Vergleich der Gestaltung der literarischen Figur Galileo Galilei in Brecht Werk "Leben des Galilei" mit der historischen Person Galileo Galilei an Hand zeitgeschichtlicher Quellen.
Brecht wählt in seinem Schauspiel „Leben des Galilei“ den Mathematiker und Physiker Galileo Galilei zu seiner Titelfigur, welcher zu „den großen historischen Lehrerpersönlichkeiten“ der Geschichte gehört, da der berühmte Forscher Galilei mit der Methode des wissenschaftlichen Experiments die moderne Naturwissenschaft begründet hat. Dabei greift Brecht wichtige Stationen und Wendepunkte aus Galileis Leben heraus, wie z.B. die astronomischen Entdeckungen, die Vorladung und die Verurteilung Galileis durch die Inquisition, und gestaltet sie dramatisch zu einem Schauspiel in 15 Bildern aus.
Obwohl man Brechts Stück nicht einfach auf den historischen Galileo Galilei zurückführen sollte, um der Intention des „brechtschen“ Werkes gerecht zu werden und diese zu verstehen, stellt man sich als kritischer Leser bei der Lektüre dieses Schauspiels oder als aufmerksamer Zuschauer im Theater doch unweigerlich die Frage, ob der historische Forscher Galileo Galilei ebenso ein Verräter der Wissenschaft und Wahrheit seiner Zeit war, oder, ob dieser Aspekt lediglich durch die Umformung der Person Galileis durch Brecht so stark herausgetreten ist? Deshalb ist es sehr interessant, auch um die Gestaltung des Werkes von Brechts besser verstehen und von den historischen Fakten trennen zu können, die geschichtlichen und biographischen Begebenheiten dieses Gelehrten herauszuarbeiten. Zumal sich Papst Johannes Paul II. am 31.10.1992 im Namen der Katholischen Kirche in einer Rede vor der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften für das Vorgehen gegen den historischen Galilei entschuldigte und ihn rehabilitierte, wodurch erneut das Interesse an der Person Galileis geweckt wurde.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Personengestaltung Brechts
- Brechts Quellen über Galileo Galilei
- Die literarische Figur des Galileo Galilei in Brechts „Leben des Galilei“
- Ein Vergleich:
- Galilei, Verteidiger der Wahrheit – Galilei, Verräter der Wahrheit
- Sinn und Sinnlichkeit
- Balance zwischen List und Hinterlist
- Verführung der Beweise
- Gelehrte Dummheit
- Priorität der Forschung
- Der „Feind des Menschengeschlechts“
- Die Maske der Unschuld
- Mitleid und Seelengüte?
- Neue Hoffnung
- Der „Bibelzertrümmerer“ und Sozialrevolutionär
- Macht und Ohnmacht
- Im Interesse der Oberen
- „Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“
- Opportunist und sozialer Verräter
- Der Gang der Wahrheit
- Schluss
- Literaturangaben
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, inwieweit Brechts Schauspiel „Leben des Galilei“ an der historischen Biografie Galileo Galileis orientiert ist. Dabei soll geklärt werden, in welchen Punkten Brechts marxistische Grundhaltung in die Figur Galileis eingearbeitet wurde und zu welchem Zweck dies geschah. Darüber hinaus wird untersucht, ob das Stück ein „aktualitätsfernes Historienbild“ ist, das nur der Tradierung und Verbreitung marxistischer Ideen dient, oder ob es sich um eine geschichtstreue Biografie handelt.
- Die Darstellung Galileo Galileis als literarische Figur in Brechts Schauspiel.
- Die Beziehung zwischen Brechts marxistischer Grundhaltung und der Figur Galileis.
- Die Frage nach der Verantwortung des Wissenschaftlers für seine Forschungsergebnisse.
- Die Aktualität des Stückes im Kontext der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts.
- Die Rolle der Geschichte in Brechts Schauspiel.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung des Buches stellt Brechts „Leben des Galilei“ und die historische Figur Galileo Galileis vor. Sie beleuchtet das Hauptthema des Stücks, die Verantwortung des Wissenschaftlers gegenüber den Ergebnissen seiner Arbeit, und zeigt die Ambivalenz der Figur Galileis auf, die durch den inneren Widerspruch zwischen der Begründung der neuen Wahrheit und dem Verrat dieser Wahrheit gekennzeichnet ist.
Kapitel 2 widmet sich der Personengestaltung Brechts und untersucht, wie er die Figur Galileis als komplexen und widersprüchlichen Charakter entworfen hat. Dabei werden verschiedene Aspekte der Galilei-Figur beleuchtet, die sowohl seine Stärken als auch seine Schwächen zeigen.
Kapitel 3 befasst sich mit Brechts Quellen über Galileo Galilei und analysiert, wie der Autor die historischen Fakten in sein Schauspiel integriert hat. Es wird untersucht, inwieweit Brechts Interpretation der historischen Figur Galileis von seinen eigenen politischen und philosophischen Überzeugungen geprägt ist.
Kapitel 4 befasst sich mit der literarischen Figur des Galileo Galilei in Brechts „Leben des Galilei“ und untersucht, wie Brecht die Figur Galileis als Symbolfigur für den Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion, zwischen Wahrheit und Macht, zwischen Individualität und Gesellschaft gestaltet.
Kapitel 5 bietet einen Vergleich zwischen Galilei als Verteidiger der Wahrheit und Galilei als Verräter der Wahrheit. Hier werden verschiedene Facetten der Galilei-Figur aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, um die Komplexität seiner Entscheidungen und die Ambivalenz seines Charakters aufzuzeigen.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit sind: Bertolt Brecht, „Leben des Galilei“, Galileo Galilei, Verantwortung des Wissenschaftlers, Wissenschaft und Religion, Wahrheit und Macht, Individualität und Gesellschaft, marxistische Grundhaltung, Historienbild, Biografie, Aktualität, Geschichte.
- Quote paper
- Dr. Tina Maria Schweitzer (Author), 2002, Brechts ´Leben des Galileo Galilei´ – literarische Figur und historische Gestalt, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/187949