Gleichnisse haben meist die paradoxe Aufgabe zu erfüllen, das Unverständliche auf
verständliche Weise auszudrücken. Das Unfaßbare wird in einen faßbaren Rahmen
gebracht oder ein Bild dient dem Zweck, zumindest begreiflich zu machen, dass und
warum etwas für uns unbegreiflich ist.
Das wohl bekannteste Beispiel dafür sind die Gleichnisse Jesu; wobei sich streiten
läßt, ob sie in der christlichen Welt eher für Klarheit oder Verwirrung gesorgt haben.
Obwohl Gleichnisse eigentlich als Instrument der Verdeutlichung fungieren, ist deren
Interpretation nicht immer ganz unproblematisch: Man kann Gleichnisse eben nicht
zugleich ernst und wörtlich nehmen. Die Rückübertragung der vermeintlich
gewonnenen Erkenntnisse in die reale Welt des Alltäglichen kann vielerlei
Mißverständnisse heraufbeschwören und den ursprünglichen Untersuchungs-
Gegenstand in noch weitere Ferne rücken als zuvor.
Weitere Schwierigkeiten entstehen, wenn sich ein Autor symbolischer Darstellungen
nicht nur bedient, um seine Ausführungen zu illustrieren, sondern den Gleichnissen
selber Argumentationskraft zukommen läßt. Er entwirft ein Bild, das der Struktur des
Untersuchungsgegenstandes ähnelt, analysiert die verschiedenen Merkmale und
zieht direkt Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der Realität. Eine Beweisführung,
die fraglich erscheinen mag, da Anwendbarkeit und Geltungsbereich der
symbolhaften Darstellung überschritten scheinen.
Ein Philosoph, der sich der genannten Methode gerne bedient ist Platon. Das Axiom
einer kosmologischen Ordnung, die einheitlich in allen Bereichen des Lebens und
der immanenten Welt zum Ausdruck kommt, erlaubt ihm, solche Analogschlüsse zu
ziehen und sein Weltbild zu entwerfen. Recht unverständlich natürlich für denjenigen
Zuhörer, der sich dieser metaphysisch begründeten Ordnung nicht bewußt ist. Platon
verwendet die Gleichnisse nicht lediglich als Illustration, sondern rechnet ihnen
Beweiskraft zu, um auf ihrem Fundament seine weitere Argumentation aufzubauen.
Das wohl bekannteste Beispiel ist sein Höhlengleichnis, das den Weg des
Menschen zur Erkenntnis allegorisch wiedergibt. Es basiert auf den Ausführungen
des Sonnengleichnisses, in dem die Funktion des Guten erläutert werden, sowie
des Liniengleichnisses, das das Verhältnis zwischen sichtbarer und denkbarer Welt
ausdrückt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Problematik von Gleichnissen
- Kernaussagen der Politeia
- Das Sonnengleichnis
- Das Liniengleichnis
- Das Höhlengleichnis
- Logik der Gleichnisfolge im Kontext der Politeia
- Resumee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit dem Zusammenhang zwischen Platons Sonnen-, Linien- und Höhlengleichnis. Sie untersucht die Funktion und Bedeutung der Gleichnisse im Kontext der Politeia und zeigt deren logische Beziehung zueinander auf.
- Die Problematik von Gleichnissen in der philosophischen Argumentation
- Die Kernaussagen der Politeia, insbesondere die Einführung der Ideenlehre und die Philosophenherrschaft
- Die Funktion des Guten im Sonnengleichnis und seine Beziehung zur Ideenwelt
- Die Rolle der Vernunft und der Erkenntnis im Liniengleichnis
- Die Allegorie des Höhlengleichnisses und seine Bedeutung für den Weg zur Erkenntnis
Zusammenfassung der Kapitel
Problematik von Gleichnissen
Der Autor erläutert die besondere Funktion von Gleichnissen, das Unverständliche auf verständliche Weise auszudrücken. Dabei wird die Schwierigkeit der Interpretation von Gleichnissen hervorgehoben, da sie nicht zugleich ernst und wörtlich genommen werden können. Platons Verwendung von Gleichnissen als Argumentationsmittel wird im Kontext seiner kosmologischen Ordnung diskutiert.
Kernaussagen der Politeia
Die Arbeit skizziert die Kernaussagen der Politeia, beginnend mit der Frage nach dem Wesen der Gerechtigkeit. Es werden die Erschaffung einer imaginären Polis, die Philosophenherrschaft und die Ideenlehre vorgestellt. Die Analogie zwischen Staat und Seele wird als Grundlage für die Legitimation der sozialen Struktur der Polis dargestellt.
Das Sonnengleichnis
Das Sonnengleichnis wird als Erläuterung der Funktion des Guten präsentiert. Die Welt wird in den Bereich des Denkbaren und des Sichtbaren geteilt, wobei die Sonne als Medium der Wahrnehmung und als Ebenbild des Guten dargestellt wird. Die Analogie zwischen Sonne und Idee des Guten im Bereich des Denkbaren wird erläutert.
Schlüsselwörter
Platon, Politeia, Gleichnisse, Sonnengleichnis, Liniengleichnis, Höhlengleichnis, Ideenlehre, Gerechtigkeit, Philosophenherrschaft, Vernunft, Erkenntnis, Kosmologische Ordnung, Seelenlehre, Wahrnehmung.
- Quote paper
- Philipp Lehmann (Author), 2000, Der Zusammenhang von Platons Sonnen-, Linien- und Höhlengleichnis, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/19781