Im Rahmen dieses Forschungsprojekts widmet sich die Forscherin dem Thema Interaktion in der allgemeinen Bildungsforschung und sie wird den Fokus auf die Konfliktlösung bei Kindergartenkindern richten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Entwicklung der Forschungsfrage und der Hypothesen
3. Feldzugang und Definitionen
4. Begründete Auswahl und Darstellung der Methoden
4.1. Qualitative Sozialforschung
4.2. Problemzentriertes Interview
4.3. Grounded Theory
5. Datenerhebung im Feld
5.1. Durchführung des problemzentrierten Interviews
5.2. Transkriptionen
6. Auswertung der Daten und Darstellung der Ergebnisse
7. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
An der FernUniversität in Hagen ist im Rahmen des Moduls 2A im Studiengang Bildungswissenschaften eine Hausarbeit zu erstellen. Hierbei handelt es sich um eine eigene exemplarische empirische Forschungsarbeit.
Anstoß für die vorliegende Untersuchung war die Beobachtung, dass sowohl Erwachsene als auch Kinder ständig mit Konfliktsituationen konfrontiert werden. Da sich die Forscherin seit vielen Jahren beruflich mit Konflikten auseinandersetzt und sie im Bekanntenkreis beobachtet, dass das Thema Konflikte vor allem mit Kindern täglich zum Vorschein kommt, machte sie also ihr persönliches Interesse an diesem Phänomen aus ihrem Lebensumfeld zum Ausgangspunkt für ihre Hausarbeit.
Da Menschen in unterschiedlichen Strukturen und mit unterschiedlichen Fähigkeiten aufwachsen, fällt es diesen oft schwer eigene Grenzen zu erkennen und die des Gegenübers zu wahren. Die Art und Weise, mit der in der Familie, Gesellschaft und Kultur mit Konflikten und den Gefühlen von Ärger und Wut umgegangen wird, hat einen Einfluss darauf, welche Strategien Kinder ihrerseits entwickeln. Kinder lernen am Modell und an ihrer Familie, ob und wie Konflikte ausgetragen werden. (Cierpka, 2011, S. 135; Kain & Faller, 2007, S. 14). Konflikte sind universelle Phänomene und die konstruktive Bearbeitung dessen gehören zu unserem Leben ebenso wie essen, schlafen und trinken (Momm-Zach, 2010, S. 9). Konflikte sollten nicht nur problembeladen gesehen werden, sie beinhalten auch immer eine Chance. Das Positive einer Konfliktsituation liegt darin, dass oft neue Sichtweisen, Einstellungen und Haltungen gefunden werden müssen, um einen Konflikt zwischen den Personen zu lösen. Eingefahrene Verhaltensweisen müssen überprüft werden und manchmal auch weichen. Dieser Anreiz fördert die seelische Entwicklung, also das sozial- emotionale Lernen (d.h.: Entwicklung prosozialen Verhaltens)(Cierpka, 2011, S. 25 und 121-124). Kinder haben also bereits aktive und/oder passive Erfahrungen mit dem Thema Konflikte gesammelt, bevor sie einen Kindergarten besuchen. Bedingt durch Elternhaus und Umwelt erfolgt schon in den ersten Lebensjahren eine Prägung der Verhaltensweisen im Umgang mit Konfliktsituationen (Momm-Zach, 2010, S. 7). Die inneren Schemata bestimmen ihrerseits wiederum, wie die Kinder ihre Beziehungen zu den Mitmenschen aufnehmen und gestalten (Cierpka, 2011, S. 23- 24). Ob diese Erfahrungen angemessen verarbeitet werden, ob die ErzieherInnen und Eltern als vertraute PartnerInnen zur Verfügung stehen und ob für diesen Verständigungs- und Reibungsprozess überhaupt Zeit, Raum, Emphatie und Atmosphäre entwickelt wird, ist die entscheidende Frage für die gelingende Entwicklung der Kinder. Da das kindliche Gehirn gerade in den ersten Lebensjahren stark beeinflussbar ist, schlagen sich negative Erfahrungen, die ein Kind mit seiner Umgebung macht, als Strukturen im Gehirn nieder. Diese neurobiologischen Prozesse beeinflussen wiederum die psychologische und soziale Entwicklung eines Kindes, das zeigen die Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie, der Bindungsforschung und der Psychoanalyse aus den letzten Jahrzehnten (Cierpka, 2011, S. 23-24).
Im Rahmen dieses Forschungsprojekts widmet sich die Forscherin dem Thema Interaktion in der allgemeinen Bildungsforschung und sie wird den Fokus auf die Konfliktlösung bei Kindergartenkindern richten.
Weshalb ist dieses Phänomen eine Untersuchung wert? Sind das nicht simple Probleme aus dem Alltag? Nein, bzw. nicht nur: Konflikte betreffen alle Menschen und es ist immens wichtig herauszufinden, wie heutzutage damit umgegangen wird und vor allem wie man unseren jüngsten Gesellschaftsmitgliedern lernt, damit umzugehen.
2. Entwicklung der Forschungsfrage und der Hypothesen
Unsere Forschungsfrage soll aber keine nur durch „private“ Interessen geleitete Untersuchungsfrage sein, sondern eine echte Forschungsfrage. Diese soll Wissenslücken schließen (Gläser & Laudel, 2010, S. 64) und sie muss „ihre Relevanz im Verhältnis zum bisherigen Stand der Forschung zum Untersuchungsgegenstand erweisen“ (Küsters, 2009, S. 45).
Interessant ist für die Forscherin die Frage, welche Maßnahmen zur Förderung der Konfliktlösungsfähigkeit in einem Kindergarten angewandt und umgesetzt werden und wenn Maßnahmen verwendet werden, welche das sind und auf welche Art und Weise sie umgesetzt werden und wie erfolgsversprechend sie sind. Die Forschungsfrage lautet deshalb:
Mit welchen Maßnahmen wird die Konfliktlösungsfähigkeit von Kindern am Beispiel einer österreichischen Kindergartengruppe gefördert?“ Im qualitativen Forschungsprozess nähern sich ForscherInnen nicht mit leeren Händen einem Forschungsfeld. Obwohl sie ihr vorhandenes Fach- und Faktenwissen einklammern, gehen empirische ForscherInnen von Anfangshypothesen aus. Diese dienen aber lediglich als erste Zugänge, wahren die angestrebte Offenheit und ermöglichen die Entdeckung neuer Theoriebausteine im Feldkontakt (Brüsemeister 2010, S. 32f).
Für die Feldforschung werden folgende Hypothesen angenommen:
1. Durch gewaltfreie Maßnahmen der ErzieherInnen wird die Konflikt- lösungsfähigkeit von Kindern gefördert.
2. Durch unterstützende Maßnahmen der ErzieherInnen wird die Konflikt- lösungsfähigkeit von Kindern gefördert.
3. Kinder entwickeln eigenständige Maßnahmen zur Konfliktlösungsfähigkeit.
Diese Hypothesen bilden als theoretisches untersuchungsleitendes Modell den Bezugsrahmen für die Forschung (Kromrey, 2009, S. 272).
Die Möglichkeit aus den Daten der Untersuchung neue Hypothesen zu gewinnen ist weiterhin gegeben.
3. Feldzugang und Definitionen
Zu Beginn eines Forschungsprozesses ist die Auseinandersetzung - wie in der Einleitung beschrieben - mit der bisherigen Forschung zum Untersuchungsgegenstand wichtig für die Orientierung im Forschungsfeld und die Entdeckung von Zusammenhängen (Küsters, 2009, S. 41 f). Um sich mit dem theoretischen Hintergrund der Forschungsfrage vertraut zu machen, verschafft sich die Forscherin einen Überblick zu den neuesten Maßnahmen zur Förderung der Konfliktlösungsfähigkeit bei Kindergartenkindern. Das von ihr gewählte Forschungsfeld stellt wenige wissenschaftliche Theorien bereit. Die zwei neuesten Methoden, die von ihr in der Literatur gefunden wurden, werden hier vorgestellt:
FAUSTLOS, von Manfred Cierpka, „ist ein für die Grundschule und für den Kindergarten entwickeltes Curriculum, das impulsives und aggressives Verhalten von Kindern vermindern und ihre soziale Kompetenz erhöhen soll. Es ist die deutsche Version des amerikanischen Programms SECOND STEP (Beland, 1988), das vom Committee for Children in Seattle entwickelt wurde und in den USA seit zehn Jahren erfolgreich Anwendung findet. Das Curriculum dient der Prävention aggressiven Verhaltens. Aggressives und gewaltbereites Verhalten resultiert wesentlich aus einem Mangel an sozialen Kompetenzen, was eine konstruktive Form der Problem- und Konfliktbewältigung nicht zulässt.“ (http://www.bildungsserver.de) Bei Faustlos geht es um Konflikte im zwischenmenschlichen Bereich, die in der Regel für die Kinder dann mit Spannungen einhergehen, wenn keine schnelle und leichte Lösung verfügbar ist Das Problemlösen ist nicht nur ein kognitiver Prozess, sondern auch ein sozial-emotionaler Entwicklungsprozess (Cierpka, 2011, S. 74-76). Bei Faustlos geht es nicht darum, was oder welche Problemlösung genau gelernt wird, sondern um die Verinnerlichung dessen, wie Probleme gelöst werden.
Die Mediation - „Es handelt sich um eine Methode der gewaltfreien Konfliktbearbeitung. Mediation ist konstruktive Konfliktlösung mit Hilfe einer neutralen, dritten Person, bei der win-win-Lösungen angestrebt werden.„ (http://www.bmev.de/index.php?id=mediation)
Nach der Darstellung der neuesten Literatur, werden drei Begriffe definiert:
Konflikt: (lat. Zusammenstoß) meint in seiner allgemeinen Bedeutung das Zusammentreffen unterschiedlicher Positionen innerhalb einer Person(innerer Widerstreit von Motiven, Wünschen, Werten und Vorstellungen) oder zwischen mehreren Personen, so die Brockhaus Enzyklopädie 1990.
In der Psychologie wird der Konflikt übereinstimmend als das Aufeinandertreffen entgegengesetzter Verhaltenstendenzen (Motivation, Bedürfnisse, Wünsche) definiert.
Der Begriff des Konfliktes soll zunächst jede Beziehung von Elementen bezeichnen, die sich durch objektive (latente) oder subjektive (manifeste) Gegensätzlichkeiten kennzeichnen lässt. (Ralf Dahrendorf: Gesellschaft und Freiheit ,1963, S. 201 ) Im Sinne des Oberösterreichischen Kinderbetreuungsgesetzes § 2 bedeutet: Kindergartengruppe: Eine Gruppe einer Kinderbetreuungseinrichtung, deren Angebot sich überwiegend an Kinder von drei Jahren bis zur Einschulung richtet; Kinderbetreuungseinrichtung: Eine Einrichtung zur regelmäßigen vor- oder außerschulischen Bildung, Erziehung, Betreuung und Pflege von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren in Gruppen für einen Teil des Tages in dafür geeigneten Räumlichkeiten und durch das dafür fachlich geeignete Personal;
4. Begründete Auswahl und Darstellung der Methoden
4.1. Qualitative Sozialforschung
Die Entscheidung, welche Methode für die Datenerhebung und welche Methode für die Auswertung der Forschungsergebnisse angewendet werden, steht in enger Verbindung mit deren Gegenstandsangemessenheit (Flick, von Kardoff & Steinke, 2009, S.22). Von der Forscherin wurden keine quantitativen Daten zur Auswertung gefunden, da das Thema Konfliktlösung bei Kindergartenkindern in Österreich kaum erforscht wurde. Es ist daher angemessen eine qualitative Methode der Sozialforschung anzuwenden, denn die qualitative Forschung als entdeckende Wissenschaft, dient dazu, neue Theorien zu entwickeln (Flick, 2009, S.69). Laut Kiefl & Lamnek (1984) beschäftigt sie sich mit dem „Wie“ von Zusammenhängen und deren Strukturen aus Sicht der Betroffenen (Lamnek, 2004, S. 4). Damit will die qualitative Forschung zu einem besseren Verständnis sozialer Wirklichkeit(en) beitragen (Flick, von Kardoff & Steinke, 2009, S.13). Mit der qualitativen Sozialforschung werden Daten über Individuen gewonnen, die als Teile eines Ganzen gesehen werden können. Hierbei werden der Sinn oder die subjektiven Sichtweisen eines Individuums rekonstruiert. Flick (2009) beschreibt den Nutzen der qualitativen Sozialforschung - im Vergleich zur quantitativen Sozialforschung - durch das „Näher-dran-sein“ in der Zugangsweise. Ein zentrales Merkmal ist das Prinzip der Offenheit. Das bedeutet, dass die theoretische Durchdringung des Forschungsgegenstandes mit dem Ziel einer ausführlichen Erkundung des Feldes zurückgestellt wird (Lamnek, 2010, S. 22). Hypothesen sind zunächst nur vorläufig, da in der qualitativen Forschung stets die Offenheit und Flexibilität in der Hinzufügung neuer Erkenntnisse gewahrt werden sollte. Ihr Sinn ist es, die Aufmerksamkeit auf das Finden einer neuen Ordnung zu richten, während ForscherInnen erst durch die entdeckten, authentischen Daten der Phänomene zu einer möglichen Theoriebildung und Kenntniserweiterung kommen kann. Erst hier kann man den zirkulären Prozess der qualitativen Forschung gut erkennen (Flick, 2009, S.61). Das Ziel qualitativer Sozialforschung ist die Entdeckung von Theorieaussagen anhand empirischer Daten. Eine solche Entdeckung ist bereits bei Vorliegen geringer Fallzahlen möglich (Brüsemeister, 2010, S. 28).
Die Methoden der qualitativen Forschung reichen von der Datenerhebung durch Beobachtung, Interviews, Gruppendiskussionen und anderer audiovisueller Quellen über die Datenaufbereitung durch Transkription verbaler Daten, bis hin zur wissenschaftlichen Datenauswertung und Verdichtung von gefundenen Mustern zu einem theoretischen Konzept.
4.2. Problemzentriertes Interview (PZI)
Für eine Datenerhebung zur gewählten Untersuchungsthematik wurde das Interview für am besten geeignet befunden. Es müssen Akteure und Akteurinnen interviewt werden, die täglich mit diesem Phänomen umgehen und ihr Wissen und ihre Perspektiven der komplexen Zusammenhänge zur Verfügung stellen können (Flick, von Kardoff & Steinke, 2009, S.25). Andreas Witzel führte 1982 die Methode des Problemzentrierten Interviews (PZI) als ein theoriegenerierendes Verfahren ein. Dieses soll den Gegensatz zwischen Offenheit und Theoriegeleitetheit dadurch aufheben, dass der Anwender seinen Erkenntnisgewinn als induktiv-deduktives Wechselspiel organisiert (Witzel, 2000). Das PZI eignet sich hervorragend für eine theoriegeleitete Forschung, da es keinen rein explorativen Charakter hat, sondern die Aspekte der vorrangigen Problemanalyse in das Interview Eingang finden (Mayring, 2002, S. 70). Folgende drei Grundpositionen veranlassen die Forscherin zur Verwendung des PZI zur Erforschung der Konfliktlösungshilfen bei Kindergartenkindern:
- Die Problemzentrierung dieser Interviewmethode kennzeichnet nach Witzel die Orientierung an einer gesellschaftlich relevanten Problemstellung. Das ist für den Untersuchungsgegenstand, wie in der Einleitung dargestellt, sehr passend. Der oder Die InterviewerIn sammelt Vorwissen über die Rahmenbedingungen der untersuchten Orientierungen und Handlungen, um ein Vorverständnis der Problemsicht und für die Schilderungen der InterviewpartnerIn zu bekommen. Dieses Vorwissen dient auch als Basis für die Gestaltung eines Interviewleitfadens. Der Interviewleitfaden verhindert beim Interview auf thematische Nebenlinien abzuschweifen und bei den Interviewpartnern Irritationen aufgrund anscheinender mangelnder Vorbereitung oder „Orientierungslosigkeit“ des Interviewers oder der Interviewerin hervorzurufen. Nichtsdestotrotz bleibt durch den Verzicht auf einen starren Fragekatalog beim PZI die Offenheit für einen neuen Erkenntnisgewinn gewahrt. Stattdessen wird der oder die InterviewpartnerIn sowohl durch die erzählgenerierende einleitende Frage als auch durch den oder die InterviewerIn im weiteren Verlauf zur Narration ermuntert (Witzel, 2000). - Durch die Gegenstandsorientierung bleibt die Methode des PZI flexibel gegenüber unterschiedlichen Anforderungen eines untersuchten Gegenstands und es können sogar Methoden kombiniert werden. Die Gesprächstechniken folgen ebenfalls flexibel den Interviewsituationen und können je nach Rückmeldung der InterviewpartnerInnen eher narrativ, dialogisch, mit unterstützenden Nachfragen oder reflexiv „laufen gelassen“ genutzt werden.
- Die Prozessorientierung im gesamten Forschungsverlauf schafft bei den InterviewpartnerInnen Vertrauen und Offenheit, da sie sich in ihrer Problemsicht ernst genommen fühlen. Das wiederum kann die Erinnerungsfähigkeit fördern und zur Selbstreflexion anregen. Die Vorrausetzung für einen vertrauensvollen und offenen Kommunikationsprozess ist eine wertschätzende, sensible und akzeptierende Grundhaltung gegenüber der interviewten Person. Mögliche Widersprüchlichkeiten sollten durch Nachfragen des Interviewers oder der Interviewerin beseitigt werden.
Anschließend werden die angewendeten Kommunikationstechniken des PZI erläutert: Bereits bei der Kontaktaufnahme mit der Interviewperson wird mit „offenen Karten gespielt“. Dies geschieht anhand der Zusicherung der Anonymisierung der Gesprächsprotokolle, der Erklärung der gewünschten Gesprächsform und der Erläuterung des Erkenntnisinteresses. Aufgrund dieser Offenheit sollte bei der interviewten Person eine entspannte Basis für das Interview geschaffen werden. Die Interviewgestaltung selbst basiert dann auf erzähl- und verständnisgenerierenden Kommunikationsstrategien. Eine erzählgenerierende Einleitungsfrage, allgemeine Sondierungen und Ad-hoc-Fragen sind Methoden im Dialog, in dem sich der/die Interviewte als Experte/Expertin seiner/ihrer Orientierung und Handlung begreift und dabei ermutigt wird, sich frei zu äußern.
Das PZI stellt große Anforderungen an eine(n) InterviewerIn, da er nach Witzel (2000) noch im Gesprächsverlauf erkennen sollte, ob und wann sich einzelne Äußerungen zu einem Muster fügen, er aber umgekehrt auch mit verständnisgenerierenden Fragetechniken neue Muster entstehen oder entdecken lassen könnte. Dabei darf er aber dem/der Interviewten nicht seine Meinung „überstülpen“ oder diesen in eine Sichtweise lenken, die dieser vorher nicht hatte. Das Erkennen von Muster und die richtige Reaktion darauf, markieren den Wechsel von den erzählungsgenerierenden zu den verständnisgenerierenden Fragen im Interview. Für letztere wendet der/die InterviewerIn unter anderem spezifische Sondierungen an, in dem er/sie vorheriges oder im Interview erworbenes Wissen zurückspiegelt, um die Selbstreflexionen des/der Interviewten anzuregen. Konkrete Verständnisfragen dienen dazu, ausweichende oder widersprüchliche Aussagen zu klären. Bei bestehendem Vertrauensverhältnis ist es auch möglich durch Konfrontationen neue Detaillierungen hervorzuholen.
Als Instrumente für das PZI werden eingesetzt:
- Ein Kurzfragebogen, welcher zur Ermittlung von Sozialdaten und zur „Entlastung“ des Gesprächs von Personalien dient.
- Eine vom/von der Interviewten akzeptierte Tonträgeraufzeichnung und Transkription.
- Ein Leitfaden - bestehend aus Forschungsthema, Einleitungsfrage und weiteren
Frageideen bei Überleitung in verschiedene Themenbereiche - der seine Funktion als Gedächtnisstütze und zur Aufrechterhaltung der Vergleichbarkeit von verschiedenen Interviews hat.
- Postskripte, welche unmittelbar nach dem Interview verfasst werden und Skizzen über die Gesprächsinhalte enthalten, sollen sowohl bei der Planung des nächsten Interviews als auch bei der späteren Auswertung unterstützend wirken.
4.3. Grounded Theory
Die Grounded Theory wurde im Rahmen der qualitativen Forschung als Auswertungsmethode gewählt, da sie als theoriegenerierendes Verfahren eine offene Betrachtungsweise in einem Umfeld ermöglicht, das wissenschaftlich kaum erforscht wurde. Trotz des begrenzten Umfangs dieser Hausarbeit sollten die vergleichenden Verfahren der Grounded Theory zumindest ansatzweise getestet werden können. Aus diesem Grund wurde mehr als nur ein Interview durchgeführt. Die Grounded Theory wurde Ende der sechziger Jahre von den Soziologen Barney Glaser und Anselm Strauss entworfen. Seither ist dieses Konzept der gegenstandsbezogenen Theoriebildung ständig in unterschiedlichen Ansätzen weiterentwickelt worden. Ihr Ansatz ist „...die Entdeckung von Theorie auf der Grundlage von Daten“ (Glaser & Strauss, 1998, S. 11) um damit „the embarrassing gap“ (Glaser & Strauss, 1999, S. 7) zwischen theoretischer und empirischer Forschung zu schließen. Durch die Grounded Theory werden Theorien von geringerer Reichweite ermittelt, die aber sehr wohl als Grundlage für allgemeingültigere Theorien mit größerer Wirkung nützlich sein können. Der/Die ForscherIn sollte sich nicht durch Hypothesen oder Theorien bei dem am Anfang stehenden Untersuchungsbereich festlegen, sondern eine Theorie, wie Strauss und Juliet Corbin beschrieben, im Forschungsverlauf nach und nach entstehen lassen, während versucht wird, Phänomene aufgrund der Daten erklären zu können (Strauss & Corbin, 2008, S. 32). Die Interpretationen sollten fortlaufend aus den Daten begründet werden (engl. grounded = wörtl. grundiert, geerdet). Dadurch wird trotz der „Fluidität“ der Grounded Theory sichergestellt, dass eine Theorie den Bezug zur Empirie behält.
[...]
- Quote paper
- Bettina Samhaber (Author), 2011, Konfliktlösung bei Kindergartenkindern, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/206983