1. Einleitung
Die demografische Entwicklung in Deutschland ist seit vielen Jahren ein Thema von
zunehmender Brisanz. In vielen renommierten deutschen Zeitungen ist diesbezüglich
von einem Wandel die Rede, der unaufhaltsam zu einer Überalterung der Bundesre-
publik führen wird. Bereits 2004 betrug zum Beispiel eine Ausgabe des Spiegels den
Titel: „Der letzte Deutsche- Auf dem Weg zur Greisenrepublik“ (Spiegel Ausgabe 2/
2004). Diese drastische Darstellung wirft zunächst Fragen zum Wahrheitsgehalt der
aktuellen Entwicklung auf sowie zu Prognosen in naher Zukunft.
Neben dem Hintergrund des demografischen Wandels spielt auch die Erhöhung des
Renteneintrittsalters eine große Rolle, dass dieser Sachverhalt für deutsche Betriebe
zunehmend an Bedeutung gewinnt. Aufgrund dieser Veränderungsprozesse stehen
Führungskräfte schon heute vor der Herausforderung auf die zunehmende Alterung
der Belegschaft zu reagieren.
Gerade Pflegeeinrichtungen sind besonders von dieser Entwicklung betroffen, da
sich diese auf MitarbeiterInnen und Klientel auswirkt. Darüber hinaus stehen Mitar-
beiterInnen in Pflegeberufen vor besonderen Anforderungen, die nicht selten als Be-
lastung empfunden werden. Um bis zum Renteneintritt die Pflege und Betreuung zu
gewährleisten, ist es wichtig frühzeitig geeignete Personalentwicklungskonzepte für
ältere MitarbeiterInnen zu erstellen und auch anzuwenden.
Fraglich ist nun wie Führungskräfte in Pflegeeinrichtungen mit dieser neuen Situation
umgehen. Hier wird davon ausgegangen, dass Personalentwicklung eine Antwort auf
diese Frage gibt. In den folgenden Ausführungen wird dargestellt, welche Handlungs-
felder der Personalentwicklung hilfreich für ältere MitarbeiterInnen in der Pflege sind.
Die hier untersuchte Forschungsfrage lautet demnach: Wie kann Personalentwick-
lung in adäquater Weise für ältere MitarbeiterInnen in der Pflege eingesetzt werden?
...
Inhaltsverzeichnis
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die demografische Entwicklung der deutschen Gesellschaft
2.1 Die Auswirkungen auf Unternehmen
2.2. Die Folgen für Pflegeeinrichtungen
3. Grundlagen der Personalentwicklung für ältere MitarbeiterInnen
3.1 Abgrenzung der Begriffe
3.1.1 Zum Begriff „ältere MitarbeiterInnen“
3.1.2 Zum Begriff „Personalentwicklung“
3.2 Zur Personalentwicklung in Pflegeeinrichtungen
3.3 Das Altersbild der Sozialforschung
3.3.1 Das Defizitmodell
3.3.2 Das Kompetenzmodell
3.4 Die Merkmale älterer MitarbeiterInnen
3.4.1 Alterstypische Risiken in der Entwicklung des
Leistungsvermögens
3.4.2 Spezifische Bedürfnisse älterer MitarbeiterInnen
4. Die Analyse des Personalentwicklungsbedarfs
4.1 Die Organisationsanalyse
4.2 Die Aufgabenanalyse
4.2.1 Die situationsbezogene Arbeitsanalyse
4.2.2 Die personenbezogene Arbeitsanalyse
4.3 Die Personenanalyse
5. Handlungsfelder der Personalentwicklung
5.1 Die individuelle Ebene
5.1.1 Klassische Maßnahmen der Personalentwicklung
5.1.2 Altersgerechte Laufbahngestaltung
5.1.2.1 Vertikale Laufbahngestaltung
5.1.2.2 Horizontale Laufbahngestaltung
5.1.3 Altersgerechte Didaktik
5.1.4 Betriebliche Gesundheitsförderung
5.2 Die Gruppen- und Beziehungsebene
5.2.1 Teamentwicklung
5.2.2 Altersgemischte Teamarbeit
5.2.3 Rollenklärung und -verhandlung
5.2.4 Supervision
5.3 Die Organisations- und Strukturebene
5.3.1 Unternehmenskultur
5.3.2 Altersgerechte Arbeitszeitgestaltung
5.3.3 Feedback in Organisationen
6. Evaluation der Personalentwicklung
7. Schlussbetrachtung
8. Literaturverzeichnis
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Umschichtung innerhalb des Fähigkeits- und Leistungsprofils
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Altersaufbau der Bevölkerung am 31.12.2008
Abbildung 2: Inhalte der Personalentwicklung
Abbildung 3: Personalentwicklung als Vereinigungsmenge von Person-, Team- und Organisationsentwicklung
1. Einleitung
Die demografische Entwicklung in Deutschland ist seit vielen Jahren ein Thema von zunehmender Brisanz. In vielen renommierten deutschen Zeitungen ist diesbezüglich von einem Wandel die Rede, der unaufhaltsam zu einer Überalterung der Bundesrepublik führen wird. Bereits 2004 betrug zum Beispiel eine Ausgabe des Spiegels den Titel: „Der letzte Deutsche- Auf dem Weg zur Greisenrepublik“ (Spiegel Ausgabe 2/ 2004). Diese drastische Darstellung wirft zunächst Fragen zum Wahrheitsgehalt der aktuellen Entwicklung auf sowie zu Prognosen in naher Zukunft.
Neben dem Hintergrund des demografischen Wandels spielt auch die Erhöhung des Renteneintrittsalters eine große Rolle, dass dieser Sachverhalt für deutsche Betriebe zunehmend an Bedeutung gewinnt. Aufgrund dieser Veränderungsprozesse stehen Führungskräfte schon heute vor der Herausforderung auf die zunehmende Alterung der Belegschaft zu reagieren.
Gerade Pflegeeinrichtungen sind besonders von dieser Entwicklung betroffen, da sich diese auf MitarbeiterInnen und Klientel auswirkt. Darüber hinaus stehen MitarbeiterInnen in Pflegeberufen vor besonderen Anforderungen, die nicht selten als Belastung empfunden werden. Um bis zum Renteneintritt die Pflege und Betreuung zu gewährleisten, ist es wichtig frühzeitig geeignete Personalentwicklungskonzepte für ältere MitarbeiterInnen zu erstellen und auch anzuwenden.
Fraglich ist nun wie Führungskräfte in Pflegeeinrichtungen mit dieser neuen Situation umgehen. Hier wird davon ausgegangen, dass Personalentwicklung eine Antwort auf diese Frage gibt. In den folgenden Ausführungen wird dargestellt, welche Handlungs- felder der Personalentwicklung hilfreich für ältere MitarbeiterInnen in der Pflege sind. Die hier untersuchte Forschungsfrage lautet demnach: Wie kann Personalentwick- lung in adäquater Weise für ältere MitarbeiterInnen in der Pflege eingesetzt werden? Hierfür wird, wie oben bereits angedeutet, zunächst der aktuelle demografische Ent- wicklungsverlauf der deutschen Gesellschaft untersucht. Die nähere Betrachtung der Folgen für Betriebe und speziell für Pflegeeinrichtungen ist hierfür ebenfalls relevant. In den darauf folgenden Grundlagen der Personalentwicklung für ältere Mitarbeite- rInnen wird mit den Bestimmungen der wichtigsten Begriffe der Ausgangspunkt ge- setzt, um sich dieser Thematik anzunähern. Die Ausführungen von Neuberger zum Begriff der Personalentwicklung und die darin zugrunde liegende systemtheoretische Perspektive werden als Richtlinie für den weiteren Verlauf der vorliegenden Bache- lorarbeit genutzt. In diesem Kapitel werden Aussagen und Perspektiven zu älteren MitarbeiterInnen aus dem gegenwärtigen Stand der vorliegenden Literatur erläutert. Im Anschluss daran erfolgt eine Bedarfsanalyse der Personalentwicklung, die die Organisation, die Aufgaben und die Leistungen der Personen fokussiert. Hierbei werden diese drei Analyseschritte auf die besonderen Bedingungen von Pflegeein- richtungen angewandt. Mithilfe von fiktiven Beispielen aus der pflegerischen Praxis wird dies veranschaulicht.
Die Darstellung von Handlungsfeldern zeigt Möglichkeiten auf, welche Maßnahmen der Personalentwicklung für ältere MitarbeiterInnen in der Pflege geeignet sind und wie diese durchgeführt werden können. In Bezug auf den eingangs aufgeführten Personalentwicklungsbegriff erfolgt hier eine umfassende Aufführung von Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen.
Der besonderen Bedeutung der Evaluation von Personalentwicklung wird in dem darauf folgenden Kapitel Rechnung getragen.
In der abschließenden Betrachtung wird die Bedeutung der zuvor dargestellten Inhaltspunkte zusammengefasst.
Das Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, anhand des aktuellen Stands der Literatur, die gegenwärtigen Kenntnisse über Personalentwicklung für ältere MitarbeiterInnen in der Pflege darzustellen. Mit dem zusammengeführten Wissen soll Führungskräften verdeutlicht werden, dass die aufgeführten Maßnahmen für Pflegeeinrichtungen erforderlich und nützlich sind. Eine Berücksichtigung der Kosten-Nutzen-Relation sowie den besonderen Umweltbedingungen von Pflegeeinrichtungen findet im Rahmen dieser Bachelorarbeit nicht statt.
Der Begriff Pflegeeinrichtungen bezieht sich in den vorliegenden Ausführungen auf klinische Einrichtungen sowie Betriebe der stationären Langzeitpflege.
2. Die demografische Entwicklung der deutschen Gesellschaft
Bereits um das Jahr 2000 wurde von einem demografischen Wendepunkt gespro- chen. Nach dieser Zeit wurde die Anzahl, der in Deutschland lebenden 20-Jährigen um die der 60-Jährigen übertroffen (vgl. Walla et al. 2006, S.29). Die Gründe hierfür sind, neben der höheren Lebenserwartung durch den medizinischen Fortschritt, unter anderem auch der starke Rückgang der Geburtenraten. Besonders deutlich wird die- se Altersstrukturverschiebung der Bevölkerung der Bundesrepublik, bei der Betrach- tung des Durchschnittsalters. Lag dieses Ende 1990 noch bei 39,29 Jahren, so ist es Ende 2008 bereits auf 43,18 Jahre gestiegen (vgl. Grobecker et al. 2008, S. 328). Wie in Abbildung 1 dargestellt werden Vorausberechnungen zufolge die Frauen und Männer der geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre im Jahr 2030 über 60 Jah- re alt sein. Dementsprechend wird das bundesweite Durchschnittsalter bis zu diesem Zeitpunkt bei konstanten Bedingungen auf voraussichtlich über 47 Jahre steigen (vgl. Eisenmenger et al. 2006, S. 19).
Anhand dieser faktischen Prognosen wird deutlich, dass die Veränderung der Alters- struktur in Deutschland außer Frage steht. Diese Entwicklung hat weitreichende Konsequenzen, die sich auf viele Bereiche erstrecken. Vor allem wird sie sich in den Unternehmen bemerkbar machen und hier Handlungsbedarf entstehen lassen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Altersaufbau der Bevölkerung am 31.12.2008 (entnommen aus: Grobecker/ Krack-Roberg 2010, S. 329)
2.1 Die Auswirkungen auf Unternehmen
Die Veränderung zur Überalterung hat für Unternehmen die Folge eines Zuwachses an älteren MitarbeiterInnen. Hinzu kommt, dass aufgrund der sinkenden Bevölkerungszahlen, den deutschen Betrieben immer weniger Nachwuchskräfte zur Verfügung stehen (vgl. Stock-Homburg 2008, S. 586).
Das statistische Bundesamt konstatierte 2007 erstmals, dass jede zweite Person im Alter von 55 bis 64 Jahren erwerbstätig ist. Einen solchen starken und schnellen Ans- tieg der Erwerbstätigenquote von 38,1% (1997) auf 51,5% (2007) erreichte keine an-] dere Altersgruppe. Verantwortlich hierfür sind neben demografischen Effekten auch veränderte Rahmenbedingungen, wie die Verringerung der Frühverrentungs- möglichkeiten (vgl. Puch 2007, o.S.).
Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Hochrechnungen zufolge wird bis zum Jahr 2015 jeder dritte Erwerbstätige älter als 50 Jahre alt sein. Somit wäre bis dato deren Anzahl etwa doppelt so groß, wie die Zahl der Erwerbstätigen im Alter von 20 bis 29 Jahren (vgl. Buestrich et al. 2008, S.80).
Gemäß dieser Entwicklung wird der Umgang mit älteren MitarbeiterInnen zunehmend von Bedeutung sein. Die Leistungsfähigkeit des eigenen Betriebs kann nur durch gezielte Förderung dieser MitarbeiterInnen gesichert werden.
2.2 Die Folgen für Pflegeeinrichtungen
Die Pflegeeinrichtungen sind wie alle deutschen Betriebe von einer wachsenden An- zahl älterer MitarbeiterInnen betroffen. Allerdings zeichnet sich der Pflegeberuf durch besondere Belastungen aus, die sich aus den Arbeitsumständen ergeben. Dieses Belastungsniveau des pflegerischen Berufsfeldes steigt, aufgrund der fort- schreitenden Ökonomisierung, weiter an (vgl. Buestrich et al. 2008, S.88). Gemeint sind hiermit Maßnahmen der Rationalisierung wie beispielsweise die Bettenreduktion in deutschen Krankhäusern und den dadurch bedingten Personalabbau, aufgrund der Einführung der DRGs (Diagnosis Related Groups). Angesichts dieser zuneh- menden Anforderungen an Leistung und Qualität einerseits, sowie vermeintlich schwindender Belastungsfähigkeit älterer MitarbeiterInnen andererseits, kann hier von einer doppelten Inanspruchnahme gesprochen werden. Diese Belastung zeigt sich in der Verweildauer der Pflegekräfte in ihren Berufen. Im Rahmen der NEXT (Nurses Early Exit)-Studie (2005) wurden diese Berufsausstiegsbedingungen syste- matisch untersucht. Die häufigsten genannten Assoziationen mit dem Ausstiegs- wunsch aus der Pflege sind der Arbeit-/ Familie-Konflikt, fehlende berufliche Entwick- lungsmöglichkeiten sowie quantitative Arbeitsanforderungen. Problematisch ist die Tatsache, dass vor allem die jungen und besser ausgebildeten Pflegekräfte aus die- ses Berufsfeld verlassen möchten. In der Altenpflege wechselt etwa ein Fünftel der Pflegekräfte bereits nach dem ersten Berufsjahr die Branche. Die Verweildauer in Pflegeberufen wird auf vier bis sieben Jahre geschätzt (vgl. Buestrich et al. 2008, S.91).
Hinzu kommt die demografische Entwicklung der Klientel von Pflegeeinrichtungen. Bis zum Jahre 2020 wird die Anzahl der Personen der Altersstufe 80 bis 85 Jahre von ca. drei Millionen (2008) auf über fünf Millionen ansteigen. Diese Hochaltrigen sind mit einem hohen Risiko der Pflegebedürftigkeit behaftet (vgl. Buestrich et al. 2008, S. 89). In Anbetracht der Tatsache, dass zwischen den Jahren 2015 und 2020 die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Arbeitsleben austreten, kann ein Mangel an Pflegekräften vorausgesagt werden (vgl. Hasseler/ Görres 2005, S. 41). Anhand dieser Umstände wird eine ausdrückliche Änderung der Beschäftigungs- situation in der Pflege deutlich, die sich in naher Zukunft zuspitzen wird.
3. Grundlagen der Personalentwicklung für ältere MitarbeiterInnen
Um sich der Thematik „Personalentwicklung von älteren MitarbeiterInnen“ anzunä- hern, ist es zunächst von Bedeutung die wichtigsten Begriffe in diesem Zusammen- hang genauer zu betrachten und die altersbedingten Veränderungen zu kennen. Mit steigendem Lebensalter durchläuft ein Mensch Entwicklungen, die sich auf seine Ei- genschaften und Fähigkeiten auswirken. Die Merkmale älterer MitarbeiterInnen sind abhängig von den jeweiligen grundlegenden Sichtweisen auf den Alterungsprozess.
3.1 Abgrenzung der Begriffe
In diesem Inhaltspunkt wird mit Begriffsbestimmungen der Grundstein für die weitere Betrachtung dieser Thematik gelegt. Hiermit werden Eingrenzungen vorgenommen, um die Bedeutung der verwendeten Ausdrücke verständlich darzustellen.
3.1.1 Zum Begriff „ältere MitarbeiterInnen“
Eine einheitliche Definition des Begriffs der älteren MitarbeiterInnen gestaltet sich durchaus schwierig. Um eine Antwort auf die Frage zu finden, welche Altersgruppe gemeint ist, wenn von älteren MitarbeiterInnen die Rede ist, erscheint zunächst die Festlegung einer Grenze des kalendarischen Alters naheliegend. Hierbei wird durch einen Zahlenwert eine gewisse Objektivität erhofft. Die OECD (Organisation for Eco- nomic Cooperation and Development) definiert ältere Arbeitnehmer als „Personen, die in der zweiten Hälfte des Berufslebens stehen, das Pensionsalter noch nicht er- reicht haben und noch gesund und arbeitsfähig sind“ (OECD in: Sauer 2006, S. 12). Diese Begriffseingrenzung wirkt zunächst sehr allgemein, schließt jedoch kranke und arbeitsunfähige Personen aus. In einer weiteren Differenzierung wird ein konkretes Alter angegeben. Alternde MitarbeiterInnen befinden sich zwischen dem 40. und dem 55. Lebensjahr, während sich ältere MitarbeiterInnen zwischen 55 Jahren und dem Zeitpunkt der Pensionierung bewegen (vgl. Sauer 2006, S. 12). Die genaue Festle- gung dieser Angaben wird bei näherer Betrachtung jedoch relativiert. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung beschreibt die Grenze des Eintritts von Mitarbei- terInnen mittleren Alters in die Gruppe der Älteren, zwischen dem 45. und 55. Le- bensjahr, als eher fließend. Als Begründung hierfür wird die Branchenzugehörigkeit aufgeführt, sodass beispielsweise in der Metall- und Elektroindustrie Arbeitnehmer mit 45 Jahren bereits als älter bezeichnet werden (vgl. Rump et al. 2006, S.132). Der Aspekt des jeweiligen Arbeitsgebietes spielt demnach eine wichtige Rolle für diese Begriffsbestimmung. Um weitere Beispiele zu nennen: MitarbeiterInnen von Werbe- agenturen gelten mit 40 Jahren bereits als alt, während ein Professor im gleichen Alter noch als jung angesehen wird. Arbeiter werden gemeinhin eher als älter einges- tuft als Angestellte. Darüber hinaus sind hierfür jedoch weitere Determinanten aus- schlaggebend. Prezewowsky hält die soziale Situation, den Wirtschaftssektor, die hierarchische Position, die Altersstruktur des Umfeldes und teilweise auch das Ge- schlecht für Kriterien, die diesen Begriff beeinflussen (vgl. Prezewowsky 2007, S. 68). Ergänzend hierzu ist zudem noch die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu nennen. Bei guter Wirtschaftslage und dementsprechender Arbeitsplatzknappheit ist ein 50- Jähriger begehrter als in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, in der 45-Jährige bereits schwer zu vermitteln sind (vgl. Brandenburg/ Domschke 2007, S. 64). Ob dieser ge- sellschaftliche Aspekt, der einer Person ein soziales Alter zuschreibt, als wesentlich betrachtet wird, oder eher dem biologischen Lebensalter Vorrang gegeben wird, hängt von der Perspektive ab. Es kann also keine exakte Altersgrenze gezogen wer- den, die vorgibt wer zu den älteren MitarbeiterInnen gehört und wer nicht.
Um trotzdem eine Abgrenzung zu wählen soll hier ein statistischer Blickwinkel ge- wählt werden, der sich auf eine Befragung mit Personalmanagern bezieht. Auf die Frage, ab welchem Alter diese Führungskräfte ihre MitarbeiterInnen als „älter“ be- zeichnen, erhielt die Antwortoption 50-55 Jahre die meisten Nennungen (vgl. Bran- denburg/ Domschke 2007, S. 63). In Anlehnung hieran und an das durchschnittliche Renteneintrittsalter der deutschen Bevölkerung von ca. 60 Jahren werden in den fol- genden Ausführungen MitarbeiterInnen ab einem Alter von 50 Jahren als älter be- zeichnet. Mit dieser Bezeichnung wird kein Anspruch auf Allgemeingültigkeit gestellt, sondern lediglich eine Eingrenzung vorgenommen, um dieses Themengebiet ver- ständlich darzustellen.
3.1.2 Zum Begriff „Personalentwicklung“
Ähnlich wie bei dem Begriff der älteren MitarbeiterInnen ist das Verständnis von Per- sonalentwicklung in der Fachliteratur von unterschiedlicher Prägung, sodass es auch hier keine einheitliche Definition gibt. Außerdem ist dieser Begriff in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder neu bestimmt worden, wodurch sich neue Schwerpunkte herausgebildet haben.
In den 1980ern beschränkten sich viele Definitionen auf die Förderung und Qualifikation von MitarbeiterInnen. Folgende Beispiele machen dies deutlich:
„Personalentwicklung umfasst alle bildungs- und stellenbezogenen Maßnahmen, die zur Qualifizierung aller Mitarbeiter und Führungskräfte dienen …“ (Thom 1987 In: Neuberger 1994).
„Personalentwicklung ist die Förderung von Mitarbeitern (…) zur Vorbereitung auf die Übernahme höherer Verantwortung“ (Olesch 1988 In: Neuberger 1994).
Mentzel konkretisierte diese recht allgemeinen Begriffsbestimmungen anhand einer individuellen Mitarbeiterorientierung. In seinen Ausführungen beschreibt er Personal- entwicklung als „Inbegriff aller Maßnahmen, die der individuellen beruflichen Entwick- lung der Mitarbeiter dienen und ihnen unter Beachtung ihrer persönlichen Interessen die zur optimalen Wahrnehmung ihrer jetzigen und künftigen Aufgaben erforderlichen Qualifikationen vermitteln“ (Mentzel 1994, S. 15). Obwohl hier die persönlichen As- pekte der einzelnen MitarbeiterInnen Berücksichtigung finden, beschränkt sich diese Sichtweise jedoch auf die reine Fokussierung auf das Personal. Die Betrachtung der gesamten Organisation in diesem Kontext findet bei Mentzel zwar Erwähnung, wird in dieser Definition jedoch vernachlässigt. Diese Perspektive der Bildung und Förde- rung des Personals hat Becker explizit um die Variable der Organisationsentwicklung erweitert (siehe Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Inhalte der Personalentwicklung
(entnommen aus: Becker 2005, S.4)
Während sich der erste Inhaltspunkt lediglich auf grundlegende Bildungsbereiche bezieht, bedeutet Förderung eine systematische Durchführung, Planung und Beurtei- lung gezielter Entwicklungsmaßnahmen. Mit der Berücksichtigung des Aspektes der Organisationsentwicklung werden die Ziele des Unternehmens und der jeweiligen MitarbeiterInnen in Einklang gebracht, um die persönliche Entwicklung für einen spe- zifischen Erfolg der Einrichtung zu nutzen (vgl. Röder/ Grass 2008, S. 82).
Auch bei Neuberger erhält die Organisationsentwicklung einen besonderen Stellen- wert. Hier wird Personalentwicklung als Gesamtheit der Aktivitäten von drei unter- schiedlichen Perspektiven bezeichnet (siehe Abb. 2). Diese Ausführungen werden in der vorliegenden Arbeit als Orientierungshilfe verwendet, da Neuberger dieses weit- läufige Themengebiet nicht direkt eingrenzt, sondern andersartige Sichtweisen auf- zeigt. „Im Prinzip ist jede Maßnahme im Unternehmen -gewollt oder unbeabsichtigt- auch PE (…)“ (Neuberger 1994, S. 13). Mit der aufspaltenden Gliederung des Begrif- fes „Personal“ wird hierbei der personale, interpersonale und apersonale Blickwinkel voneinander differenziert (siehe Abb.3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Personalentwicklung als Vereinigungsmenge von Person-, Team- und Organisationsent- wicklung
(entnommen: aus Neuberger 1994, S.13)
Die Entwicklung der Person, im Sinne von Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaß- nahmen, ist hier nur eine Sichtweise. Die Beziehung zwischen Personen lenkt den Blick auf im und durch das Team gebildete Emergenzen, die aufgrund der Interaktion zwischen den individuellen Persönlichkeiten entstehen (vgl. ebd., S. 22). Der aperso- nale Aspekt umfasst die organisationsbedingten vorgeregelten Strukturen, wie etwa Positionen, Standardisierungen oder aber die jeweilige Unternehmenskultur (vgl. ebd., S.23).
Eine alleinige Einwirkung auf die Person, beispielsweise durch Fortbildungs- angebote, führt zu keinem gewünschten Ergebnis, wenn nicht auch die übrigen Be- dingungen berücksichtigt werden. Welcher Verlauf oder welches Resultat im und durch das Gruppenhandeln erzeugt wird, etwa die Verbreitung der Ablehnung von Innovationen durch Gruppenzwang, kann ein einzelnes Subjekt nicht allein planen und bleibt somit unvorhersehbar (vgl. ebd., S.18). Auch die formale Strukturierung der Organisation spielt dabei eine Rolle, ob der Transformationsprozess gelingt, wie etwa eine adäquate Gestaltung der Arbeitsinhalte (vgl. ebd., S.16).
Die Ansichten Neubergers gehen von Grundannahmen aus, die auf Luhmanns Sys- temtheorie zurückzuführen sind. Zum einen wird die Beobachtung der sozialen Wirk- lichkeit als Prozedur abstrahiert, die Unterscheidungen macht (vgl. ebd., S.18). Hier wird Luhmanns Verständnis von Beobachtung aufgegriffen, der diesen system- theoretischen Schlüsselbegriff im Sinne von Spencer Brown als „die Anwendung ei- ner Unterscheidung“ (Luhmann 2009, S. 255) betrachtet. Die Bezeichnung aller Beo- bachtung als „ein Unterscheidendes Bezeichnen, oder genauer: die Bezeichnung der einen (und nicht der andere) Seite einer Unterscheidung“ (Luhmann 1990, in: Jung 2007, S.11), hat zur Folge, dass jede Beobachtung unterschiedlich sein muss. Die drei Perspektiven Neubergers sehen also nicht denselben Gegenstand (hier: Zu- stände und Abläufe in der Organisation) aus anderen Blickwinkeln, sondern beo- bachten jeweils andere Sachverhalte (vgl. Neuberger 1994, S. 19).
Zum anderen beschreibt Neuberger das Setzen von Anreizen, im Sinne eines Ver- änderungs- oder eben Entwicklungswillens, als Irritation. Darüberhinaus sind in den einzelnen Personen, den sozialen Beziehungen sowie den apersonalen Strukturen die eigenen „eingebauten Gesetzmäßigkeiten (Neuberger 1994, S. 17)“ ausschlag- gebend, wie diese Anstöße verarbeitet werden. Diese Selbstorganisation geht von dem Konzept operational geschlossener Systeme aus, die Informationen aus der Umwelt durch den Bezug zu sich selbst verarbeiten (vgl. Neuberger, S. 626). Der Selbstreferenz in Form von Rückkopplung wird an späterer Stelle besondere Bedeu- tung beigemessen. In der Systemtheorie ist, aufgrund der Prägung durch den Kons- truktivismus, die interne Struktur des Systems für das Hervorbringen der eigenen Elemente, durch die eigenen Elemente verantwortlich. Der systemische Aufbau er- folgt mit den Relationierungen dieser kleinsten Einheiten, was auch als Autopoiesis bezeichnet wird. Mit der Unterbrechung und dem Neuaufbau von Komplexität bilden sich emergente Formationen (vgl. Dieckmann 2006, S. 68). Neuberger beschreibt dieses Phänomen im oben genannten Verbundhandeln, in dem etwas Neues durch Zusammenfügen von Untereinheiten (hier: die bestimmte soziale Konstellation) ent- steht (vgl. Neuberger 1994, S. 18).
Aufgrund dieses erweiterten Verständnisses des Personalentwicklungsbegriffs stellt sich die Frage, ob mit bestimmten Maßnahmen nützliche emergente Strukturen herbeigeführt werden können. Hiermit sind neu entstandene Eigenschaften wie beispielsweise der Zusammenhalt einer Gruppe gemeint.
3.2 Zur Personalentwicklung in Pflegeeinrichtungen
Die allgemeinen Definitionen von Personalentwicklung beziehen sich in erster Linie auf Wirtschaftsunternehmen. Eine spezifische Begriffsbestimmung für Pflegeeinrichtungen konnte in der vorliegenden Literatur nicht gefunden werden. Auch der etwas weiter gefasste Begriff Personalentwicklung für soziale Organisationen wird nicht speziell definiert (vgl. Kursawe 2007, S.70).
Die pflegerische Dienstleistung, sei es im ambulanten oder stationären Bereich, ist sehr personalintensiv. Die Gesamtkosten einer Einrichtung der stationären Langzeit- pflege beispielsweise bestehen bis zu 80% aus Personalkosten (vgl. Kowalzik 2005, S. 13). Eine adäquate Gestaltung von Personalentwicklung spielt eine wichtige Rolle, weil hierdurch die Pflegequalität direkt beeinflusst wird, was wiederum über die zu- künftige Marktposition der Einrichtung entscheidet. Das betriebswirtschaftliche Han- deln ist seit Anfang der 1990er Jahre für pflegerische Einrichtungen zunehmend zur Verpflichtung geworden. Damit sind Maßnahmen der Effizienz- und Qualitätssteige- rung einhergegangen (vgl. Kursawe 2007, S.12). Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist die Entwicklung des Produktionsfaktors Personal besonders wichtig, da die Dienstleistung in Pflegeeinrichtungen aus der direkten Beziehung von Pflege- kraft und Pflegebedürftigem erbracht wird.
Das Überleben von (sozialen) Organisationen macht demnach ökonomische Strategien und die Anpassung der MitarbeiterInnen an Leistungsprozesse notwendig (vgl. Kursawe 2007, S. 72). Um speziell ältere MitarbeiterInnen an den pflegerischen Dienstleistungsprozess anzupassen, ist zunächst ein Blick auf die altersbedingten Merkmale und Veränderungen bedeutsam. Im folgenden Inhaltspunkt werden grundlegende Sichtweisen auf den Alterungsprozess dargestellt.
3.3 Das Altersbild der Sozialforschung
In der Sozialforschung ist die Untersuchung des Alters mit der Zuhilfenahme von Modellen gängig. Im Folgenden werden zwei dieser Modelle kurz vorgestellt, um die unterschiedlichen Betrachtungsweisen aus wechselseitigen Gegenpositionen zu ver- deutlichen.
3.3.1 Das Defizitmodell
Das Defizitmodell gilt als eines der ersten soziologischen Konzepte des Alters und bezieht sich auf medizinische sowie psychologische Beobachtungen aus den 1960er Jahren. Ausgehend von der These, dass die menschlichen Fähigkeiten mit zuneh- mendem Alter kontinuierlich nachlassen, fanden Sozialforscher in den USA mit einer Testreihe an Probanden des Militärs, eine Bestätigung ihrer Erwartungen. Trotz der bestätigten Resultate der Rückbildung der körperlichen, geistigen und emotionalen Leistungen, gilt dieses Modell mittlerweile als überholt. Ausschlaggebend hierfür sind unter anderem die ungleichen Voraussetzungen der Teilnehmer (vgl. Wiese 2010, S. 57).
Eine Minderung der kognitiven Leistungen wurde bei gesunden älteren Menschen faktisch nie nachgewiesen. Trotzdem wird Alter generell immer noch mit einem nega- tiven und defizitären Bild verknüpft. Auch in der vorliegenden Literatur wird in Unter- suchungen von deutschen Betrieben immer wieder die Beobachtung gemacht, dass dieses Altersbild das Vorherrschende ist (vgl. Krüger 2006, S. 197, vgl. Deller et al. 2008, S. 75).
Diese veraltete Vorstellung über die vermeintlich schwindende Leistungsfähigkeit älterer MitarbeiterInnen, bringt Benachteiligungen mit sich.
3.3.2 Das Kompetenzmodell
Das Kompetenzmodell bildet das Gegenstück zum Defizitmodell, da hier die alters- bedingten Stärken in den Vordergrund gestellt werden. Die Kompetenzen werden als Fähigkeiten und Fertigkeiten beschrieben, wobei Intelligenz und Kontrolle besonders hervorgehoben werden. Beide Komponenten nehmen im Alter nicht ab, sondern ver- festigen und erweitern sich sogar, durch die wechselseitige Beziehung von Indivi- duum und Umwelt. Die Gesellschaft soll sich die Erfahrungen der Bewältigung von individuellen Lebenssituationen zunutze machen (vgl. Wiese 2010, S. 58). Die Kom- petenzen sind das Potential, also die möglichen Ressourcen, die ein Mensch erbrin- gen könnte. Während die tatsächlich beobacht- und wahrnehmbaren Leistungen als Performanz bezeichnet werden. Entscheidend für die Verwirklichung der Fähigkeiten und Fertigkeiten sind die Motivation sowie die soziale, institutionelle und räumliche Umwelt (vgl. Theunissen 2002, S.39).
Für die Personalentwicklung ist diese Perspektive relevant, da das Erfahrungswissen von älteren MitarbeiterInnen als Ressource gesehen wird und nicht der Abbau von bestimmten Eigenschaften im Mittelpunkt steht. Diese Merkmale, sowie deren Ent- wicklung werden im folgenden Inhaltspunkt dargestellt.
3.4 Die Merkmale älterer MitarbeiterInnen
Die Defizite und Kompetenzen von älteren MitarbeiterInnen sind bestimmte Merkma- le, die sich im Laufe der beruflichen Entwicklung qualitativ verändern. Der generelle Rückgang von bestimmten Eigenschaften wie beispielsweise Belastbarkeit oder Fle- xibilität konnte in vielen Studien als Fehleinschätzung belegt werden (vgl. Rading 2010, S. 18). Es kommt vielmehr zu einer „Umschichtung innerhalb des Fähigkeits- und Leistungsprofils“ (Rading 2010, S 19). In Abb.4 werden diese körperlichen und geistigen Merkmale von älteren MitarbeiterInnen sowie die Weiterentwicklung der abnehmenden Kompetenzen dargestellt. So können defizitäre Merkmale, wie eine langsamere Arbeitsgeschwindigkeit, durch eine erfahrene und routinierte Arbeitswei- se kompensiert werden. Eine Veränderung dieser Persönlichkeitsmerkmale, die letz- tlich auch das Verhalten ändert, wird nach Baltes und Baltes durch Selektion, Opti- mierung und Kompensation ermöglicht. Voraussetzungen hierfür sind altersbedingte Einbußen der Ressourcen, die mithilfe dieser Mechanismen verringert oder aufgehal- ten werden können. Negative Ereignisse, wie gesundheitliche Einschränkungen kön- nen durch gezielt ausgewählte Handlungen und den Gebrauch optimierender Mittel ersetzt werden. Diese selbstregulatorischen Prozesse werden in dem Modell der se- lektiven Optimierung und Kompensation zusammengefasst (vgl. Mackowiak et al. 2008, S. 133). Als Beispiel hierfür kann der Verlust eines nahe stehenden Verwand- ten aufgeführt werden. Dies ist zunächst ein Defizit der Ressourcen des Betroffenen. Hieraus erfolgt dann das Setzen von bestimmten Prioritäten, um neue Entwicklungs- ziele zu erreichen und kein ähnliches Schicksal zu erleiden. Zur Optimierung der Handlungsweisen ist eine Reduktion stressfördernder Lebensgewohnheiten denkbar. Als Ersatz der Beziehung ist ein vermehrter Kontakt zu Freunden möglich. Übertra- gen auf den Arbeitsalltag bedeutet diese Perspektive, dass eine gewisse Eigenregu- lation der Merkmalsveränderungen im Vordergrund steht. Es stellt sich nun die Fra- ge, ob die Personalentwicklung überhaupt Interventionen leisten kann, um die Merk- male älterer MitarbeiterInnen sinnvoll zu beeinflussen bzw. zu nutzen.
Wichtig ist es, hierbei festzuhalten, dass sich bestimmte Merkmale älterer und jünge- rer MitarbeiterInnen voneinander unterscheiden. Begründet wird dieser Umstand damit, dass Persönlichkeitsmerkmale durch situative Erfahrungen entstanden sind und jüngere MitarbeiterInnen diese Lebensumstände (noch) nicht erfahren haben (vgl. Kirchmann 1998, S.54). Des Weiteren sind diese Einstellungen, aus denen Ver- halten resultiert, biographisch bedingt und somit individuell verschieden, da sie nicht primär dem biologischen Alterungsprozess unterliegen. Die möglicherweise auftre- tenden Veränderungen stehen demnach nicht monokausal mit dem Altwerden in Zu- sammenhang, sondern sind abhängig von Sozialisationsprozessen, situativen Le- bensumständen, kohorten- und milieuspezifischen Bedingungen usw. (vgl. Kirch- mann 1998, S. 54). Ein treffendes Beispiel für den Kompetenzbereich des Lernens beschreibt Freimuth, der das Meiden von Lernprozessen bei älteren MitarbeiterInnen unter anderem auf die früher verbreitete autoritäre Haltung der Lehrer zurückführt. Die Beziehung zum Unterrichtenden wurde dadurch negativ besetzt und wird noch heute mit Versagen oder gar Strafe verbunden (vgl. Freimuth 2003, S. 45).
Diese negative Einstellung hat sich im Laufe der Jahre verfestigt. Lehr findet die Sta- bilität von Persönlichkeitseigenschaften in der Kontinuitätstheorie bestätigt, die be- sagt, dass ältere Menschen „im Prozeß der Anpassung an das Alter versuchen, be- stehende innere und äußere Strukturen zu bewahren“ (Lehr 1991 in: Kirchmann 1998, S. 53).
Durch das Aufrechterhalten der äußeren Struktur wird der Versuch unternommen, die inneren Strukturen zu stabilisieren. Das Vermeiden von Lernen wird also aufgrund der ablehnenden Haltung, die in der biographischen Entwicklung wurzelt, aufrechter- halten. Wichtig für die Personalentwicklung ist hierbei der externe Einfluss auf diesen Prozess. Kirchmann konstatiert, dass die Erwartungen des sozialen Umfeldes an die Konstanz der Verhaltensweisen dessen Stabilität weiter verstärkt (vgl. Kirchmann 1998, S. 54). Dadurch ist es also grundsätzlich möglich, konsolidierte Eigenschaften von MitarbeiterInnen durch Einflussnahme von außen zu beeinflussen. Hier wird von einem gewissen betrieblichen Normalzustand ausgegangen, in dem die Organisati- onsmitglieder von den älteren MitarbeiterInnen einen eher geringen Willen zur Wei- terbildung erwarten. Wäre diese gesamtorganisatorische (Erwartungs-)Haltung an- ders, würde sie auch das Lernverhalten der älteren MitarbeiterInnen verändern.
- Quote paper
- Nicolas Mayer (Author), 2011, Personalentwicklung von älteren MitarbeiterInnen in der Pflege, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/187439