In dieser Arbeit beschäftige ich mich mit der Armut in Deutschland. Diese existiert in unserem modernen Industriestaat deutlich häufiger als zunächst man vermuten würde. Es soll deshalb dargestellt werden, welche Formen und Ausprägungen der Armut in Deutschlang vorkommen sowie welche Einrichtungen zur Unterstützung angeboten werden.
„Richtige Armut gibt es in Deutschland doch gar nicht“, würden wohl einige behaupten oder „arm sind doch nur die aus der dritten Welt!“. Ausschließlich den materiellen Faktor in Betracht ziehend liegt es auf der Hand, dass in Deutschland beinahe keiner in einer so drastischen Armut leben muss, wie man sie in der dritten Welt vorfindet.
Dennoch sind die Umstände, mit denen ein Deutscher, der arm ist, zu kämpfen hat, psychisch hochgradig belastend. Ausschlaggebend ist hierbei vor allem der Umstand, in einem modernen Industriestaat unter der Armutsgrenze leben zu müssen und dies häufig auch unter Druck immenser Schulden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Begriff „Armut“
2.1 Absolute Armut
2.2 Relative Armut
2.3 Neue Armut
3. Armut in der Bundesrepublik Deutschland
3.1 Armut im Reichtum
3.2 Daten und Fakten
3.3 Hauptbetroffene
4. Eine soziale Einrichtung in Memmingen zur Unterstützung von Hilfebedürftigen: Die Wärmestube des SKM (Sozialer Verein katholischer Männer)
5. Arm durch Hartz-IV?
6. Bekämpfung der Armut
7. Schluss
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Richtige Armut gibt es in Deutschland doch gar nicht“, würden wohl einige behaupten oder „arm sind doch nur die aus der dritten Welt!“. Ausschließlich den materiellen Faktor in Betracht ziehend liegt es auf der Hand, dass in Deutschland beinahe keiner in einer so drastischen Armut leben muss, wie man sie in der dritten Welt vorfindet. Dennoch kann man sagen, dass die Umstände mit denen ein Deutscher, der arm ist, zu kämpfen hat diesen womöglich psychisch mehr belasten, als einen Armen der dritten Welt. Ist die Belastung in einem modernen Industriestaat unter der Armutsgrenze leben zu müssen und dies eventuell auch unter Druck immenser Schulden nicht höher als in einem Staat der „dritten Welt“, in dem beinahe jeder arm ist? In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit dem Thema „Armut in Deutschland“. Diese ist in unserem modernen Industriestaat deutlich häufiger existent als zunächst von mir angenommen, wie ich in meiner Arbeit darstellen werde.
2. Der Begriff „Armut“
In den Sozialwissenschaften herrscht nur begrenzt Übereinstimmung in Bezug auf eine zuverlässige und allgemein gültige Definition von Armut. Konsens gibt es allein hinsichtlich der Tatsache, dass Armut in den westlichen Industrienationen eine andere Bedeutung hat, als in Entwicklungsländern oder zu vorindustrieller Zeit. Grundsätzlich kann man daher zwischen absoluter und relativer Armut unterscheiden.
2.1 Absolute Armut
Die absolute Armut kann definiert werden als extreme Form sozialer Ungleichheit in einer Gesellschaft. „[Sie] liegt dann vor, wenn das physische Existenzminimum, die körperliche Selbsterhaltung, nicht gewährleistet ist.“[1] und kommt dem ursprünglichen Sinngehalt des Wortes „Armut“ wohl am nächsten. Diese Form der Armut tritt vor allem in der „Dritten Welt“ auf, existiert aber auch in Europa, wobei Osteuropa häufiger von absoluter Armut betroffen ist, als Deutschland. . In der „Dritten Welt“ gilt als absolut arm wer weniger als 1 US $ pro Tag verdient, denn dann können elementare Lebensbedürfnisse nicht ausreichend befriedigt werden. Diese Form von Armut ist in den westlichen, hochindustrialisierten Ländern nahezu verschwunden und ist vor allem ein Problem der Entwicklungsländer. Daher ist es für Deutschland sinnvoller den Begriff der relativen Armut zu verwenden.
2.2 Relative Armut
Die relative Armut ist die unterdurchschnittliche Ausstattung an ökonomischen Mitteln und kann nur vor dem Hintergrund der jeweiligen nationalen Einkommensverhältnisse festgelegt werden. Sie entsteht also durch die Einführung einer Einkommensgrenze. Wessen Einkommen unter dieser festgelegten Einkommensgrenze liegt, gilt als relativ arm und hat Anspruch auf staatliche Unterstützung. Die Einkommensgrenze wird berechnet, indem man den Lebensstandard von Einzelpersonen oder Haushalten mit dem durchschnittlichen Lebensstandard der Gesamtbevölkerung vergleicht. Relativ arme Personen verfügen also zwar über ein Existenzminimum, sind aber an den Maßstäben eines Landes gemessen dennoch arm. So ist der relative Armutsbegriff ein Begriff, der „an der Sicherung des jeweiligen materiellen und immateriellen Lebensbedarfs orientiert [ist] und [...] das Unterschreiten des sozio-kulturellen Existenzminimums [beschreibt]“.[2] Meistens wird für Definitionen die 50%- Armutsgrenze verwendet, das heißt, wer weniger als 50% des in einem Lande durchschnittlich zur Verfügung stehenden Einkommens zur Verfügung hat gilt als „arm“. Einige Sozialwissenschaftler verwenden für ihre Berechnungen auch eine 60%- Grenze. Die relative Armut sagt wenig über die absolute Situation von Menschen oder Bevölkerungsgruppen aus, beschreibt jedoch sehr genau die ungleichen Lebensverhältnisse innerhalb einer Gesellschaft. Man kann also sagen, dass sich relative Armut danach richtet was in einem Land als normal angesehen wird. „Dazu gehört in Deutschland zum Beispiel nicht nur, dass jemand genug zu essen hat, sondern sich auch gesund ernähren kann.“[3] Ebenso soll jedes Kind die Möglichkeit haben eine angemessene Bildung zu erlangen, unabhängig davon ob die Eltern ein hohes Einkommen haben oder nicht.
2.3 Neue Armut
In der Forschung zur Armut und in der sozialpolitischen Debatte wird immer wieder als zentrales Problem die Definition des Armutsbegriffes gesehen. Die Frage lautet, ob Armut in einer Wohlstandsgesellschaft wie der Bundesrepublik Deutschland überhaupt existiert oder ob sie nicht durch eine Grundsicherung, die ja in Deutschland jedem zusteht, ausgeglichen wird und somit vermieden werden könnte. Das “Neue” an dieser sogenannten Neuen Armut ist, dass kaum jemand verhungert, vergleichsweise wenige erfrieren oder an Unterversorgung sterben müssen. Der Begriff der neuen Armut ist dem alten sehr ähnlich, allerdings an den Stand unserer industriellen Entwicklung angepasst. Wir leben in der BRD nicht in einem Land, in dem man keine Unterstützung vom Staat erwarten kann, denn in Deutschland muss niemand verhungern.
3. Armut in der Bundesrepublik Deutschland
3.1 Armut im Reichtum
In Deutschland orientiert sich die Definition von Armut am durchschnittlichen Nettoeinkommen (2001: 19.250 € pro Jahr). Wer weniger als 50% dieses Betrages zur Verfügung hat, gilt als arm. Der Unterschied zu einigen anderen Ländern ist, dass in Deutschland ein soziales Netz existiert, das arme Menschen auffängt und deshalb “arm” sein, nicht bedeutet infolge von materieller Unterversorgung in seiner physischen Existenz bedroht zu sein, auch wenn dieser Zustand zunimmt. Es bedeutet eher, unterhalb von Grenzen, die im Verhältnis zum Wohlstand der Gesamtbevölkerung stehen, leben zu müssen. Das heißt, je mehr Reichtum es in einem Land gibt, desto größer kann auch die Wahrscheinlichkeit sein, dass es Armut gibt, weil dann die Grenzen zum “Wohlstand” immer weiter auseinanderklaffen. Somit ist Armut als solches nicht nur ein Phänomen von sich entwickelnden Ländern oder sogenannten “armen” Ländern.
Absolute Armut, wie oben definiert, spielt in sogenannten Wohlfahrtsstaaten eher eine untergeordnete Rolle. Sie existiert höchstenfalls bei Randgruppen wie Suchtkranken, Obdachlosen oder Menschen, die aufgrund verschiedener Faktoren nicht in der Lage sind, die Existenzsicherung, die jedem im Land zusteht, in Anspruch zu nehmen. (siehe “Verdeckte Armut”)
In Deutschland verwendet man für das Wort “Armut” oft den Begriff “sozial schwach”. Diese Bezeichnung birgt allerdings Kritik in sich, da sie mehr Interpretationsspielraum lässt und man den Begriff auch so interpretieren könnte, als hätten die Betroffenen einen Mangel an sozialer Kompetenz. Aus diesem Grund wird der Begriff auch in der Armuts- und Bildungsforschung vermieden.
3.2 Daten und Fakten
„Trotz Wirtschaftsaufschwung und sinkender Arbeitslosigkeit sind viele Menschen in Deutschland von Armut bedroht. Wie aus dem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hervorgeht, den Arbeitsminister Olaf Scholz am Montag (19. 05. 2008) in Berlin vorstellte, sind 13 Prozent der Bürger in Deutschland arm.“[4] Weitere 13 Prozent der Bundesbürger bewahren Sozialleistungen (Arbeitslosengeld II, Kindergeld, Wohngeld etc.) davor in Armut zu leben. „Im Vergleich mit den 14 Mitgliedern der Alt-EU ist Deutschland in diesen Jahren aus der Position in der Spitze des Feldes der Länder mit geringster Armut (3. Platz) auf einen Platz im unteren Mittelfeld (9. Platz) zurückgefallen.“[5]
Nach Zahlen aus dem „Zweiten Armuts- und Reichtumsbericht“, den die Bundesregierung im März 2005 vorgelegt hat, galten im Jahr 2003 13,5 Prozent der Bevölkerung als in relativer Armut lebend. 2002 waren es nach diesen Angaben noch 12,7 Prozent, 1998 12,1 Prozent.[6] „Als arm gilt nach einer Definition der Europäischen Union, wer als Alleinlebender weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient – das sind 781 € netto im Monat. Reich ist nach EU-Angaben, wer als Alleinlebender über netto mehr als 3.418 € im Monat verfügt.“[7] Als Paar müsste man um als reich zu gelten mindestens 5.127 € verdienen, arm wäre man, wenn man zu Zweit nicht mehr als 1.172 € netto im Monat verdient.[8]
Negativ ist, dass die Langzeitarbeitslosenquote in Deutschland kontinuierlich ansteigt: Während im Jahr 2000 noch 3,8 % Langzeitarbeitslose in Deutschland lebten waren es im Jahr 2007 schon 4,7%. Als langzeitarbeitslos gilt, wer mindestens 15 Jahre als und seit einem Jahr oder länger arbeitslos und –suchend ist.[9]
3.3 Hauptbetroffene
Bei Betrachtung der Personen, die von Armut betroffen sind, fällt eine ausgesprochene Heterogenität auf. So lässt sich die Behauptung Armut sei alt und weiblich empirisch nicht mehr bestätigen. Ganz im Gegenteil: Altersarmut ist im Verhältnis zu anderen Altersgruppen so gut wie verschwunden. Auch die Sozialhilfeempfängerquote gibt diesen Wandel der Altersstruktur von Armut wieder. Nur noch 1/12 der Empfänger ist über 65 Jahre, aber „dafür ist heute jeder dritte Sozialhilfeempfänger minderjährig“[10] Verstärkt wird dieser Effekt noch, wenn man den Geburtenrückgang, bzw. die Alterung der Gesellschaft mit einbezieht.
In der jetzigen Zeit gehören insbesondere Haushalte von Alleinerziehenden, kinderreichen Familien, (Dauer-) Arbeitslosen, Überschuldeten und Ausländern zu den stark von Armut betroffenen. Sie stellen die neuen Risikogruppen dar, die mit Einkommen nahe oder sogar unterhalb der Armutsgrenze auskommen müssen.[11] Insbesondere die Tatsache, dass es zu einer Verlagerung der Armut von der älteren auf die jüngere Generation kam, lässt die Tendenz zu, von der „Infantilisierung der Armut“ zu sprechen.[12]
Gerade bei alleinerziehenden Müttern mit vielen Kindern steigt das quantitative Ausmaß der Kinderarmut. Natürlich sind die negativen Folgen für die Kinder nicht von der Hand zu weisen. Eine mögliche Folge kann der Schritt zur Kriminalität sein.
Abhängig zu welcher armutsgefährdeten Gruppierung man gehört, lassen sich Rückschlüsse auf die möglichen Ursachen der Armut ziehen. Zieht man beispielsweise die Armut der Alleinerziehenden ins Kalkül, so führt man ihre Situation u.a. auf die schlechte private Versorgung sowie die fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen zurück.[13]
[...]
[1] http://www.pitsch.de/papers/avwl/kapitel2.htm
[2] Monika, Alisch / Jens Dangschat: „Armut und soziale Integration“ http://books.google.com/books?hl=de&lr=&id=EKCsi10-xbgC&oi=fnd&pg=PA7&sig=nNO3NvgQtNuLdPcCEH_RA-YDous&dq=Ursachen+der+Armut+in+Deutschland#PPA20,M1
[3] http://hvg-news.de/?p=6
[4] http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,3345597,00.html
[5] http://www.jjahnke.net/wochenbuch3.html
[6] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Armut
[7] http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,3345597,00.html
[8] http://de.statista.org/statistik/daten/studie/510/umfrage/einstufung-in-arm-und-reich-fuer-singles-und-paare/
[9] Vgl.http://www.stern.de/politik/panorama/621143.html?backref=%2Fpolitik%2Fpanorama%2F%3ADeutschland-Der-Armutsbericht%2F621157.html%3Fvs%3D1&cp=3
[10] Zwick, Michael: „Einmal arm, immer arm?“ S.8
[11] Vgl. Hradil, Stefan, S. 252 - S. 253
[12] Vgl. Hradil, Stefan, S. 253
[13] Vgl. Hradil/Immerfall S.500
- Arbeit zitieren
- Natalie Spöttle (Autor:in), 2008, Armut in Deutschland. Eine Analyse der Fakten und Hilfseinrichtungen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/270718