Risiken einzugehen ist das Tagesgeschäft von Kreditinstituten. Sie
werden ganz bewusst mit dem Ziel der Gewinngenerierung eingegangen.
Der ökonomische Erfolg der Unternehmung Bank hängt hierbei
entscheidend von der Fähigkeit des Instituts ab, Risiken richtig und
vollständig zu erfassen, sie messbar zu machen, um aus dieser Messung
eine möglichst genaue Beurteilung der vorliegenden Situation zu
erlangen. Anhand dieser Beurteilung muss entschieden werden, ob
respektive in welchem Umfang eine Risikoübernahme für das Institut
leistbar ist. Ist eine Übernahme von Risiken für neue Projekte möglich
beziehungsweise bereits anhand von Zusagen erfolgt, ist die wichtigste
Aufgabe der Bank, eine adäquate Risikovorsorge zu treffen. Für Kredit-
und Marktpreisrisiken ist diese Vorsorge selbstverständlich und schon
lange gängige Praxis. Die angewendeten Verfahren sind in diesem
Bereich sehr detailliert ausgearbeitet und es besteht weitestgehend
Einigkeit über grundsätzliche Fragen der Definition, Abgrenzung und
Quantifizierung. Dennoch findet eine stetige Weiterentwicklung dieser
Methoden statt. Im Gegensatz dazu sind die Quantifizierungsverfahren
für operationelle Risiken deutlich weniger weit entwickelt, obwohl
Kreditinstitute sich diesen in zunehmendem Ausmaß ausgesetzt sehen.
Nicht nur aufgrund von aufsichtsrechtlichen Anforderungen rücken sie
in den letzten Jahren in den Focus der Betrachtung; auch ökonomische
Gesichtspunkte sind in zunehmendem Maß ausschlaggebend.
Ziel dieser Arbeit ist zunächst deskriptiv aufzuzeigen, wie die vom
Baseler Ausschuss vorgegebenen bzw. bezüglich ihrer qualitativen
Anforderungen skizzierten Messmethoden operationelles Risiko
identifizieren und messen. Darauf aufbauend soll konzeptionell und
kritisch hinterfragt werden, ob die beschrittenen Wege der Identifikation
und Messung zum einen bezüglich des Risikoverständnisses, das sie
implizieren, sinnvoll sind und zum anderen, ob aus dieser Messung eine
adäquate Risikovorsorge und somit auch eine dem Risiko entsprechende
aufsichtsrechtliche Abbildung hergeleitet werden kann. Ebenfalls soll
aufgezeigt werden, ob und gegebenenfalls wie Banken ihre
Eigenkapitalunterlegung von operationellen Risiken beeinflussen
können, um abschließend zu bewerten, ob hierdurch allein aufgrund der
Größe eines Kreditinstituts Vorteile beziehungsweise Nachteile
entstehen können.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Problemstellung
- 1.2 Ziel der Arbeit
- 1.3 Gang der Untersuchung
- 2. Begriffliche Grundlagen von Risiko
- 2.1 Betrachtungsweisen von Risiko
- 2.2 Risiko als Abweichung von einer Erwartung
- 2.3 Risiko als negative Abweichung
- 3. Kategorisierung von Risiken in Banken
- 3.1 Marktrisiken
- 3.2 Kreditrisiken
- 3.3 Operationelle Risiken
- 3.3.1 Interne Risiken
- 3.3.1.1 Personalrisiken
- 3.3.1.2 Prozess- und Strukturrisiken
- 3.3.1.3 System- und Technologierisiken
- 3.3.2 Externe Risiken
- 3.3.1 Interne Risiken
- 4. Verfahren zur Identifikation operationeller Risiken
- 4.1 Risikoinventur
- 4.2 Schadensfalldatenbanken
- 4.3 Simulationsansätze
- 4.4 Frühwarnsysteme
- 5. Quantifizierungsmethoden für operationelles Risiko
- 5.1 Top-Down Verfahren
- 5.1.1 Basisindikatoransatz
- 5.1.1.1 Identifikation und Messung des Risikos
- 5.1.1.2 Kritische Würdigung des BIA
- 5.1.2 Standardansatz
- 5.1.2.1 Identifikation und Messung des Risikos
- 5.1.2.2 Kritische Würdigung des STA
- 5.1.1 Basisindikatoransatz
- 5.2 Bottom-Up
- 5.2.1 Operational Value-at-Risk
- 5.2.1.1 Begrifflichkeit des Value-at-Risk
- 5.2.1.2 Datenbasis des OpVaR
- 5.2.1.3 Modellierung der Verteilungen
- 5.2.1.4 Erstellung der Gesamtverlustverteilung
- 5.2.1.5 Berechnung des OpVaR
- 5.2.1.6 Identifikation und Messung des Risikos
- 5.2.1.7 Kritische Würdigung des OpVaR
- 5.2.2 Conditional Operational Value-at-Risk
- 5.2.2.1 Formale Darstellung des COVaR
- 5.2.2.2 Modellierung des Maximalschadens
- 5.2.2.3 Kritische Würdigung des COVaR
- 5.2.1 Operational Value-at-Risk
- 5.1 Top-Down Verfahren
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die vom Baseler Ausschuss vorgeschlagenen Messmethoden für operationelle Risiken in Banken. Sie beschreibt die Methoden deskriptiv und analysiert kritisch ihre Anwendbarkeit und Sinnhaftigkeit bezüglich des Risikoverständnisses und der daraus abzuleitenden aufsichtsrechtlichen Abbildung. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Frage, ob und wie Banken ihre Eigenkapitalunterlegung beeinflussen können und ob Größenvorteile entstehen.
- Begriffliche Klärung von Risiko und operationellem Risiko
- Kategorisierung und Abgrenzung operationeller Risiken im Bankensektor
- Verfahren zur Identifikation operationeller Risiken
- Kritische Analyse von Quantifizierungsmethoden (Top-Down und Bottom-Up)
- Diskussion der Auswirkungen der Risikomessung auf die Eigenkapitalunterlegung und den Wettbewerb.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der operationellen Risiken in Banken ein und hebt deren zunehmende Bedeutung sowohl aus aufsichtsrechtlicher als auch ökonomischer Sicht hervor. Sie stellt die Problematik der komplexen Erfassung und Bewertung operationeller Risiken im Vergleich zu Markt- und Kreditrisiken dar und benennt das Ziel der Arbeit: die kritische Auseinandersetzung mit den vom Baseler Ausschuss vorgeschlagenen Messmethoden und deren Auswirkungen auf die Risikovorsorge und den Wettbewerb im Bankensektor. Beispiele wie die Barings Bank und die Société Générale verdeutlichen die potenziellen Folgen unzureichenden Risikomanagements.
2. Begriffliche Grundlagen von Risiko: Dieses Kapitel analysiert den Begriff „Risiko“ aus verschiedenen betriebswirtschaftlichen Perspektiven. Es unterscheidet zwischen ex-ante und ex-post Betrachtungsweisen und konzentriert sich auf die für die Risikomessung relevante ex-post Sichtweise von Risiko als mögliche negative Abweichung von einer Erwartung. Der Unterschied zwischen materiellem und formalem Risiko wird erläutert, wobei der Fokus auf dem formalen Risiko liegt, da dieses für die Messung operationeller Risiken besonders relevant ist.
3. Kategorisierung von Risiken in Banken: Dieses Kapitel beschreibt die Kategorisierung von Bankrisiken gemäß den Eigenkapitalrichtlinien des Baseler Ausschusses (Markt-, Kredit- und operationelle Risiken). Es erläutert die einzelnen Risikokategorien, insbesondere die operationellen Risiken, welche in interne (Personal-, Prozess-/Struktur-, System-/Technologierisiken) und externe Risiken unterteilt werden. Die Kapitel verdeutlicht die Komplexität und Vielschichtigkeit der operationellen Risiken und ihre Abgrenzung zu anderen Risikokategorien.
4. Verfahren zur Identifikation operationeller Risiken: Dieses Kapitel beschreibt verschiedene Verfahren zur Identifikation operationeller Risiken, darunter Risikoinventuren, Schadensfalldatenbanken (interne und externe), Simulationsansätze (Szenarioanalysen, Szenariotrichter) und Frühwarnsysteme. Es unterstreicht die Bedeutung eines umfassenden Risikomanagementprozesses und die Herausforderungen bei der Identifikation und Abgrenzung operationeller Risiken von anderen Risikotypen.
5. Quantifizierungsmethoden für operationelles Risiko: Dieses Kapitel analysiert verschiedene Quantifizierungsmethoden für operationelle Risiken, unterteilt in Top-Down (Basisindikatoransatz und Standardansatz) und Bottom-Up (Operational Value-at-Risk und Conditional Operational Value-at-Risk) Ansätze. Es werden die jeweiligen Methoden detailliert beschrieben, ihre Stärken und Schwächen kritisch bewertet und die Auswirkungen auf die Eigenkapitalunterlegung und den Wettbewerb diskutiert. Die Kapitel bezieht sich auf die Ergebnisse der „Results from the 2008 Loss Data Collection Exercise for Operational Risk“ (LDCE).
Schlüsselwörter
Operationelle Risiken, Banken, Risikomessung, Baseler Ausschuss, Eigenkapital, Kapitalanforderungen, Basisindikatoransatz (BIA), Standardansatz (STA), Advanced Measurement Approach (AMA), Operational Value-at-Risk (OpVaR), Conditional Operational Value-at-Risk (COVaR), Risikomanagement, Value-at-Risk (VaR), Loss Data Collection Exercise (LDCE).
Häufig gestellte Fragen zum Dokument: Messmethoden für operationelle Risiken in Banken
Was ist der Gegenstand dieses Dokuments?
Das Dokument befasst sich umfassend mit den vom Baseler Ausschuss vorgeschlagenen Messmethoden für operationelle Risiken in Banken. Es analysiert diese Methoden deskriptiv und kritisch hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit und Sinnhaftigkeit, unter Berücksichtigung des Risikoverständnisses und der aufsichtsrechtlichen Abbildung. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Einfluss auf die Eigenkapitalunterlegung und dem Auftreten von Größenvorteilen.
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument deckt folgende Themen ab: Begriffsklärung von Risiko und operationellem Risiko, Kategorisierung und Abgrenzung operationeller Risiken im Bankensektor, Verfahren zur Identifikation operationeller Risiken, kritische Analyse von Quantifizierungsmethoden (Top-Down und Bottom-Up), Auswirkungen der Risikomessung auf die Eigenkapitalunterlegung und den Wettbewerb.
Welche Kapitel beinhaltet das Dokument und worum geht es in jedem Kapitel?
Kapitel 1 (Einleitung): Einführung in die Thematik der operationellen Risiken, Hervorhebung ihrer Bedeutung, Darstellung der Problematik ihrer Erfassung und Bewertung, Zielsetzung der Arbeit (kritische Auseinandersetzung mit den Baseler Messmethoden).
Kapitel 2 (Begriffliche Grundlagen von Risiko): Analyse des Begriffs „Risiko“ aus verschiedenen betriebswirtschaftlichen Perspektiven, Unterscheidung von ex-ante und ex-post Betrachtungsweisen, Fokus auf Risiko als negative Abweichung von einer Erwartung.
Kapitel 3 (Kategorisierung von Risiken in Banken): Beschreibung der Kategorisierung von Bankrisiken nach den Baseler Eigenkapitalrichtlinien (Markt-, Kredit- und operationelle Risiken), detaillierte Erläuterung der operationellen Risiken (interne und externe).
Kapitel 4 (Verfahren zur Identifikation operationeller Risiken): Beschreibung verschiedener Verfahren zur Identifikation operationeller Risiken (Risikoinventuren, Schadensfalldatenbanken, Simulationsansätze, Frühwarnsysteme).
Kapitel 5 (Quantifizierungsmethoden für operationelles Risiko): Analyse verschiedener Quantifizierungsmethoden, unterteilt in Top-Down (Basisindikatoransatz und Standardansatz) und Bottom-Up (Operational Value-at-Risk und Conditional Operational Value-at-Risk) Ansätze; detaillierte Beschreibung, kritische Bewertung der Stärken und Schwächen, Auswirkungen auf Eigenkapitalunterlegung und Wettbewerb. Bezugnahme auf die Ergebnisse der „Results from the 2008 Loss Data Collection Exercise for Operational Risk“ (LDCE).
Welche Quantifizierungsmethoden werden im Detail analysiert?
Das Dokument analysiert detailliert den Basisindikatoransatz (BIA), den Standardansatz (STA), den Operational Value-at-Risk (OpVaR) und den Conditional Operational Value-at-Risk (COVaR).
Welche Schlüsselwörter sind mit dem Thema relevant?
Operationelle Risiken, Banken, Risikomessung, Baseler Ausschuss, Eigenkapital, Kapitalanforderungen, Basisindikatoransatz (BIA), Standardansatz (STA), Advanced Measurement Approach (AMA), Operational Value-at-Risk (OpVaR), Conditional Operational Value-at-Risk (COVaR), Risikomanagement, Value-at-Risk (VaR), Loss Data Collection Exercise (LDCE).
Welche konkreten Beispiele werden genannt?
Die Barings Bank und die Société Générale werden als Beispiele für die potenziellen Folgen unzureichenden Risikomanagements genannt.
Für wen ist dieses Dokument relevant?
Dieses Dokument ist relevant für Wissenschaftler, Studenten, Bankangestellte, Aufsichtsbehörden und alle anderen, die sich mit operationellen Risiken im Bankensektor befassen.
- Quote paper
- Diplom Volkswirt Ingmar Dransfeld (Author), 2011, Operationelle Risiken in Banken, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/264486