Die Neue Sachlichkeit wird oft als eine unpolitische, ideologiefreie, alle Bereiche der Kultur, und insbesondere die Literatur, umfassende Strömung in der Zeit der Weimarer Republik (1918 - 1933) aufgefasst. Sie entsteht u. a. als Reaktion auf den idealisierenden Welterneuerungswillen des Expressionismus und tritt für eine nüchterne und objektive Haltung gegenüber der Wirklichkeit ein, unter Verzicht auf den gefühlsbetonten Subjektivismus und das übertriebene Pathos der Expressionisten. Die Vertreter der Neuen Sachlichkeit betrachten die Welt aus der Perspektive eines aufmerksamen, um Authentizität bemühten, nüchternen, aber kritischen Beobachters. Ausgehend von einem funktionalen Literaturverständnis im Unterschied zur traditionellen Ästhetik mit ihrer Betonung der künstlerischen Autonomie, stellen sie den Gebrauchswert eines literarischen Werkes in den Vordergrund, d. h. sie vertreten eine Kunstauffassung, die sich an den alltäglichen Erfahrungen und Bedürfnissen eines Massenpublikums orientiert. Damit reagiert diese Bewegung auf die Demokratisierung der Gesellschaft in den Zwanziger Jahren und versteht sich als wesentlicher Teil eines gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses. Von dieser Warte aus betrachtet, trägt die Neue Sachlichkeit in erheblichem Maße zu einer Politisierung der Kunst und der Literatur bei.
Inhaltsverzeichnis
- Zum Begriff "Neue Sachlichkeit": eine Einführung
- Die Neue Sachlichkeit im literaturkritischen und kulturpolitischen Diskurs der Zwanziger Jahre
- Im Zeichen der Modernisierung: die Entstehung einer Populär- und Massenkultur
- Die Funktion der Literatur in der demokratischen Gesellschaft
- Die Kontroverse um den "Amerikanismus" der Zwanziger Jahre
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die literarische Strömung der Neuen Sachlichkeit in der Weimarer Republik. Sie beleuchtet den Begriff der Neuen Sachlichkeit, ihren Platz im kulturellen und politischen Diskurs, ihre Beziehung zur Modernisierung und Massenkultur, ihre Funktion in der demokratischen Gesellschaft und die Kontroverse um den "Amerikanismus".
- Der Begriff und die Merkmale der Neuen Sachlichkeit
- Die Neue Sachlichkeit im Kontext der Weimarer Republik
- Die Rolle der Neuen Sachlichkeit in der gesellschaftlichen Modernisierung
- Der Einfluss von amerikanischer Kultur auf die Neue Sachlichkeit
- Die Funktion der Literatur in der demokratischen Gesellschaft im Kontext der Neuen Sachlichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Zum Begriff "Neue Sachlichkeit": eine Einführung: Dieser einführende Abschnitt definiert die Neue Sachlichkeit als literarische Strömung der Weimarer Republik, die sich gegen den Expressionismus abgrenzt. Er betont den Fokus auf Objektivität, Nüchternheit und den Gebrauchswert von Literatur. Schlüsselbegriffe wie "Reportagestil", "Alltagswelt" und "Massenpublikum" werden eingeführt und die Abkehr von der traditionellen ästhetischen Autonomie hin zu einer funktionalen Literaturverständnis erläutert. Der Abschnitt legt den Grundstein für das Verständnis der zentralen Aspekte der Neuen Sachlichkeit und ihrer gesellschaftlichen Einbettung. Der Gebrauchswert der Literatur wird als Reaktion auf die Demokratisierung der Gesellschaft und den Bedürfnissen eines wachsenden Massenpublikums hervorgehoben.
Die Neue Sachlichkeit im literaturkritischen und kulturpolitischen Diskurs der Zwanziger Jahre: Dieses Kapitel analysiert die Neue Sachlichkeit als Reaktion auf den konventionellen Autonomieanspruch der Literatur. Es beschreibt die Entwicklung eines erweiterten Literaturkonzepts, das die Literatur als Forum öffentlicher Diskussion und Meinungsaustausch positioniert, die herkömmliche Trennung zwischen Literatur und Alltag überwindend. Das Alltagsleben wird zum zentralen Thema des literarischen Schreibens, was auch das Selbstverständnis des Schriftstellers verändert und zum Entstehen eines "neuen Typs von Schriftsteller" führt. Der Fokus liegt auf der veränderten Rolle der Literatur im öffentlichen Raum und der damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen.
Im Zeichen der Modernisierung: die Entstehung einer Populär- und Massenkultur: Dieses Kapitel untersucht die Verbindung der Neuen Sachlichkeit zur kulturellen Modernität. Es beschreibt den neusachlichen Schriftsteller als Kosmopoliten, der sich den neuen Medien und der sich verbreitenden Massenkultur öffnet. Das Beispiel Bertolt Brecht veranschaulicht das Interesse an Sport und amerikanischer Unterhaltungsindustrie. Berlin wird als Paradigma einer großstädtischen Vergnügungsmetropole dargestellt, die das Bedürfnis nach Zerstreuung einer wachsenden Angestelltenschicht befriedigt. Der Abschnitt beleuchtet die Interaktion zwischen literarischer Moderne und den Phänomenen der Massenkultur im Kontext der gesellschaftlichen Veränderungen der Weimarer Republik.
Die Funktion der Literatur in der demokratischen Gesellschaft: In diesem Kapitel wird die veränderte Funktion von Literatur in einer demokratischen Gesellschaft im Kontext der Neuen Sachlichkeit untersucht. Die zunehmende Bedeutung von "Reportage" und "Reportagestil" wird als Reaktion auf die Bedürfnisse eines größeren Lesepublikums und den Fokus auf die Lebenswelt der Menschen erklärt. Der Schwerpunkt liegt auf der objektiven Beschreibung der beobachteten Wirklichkeit und dem Aufklärungspotenzial eines solchen Schreibstils. Die objektive Darstellung gesellschaftlicher Gegebenheiten soll die Leser zur politischen Meinungsbildung anregen.
Die Kontroverse um den "Amerikanismus" der Zwanziger Jahre: Dieses Kapitel behandelt die kontroverse öffentliche Diskussion um den "Amerikanismus" der 1920er Jahre. Es beleuchtet die Bewunderung des "American Way of Life" und des modernen amerikanischen Wirtschaftslebens einerseits und die radikale Ablehnung des Amerikanisierungstrends andererseits. Schriftsteller wie Stefan Zweig prangern den Amerikanisierungstrend als wirtschaftlichen und kulturellen Eroberungsfeldzug an. Der Abschnitt zeigt die ambivalenten Reaktionen auf den Einfluss amerikanischer Kultur auf Deutschland in den 1920er Jahren, einen wichtigen Kontext für das Verständnis der Neuen Sachlichkeit.
Schlüsselwörter
Neue Sachlichkeit, Weimarer Republik, Objektivität, Nüchternheit, Gebrauchswert, Reportagestil, Massenkultur, Modernisierung, Amerikanismus, Alltagswelt, Massenpublikum, Demokratie, Literaturkritik, funktionale Literatur.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Neuen Sachlichkeit
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die literarische Strömung der Neuen Sachlichkeit in der Weimarer Republik. Sie beleuchtet den Begriff, seinen Platz im kulturellen und politischen Diskurs, die Beziehung zur Modernisierung und Massenkultur, seine Funktion in der demokratischen Gesellschaft und die Kontroverse um den "Amerikanismus".
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: Der Begriff und die Merkmale der Neuen Sachlichkeit; die Neue Sachlichkeit im Kontext der Weimarer Republik; die Rolle der Neuen Sachlichkeit in der gesellschaftlichen Modernisierung; den Einfluss amerikanischer Kultur auf die Neue Sachlichkeit; und die Funktion der Literatur in der demokratischen Gesellschaft im Kontext der Neuen Sachlichkeit.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel zu folgenden Themen: Eine Einführung in den Begriff "Neue Sachlichkeit"; die Neue Sachlichkeit im literaturkritischen und kulturpolitischen Diskurs der Zwanziger Jahre; die Entstehung einer Populär- und Massenkultur im Kontext der Modernisierung; die Funktion der Literatur in der demokratischen Gesellschaft; und die Kontroverse um den "Amerikanismus" der Zwanziger Jahre. Zusätzlich enthält sie ein Inhaltsverzeichnis, eine Zusammenfassung der Kapitel und Schlüsselwörter.
Was ist unter "Neuer Sachlichkeit" zu verstehen?
Die Neue Sachlichkeit wird als literarische Strömung der Weimarer Republik definiert, die sich gegen den Expressionismus abgrenzt. Sie zeichnet sich durch Objektivität, Nüchternheit und den Gebrauchswert von Literatur aus. Schlüsselbegriffe sind "Reportagestil", "Alltagswelt" und "Massenpublikum". Es wird eine Abkehr von der traditionellen ästhetischen Autonomie hin zu einem funktionalen Literaturverständnis betont.
Welche Rolle spielte die Neue Sachlichkeit im gesellschaftlichen und politischen Diskurs?
Die Neue Sachlichkeit wird als Reaktion auf den konventionellen Autonomieanspruch der Literatur analysiert. Sie positioniert die Literatur als Forum öffentlicher Diskussion und Meinungsaustausch und überwindet die herkömmliche Trennung zwischen Literatur und Alltag. Das Alltagsleben wird zum zentralen Thema, was auch das Selbstverständnis des Schriftstellers verändert.
Wie steht die Neue Sachlichkeit zur Modernisierung und Massenkultur?
Die Arbeit untersucht die Verbindung der Neuen Sachlichkeit zur kulturellen Modernität. Der neusachliche Schriftsteller wird als Kosmopolit dargestellt, der sich neuen Medien und der Massenkultur öffnet. Berlin wird als Paradigma einer großstädtischen Vergnügungsmetropole beschrieben, die das Bedürfnis nach Zerstreuung einer wachsenden Angestelltenschicht befriedigt.
Welche Funktion hatte die Literatur in der demokratischen Gesellschaft der Weimarer Republik?
Die veränderte Funktion von Literatur in einer demokratischen Gesellschaft wird im Kontext der Neuen Sachlichkeit untersucht. Die zunehmende Bedeutung von "Reportage" und "Reportagestil" wird als Reaktion auf die Bedürfnisse eines größeren Lesepublikums und den Fokus auf die Lebenswelt der Menschen erklärt. Der Schwerpunkt liegt auf der objektiven Beschreibung der Wirklichkeit und dem Aufklärungspotenzial eines solchen Schreibstils.
Welche Bedeutung hatte der "Amerikanismus" in der Diskussion um die Neue Sachlichkeit?
Die kontroverse öffentliche Diskussion um den "Amerikanismus" der 1920er Jahre wird behandelt. Sie beleuchtet die Bewunderung des "American Way of Life" einerseits und die radikale Ablehnung des Amerikanisierungstrends andererseits. Die ambivalenten Reaktionen auf den Einfluss amerikanischer Kultur auf Deutschland in den 1920er Jahren werden als wichtiger Kontext für das Verständnis der Neuen Sachlichkeit dargestellt.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Neue Sachlichkeit?
Schlüsselwörter sind: Neue Sachlichkeit, Weimarer Republik, Objektivität, Nüchternheit, Gebrauchswert, Reportagestil, Massenkultur, Modernisierung, Amerikanismus, Alltagswelt, Massenpublikum, Demokratie, Literaturkritik, funktionale Literatur.
- Quote paper
- Hans-Georg Wendland (Author), 2013, Die Literatur der Neuen Sachlichkeit und ihre Bedeutung im Kulturleben der Weimarer Republik (Teil I), Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/231591