Der Artikel beschäftigt sich mit der so genannten Unwetterstele des Ahmose. Es werden zwei Worte diskutiert, die bisher den Sinn einer Passage der Stele schwer verständlich gemacht haben.
GÖTTLICH SELBST BEI SCHLECHTEM WETTER ZU ZWEI SCHWIERIGEN BEGRIFFEN IN DER UNWETTERSTELE DES AHMOSE - HAp UND Hbs
Christian Huyeng
Die so genannte Unwetterstele des Ahmose gehört sicherlich zu den interessantesten königlichen Inschriften der frühen 18. Dynastie. Sie trägt ihren Rufnamen, da auf ihr ein verheerendes Unwetter in Ägypten den zentralen Raum einnimmt. Sie stellt damit die einzige bekannte königliche Quelle zu einer Naturkatastrophe aus der 18. Dynastie dar.
Der heutige Verbleib der Stele ist unbekannt. Ihr ursprünglicher Aufstellungsort ist aber durch die Grabungen 19471 und 19512 sicher mit Karnak anzugeben. Recto und verso der Stele sind mit dem gleichen Text beschriftet. Die Stele wird nach der recto Seite gelesen, Ergänzungen der verso Seite sind unterstrichen, weitere Ergänzungen von BEYLAGE3 und nach ALLEN4 ergänzte Stellen doppelt unterstrichen.
In diesem kleinen Artikel möchte ich eine schwierige Passage der Stele in neuer Übersetzung vorstellen und dabei Vorschläge zu den beiden Begriffen HAp und Hbs vorlegen.
In dem zu besprechenden Abschnitt verlässt der König seinen Palast, der nördlich von Theben liegt und besteigt ein Schiff um nach Karnak zu fahren. Das Unwetter ist bereits vorbei, die Schäden aber noch nicht beseitigt.
hA(j).t pw jr(j).n=f Hm=f r jm.w=f Knb.tj(w)=f m xt=f mSa[=f] Hr jAb.t.t Hr jmn.t.t Hr HAp nn Hbs Hr=s m-xt xpr bA.w nTr.w
spr pw jr(j).n Hm=f r Xn.w wAs.tj
nbw Hs(j.w) m nbw sSm pn Ssp=f Ab(j).n=f
Das Wort HAp bereitet einige Problem. Es existiert ein Verbum HAp5, dass in den Bereich „geheim halten“; „verbergen“; „verstecken“ und „bedecken“ aber auch „verschwiegen sein“ gehört. Daneben existiert allerdings ein Substantiv HApw, „Abschirmung“6 sowie HApw.tj/HApw „militärischer Kundschafter“7.
BEYLAGE8 scheint an eine verbale Ableitung des Substantivs HApw zu denken, denn er übersetzt „ w ä hrend sein Heer (ihn) auf der West- und Ostseite abschirmte “. Diese Bedeutung ist im HWB nicht explizit für das Verbum HAp angegeben. Da von der mSa des Königs als handelnder Gruppe die Rede ist, scheint seine Übersetzung gut und richtig zu sein. Andere Belege für das Verbum HAp weisen meines Erachtens aber in eine andere Richtung: Ich nehme an, dass man hier einen Zusammenhang zwischen dem Verbum HAp in der Bedeutung „verheimlichen“, „verhüllen (mit Stoff)“, „verbergen“, „decken über“ herstellen kann. An der Begleitung des Herrschers sind neben den Soldaten nämlich auch die Beamten, die Knb.tj(w)=f, beteiligt. Ich denke daher, dass man die Stelle etwas anders auflösen muss: Die Beamten hinter und die Garde rechts und links des Königs schirmen ihn ab. Ich ziehe daher auch die Übersetzung von jAbt.t und jmnt.t als „rechts“ und „links“ gegenüber „Osten“ und „Westen“ vor. Beide Personengruppen haben den gleichen Zweck, denn sie verhindern, dass man den Herrscher direkt ansehen kann. Dieser wird wie ein Kultbild durch seinen Geleitschutz verhüllt und den Blicken der einfachen Menschen entzogen.
Eine detaillierte Besprechung dieser Stelle ist nicht unbedeutend, denn man muss sich fragen, was der Sinn des Verhüllens oder aber Abschirmens ist. In der Übersetzung von BEYLAGE scheint eher eine militärische, der Sicherung des Königs und seines Geleits dienende Abschirmung gemeint zu sein. Es handelt sich also um die persönliche Leibgarde, die den Herrscher stets begleitet. Mich wundert ein wenig die explizite Beschreibung dieser Szene. Es scheint sich um einen ungewöhnlichen Zustand zu handeln und einen improvisierten Aufbruch vom Palast. Die Abschirmung des Königs dient daher wohl weniger dem leiblichen Schutz des Ahmose, als vielmehr dazu, den göttlichen Herrscher unsichtbar zu machen, ihn zu verbergen vor der Beschmutzung durch das Profane. Dafür sprechen verschiedene Dinge:
Der Begriff taucht in der Unwetterstele noch einmal auf und zwar an folgender Stelle:
aHa.n wD.n Hm=f s:rwD rA-pr(.w).w ntjw wA(j) r wAsj m tA pn r Dr=f smnx mnw n(jw) nTr(.w) Ts(j).t snb(.w)t=sn rD(j).t Dsr(.w) m a.t Sps.t HAp s.t StA.t s:aK.t sSm(.w) r kAr(.w)=sn wn(.w) m ptx r tA sS ax(.w) saHA xAw.t smn(.t) pA.wt=sn KAb aK(.w) n(j) jAw.tj(w) r D(j).t tA mj tp.t=f a.w jr(j).jn=tw mj wD[.t n nb.t Hm=f jr(j).t]
Daraufhin befahl seine Majest ä t die Tempel zu restaurieren, die im ganzen Land dabei waren, zu zerfallen, die Monumente der G ö tter 9 wieder herzustellen, ihre Umwallungen 10 zu bauen, die Reliquien/ Heiligkeiten in die edle Kammer 11 (zurück) zu geben, die Geheime St ä tte (wieder) zu verhüllen , die Kultbilder wieder in ihre Naoi einzusetzen, nachdem sie auf den Boden geworfen waren 12, die Feuerbecken wieder aufzurichten und die Alt ä re wieder hinzustellen, ihre Speiseopfer neu festzusetzen, die Einkünfte der Würdentr ä ger zu verdoppeln 13 um das Land in seinem früheren Zustand sein zu lassen. Da tat man alles, wie es seine Majest ä t zu tun befohlen hatte!
Hier ist der religiöse Aspekt des Verhüllens ganz deutlich. Das was StA, also „geheim“ ist, muss verhüllt werden. Insgesamt kommt der Begriff in den königlichen Inschriften der 18. Dynastie (inklusive der beiden Belege aus der Unwetterstele) nur viermal vor. Auf der so genannten AbydosStele von Thutmosis´ I.14 erscheint HAp als eine Eigenschaft der neu vom Herrscher in Auftrag gegebenen Götterstatuen. Es handelt sich um das Urk. IV 99,12-17:
StA.w Dsr.w D.t=sn jA.wt jr.y m Dam s:mnx.w r jmj.wt=sn HA.t Dsr s.t r xpr.t m p.t HAp s.t r sxr.w dwA.t wAS s.t r jmj.w nwn
Geheim und heilig ist ihr Leib 15, die dazugeh ö rigen Standarten 16 sind aus Djam-Gold, dauerhafter als sie es vorher waren, heiliger als das im Himmel Entstandene, verborgener sind sie als die Pl ä ne der Unterwelt und ehrwürdiger als die, die im Nun sind!
[...]
1 VANDERSLEYEN, in: RdE 19 (1967), 123-24.
2 ABDUL-QADER MUHAMMED in: ASAE 59 (1969), 149.
3 BEYLAGE, Aufbau, 80.
4 WIENER/ALLEN, in: JENES 57 (1998), fig.1b.
5 HWB 542, l. Sp. o. {19606} - {19618}.
6 HWB 542 l. Sp. u.{19620}.
7 HWB 542 l. Sp. u. {19621}.
8 BEYLAGE, Aufbau, 83,.
9 VANDERSLEYEN, in: RdE 19 (1967), 133; ders in: RdE 20 (1968), 133, nimmt an, dass mit den nTr.w die verstorbenen Könige gemeint sind und möchte daher in den genannten mnw.w Stelen und Obelisken als Teile der Grabanlagen erkennen. Auch wenn ich der Ausführungen zu den Monumenten nicht folgen möchte (ich verstehe mnw als einen allgemeinen Sammelbegriff (königlicher) Stiftungen), so hat die Idee doch einiges für sich. Dazu müssten allerdings zwei Fragen geklärt werden: 1. Bezeichnet ro pr(.w) auch Totenkultanlagen? 2. kann mit dem Ausdruck tA r Dr=f tatsächlich eine nur so begrenzte Fläche wie Dra Abul en-Naga beschrieben sein? Besonders die zweite Frage kann man recht eindeutig verneinen, ist es doch auch sonst eine Bezeichnung für das gesamte Land, wenn nicht die ganze Welt.
10 HWB 776, l. Sp. u. „snbt (znbt) f Wall, Mauer, Stützmauer (a. beim Himmel) {28478}, (einzelne) Seitenmauer {28478}; Umwallung (e. Grabes) {28489}“.
11 HWB 136 r. Sp. o. „a.t f 1.(...) ≈Spsst „edle Kammer“ {4605}.
12 HWB 317 r. Sp. o. „ptx 1. [tr] werfen, niederwerfen {11509}“.
13 HWB 916 r. Sp. u. -917 l. Sp. o. „qAb 1. vermehren {33937} (...) 2. [ a. math] verdoppeln {33943}“.
14 Urk. IV 95,5-103,4.
15 Also die Statuen. HOFMAN, K ö nigsnovelle, 135 versteht die Stelle falsch, denn sie übersetzt „Ihre Gestalten wurden geheim und prächtig gemacht“. Das Verbum „gemacht“, also ein Passiv von jr(j) oder wie bei Statuen eher zu erwarten ms(j), ist aber nicht geschrieben. Sie folgt damit wohl Ü bersetzung (1914), 50.Es handelt sich vielmehr um einen nfr-sw-Satz (Adjektivalsatz). Sie folgt damit wohl Ü bersetzung (1914), 50.
16 Ü bersetzung (1914), 50, bietet „Tragestangen“ als Übersetzung an. Dies erklärt sich aus der „Homonymität“ der Worte „Tragestange“ und „Standarte“, die aber unterschiedlich determiniert werden. HWB 20 l. Sp. „jAt f Standarte, Schild {649}“ und ebenda „jAt f Tragestange (a. der Standarte) {650}“. „Standarte“ mit eben diesem Zeichen, R12, Tragestange dagegen mit S43. Die Übersetzung ist zudem inhaltlich fragwürdig. Die Kultbilder der Götter werden nicht auf Stangen bei Prozessionen getragen. Sichtbar sind dagegen die (goldenen)
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- Christian Huyeng (Author), 2014, Göttlich selbst bei schlechtem Wetter. Die Unwetterstele des Ahmose, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/273805