„Kannst du mir sagen, Sokrates, ist die Tugend lehrbar? Oder ist sie nicht lehrbar, sondern eine Sache der Übung? Oder ist sie weder Sache der Übung noch des Lernens, sondern etwas, das den Menschen von Natur oder auf irgend eine Weise sonst zuteil wird?“ Platon: Menon, 70a Die Tugend, Arete, steht im Mittelpunkt aller Betrachtungen des Aristoteles und Platons zur Ethik. Die Ethik als Lehre vom sittlichen Wollen und Handeln des Menschen gilt ihnen wiederum als unentbehrliche Grundlage jeden Staatswesens, dem Staatsmanne obliegt es, auf die Tugendhaftigkeit der Bürger hinzuwirken. Die Beschäftigung mit Texten beider Philosophen wirft daher die Frage auf, in welcher Weise sie das Erlangen der Tugend für möglich hielten und inwieweit sich hierin die Ideenlehre Platons einerseits und die Ethik als praktische Wissenschaft bei Aristoteles andererseits widerspiegeln. Auf Grundlage der platonischen Dialoge <Protagoras> und <Menon> sowie der Nikomachischen Ethik des Aristoteles will vorliegende Arbeit die Frage nach dem Erlangen der Tugend untersuchen. Dabei soll eine Beschränkung auf die sittlichen Tugenden gemäß NE 1103a 16 erfolgen. Im 2. Kapitel wird zunächst der Tugendbegriff bestimmt und in die ethischen Vorstellungen beider Philosophen eingeordnet, sodann im 3. Kapitel die Aussagen zum Erwerb der Tugend genauer untersucht. Das Schlusskapitel möchte neben einem vergleichenden Fazit den Versuch unternehmen, die Ergebnisse in den größeren Zusammenhang der platonischen und aristotelischen Philosophie zu stellen. Zum Verständnis der Quellentexte boten „Platos Gespräche“ von Walter Bröcker (1967), die „Geschichte der Ethik“ von Michael Hauskeller (1997) und der Aufsatz „Vom Problem der Willensfreiheit in der Nikomachischen Ethik des Aristoteles“ von Klaus P. Seif (1979) eine hilfreiche Grundlage. Des Weiteren wurden Texte von Bien (1985), Capelle (1971), Ottmann (2001) und Pieper (1997) und Zeitler (1983) für die Arbeit herangezogen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Welche Rolle spielt die Arete in den Ethikvorstellungen des Aristoteles und Platons?
- 2.1. Begriffsbestimmung
- 2.2. Arete als Wissen – Der Tugendbegriff in der platonischen Ethik
- 2.3. Arete als Tüchtigkeit der Seele - Der Tugendbegriff bei Aristoteles
- 2.4. Arete als Voraussetzung für das Bestehen des Staates
- 3. Wie erlangt der Mensch sittliche Tugend?
- 3.1. Die Sophisten als Angriffspunkt platonischer Ethik
- 3.2. Die Frage der Lehrbarkeit bei Platon
- 3.3. Erziehung zur Tugend – Antworten des Aristoteles
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Frage, wie der Mensch nach Platon und Aristoteles sittliche Tugend erlangt. Sie beleuchtet die jeweiligen Konzepte von Tugend (Arete) in der platonischen und aristotelischen Ethik und analysiert die Aussagen beider Philosophen zum Erwerb dieser Tugend. Das Ziel ist es, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in ihren jeweiligen Positionen herauszuarbeiten und die Bedeutung ihrer Ansichten im größeren Kontext ihrer Philosophie zu beleuchten.
- Der Begriff Arete in der Ethik von Platon und Aristoteles
- Die Bedeutung von Wissen und Vernunft für die Entwicklung von Tugend
- Die Rolle von Erziehung und Übung im Erwerb sittlicher Tugenden
- Die Beziehung zwischen individueller Tugend und dem Staatswesen
- Die Rolle der Seele und ihrer verschiedenen Teile in der Entwicklung von Tugend
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 beleuchtet den Begriff Arete in den Ethikvorstellungen von Platon und Aristoteles. Zunächst wird der Begriff Arete in seiner Bedeutung im Altgriechischen erläutert und in den Kontext der platonischen und aristotelischen Ethik eingeordnet. Im Anschluss werden die jeweiligen Auffassungen von Platon und Aristoteles zum Wesen der Arete vorgestellt, wobei Platons Vorstellung von Tugend als Wissen und Aristoteles' Fokus auf Tugend als Tüchtigkeit der Seele hervorgehoben werden. Kapitel 3 widmet sich der Frage, wie der Mensch nach Platon und Aristoteles sittliche Tugend erlangt. Dabei wird zunächst der Angriffspunkt der platonischen Ethik gegen die Sophisten beleuchtet, um im Anschluss die Frage der Lehrbarkeit von Tugend bei Platon zu diskutieren. Schließlich werden die Antworten des Aristoteles auf die Frage nach der Erziehung zur Tugend im Kontext seiner Seelenlehre und seiner Vorstellung von Tugend als Tüchtigkeit der Seele vorgestellt.
Schlüsselwörter
Arete, Tugend, Ethik, Platon, Aristoteles, Wissen, Vernunft, Seelenlehre, Erziehung, Übung, Sophisten, Staat, Eudaimonie, Glück, Strebevermögen, Charakter, Disposition, Ethos, Logos, dianoetische Tugenden.
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- Beate Apelt (Author), 2004, Wie erlangt der Mensch sittliche Tugend? Die Behandlung dieser Frage in Texten von Platon und Aristoteles, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/26898