Der St. Galler Klosterplan zeigt den Grundriss der Gesamtanlage eines karolingischen Benediktinerklosters. Er wurde kurz vor 830 auf der Reichenau für den St. Galler Abt Gozbert angefertigt, welcher den Neubau seiner Abtei plante. Der Plan, der noch heute in der Stiftsbibliothek St. Gallen aufbewahrt wird, ist auf einem Kalbspergament vor 112 cm x 77,5 cm, das aus fünf kleineren Blättern zusammengenäht ist, in mennigroter Tinte gezeichnet und in braunschwarzer Tinte beschriftet. Die Anlage umfasst mehr als 40 Gebäude, deren Funktionen durch Tituli und Sinnbilder bestimmt werden.
Allerdings handelt es sich nicht um einen spezifisch auf das St. Galler Projekt abgestimmten Ausführungsplan, sondern um einen Idealentwurf, der den für ein monastisches Leben gemäß der Regula Benedicti notwendigen architektonischen Rahmen vorgibt. Dennoch wäre der Entwurf, begreift man ihn als Schnurplan, durchaus baulich umsetzbar.
Die Benediktsregel behandelt in erster Linie die Lebensweise der Mönche, nicht die architektonische Gestalt ihres Wohnortes. Die Vorschriften der Regel bedingen jedoch direkt oder indirekt das Vorhandensein diverser Baulichkeiten. Die Entstehung dieses Idealplanes steht in Zusammenhang mit der Klosterreform Benedikts von Aniane und der Aachener Reformsynoden von 816/17. Ziel der Reform, die sich nahtlos in die Politik Ludwigs des Frommen einfügte, war die Einführung der Ordensregel Benedikts von Nursia als alleingültige Regel für sämtliche Klöster des Frankenreiches. Dass den Äbten als Anleitung für den Bau einer adäquaten Klosteranlage ein derartiger Musterplan, von dem vermutlich weitere Exemplare in Umlauf waren, an die Hand gegeben wurde, erscheint plausibel. Die Frage, inwieweit der St. Galler Klosterplan die Anweisungen der Regula Benedicti und der Aachener Synoden umsetzt, ist Gegenstand der vorliegenden Untersuchung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Klostergebäude und ihre Benutzer: Funktionale Gliederung der Gesamtanlage
- Die Klosterkirche
- Das Klaustrum
- Der Abt
- Kranke und Novizen
- Der Wirtschaftsbereich
- Gäste
- Die Oblaten
- Idealplan oder Bauplan?
- Die Entstehung des Plans
- Die Anianische Klosterreform
- Das Wirken Benedikts von Aniane
- Die Beschlüsse der Aachener Reformsynoden und der Klosterplan
- Der Ursprung des Entwurfs
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Untersuchung befasst sich mit dem St. Galler Klosterplan, einem idealen Entwurf für ein karolingisches Benediktinerkloster. Der Plan, der um 830 auf der Reichenau für den St. Galler Abt Gozbert angefertigt wurde, ist von großer Bedeutung für die Erforschung des Klosterbaus der Karolingerzeit.
- Analyse der architektonischen Gestaltung des St. Galler Klosterplans im Kontext der Benediktsregel
- Bewertung des Plans als Idealentwurf und dessen Umsetzungsmöglichkeiten
- Einordnung des St. Galler Klosterplans in die Klosterreform Benedikts von Aniane
- Untersuchung der Funktion der einzelnen Gebäude und ihre Bedeutung für das monastische Leben
- Rekonstruktion der Lebensweise und Organisation der Klostergemeinschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den St. Galler Klosterplan und seinen historischen Kontext vor. Sie beleuchtet die Bedeutung des Plans als idealen Entwurf für ein benediktinisches Kloster und die Frage, inwieweit er die Vorschriften der Benediktsregel und der Aachener Reformsynoden umsetzt.
Kapitel 2 analysiert die funktionale Gliederung der Gesamtanlage. Die Klosterkirche, das Klaustrum, der Abt, die Unterkünfte für Kranke und Novizen, der Wirtschaftsbereich, die Gästebereiche und die Oblaten werden im Detail betrachtet.
Kapitel 3 befasst sich mit der Frage, ob es sich bei dem St. Galler Klosterplan um einen Idealplan oder um einen konkreten Bauplan handelt.
Kapitel 4 untersucht die Entstehung des Plans und die Hintergründe seiner Entstehung im Kontext der Klosterreform Benedikts von Aniane.
Kapitel 5 betrachtet die Anianische Klosterreform und die Rolle des St. Galler Klosterplans in diesem Zusammenhang. Insbesondere werden das Wirken Benedikts von Aniane, die Beschlüsse der Aachener Reformsynoden und der Ursprung des Entwurfs beleuchtet.
Schlüsselwörter
St. Galler Klosterplan, Benediktinerkloster, Karolingerzeit, Klosterreform, Benediktsregel, Aachener Reformsynoden, Architektur, Baugeschichte, Monastisches Leben, Funktion, Lebensweise, Klostergemeinschaft, Idealentwurf, Bauplan.
- Quote paper
- Kathrin Ellwardt (Author), 1991, Der St. Galler Klosterplan. Entwurf des idealen Benediktinerklosters, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/24919