“Cu e surdu, orbu e taci, campa cen'tanni 'mpaci.“ lautet eins von vielen sizilianischen Sprichwörtern, das die Verschwiegenheit der Sizilianer als eine Weisheit ansieht. Diese sogenannte omertà ist in der Kultur der süditalienischen Gesellschaft fest verankert und nicht zuletzt ein Teil des Wertesystems der dort herrschenden Mafia.
Bis die ersten pentiti vor Gericht aussagten, gab es kaum Informationen über das Wesen der Mafia. Im Maxi-Prozess, der 1986-87 in Palermo gegen mehr als 450 Mafiosi geführt wurde und zur Verurteilung von hunderten Angehörigen der sizilianischen Cosa Nostra führte, gab es die ersten Aufklärungserfolge zu verzeichnen. Um das Phänomen der Omertà, das Gesetz des Schweigens, als wichtige Stütze in der Machtsphäre der süditalienischen Mafia zu erklären, müssen die Umstände betrachtet werden, unter denen es den Mafiosi gelang, zum wesentlichen Machtfaktor des Mezzogiorno zu werden. Denn die Mafia ist nicht nur eine kriminelle Organisation, sondern auch die spezifische Form einer Sozialorganisation, die sich unter bestimmten sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bedingungen in Süditalien entwickelt hat.
Für diese Analyse soll auf einer historisch-soziologischen Ebene die Entstehung, die Entwicklung und Modernisierung der Mafia im Vordergrund stehen, speziell die der sizilianischen Cosa Nostra, da sie die bekannteste unter der kriminellen Organisation Italiens ist. Die Gesellschaft des Mezzogiorno, in der die instrumentelle Freundschaft sowie gegenseitige Gefälligkeiten eine große Rolle spielen, muss dabei ebenfalls Eingang in meine Ausarbeitung finden. Weniger Beachtung wird der Zusammenbruch der Mafia im Zweiten Weltkrieg, die internationale Ausbreitung sowie die Anti-Mafia-Bewegung finden. Die Omertà wird den ausschlaggebenden Aspekt meiner Untersuchung darstellen, da die Mafia ohne sie kaum ein so großes kriminelles Machtpotenzial hätte aufbauen können. Der Anteil der organisierten Kriminalität am BSP des Süden wurden in den letzten Jahren auf 25 - 40% geschätzt, dabei stand Palermo im Jahr 1989 beim Pro-Kopf-Anteil an 70. Stelle, beim Konsum jedoch an 7. Stelle Italiens (Stand 2006). Das Schweigen der sizilianischen Gesellschaft, der Mafia-Mitglieder sowie der italienischen Regierung und wirtschaftlichen Unternehmen, die „in odore di mafia“ stehen, zeigt sich als typisches Phänomen des Mezzogiorno, das ich in dieser Arbeit analysieren möchte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kriminelle Organisation: Die Entstehung der Mafia
- Wirtschaftliche Struktur des Mezzogiorno: der „Nährboden“ der Mafia
- Das Nord-Süd-Gefälle und der Assistenzialismo
- Der Aufstieg der Mafia im Mezzogiorno
- Traditionelle Aspekte: Familismus und Clientelismus
- Das System der amici degli amici
- Mafia als Attitude
- Rolle der Omertà in der Mafia-Ideologie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht historisch-soziologisch die Omertà als Machtfaktor der süditalienischen Mafia, insbesondere der sizilianischen Cosa Nostra. Die Entstehung und Entwicklung der Mafia wird im Kontext der wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen des Mezzogiorno beleuchtet. Die Rolle der Omertà als zentrale Stütze der Mafia-Macht wird analysiert.
- Die Entstehung der Mafia im Kontext der sozioökonomischen Verhältnisse Süditaliens
- Die Bedeutung des Familismus und Clientelismus für die Mafiaorganisation
- Die Omertà als integraler Bestandteil der Mafia-Ideologie und -Strategie
- Der Einfluss der Mafia auf die wirtschaftliche und politische Struktur des Mezzogiorno
- Die Entwicklung der Mafia vom traditionellen zum modernen, unternehmerischen Modell
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Omertà als zentralem Aspekt der süditalienischen Mafia ein. Sie betont die Bedeutung des Schweigens als Machtstütze und kündigt eine historisch-soziologische Untersuchung an, die die Entstehung und Entwicklung der Mafia im Mezzogiorno beleuchtet. Das sizilianische Sprichwort „Cu e surdu, orbu e taci, campa cen'tanni 'mpaci“ wird als Ausgangspunkt verwendet, um die tief verwurzelte Kultur des Schweigens zu illustrieren. Die Arbeit konzentriert sich auf die sizilianische Cosa Nostra und die Rolle der Omertà in ihrem Machtaufbau.
Kriminelle Organisation: Die Entstehung der Mafia: Dieses Kapitel befasst sich mit den Ursprüngen der Mafia im 18. Jahrhundert, die im landwirtschaftlichen Sektor Siziliens liegen. Die Spannungen zwischen Großgrundbesitzern, Landpächtern (Gabellotti) und Bauern werden dargestellt. Die Gabellotti entwickelten sich zu durchsetzungsfähigen Männern, die mit Gewalt und Druck die Bauern kontrollierten und ihre Machtposition festigten. Sie agierten als Vorläufer der modernen Mafia, indem sie Schutzgelder (Pizzo) erpressten und als Mittler zwischen verschiedenen sozialen Gruppen fungierten. Dieser Abschnitt veranschaulicht die Entwicklung von traditionellen Methoden der Macht und Kontrolle hin zu einer immer stärker organisierten Kriminalität.
Wirtschaftliche Struktur des Mezzogiorno: der „Nährboden“ der Mafia: Dieses Kapitel analysiert die wirtschaftlichen Bedingungen in Süditalien als Nährboden für die Mafia. Das Nord-Süd-Gefälle und der Assistenzialismus werden als Faktoren genannt, die die Mafia-Entwicklung begünstigten. Der Aufstieg der Mafia wird im Kontext des wirtschaftlichen Rückstands und der ungleichen Verteilung von Ressourcen dargestellt. Der Kapitelteil erläutert die Ausnutzung von wirtschaftlichen Schwächen und staatlichen Defiziten durch die Mafia, um ihre Machtposition zu festigen und auszubauen. Der Fokus liegt auf der Darstellung der strukturellen Ursachen für den Erfolg der Mafia im Mezzogiorno.
Traditionelle Aspekte: Familismus und Clientelismus: Dieses Kapitel untersucht traditionelle Aspekte der süditalienischen Gesellschaft, wie Familismus und Clientelismus, die die Mafiaorganisation stützen. Das System der „amici degli amici“ und die Mafia als „Attitude“ werden analysiert. Die Verflechtung von traditionellen Werten und der Mafia-Struktur wird beleuchtet, um zu zeigen, wie diese Werte für den Machterhalt und die Rekrutierung von Mitgliedern genutzt werden. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der sozialen und kulturellen Faktoren, die die Mafia über Generationen hinweg stabilisiert haben.
Rolle der Omertà in der Mafia-Ideologie: Dieses Kapitel analysiert die zentrale Bedeutung der Omertà für die Mafia-Ideologie und -Strategie. Die Omertà wird nicht nur als Gesetz des Schweigens, sondern als integraler Bestandteil der Machtstruktur dargestellt. Der Fokus liegt auf der Erläuterung, wie das Schweigen der Bevölkerung und der Komplizenschaft von Teilen der Gesellschaft und des Staates die Mafia in ihrer Machtposition gestärkt haben. Die Auswirkungen der Omertà auf die Strafverfolgung und den Kampf gegen die Mafia werden beleuchtet.
Schlüsselwörter
Omertà, Mafia, Cosa Nostra, Mezzogiorno, Süditalien, Sizilien, kriminelle Organisation, historisch-soziologische Untersuchung, Familismus, Clientelismus, wirtschaftliche Struktur, Macht, Gewalt, Pentiti, Assistenzialismo, Nord-Süd-Gefälle.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Omertà und Mafia in Süditalien
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht historisch-soziologisch die Omertà als Machtfaktor der süditalienischen Mafia, insbesondere der sizilianischen Cosa Nostra. Sie beleuchtet die Entstehung und Entwicklung der Mafia im Kontext der wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen des Mezzogiorno und analysiert die Rolle der Omertà als zentrale Stütze der Mafia-Macht.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entstehung der Mafia im Kontext der sozioökonomischen Verhältnisse Süditaliens, die Bedeutung des Familismus und Clientelismus für die Mafiaorganisation, die Omertà als integralen Bestandteil der Mafia-Ideologie und -Strategie, den Einfluss der Mafia auf die wirtschaftliche und politische Struktur des Mezzogiorno und die Entwicklung der Mafia vom traditionellen zum modernen, unternehmerischen Modell.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, Kapitel zur Entstehung der Mafia, zur wirtschaftlichen Struktur des Mezzogiorno als Nährboden der Mafia, zu traditionellen Aspekten wie Familismus und Clientelismus und schließlich zur Rolle der Omertà in der Mafia-Ideologie. Jedes Kapitel wird zusammengefasst.
Was sind die zentralen Thesen der Arbeit?
Die Arbeit argumentiert, dass die Omertà ein essentieller Bestandteil der Mafia-Macht ist und dass die sozioökonomischen Bedingungen des Mezzogiorno, sowie traditionelle Werte wie Familismus und Clientelismus, die Entwicklung und den Fortbestand der Mafia begünstigt haben. Die wirtschaftliche und politische Struktur Süditaliens wurde nachhaltig von der Mafia beeinflusst.
Welche Rolle spielt die Omertà?
Die Omertà wird als Gesetz des Schweigens, aber auch als integraler Bestandteil der Machtstruktur der Mafia dargestellt. Das Schweigen der Bevölkerung und die Komplizenschaft von Teilen der Gesellschaft und des Staates haben die Mafia in ihrer Machtposition gestärkt. Die Omertà erschwert die Strafverfolgung und den Kampf gegen die Mafia erheblich.
Welche Bedeutung haben Familismus und Clientelismus?
Familismus und Clientelismus werden als traditionelle Aspekte der süditalienischen Gesellschaft analysiert, die die Mafiaorganisation unterstützen. Das System der „amici degli amici“ und die Mafia als „Attitude“ werden als wichtige Faktoren für den Machterhalt und die Rekrutierung von Mitgliedern beschrieben.
Wie werden die wirtschaftlichen Bedingungen des Mezzogiorno dargestellt?
Die wirtschaftlichen Bedingungen Süditaliens werden als Nährboden für die Mafia dargestellt. Das Nord-Süd-Gefälle und der Assistenzialismus werden als Faktoren genannt, die die Mafia-Entwicklung begünstigten. Die Mafia nutzte wirtschaftliche Schwächen und staatliche Defizite aus, um ihre Machtposition zu festigen und auszubauen.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Schlüsselbegriffe sind Omertà, Mafia, Cosa Nostra, Mezzogiorno, Süditalien, Sizilien, kriminelle Organisation, historisch-soziologische Untersuchung, Familismus, Clientelismus, wirtschaftliche Struktur, Macht, Gewalt, Pentiti, Assistenzialismo, Nord-Süd-Gefälle.
Welche Quellen werden verwendet? (Nicht explizit im Text, aber implizit)
Die Arbeit basiert auf historisch-soziologischen Quellen und Analysen. Die genauen Quellenangaben fehlen im vorliegenden Auszug, sind aber für eine wissenschaftliche Arbeit essentiell.
- Quote paper
- (Staatsexamen Gymnasiallehramt) Solveig Höchst (Author), 2013, Das sizilianische Schweigen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/265328