Da ich mit dieser Arbeit am Ende einer langen traditionsreichen Wirkungsgeschichte
ansetze, lässt es sich nicht vermeiden, einen Abriss der Wirkungsgeschichte zu liefern
(Kap. I). Eine isolierte Betrachtung der Maria-Magdalena-Rezeption des 20. Jahrhunderts
wäre ohne die vorangegangene Wirkungsgeschichte nicht möglich. Daher werde ich,
nachdem ich die Aussagen der Evangelien erläutert habe, auf die Wirkungsgeschichte
eingehen. Vollständigkeit kann ich hierbei keinesfalls anstreben; das würde den Rahmen
dieser Arbeit sprengen. Ich beschränkt mich daher auf die wirkungsgeschichtlichen Aspekte,
die in der Maria-Magdalena-Rezeption des 20. Jahrhunderts immer noch eine tragende
Rolle spielen. Dazu gehören außer den gnostischen Schriften, die im 2. und 3.
Jahrhundert entstanden sind, die theologischen Deutungen, die Verknüpfungen mit anderen
Frauengestalten und die Legendenbildung um die Gestalt der Maria Magdalena. Diese
Quellen, aus denen die Maria-Magdalena-Rezeption schöpft, werde ich im ersten Kapitel
dieser Arbeit darstellen. Im folgenden werde ich auf die Literatur zu Maria Magdalena eingehen (Kap. II). Da sich
mir eine Fülle von Materialien bot, musste ich die Literatur, die ich behandeln wollte,
einschränken. Ich werde daher nur auf deutschsprachige Literatur eingehen, die Maria
Magdalena als eine Hauptfigur auftreten lässt. Auch die Literatur, die nur indirekt von
Maria Magdalena handelt, da das Thema aktualisiert wurde, soll hier berücksichtigt werden,
sofern der Person, die auf Maria Magdalena anspielt, die Hauptrolle zukommt. Die
Werke der einzelnen Autoren werde ich jeweils so zusammenfassen, dass deutlich wird,
wie Maria Magdalena dargestellt wird und welche wirkungsgeschichtlichen Traditionen
dazu aufgegriffen bzw. verändert wiedergegeben wurden. Bei der Einzeldarstellung soll
deutlich werden, wie Maria Magdalena interpretiert wird, was ihre Rolle bzw. Funktion in
der Werken ist und welche Botschaft anhand der biblischen Gestalt vermittelt werden
soll. Nach dieser Intention der Autoren zu fragen halte ich für wesentlich, denn jemand
der über Maria Magdalena schreibt und sie zur Hauptfigur seines Romans macht, wird
eine Botschaft durch diese Frau vermitteln wollen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I Quellen für die Maria-Magdalena-Rezeption des 20. Jahrhunderts
- I.1 Maria Magdalena im Neuen Testament
- I.1.1 Bibelstellen zu Maria Magdalena
- I.1.2 Eine Jüngerin aus Galiläa (Lk 8,1-3)
- I.1.3 Eine Zeugin der Kreuzigung (Mk 15,40f; Mt 27,55f; Lk 23,49)
- I.1.4 Maria Magdalena bei der Grablegung (Mk 15,42-47; Mt 27, 57-66; Lk 23,50-56)
- I.1.5 Eine Zeugin der Auferstehung (Mk 16,1-8; Mt 28,1-15; Lk 24,1-12)
- I.1.6 Die Johannes-Version
- I.1.7 Der längere unechte Markus-Schluss (Mk 16,9-14)
- I.1.8 Fazit und Ausblick auf die frühste Wirkungsgeschichte
- I.2 Maria Magdalena in den gnostischen Schriften
- I.2.1 Ein Beispiel: das Evangelium der Maria (EvMar)
- I.2.2 Kritik an Maria Magdalena durch die Jünger
- I.2.3 Maria Magdalenas Beziehung zu Jesus
- I.3 Von der biblischen zur kirchlichen Maria Magdalena
- I.3.1 Die theologischen Deutungen
- I.3.2 Das Magdalenenbild seit den Homilien von Papst Gregor dem Großen
- I.3.4 Weitere Gleichsetzungen
- I.3.5 Eine Biografie entsteht
- I.3.6 Maria Magdalena als Patronin für bekehrte Prostituierte
- Exkurs: Die Salbungserzählungen in den Evangelien (Mt 26,6-13; Mk 14,3-9; Lk 7,36-50; Joh 12,1-8)
- II Maria Magdalena in der Literatur des 20. Jahrhunderts
- II.1 Maria-Magdalena-Literatur um die Jahrhundertwende
- II.1.1 Paul Heyse: Maria von Magdala. Drama in fünf Akten
- II.1.2 Johannes Schlaf: Jesus und Mirjam
- II.1.3 Anna Freiin von Krane: Magna Peccatrix
- II.2 Die neuere Maria-Magdalena-Literatur
- II.2.1 Luise Rinser: Mirjam
- II.2.2 Regina Berlinghof: Mirjam. Maria Magdalena und Jesus
- II.3 Die Transfigurationen
- II.3.1 Ludwig Thoma: Magdalena
- II.3.2 Franz Xaver Kroetz: Maria Magdalena
- II.3.3 Lilian Faschinger: Magdalena Sünderin
- II.4 Schreiben Männer anders über Maria Magdalena als Frauen? Ein geschlechtsspezifischer Vergleich der Maria-Magdalena-Bilder
- III Maria Magdalena auf der Bühne und im Film
- III.1 Die Rockoper „Jesus Christ Superstar“
- III.1.1 Die Entstehung und Vermarktung
- III.1.2 Konzeption der Rockoper
- III.1.3 Inhalt der Rockoper und die Darstellung Maria Magdalenas
- III.1.4 Das Maria-Magdalena-Bild in Jesus Christ Superstar
- III.2 Der Kinofilm „Die letzte Versuchung Christi“
- III.2.1 Entstehung und Kontroverse des Films
- III.2.2 Inhalt des Films und die Darstellung Maria Magdalenas
- III.2.3 Das Maria-Magdalena-Bild in „Die letzte Versuchung Christi“
- III.3 Vergleich des Maria-Magdalena-Bildes in Film und Musical mit dem der Autoren
- IV Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Interpretation der biblischen Gestalt Maria Magdalenas im 20. Jahrhundert. Der Fokus liegt auf der Darstellung in Literatur und Film/Musical, um den Einfluss der Medien auf das öffentliche Bild Maria Magdalenas zu analysieren. Die Arbeit beleuchtet die Entwicklung des Bildes von Maria Magdalena von der Bibel über die theologischen Deutungen bis hin zur modernen Rezeption.
- Entwicklung des Maria-Magdalena-Bildes im Laufe der Geschichte
- Einfluss der Medien (Literatur, Film, Musical) auf die Rezeption Maria Magdalenas
- Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Darstellung Maria Magdalenas in der Literatur
- Vergleich der Darstellung in Literatur, Film und Musical
- Analyse der verwendeten Quellen und deren Einfluss auf die jeweilige Interpretation
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Motivation der Autorin, sich mit dem Bild der Maria Magdalena im 20. Jahrhundert auseinanderzusetzen, da das gängige Klischee der "großen Sünderin" von der historischen Realität abweicht. Die Autorin erläutert ihre methodische Vorgehensweise, die sich auf Literatur und Film/Musical konzentriert, und begründet die Auswahl dieser Medien aufgrund ihres großen Einflusses auf die öffentliche Wahrnehmung. Sie kündigt einen Abriss der Wirkungsgeschichte Maria Magdalenas an, der notwendig ist, um die Rezeption im 20. Jahrhundert zu verstehen.
I Quellen für die Maria-Magdalena-Rezeption des 20. Jahrhunderts: Dieses Kapitel untersucht die verschiedenen Quellen, die die Rezeption Maria Magdalenas im 20. Jahrhundert beeinflusst haben. Es beginnt mit einer Analyse der neutestamentlichen Berichte über Maria Magdalena, untersucht ihre Rolle als Jüngerin, Zeugin der Kreuzigung und Auferstehung. Anschließend wird die Darstellung in gnostischen Schriften beleuchtet, insbesondere das Evangelium der Maria, sowie die Kritik der Jünger an ihr und ihre Beziehung zu Jesus. Schließlich behandelt das Kapitel die theologischen Deutungen und die Legendenbildung um Maria Magdalena, insbesondere die Verbindung mit der Figur der Sünderin. Das Kapitel liefert eine umfassende Übersicht über die historischen und theologischen Grundlagen für die unterschiedlichen Interpretationen von Maria Magdalena.
II Maria Magdalena in der Literatur des 20. Jahrhunderts: Dieses Kapitel analysiert die Darstellung Maria Magdalenas in deutschsprachiger Literatur des 20. Jahrhunderts. Es untersucht ausgewählte Werke, vergleicht die verschiedenen Interpretationen und die verwendeten Traditionen. Die Analyse der einzelnen Werke beinhaltet eine detaillierte Beschreibung, wie Maria Magdalena dargestellt wird, ihre Funktion in der Handlung und die Botschaft, die der Autor über die biblische Figur vermittelt. Die Autorin prüft, ob sich gravierende Unterschiede in der Darstellung je nach Geschlecht des Autors feststellen lassen.
III Maria Magdalena auf der Bühne und im Film: Dieses Kapitel untersucht die Darstellung Maria Magdalenas im Musical „Jesus Christ Superstar“ und im Film „Die letzte Versuchung Christi“. Ähnlich zur Analyse der Literatur wird hier das Bild Maria Magdalenas in diesen Medien herausgearbeitet und mit den in Kapitel II gewonnenen Ergebnissen bezüglich der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Literatur verglichen. Die Analyse umfasst die Entstehung, die Kontroversen und die jeweilige Konzeption der Werke, sowie die konkrete Darstellung der Figur Maria Magdalena und ihrer Rolle in der Handlung.
Schlüsselwörter
Maria Magdalena, Bibel, Neues Testament, Gnostische Schriften, 20. Jahrhundert, Literatur, Film, Musical, Jesus Christ Superstar, Die letzte Versuchung Christi, Wirkungsgeschichte, Rezeption, Interpretation, Geschlechtervergleich, theologische Deutung, Klischee, Jüngerin.
Häufig gestellte Fragen zu: Maria Magdalena im 20. Jahrhundert
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Interpretation der biblischen Gestalt Maria Magdalenas im 20. Jahrhundert. Der Fokus liegt auf der Darstellung in Literatur und Film/Musical, um den Einfluss der Medien auf das öffentliche Bild Maria Magdalenas zu analysieren. Es wird die Entwicklung des Bildes von Maria Magdalena von der Bibel über die theologischen Deutungen bis hin zur modernen Rezeption beleuchtet.
Welche Quellen werden in der Arbeit betrachtet?
Die Arbeit analysiert neutestamentliche Berichte über Maria Magdalena, ihre Rolle als Jüngerin, Zeugin der Kreuzigung und Auferstehung. Sie untersucht die Darstellung in gnostischen Schriften (insbesondere das Evangelium der Maria), die Kritik der Jünger an ihr und ihre Beziehung zu Jesus. Weiterhin werden theologische Deutungen und die Legendenbildung um Maria Magdalena, insbesondere die Verbindung mit der Figur der Sünderin, behandelt. Die Analyse umfasst auch deutschsprachige Literatur des 20. Jahrhunderts, das Musical „Jesus Christ Superstar“ und den Film „Die letzte Versuchung Christi“.
Welche Literatur wird analysiert?
Die Arbeit analysiert ausgewählte Werke der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts, darunter Werke von Paul Heyse, Johannes Schlaf, Anna Freiin von Krane, Luise Rinser, Regina Berlinghof, Ludwig Thoma, Franz Xaver Kroetz und Lilian Faschinger. Die Analyse konzentriert sich auf die Darstellung Maria Magdalenas, ihre Funktion in der Handlung und die Botschaft des Autors.
Wie werden Film und Musical in die Analyse einbezogen?
Die Arbeit untersucht die Darstellung Maria Magdalenas im Musical „Jesus Christ Superstar“ und im Film „Die letzte Versuchung Christi“. Die Analyse umfasst die Entstehung, die Kontroversen und die jeweilige Konzeption der Werke, sowie die konkrete Darstellung der Figur Maria Magdalena und ihrer Rolle in der Handlung. Ein Vergleich mit den Ergebnissen der Literaturanalyse, insbesondere im Hinblick auf geschlechtsspezifische Unterschiede, wird durchgeführt.
Gibt es einen geschlechtsspezifischen Vergleich in der Analyse?
Ja, die Arbeit untersucht, ob es gravierende Unterschiede in der Darstellung Maria Magdalenas in der Literatur je nach Geschlecht des Autors gibt. Dieser Vergleich ist Teil der Analyse der Literatur und wird auch in Bezug auf die Darstellung in Film und Musical diskutiert.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Entwicklung des Maria-Magdalena-Bildes im Laufe der Geschichte zu untersuchen, den Einfluss der Medien (Literatur, Film, Musical) auf die Rezeption Maria Magdalenas zu analysieren und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Darstellung zu beleuchten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Vergleich der Darstellung in Literatur, Film und Musical sowie der Analyse der verwendeten Quellen und deren Einfluss auf die jeweilige Interpretation.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit besteht aus einer Einleitung, vier Hauptkapiteln und einem Fazit. Kapitel I behandelt die Quellen für die Maria-Magdalena-Rezeption des 20. Jahrhunderts, Kapitel II die Darstellung in der Literatur des 20. Jahrhunderts, Kapitel III die Darstellung auf der Bühne und im Film und Kapitel IV bietet ein Fazit und Ausblick.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Maria Magdalena, Bibel, Neues Testament, Gnostische Schriften, 20. Jahrhundert, Literatur, Film, Musical, Jesus Christ Superstar, Die letzte Versuchung Christi, Wirkungsgeschichte, Rezeption, Interpretation, Geschlechtervergleich, theologische Deutung, Klischee, Jüngerin.
- Quote paper
- Manuela Gresselmeier (Author), 2001, Maria Magdalena. Aspekte der Interpretation einer biblischen Gestalt im 20. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/20888