. Ziel ist es, die komplexen Rechtsfragen im Spannungsfeld zwischen Patentrecht und Kartellrecht zu analysieren und die Problematik des Missbrauchs standardessentieller Patente aufzuzeigen.
- Definition und rechtliche Einordnung standardessentieller Patente
- Die „FRAND“-Kriterien und ihre Bedeutung für die Lizenzierung
- Konfliktpotenzial zwischen Art. 101 und 102 AEUV und der Nutzung standardessentieller Patente
- Missbrauchsmuster wie „Patent Ambush“ und „Hold-up“
- Die Rolle von Zwangslizenzen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt Aufbau und Ziel der Arbeit, definiert technische Standards (de-jure und de-facto), gewerbliche Schutzrechte und deren Bedeutung für den Wettbewerb, sowie die institutionellen Rahmenbedingungen von Standards (SSOs). Sie skizziert die aktuelle Problematik am Beispiel von Apple/Samsung und Google/Microsoft, um den Kontext für die folgende detaillierte Analyse zu schaffen. Die Einleitung legt den Grundstein für das Verständnis der komplexen Interaktionen zwischen Patentrecht, Kartellrecht und der Standardsetzung.
Hauptteil (Kapitel 2): Dieser Hauptteil befasst sich ausführlich mit standardessentiellen Patenten (SEPs), ihren Definitionen, rechtlichen Normen und Reglements, sowie der Unterscheidung zwischen „de-facto“ und „de-jure“ SEPs. Er analysiert die „FRAND“-Kriterien (Fair, Reasonable, And Non-Discriminatory) in ihrer Bedeutung für die Lizenzierung und beleuchtet den Konflikt zwischen Art. 102 AEUV (Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung) und SEPs. Der Abschnitt widmet sich dem Spannungsfeld zwischen Kartell- und Patentrecht und untersucht Art. 101 AEUV (Kartellverbot) im Kontext von Lizenzvereinbarungen und Technologietransfer, einschließlich Freistellungen und kartellrechtlich relevanten Handlungen auf der Ebene der SSOs. Es werden verschiedene Missbrauchsmuster, wie „Patent Ambush“ und „Hold-up“, detailliert untersucht. Der Abschnitt beschreibt auch die Rolle von Zwangslizenzen und deren Einfluss auf den innovativen Wettbewerb sowie die Bewertung von Lizenzen und deren finanziellen Wert, inklusive Patentpools. Schließlich wird das Verfahren bei Missbrauch von SEPs auf europäischer Ebene betrachtet.
Schlüsselwörter
Standardessentielle Patente (SEPs), FRAND-Kriterien, Kartellrecht, Art. 101 AEUV, Art. 102 AEUV, Lizenzvereinbarungen, Technologietransfer, Missbrauch, Zwangslizenzen, Patentpools, Standard-Setting-Organizations (SSOs), Wettbewerb.
Häufig gestellte Fragen zur Masterarbeit: Standardessentielle Patente und Europäisches Kartellrecht
Was ist der Gegenstand dieser Masterarbeit?
Die Masterarbeit analysiert die Nutzung standardessentieller Patente (SEPs) im Kontext des europäischen Kartellrechts. Sie untersucht die komplexen Rechtsfragen im Spannungsfeld zwischen Patentrecht und Kartellrecht und beleuchtet die Problematik des Missbrauchs von SEPs.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Definition und rechtliche Einordnung standardessentieller Patente; die „FRAND“-Kriterien (Fair, Reasonable, And Non-Discriminatory) und deren Bedeutung für die Lizenzierung; das Konfliktpotenzial zwischen Art. 101 und 102 AEUV und der Nutzung standardessentieller Patente; Missbrauchsmuster wie „Patent Ambush“ und „Hold-up“; die Rolle von Zwangslizenzen; die institutionellen Rahmenbedingungen von Standards (SSOs); die Bedeutung gewerblicher Schutzrechte für den Wettbewerb; und Verfahren bei Missbrauch von SEPs auf europäischer Ebene.
Was sind standardessentielle Patente (SEPs)?
Die Arbeit definiert SEPs und deren rechtliche Einordnung. Sie unterscheidet zwischen „de-facto“ und „de-jure“ SEPs und analysiert die damit verbundenen rechtlichen Normen und Reglements.
Welche Rolle spielen die „FRAND“-Kriterien?
Die Arbeit analysiert die „FRAND“-Kriterien (Fair, Reasonable, And Non-Discriminatory) und deren Bedeutung für die Lizenzierung von SEPs. Sie untersucht die Bedeutung von „FRAND“-Erklärungen und deren formelle Bedeutung.
Wie stehen Art. 101 und 102 AEUV im Zusammenhang mit SEPs?
Die Arbeit untersucht das Konfliktpotenzial zwischen Art. 101 AEUV (Kartellverbot) und Art. 102 AEUV (Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung) im Kontext der Nutzung standardessentieller Patente. Sie analysiert das Spannungsfeld zwischen Kartell- und Patentrecht und betrachtet Freistellungen gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV und Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO).
Welche Missbrauchsmuster werden betrachtet?
Die Arbeit untersucht verschiedene Missbrauchsmuster, wie „Patent Ambush“ (Patenthinterhalt) und „Hold-up“, sowie den missbräuchlichen Einsatz von Unterlassungsansprüchen und den Missbrauch bei der Lizenzvergabe.
Welche Bedeutung haben Zwangslizenzen?
Die Arbeit analysiert die Rolle von Zwangslizenzen und deren Einfluss auf den innovativen Wettbewerb. Sie untersucht die Notwendigkeit und Kriterien für die Erteilung von Zwangslizenzen.
Wie werden Lizenzen bewertet?
Die Arbeit befasst sich mit der Bewertung von Lizenzen und deren finanziellem Wert, unter Berücksichtigung der Privatautonomie und der Grenzen des kartellrechtlichen Missbrauchs. Sie betrachtet auch die Basis der Wertberechnung und die Rolle von Patentpools.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit zieht Schlussfolgerungen zum legislativen Handlungsbedarf und den juristischen Problemfeldern im Kontext von SEPs und dem europäischen Kartellrecht. Sie fasst die zentralen Ergebnisse und Erkenntnisse zusammen.
- Quote paper
- LL.M David Winkel (Author), 2014, „FRAND“-standardessentielle Patente und ihre lizenzierte Nutzung im Lichte des Europäischen Kartellrechts, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/280064