in System unverfälschten Wettbewerbs erfordert nicht nur die abstrakte Feststellung von Kartellverstößen gegen Art. 101 I AEUV sowie § 1 GWB, sondern muss auch dem Recht des Betroffenen zur Durchsetzung verhelfen, sodass im Regelfall zu klären ist, welche Rechtsfolgen aus vorgenannten Verstößen resultieren.
Gemäß Art. 101 II AEUV sind Vereinbarungen jedweder Art ohne weiteres nichtig.
Desweiteren kann Folge eines Verstoßes die Einleitung eines kartellbehördlichen, also verwaltungsrechtlichen Verfahrens sein, an dessen Ende von den Kartellanten die Abstellung (Art. 103 AEUV i. V. m.Art. 7 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 bzw. § 32 GWB) sowie- ordnungs-widrigkeitenrechtlich - ein Bußgeld (Art. 103 AEUV i. V. m. Art. 23 II VO 1/2003 sowie § 81 GWB) verlangt werden kann.
Die Rechtsfolgen im Zivilrecht hingegen ergeben sich im Wesentlichen aus § 33 GWB. Nach Absatz 1 hat jeder Betroffene einen Anspruch auf Beseitigung und, bei Wiederholungsgefahr, Unterlassung sowie bei Verschulden einen Schadensersatzanspruch gegen jeden, der gegen Art. 101 I AEUV resp. § 1 GWB verstößt (Absatz 3).
Die auch private enforcement genannte Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche der Kartellbetroffenen stand über einen längeren Zeitraum nicht im Fokus der Öffentlichkeit, und zwar sowohl bezogen auf Literatur und Rechtsprechung als auch auf die Geschädigten selbst.
Vielmehr stand die oben bereits erwähnte kartellbehördliche Sanktionierung als sog. public enforcementklar im Vordergrund.
Desöfteren las man in der Presse von Milliardenstrafen aus Brüssel (EU-Kommission) oder Bonn (Bundeskartellamt) gegen Kartellmitglieder.
Die privatrechtliche Durchsetzung nimmt aber durch Gesetzesreformen sowie das erklärte Ziel der Vereinfachung der Durchsetzung durch die EU-Kommission in ihrer Bedeutung enorm zu, was aberwiederum keinesfalls die daraus resultierenden Probleme bzw. Streitfragen mindert.
Daher soll diese Seminararbeit der Aufarbeitung des gegenwärtigen Rechtsstands dienen sowie gewisse Einzelprobleme näher beleuchten.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- B. Der kartellrechtliche Schadensersatz im Überblick
- I. Zivilrechtliche Rechtsfolgen: Deutsch oder Europäisch?
- II. Anspruchsvoraussetzungen des § 33 III GWB
- 1. Aktivlegitimation
- a) Betroffenheit bei Horizontalvereinbarungen
- aa) Mitbewerber
- bb) sonstige Marktbeteiligte
- b) Betroffenheit bei Vertikalvereinbarungen
- a) Betroffenheit bei Horizontalvereinbarungen
- 2. Verstoß gegen Kartellverbot oder kartellbehördliche Verfügung
- 3. Verschulden
- 4. Kausaler Schaden
- a) Schadensermittlung
- b) Verzinsungspflicht gem. § 33 III 4 und 5 GWB
- c) Schadensabwälzung (passing-on defense)
- 5. Passivlegitimation
- a) Haftung aller „Unternehmen“
- b) Durchgriff auch auf natürliche Personen?
- 6. Verjährung
- 1. Aktivlegitimation
- III. Prozessuale Durchsetzung
- 1. Darlegungs- und Beweislast
- 2. Zuständigkeit
- a) Verstöße gegen europäisches Recht
- b) Verstöße gegen deutsches Recht
- 3. Streitwertanpassung gem. § 89a GWB
- IV. Abgrenzung und Konkurrenzen
- 1. Bürgerlich-rechtliche Ansprüche
- a) (Vor-)vertragliche Ansprüche
- b) Rückabwicklungsansprüche
- c) Deliktische Ansprüche
- 2. Lauterkeitsrechtliche Ansprüche
- 1. Bürgerlich-rechtliche Ansprüche
- C. Besondere Fragen
- I. Problemkreis Betroffenheit, Schadensabwälzung, Vorteilsausgleich, Schadensvervielfachung
- 1. Betroffenheit
- a) Auslegung
- b) Diskussion
- c) Höchstinstanzliche Entscheidung des BGH
- 2. Schadensabwälzung
- a) Zulässigkeit
- b) Dogmatische Einordnung
- c) Reichweite
- aa) Allgemeine Voraussetzungen des Vorteilsausgleichs
- bb) Kartelldeliktsrechtliche Anwendung
- d) Darlegungs- und Beweislast
- 3. Schadensvervielfachung
- a) Keine Regelung erforderlich
- b) ...oder doch rechtliches Korrektiv?
- aa) Diskutierte Möglichkeiten
- bb) Einschätzung des BGH
- c) Eigene Stellungnahme und Ergebnis
- 1. Betroffenheit
- II. private v. public enforcement
- 1. Anriss der Vor- und Nachteile beider Bereiche
- a) private enforcement durch Schadensersatz
- b) public enforcement
- c) Vereinbarkeit beider Ziele
- 2. Akteneinsichtsrecht und Kronzeugenregelung als Reibungspunkt zwischen private und public enforcement
- 1. Anriss der Vor- und Nachteile beider Bereiche
- III. Ausblick auf die 8. GWB-Novelle im Hinblick auf den Kartellschadensersatz
- 1. Funktionelle Zuständigkeit wird neu geregelt
- 2. Einführung von Gruppenklagen im deutschen Recht?
- I. Problemkreis Betroffenheit, Schadensabwälzung, Vorteilsausgleich, Schadensvervielfachung
- D. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema des Schadensersatzes bei Kartellverstößen nach europäischem und deutschem Recht. Ziel ist es, die zivilrechtlichen Rechtsfolgen von Kartellverstößen zu untersuchen und die Anspruchsvoraussetzungen für Schadensersatzansprüche nach § 33 III GWB zu beleuchten.
- Betroffenheit von Unternehmen durch Kartellverstöße
- Rechtliche Rahmenbedingungen des Schadensersatzes
- Prozessuale Besonderheiten im Kartellschadensersatzrecht
- Abgrenzung zu anderen Rechtsgebieten
- Aktuelle Entwicklungen und Reformen im Bereich des Kartellschadensersatzes
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel A bietet eine Einführung in das Thema und erläutert den Forschungsstand. Kapitel B befasst sich mit dem kartellrechtlichen Schadensersatz im Überblick und analysiert die zivilrechtlichen Rechtsfolgen von Kartellverstößen, insbesondere die Anspruchsvoraussetzungen nach § 33 III GWB. Hier werden die Aktiv- und Passivlegitimation, das Verschulden, der kausale Schaden und die Verjährung behandelt. Kapitel C untersucht besondere Fragen des Kartellschadensersatzes, wie zum Beispiel den Problemkreis der Betroffenheit, die Schadensabwälzung, den Vorteilsausgleich und die Schadensvervielfachung.
Darüber hinaus wird die Abgrenzung des Kartellschadensersatzes von anderen Rechtsgebieten, wie dem bürgerlichen und dem lauterkeitsrechtlichen Recht, thematisiert. Kapitel D bietet ein Resümee und fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die folgenden Schlüsselwörter: Kartellrecht, Schadensersatz, § 33 III GWB, Aktivlegitimation, Passivlegitimation, Schadensabwälzung, Vorteilsausgleich, Schadensvervielfachung, private enforcement, public enforcement, Gruppenklagen, Europäisches Kartellrecht, Deutsches Kartellrecht.
- Quote paper
- Thorge Drefke (Author), 2012, Schadensersatz bei Kartellverstößen nach europäischem und deutschem Recht, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/196615