Schnell erfasst Dürrenmatt die Notlage der Menschen, von einer gerechten Gesellschaftsordnung noch einen weiten Schritt entfernt zu sein und äußert diese Erkenntnis – eingebettet in eine Geschichte aus Tausendundeiner Nacht:
„Die Gerechtigkeit ist zweifellos etwas Grandioses, Niezuerreichendes, doch dann handkehrum eine selbstverständliche Kleinarbeit […]. Aber die Hoffnung bleibt, dass die Entwicklung der Menschheit […] den Menschen zur Vernunft zwingt. Das Verfluchte dabei ist nur, dass uns vielleicht verdammt wenig Zeit dazu übrig bleibt.“
In seinem Werk „Der Besuch der alten Dame“ äußert sich diese Einsicht in einer parodistischen Behandlung der Gerechtigkeit und der ausführender Instanzen, welche auf mehreren Ebenen des dramatischen Werks Anwendung findet.
Betrachtet man die bestehende Literatur, die das Motiv der Gerechtigkeit in Dürrenmatts Werk „Der Besuch der alten Dame“ behandelt, so fällt auf, dass dies lediglich im Rahmen literarischer Untersuchungen zu anderen Thematiken stattfindet. Dies erfolgt bspw. im Zusammenhang mit der Betrachtung der Gerichtsthematik in der Literatur des 20. Jahrhunderts , mit der Analyse von Paro-die und Groteske in den Werken Dürrenmatts , mit der Untersuchung seiner Kriminalromane etc. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit parodistischen Elementen, sowie deren Einsatz und Gestaltung im dramatischen Werk findet jedoch nicht statt, sodass hauptsächlich im ersten Teil dieser Arbeit auf die Arbeiten verschiedener Autoren verwiesen wird, welches bei der Erarbeitung parodis-tischer Strukturen nur eingeschränkt erfolgt.
Ziel der vorliegenden Arbeit jedoch soll sein, an ausgewählten Szenen des Dramas zu zeigen, auf welche Weise Dürrenmatt mit Hilfe des Bühnenbilds, der Sprache, etc. eine Parodie des Gerichts, sowie infolgedessen der Gerechtigkeit vornimmt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Dürrenmatts Vorstellung von Gerechtigkeit
- Konstruktionen einer Gerechtigkeit
- Claire und ihre Konstruktion einer Gerechtigkeit
- 111 und seine Konstruktion einer Gerechtigkeit
- Die Güllener und ihre Konstruktion einer Gerechtigkeit
- Parodistische Stilisierung der juristischen Gerechtigkeit
- Eine Parodie des Gerichts—der Prozess
- Eine Parodie des Gerichts —die Versammlung der Geschworenen
- Der Schlussteil
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die parodistische Stilisierung der juristischen Gerechtigkeit im Werk „Der Besuch der alten Dame" von Friedrich Dürrenmatt. Die Arbeit konzentriert sich auf die Darstellung des Gerichts als Institution, die in Dürrenmatts Werk durch die Verwendung von grotesken und parodistischen Elementen eine kritische Betrachtung erfährt.
- Dürrenmatts Vorstellung von Gerechtigkeit und Recht
- Die verschiedenen Gerechtigkeitskonstruktionen der Figuren Claire, 111 und der Güllener
- Die parodistische Darstellung des Gerichts und der Gerichtsverhandlung
- Die Verwendung des Motivs des Theaters zur Parodie des Gerichts
- Die Kritik an der juristischen Gerechtigkeit im Kontext von Dürrenmatts Werk
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Gerechtigkeit in Dürrenmatts Werk „Der Besuch der alten Dame" ein und beleuchtet die bestehende Forschungslage. Die Arbeit zielt darauf ab, die parodistische Stilisierung des Gerichts und der juristischen Gerechtigkeit im Drama zu untersuchen.
Im zweiten Kapitel wird Dürrenmatts Vorstellung von Gerechtigkeit anhand seines Monstervortrags über Gerechtigkeit und Recht erörtert. Dürrenmatt stellt die Unmöglichkeit einer absoluten Gerechtigkeit heraus und zeigt, wie diese in der Praxis oft zu einem Instrument der Macht und des Unrechts wird.
Das dritte Kapitel befasst sich mit den verschiedenen Konstruktionen der Gerechtigkeit, die von den Figuren Claire, 111 und der Güllener im Drama vertreten werden. Claires Gerechtigkeitsvorstellung ist stark subjektiv und von Rache geprägt. 111 erlebt im Verlauf der Handlung eine moralische Entwicklung und erkennt seine Schuld, wodurch er zu einer neuen Gerechtigkeitsvorstellung gelangt. Die Güllener hingegen unterliegen einem moralischen Zerfall und verfallen der Versuchung des Geldes, wodurch ihre Vorstellung von Gerechtigkeit zunehmend pervertiert wird.
Das vierte Kapitel analysiert die parodistische Darstellung des Gerichts in „Der Besuch der alten Dame". Die Arbeit untersucht die Verwendung des Bühnenbilds, der Personengestaltung, der Sprache und der Handlungsabläufe, um zu zeigen, wie Dürrenmatt die Institution Gericht als ein Instrument der Willkür und des Unrechts entlarvt.
Der Schlussteil fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und stellt die Bedeutung der parodistischen Stilisierung des Gerichts im Kontext von Dürrenmatts Werk heraus. Die Arbeit zeigt, wie Dürrenmatt die Unmöglichkeit einer gerechten Gesellschaftsordnung und die Perversion der Gerechtigkeit durch Macht und Habgier in seinem Werk „Der Besuch der alten Dame" darstellt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die parodistische Stilisierung, die juristische Gerechtigkeit, das Gericht, die Groteske, die tragische Komödie, Friedrich Dürrenmatt, „Der Besuch der alten Dame", Claire Zachanassian, Alfred Ill, die Güllener, Rache, Habgier, Moral, Unrecht, Macht und die Unmöglichkeit der Gerechtigkeit.
- Quote paper
- Helena Drewa (Author), 2013, Gerechtigkeitsvorstellung im Werk Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame"., Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/262720