Das jüngste Werk von Karl-Heinz Ignatz Kerscher ist ein kleines Lexikon der Postmodernen Pädagogik, Erziehung und Bildung. In Stichwörtern von Buchstaben A bis Z enthält dieser Text ein Kompendium postmoderner Aspekte, Konzepte und Perspektiven erziehungswissenschaftlicher Theorien und pädagogischer Praxisbereiche. Mit mehr als 75 Stichwörtern von ADHS über Bewegte Schule und Friedenspädagogik bis hin zum Transhumanismus und zur Zukunftsorientierung reicht die Spannbreite der erörterten Themen. Somit ist ein Mosaik der Pädagogik in postmoderner Epoche entstanden, das problemorientierte und interdisziplinäre Informationen anbietet und zur Diskussion und Weiterentwicklung anregt. Wer einen aspektreichen Überblick über Aufgaben, Ansatzpunkte und Möglichkeiten der Postmodernen Pädagogik sucht, der dürfte im vorgelegten Wörterbuch einen Fundus an erziehungswissenschaftlich relevanter Thematik vorfinden.
Eine Auswahl der Stichworte: ADORNOs Bildungsanregungen, Biophile Erziehung, Erlebnispädagogik, Fächerübergreifende Pädagogik, FREINET-Pädagogik, FREIREs Bildungskampagnen, FROMMs Bildungsimpulse, Gesundheits-Pädagogik, Globale Bildungsziele, Handlungsorientierter Unterricht, Hochbegabung, Indigo-Kinder, Internet, Kreativität, Männliche Sozialisation, Mediation, Menschenrechtserziehung, MONTESSORI-Pädagogik, Moralische Bildung, Multiple Intelligenz, Naturwissenschaftlicher Unterricht, Negative Erziehung, Positive Erziehung, Postmoderne Epoche, Projektmethode, Religionsunterricht, Sexualpädagogik, STEINER-Pädagogik, Summerhill-Pädagogik, Tierschutz-Erziehung, Transhumanismus, Umweltschutz-Erziehung, Weibliche Sozialisation.
ADHS - moderne Zappelphilippe
Was bedeutet und ist ADS? ADS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, angblich eine Entwicklungsstörung, die sich beim heranwachsenden Kind vor allem in einer Verzögerung der folgenden zwei Bereichen zeigt:
Mangelnde Aufmerksamkeit: das Kind wird leicht abgelenkt, hat Mühe Aufgaben zu beenden.
Mangelnde Kontrolle der Impulsivität und motorischen Aktivität: das Kind handelt impulsiv, häufig der Situation nicht angepasst, bewegt sich übermäßig (ADHS), wobei der Buchstabe H Hyperaktivität bedeutet.
ADS Verlauf
Hyperaktive Kinder werden meist bereits vor dem Schuleintritt auffällig. Es wurde eine große Stabilität der Symptome vom Kindergarten- bis ins Grundschulalter festgestellt. Im Jugendalter gibt es typischerweise eine Verringerung der Symptomatik (Rate der weiterhin Auffälligen: 30-70%).
Die hyperaktive Störung bleibt häufig bis ins Erwachsenenalter erhalten.
Einzelne Symptome persistieren in etwa zu 50-80% der Fälle, das volle Syndrom bleibt in ca. 30% aller Fälle erhalten. Die Prognose ist relativ am günstigsten für motorische Unruhe (Hyperaktivität), weniger für Impulsivität und Aufmerksamkeitsdefizit.
Warum leidet man unter ADS? Es wurde die Annahme einer früh erworbenen Hirnfunktionsstörung, evtl. verursacht durch Alkoholmissbrauch der Mutter während der Schwangerschaft oder ein sehr geringes Geburtsgewicht ( MCD, Minimale Cerebrale Dysfunktion) geäußert. Da weder ein Virus noch ein Bazillus als Auslöser gefunden worden ist, wird als wichtigster Faktor wird eine genetische Veranlagungen angenommen. Bereits der Verfasser des Bilderbuches "Struwelpeter", HOFFMANN, kannte das ADHS-Syndrom. Seine lustig-makabre Bildergeschichte, heute würden wir auf Englisch Comic oder auf Japanisch Manga sagen, handelt vom bösen Ende eines unartigen Zappelphillips.
Es ist bisher keine primäre Ursache dingfest gemacht worden, aber verstärkend wirken ungünstige Familienverhältnisse (Störung der Eltern-Kind-Beziehung, soziale Unterschicht).
Allgemeine Kriterien für die Erfassung von ADHS:
Kriterien für Unaufmerksamkeit:
Mindestens 6 Monate lang mindestens 6 der folgenden Symptome in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß: Das Kind
- ist häufig unaufmerksam gegenüber Details oder macht Sorgfaltsfehler;
- ist häufig nicht dazu in der Lage, die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten;
- hört häufig scheinbar nicht hin;
- kann oft Erklärungen nicht folgen oder Aufgaben nicht erfüllen;
- ist häufig beeinträchtigt, Aktivitäten zu organisieren;
- vermeidet ungeliebte Aufgaben, die geistiges Durchhaltevermögen erfordern;
- verliert häufig Gegenstände;
- wird häufig von externen Stimuli abgelenkt;
- ist im Verlauf der alltäglichen Aktivitäten oft vergesslich.
Kriterien für Impulsivität:
Mindestens 6 Monate lang mindestens eines der Symptome in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß:
Das Kind
- platzt häufig mit der Antwort heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist;
- kann häufig nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist;
- unterbricht und stört andere häufig (z.B. deren Spiel oder Gespräch);
- redet häufig übermäßig viel, ohne angemessen auf soziale Beschränkungen zu reagieren;
Kriterien für Hyperaktivität:
Mindestens 6 Monate lang mindestens 3 der Symptome in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß:
Das Kind
- zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum;
- steht häufig in der Klasse oder in anderen Situationen auf;
- läuft häufig herum oder klettert exzessiv;
- hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen;
- ist häufig unterwegs, viel beschäftigt;
Verhalten zur Gesellschaft und Auswirkungen:
Im Umgang mit anderen sind Personen, die unter ADS leiden, distanzlos und einnehmend und neigen zu starkem Egoismus. Unstetes Verhalten wird in in Phasen ausgelebt, z.B. extreme Fürsorge und direkt folgendes „Fallenlassen“ der Person. Daher gibt es oft wenig Akzeptanz von der Gemeinschaft und es besteht die Gefahr der Isolation der Betroffenen.
Therapie-Interventionsbedarf entsteht, wenn das Kind in seiner Entwicklung stark negativ beeinflusst wird oder die Symptome das Kind und seine Umwelt stark belasten. Eine Therapie sollte mehrdimensional angelegt sein und dort angreifen, wo es zu Problemen kommt: beim Kind, in der Schule, in der Familie, bezüglich der Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsstörungen etc. .
Oft werden einzig und allein durchblutungs-, und rezeptorenaktivierende Aufputschmittel wie z.B. Ritalin verordnet. Das Medikamnt Ritalin unterdrückt ADS-Symptome. Es handelt sich dabei um eine sehr weit verbreitete Pharmakotherapie.
Pro-Argumente
Die permanente und lang dauernde Einnahme dieses Medikamentes zeitigt eine
Stabilisierung des Selbstwertgefühls, eine Verbesserung der sozialen Beziehungen, größere
Beliebtheit, Verminderung der oppositionellen und aggressiven Symptomatik und eine
Verbesserung schulischer Leistungen.
Diese positiven Auswirkungen der Einnahme von Ritalin ermöglichen vielfach erst andere Interventionen (inkl. Sonderpädagogische Förderung).
Angeblich besteht keine Gefahr der Abhängigkeit und die Nebenwirkungen seien selten bzw. unbedeutend.
Contra-Argumente
Die Wirkung sei rein symptomatisch und verschwindet wieder beim Absetzen des Medikaments. Mögliche negative Spätfolgen sind noch ungeklärt. Das Kind, der Jugendliche wird ruhig gestellt - mit Zentral-Stimulantien, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen!
Möglicherweise sind diese Kinder und Jugendlichen gar nicht krank, sondern nur sehr lebendig und vital. Eltern und Lehrer huldigen einem Ideal der abstrakten Schreibtischtätigkeit oder Computertätigkeit in einem modernen Großraumbüro mit stundenlangem Stillsitzen, Bewegungsarmut und permanenter Konzentration. Unsere Vorfahren waren jedoch seit Tausenden von Jahren Jäger und Sammler, körperlich tätige Knechte, Mägde, Bauern und Handwerker, ungelernte Arbeitskräfte und Soldaten, immer in Aktion, immer in Bewegung. Und Kinder sind ubiquitär, überall auf der Welt, in allen Kulturen überwiegend vital, beweglich und aktiv.
Viele Ärzte werden von Chemiekonzernen einseitig informiert und gesponsort, die ein starkes Interesse am Absatz ihrer ADHS-Medikamente haben, da es sich um ein Millarden schweres Geschäft handelt. Diese Chemieunternehmen sind orientiert am Profit und am Aktienmarkt. Sie finanzieren Kongresse, Tagungen und Ärztefortbildungen. Sie leisten finanzielle Unterstützung für Publikationen in Fachzeitschriften und Buchverlagen. So wird einerseits hilfreiche Information und Aufklärung über das Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitäts-Defizit-Syndrom geleistet, andererseits findet ein oft überzogener Propaganda-Feldzug statt, der jedes vitale Kind der Krankheit verdächtigt. Inzwischen werden immer neue, finanziell unabhängige Untersuchungs-Resultate bekannt, die von einer übertrieben unangebracht leichtfertigen Verschreibung von PsychoStimulantien, wie dem Medikament Ritalin, berichten.
Es gibt folgende weitere Therapie- Möglichkeiten:
psychodynamische oder familientherapeutische Therapie; Haltetherapie, Bioenergetik, Umgebungsbeeinflussung; Therapie der sekundären Symptome;
Konzentrationsübungen, Psychomotorik; Kognitive - und Verhaltenstherapie; Einsatz operanter Techniken; Verstärkung, Token-Systeme; Response-Cost, Auszeiten;
Selbstkontrollprogramme, Selbstmanagement;
Selbstbeobachtung der Verhaltensprobleme und angemessenes Reagieren; Selbstverstärkung für erfolgreiche Situationsbewältigung;
Selbstinstruktionstraining, verbale Selbststeuerung durch Reflexion und inneren Monolog; Signalkarten für das Selbstinstruktionstraining im Rahmen von THOP (DÖPFNER et al. 1998)
Wirksamkeitsvergleiche:
Psychopharmakotherapie ist wirkungsvoller als verhaltenstherapeutische Interventionen, was die ADHS-Symptomatik betrifft und etwa gleich wirksam, was oppositionelles und aggressives Problemverhalten, emotionale Störungen, soziale Kompentenz und die Eltern-Kind-Beziehung betrifft (MTA Cooperative Group, 1999).
Multimodale Interventionen haben sich in den meisten Studien einer Psychopharmakotherapie als überlegen erwiesen. Die Überlegenheit betrifft vermutlich vor allem die Langzeitwirksamkeit (SATTERFIELD et al. 1981) „Eine Kombination medikamentöser mit psychologischen und pädagogischen Interventionen ist auf jeden Fall indiziert“ (DÖPFNER 2001).
Ein Paradigmenwechsel, ein Wechsel der Perspektive , führt oft zu überraschenden Ergebnissen. Eltern, Erzieher, Lehrer und Ärzte entdecken damit ganz neue Dimensionen des kindlichen und jugendlichen Verhaltens. Howard GARDNERs Theorie der Multiplen Intelligenzen etwa, könnte Fingerzeig auf sportliche, tänzerische oder musische Begabungen bei vordergründig hyperkinetischem Verhalten sein. Die Theorie über INDIGO-Kinder gibt Anregungen zum Überdenken der Chemiekonzern-gestützten Krankheits-Definition. Aus dieser revolutionären Perspektive mögen sich unter den medikamentös ruhig gestellten Kindern und Jugendlichen womöglich Hochbegabte befinden, die als Kinder für die Bewältigung der Zukunft der Menschheit wertvolle spezielle Fähigkeiten entfalten könnten. So abwegig scheint die These denn doch nicht, dass ungeduldige Eltern, Erzieher und Lehrer gehorsame, unterwürfige und bequeme Kinder wünschen, die früher durch seelische und körperliche Misshandlungen gefügig gemacht wurden (Vgl. Lloyd de MAUSE 1980 ), heute elegant durch Rauschmittel-Pillen matt gesetzt werden.
Udo LINDENBERG singt passender Weise auf der Schallplatte: "Votan Wahnwitz" (1975): "Gut geschluckt am Morgen - und ein Tag ohne Sorgen". Er dachte wahrscheinlich noch nicht an Ritalin, eher an Aldous HUXLEYs kulturkritischen Zunkunfts- Roman "Schöne neue Welt". Immerhin - die Multinationalen Pharma Unternehmen gehen von schätzungsweise 500.000 überwiegend männlichen Kindern und Jugendlichen mit ADHS-Syndrom aus, denen mit Medikamenten wie Ritalin der Schulbesuch versüßt und der häusliche Friede gerettet werden könnten. Was Erziehung, Pädagogik und Bildung noch nicht gelingt, nämlich die Aufmerksamkeit der Schüler durch ein erlebnisreiches Familienleben und einen spannenden Unterricht zu fesseln, das scheinen die unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Drogen zu schaffen. Zumindest helfen sie auf sanfte Art und Weise, die Harmonie im Elternhaus und die Disziplin im Klassenzimmer ohne die früher üblichen strengen Strafen aufrecht zu erhalten.
ADORNOs Bildungsanregungen
Der autoritätshörige Charakter
Interessante Resultate hinsichtlich der Neigung von Menschen zur SündenbockProjektion ergaben die groß angelegten und berühmt gewordenen Studien über Autorität und Vorurteil von ADORNO und Mitarbeitern, die 1950 in mehreren Bänden unter dem Titel „The Authoritarian Personality" in den USA publiziert wurden. Methodologisch gesehen handelt es sich bei diesen empirischen Studien um eine Weiterführung der herkömmlichen Meinungs-, Einstellungs- und Verhaltensforschung durch Verwendung psychoanalytischer Begriffe und Verfahrensweisen. „Im Mittelpunkt stand der Zusammenhang politischer Ideologien mit der psychologischen Beschaffenheit derer, die sie hegen. Dieser Zusammenhang, bislang nur auf einigermaßen vage, vermutungsmäßige Weise bekannt, ist nun weitgehend belegt und konkretisiert. Entscheidendes hat sich ergeben über die psychologischen Mächte, die einen Menschen anfällig für die Reklame des Nationalsozialismus oder anderer totalitärer Ideologien machen Man kann von jetzt an mit Grund vom autoritätsgebundenen Charakter' und seinem Gegensatz: dem freien, nicht blind an Autorität gebundenen Menschen reden" (Soziologische Exkurse 1956, S. 152). Nach ADORNO und Mitarbeitern (ADORNO u.a. 1968/1969) zählen zurr totalitären Syndrom insbesondere folgende Variablen:
1. Konventionalismus, d. h. das starrer Gebundensein an die Werte mittelständischer Konventionen. Die Betonung liegt auf der zwanghaften Starre derKonventionalität. „Das konventionalistische Individuum lässt sich durch äußeren Einfluss auch zu Gewalttaten bestimmen, ohne dass ihm sein gutes Gewissen dabei abhanden kommt. Auch ist es fähig, ohne Schwierigkeiten einen moralischen Kodex im ganzen gegen einen anderen auszutauschen, wie Beispiele von Konversionen vom offiziellen Kommunismus zum Katholizismus beweisen." (ADORNO u. a. 1968, S. 393).
2. Autoritäre Untertänigkeit: Einher mit untertänigem und unkritischem Verhalten gegenüber idealisierten Autoritätspersonen der Eigengruppe geht das Bedürfnis nach einer starken Führerpersönlichkeit. Wichtig hierbei ist ein übertriebenes Bedürfnis nach Unterwürfigkeit.
3. Aggressive Autoritätssucht bedeutet die Tendenz, überall Leute festzustellen, die konventionelle Normen verletzen, sich über sie aufzuregen, sie zu verurteilen und zu bestrafen. ADORNO u. a. sehen hier die sadistische Komponente der autoritätsgebundenen Persönlichkeit, die von FROMM auch als sado-masochistische Charakterstruktur beschrieben worden ist (FROMM 1936). Am Beispiel des Rechtsbrechers lässt sich die aggressive Autoritätssucht der autoritätsgebundenen Persönlichkeit besonders gut studieren. Nonkonformisten, sexuell Deviante, Minoritäten und Rechtsbrecher werden so zu Sündenböcken der autoritätsgebundenen Personen, die all ihre stark verdrängten destruktiven und sadistischen Impulse auf den Schwachen abreagieren bei gleichzeitiger Verherrlichung von Härte, Macht und Autorität.
Zur Illustration seien einige prägnante Indikatoren (items) der F-Skala (Faschismus-Skala) aus den Variablen „Aggressive Autoritätssucht" genannt:
Satz 19: „Die Jugend braucht vor allem strikte Disziplin, zielbewusste Führung und den Willen, für Familie und Vaterland zu arbeiten und zu kämpfen."
Satz 22: „Jedermann in politischen Dingen mitreden zu lassen, ist bei der angeborenen Dummheit so vieler Menschen und ihrer Besessenheit von allen möglichen verrückten Ideen recht fragwürdig." Satz 34: „Sittlichkeitsverbrechen, wie Vergewaltigung und Kinderschändung, verlangen eine strengere Strafe als nur Gefängnis; derartige Verbrecher sollten öffentlich ausgepeitscht oder noch härter bestraft werden."
Satz 39: „Es gibt kaum etwas Gemeineres als einen Menschen, der seinen Eltern nicht große Liebe, Dankbarkeit und Ehrerbietung entgegenbringt."
Satz 49: „Der größte Teil unserer sozialen Probleme würde gelöst, wenn wir irgendwie die Asozialen, Geisteskranken und Krüppel loswerden könnten."
Satz 58: „Homosexuelle sind nichts als entartete Kreaturen und sollten streng bestraft werden." (ADORNO u. a. 1968, S. 413 f.)
Die weiteren von ADORNO u.a. (1950) festgestellten Variablen wie
4. „Abwehr der Intrazeption", d.h. der Selbsteinsicht,
5. „Aberglaube und Stereotypie",
6. „Macht und Robustheit",
7. „Destruktivität und Zynismus",
8. „Projektion" und
9. „Sexualität"
seien hier nur erwähnt. Sie sollen nicht mehr ausführlich dargestellt werden, runden das Bild aber ab. Als Resultat dieser sozialpsychologischen Studie von ADORNO u. a. kann festgehalten werden, dass Projektivität und Straflust, Rache- und Sühnebedürfnisse in verstärkter Ausmaß bei jenen autoritätsgebundenen Menschen vorfindbar sind, die nach einem Wort von ADORNO bereit sind, totalitären Regierungen jedweder Spielart bereitwilligst nachzulaufen (ADORNO 1963, S. 102).
Das typische Grundmuster der sogenannten „autoritätshörigen Persönlichkeit" ist das des Konfliktes zwischen Herrschen und Beherrschtwerden, zwischen Stärke und Schwäche. Gegenüber Mächtigen und Vorgesetzten verhält sich eine solche Persönlichkeit unterwürfig und gehorsam, gegenüber Unterlegenen, Untergebenen und gegenüber Schwachen gebärdet sie sich jedoch als überheblich und aggressiv. Die Leitmotive des Handelns einer derartigen autoritätshörigen Persönlichkeit sind Werte wie Ordnung und Pflicht. In seinem Handeln erfährt sich eine autoritätshörige Persönlichkeit niemals als ein eigenverantwortliches Individuum, sondern stets als Beauftragter oder Ausführender oder Dienender. Die kollektive Charakterform dieser autoritätsgebundenen Persönlichkeit war und ist besonders anfällig für rechtsextreme und faschistische Weltanschauungen. Ein wichtiger anderer Faktor ist das Hineinwachsen in die familiale und gesellschaftliche Autoritätsstruktur. Die Entwicklung eines Menschen wird sehr häufig von der Erziehung und der häuslichen Umgebung, von seinem sozialen Milieu und von seiner Kindheit beeinflusst. Auch im Bereich der Angestellten und Beamten fanden ADORNO und andere eine weite Verbreitung des autoritätsgebundenen Charaktertypus.
Die postmoderne Gesellschaft
Seit diese Theorie ADORNOs in den 30er Jahren dieses Jahrhunderts entwickelt wurde, hat sich manches verändert. Die ideologische, kulturelle und ökonomische Gesamtstruktur der Gesellschaft hat sich in den letzten 50 Jahren stark verändert. In der neueren Diskussion über gesellschaftliche Modernisierungsprozesse (HEITMEYER 1988, 1989, 1991, 1992) wird insbesondere auf die Individualisierungs-Schübe eingegangen. Die Modernisierungsprozesse im kulturellen, sozialen und ökonomischen Bereich tragen einen widersprüchlichen Charakter. Einerseits wird die Individualisierung, die Freiheit des Einzelnen, im Extremfall bis hin zum Egoismus des Einzelnen durch die Ausweitung von Konkurrenzbeziehungen, durch die enorm gestiegene Bedeutung von Bildung und beruflicher Qualifikation in Bezug auf den sozialen Status vermehrt. Diese Orientierung an der Entwicklung des einzelnen Individuums, bedeutet andererseits Abschottung und Vereinzelung, Einzelkämpfertum und Isolierung. Theoretisch haben es heute mehr Menschen als jemals zuvor selbst in der Hand. ob sie sozial auf- oder absteigen wollen. Kollektivität, Gemeinsinn und Solidarität scheinen in den Hintergrund zu treten. Hilfeleistungen, Versorgungen und ähnliches. die früher von der Gemeinschaft erledigt wurden. werden heute von professionellen Institutionen übernommen. Der Betroffene steht nun allein auf sich gestellt professionellen Institutionen gegenüber. Auch die Großstadtsiedlungen. in denen nur noch in Ausnahmefällen konstante. feste
Nachbarschaftsbeziehungen entstehen, führen zur Individualisierung. Auch die
Arbeitsmarktdynamik, die die Mobilität und die Konkurrenz fördert, trägt etwas zur Vereinzelung des Menschen bei. Hinzu kommen noch die Abnahme der Erwerbszeit und die damit verbundene Zunahme der Freizeit, die wachsende soziale und geographische Mobilität, welche feste Beziehungsgefüge auflöst. Weiterhin spielen die sozialstaatlichen Sicherungs- und Steuerungssysteme eine Rolle. welche den ehemaligen Wert der Solidarität nach und nach abschwächen.
Der größte Nachteil der Individualisierung ist für HEITMEYER die daraus resultierende Isolierung, Vereinzelung, Vereinsamung des Menschen. Sie entsteht unter anderem durch die Verlängerung der schulischen Ausbildungszeit, durch einen Mobilität fordernden Arbeitsmarkt, die Ausdehnung der Konkurrenzbeziehungen unter dem Leistungsprinzip und die Austauschbarkeit der einzelnen Gesellschaftsmitglieder. Aufgrund der Verrechtlichung aller beruflichen und sozialen Beziehungen ist ebenfalls ein Verlust an Solidarität und kollektiver Handlungs- und Durchsetzungsformen gegeben.
Nicht nur im sozial-strukturellen Makrobereich der Gesellschaft gibt es Veränderungen, deren Resultat eine Zunahme der Individualisierung des Menschen bedeutet. sondern auch im sozial- interaktiven und individuellen, persönlichen Privatleben machen sich gegenseitige Abschottung, Vereinzelung und Pluralisierung bemerkbar. Da es keine gemeinsame traditionelle Basis mehr gibt, in denen ein allgemeines, sozial-moralisches Milieu existiert, gibt es heute eine Pluralisierung der Werte und Normen. Eine Vielgestaltung an Hobbys, politischen und religiösen Überzeugungen, Vorlieben und individuellen Ausprägungen führt zu einer Pluralisierung, die auch durch steigenden Wohlstand und die Konsumwelt erst möglich wird. Das dafür nötige Streben nach Gelderwerb führt wiederum zur Konkurrenz und zur Vereinzelung. Das Individuum muss heute alle schwierigen Lebensentscheidungen mehr und mehr selber und alleine fällen und verantworten. Auch die Familienstrukturen und die Partnerschafts- und Ehebeziehungen sind nicht von Dauer und zerbrechen in zunehmendem Maße. Auch hier gibt es eine starke Vereinzelung. Menschen, die als Singles leben oder starke partnerschaftliche und familiale Krisen erleben, trachten danach, ihre Emotionalität verstärkt im Arbeitsleben zu realisieren. So wird nach HEITMEYER z.B. eine Tendenz junger Menschen zum Rechtsextremismus mit erklärt.
Das isolierte. vereinzelte und einsame Individuum sucht nach „Gemeinschafts - Konstrukten", d.h. illusionären Gemeinschaften. Zum Beispiel über Fußball: Wir sind alle Fußballfans der einen Mannschaft, oder über Musik-Pop-Gruppen: Wir gehören zum Fanclub dieser Musik-Kapelle, manchmal aber auch über die Nationalität. Bei schülerinnen und Schülern und im Lehrerkollegium ist es durchaus denkbar, dass durch die Wahl eines Sündenbockes die Gruppe der aktiv Mobbenden ein illusionäres Gemeinschaftsgefühl entwickelt. „Wir sind die Fleißigen, die Rechtschaffenen, die Ordentlichen. Der Sündenbock drückt sich, fällt uns zur Last. Wenn er nicht wäre, würde alles in der Schulklasse oder in der Schule besser laufen und das Betriebsklima wäre wieder wie in einer harmonischen Gemeinschaft!" So könnten mobbende Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer vielleicht manchmal denken.
Suche nach Sündenbock
Nach NOLTING (1978) eignen sich folgende Personen gut zum Sündenbock, zur Mobbing-Opfer- Rolle:
- Personen, die ohnehin unbeliebt sind, also solche, gegen die man eine persönliche Abneigung hat;
- Personengruppen, die mit primären Frustrationsquellen assoziiert werden, wie z.B. Ausländer, denen nachgesagt wird, sie lägen dem deutschen Steuerzahler auf der Tasche;
- Menschen, bei denen es ungefährlich erscheint, sie anzugreifen;
- Menschen, bei denen es moralisch gerechtfertigt scheint, sie anzugreifen, z.B. leistungsschwächere Menschen, die die herrschende Leistungs- und Effektivitätsnormen der Schule nicht erfüllen. Die Erfolgsaussichten, das Leistungssoll und die Out-Put-Kalkulationen sind wichtiger als Wertorientierung an demokratischen Normen wie Fairness, Mitmenschlichkeit und Solidarität:
- eine eventuell als bedrohlich erlebte Andersartigkeit in Sprache, Glauben oder Gewohnheiten (Aussiedler, Zeugen Jehovas, oder Vegetarier z.B.);
- eine gute Erkennbarkeit der Andersartigkeit, wie beispielsweise eine andere Hautfarbe, eine besondere Haarfarbe, hervorstechende Körpermerkmale, z.B. Behinderte, z.B. Übergewichtige usw.
Durch solche Sündenböcke, bzw. Mobbing-Opfer, wird das Zusammengehörigkeitsgefühl und das Gemeinschaftsgefühl unter den Mobbing-Tätern gefördert, denn durch den gemeinsamen Feind, das Mobbing-Opfer, sind sie künstlich Verbündete. Nicht selten wird so auch von eigenem Versagen und eigenen Handicaps abgelenkt. Das Gefühl der Vereinsamung und der Isolierung, der Individualisierung und Atomisierung in der modernen Gesellschaft wird durch dieses künstliche Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Mobbern beschwichtigt.
Erziehung zur Mündigkeit
Der Philosoph, Soziologe und Musiktheoretiker Theodor W. ADORNO hat in seinen Rundfunkvorträgen 1959 - 1969 einen kritischen Bildungsbegriff angemahnt.
Bildung als Entbarbarisierung
Erziehung zur Menschlichkeit sei wichtiger als alle Leistungsorientierung.
Oberstes Ziel aller Erziehung und Bildung sei, dass die Unmenschlichkeit von AUSSCHWITZ nie wieder geschehe.
Bei der Bildung gehe es um die Entbarbarisierung der Menschheit.
Bedeutung der Atmosphäre
ADORNO beklagt die gesellschaftliche Kälte.
Er beklagt den Mangel an Wärme und Liebe in der Gesellschaft und in den Bildungsinstitutionen.
Bedeutung der frühen Kindheit
ADORNO hält an den Erkenntnissen FREUDs über die Bedeutung der Erziehung in früher Kindheit fest.
Er fordert Aufklärung für Schüler, Reflexionen über Körper und Bewusstsein und Sensibilisierung gegen Gewalt.
Bedeutung der Mündigkeit
ADORNO kritisiert den gesellschaftlichen Verblendungszusammenhang, die Manipulation der Bewusstseinsinhalte durch Werbung und Massenmedien, den zunehmenden Verlust der eigenen Verstandeskräfte, der Mündigkeit und Autonomie. Es gehe um die Stärkung der Fähigkeit zur Selbstbestimmung, um die Kraft zur Reflexion, zum Nicht- Mittun.
Alphabetisierungskampagnen,
siehe FREIRE
Angstfrei Lernen, siehe WALDORF-Pädagogik
Armut und Pädagogik
Relative und absolute Armut
Absolute Armut
Armut auf absolutem Niveau ist Leben am äußersten Rand der Existenz. Die absolut Armen sind Menschen, die unter schlimmen Entbehrungen, wie Hunger und Durst und in einem Zustand von Verwahrlosung und Entwürdigung ums Überleben kämpfen, der unsere - durch intellektuelle Phantasie und privilegierte Verhältnisse - geprägte Vorstellungskraft übersteigt.
Relative Armut
„Einzelpersonen, Familien oder Personengruppen, die über so geringe (materieller, kulturelle und soziale ) Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedsstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist.“
Rat der Europäischen Union
Armut in Deutschland
Armut in Deutschland ist keine absolute, sondern eine relative Armut
Armut variiert von Gesellschaft zu Gesellschaft und verändert sich im Laufe der Zeit mit dem
Wandel der Lebensverhältnisse i.d. Gesamtgesellschaft. Armut in Deutschland bedeutet so zum Beispiel: Ökonomische und materielle Unterversorgung Versagung von allgemein anerkannten Lebenschancen
Ausschluss von der Teilnahme am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben
Statistik
Arm ist in Deutschland, wer mit weniger als 60% des Durchschnittseinkommens auskommen muss. Rund 10 Millionen Menschen in Deutschland sind davon betroffen.
Risikogruppen, die von der relativer Armut betroffen sind: Kinder und Jugendliche
Alleinerziehende
Ausländer
Arbeitslose
Familien mit mindestens drei Kindern Was führt zur Armut in Deutschland?
Trennung und Scheidung sind das größte Armutsrisiko in unserer Gesellschaft Schlechte Ausbildung
Krankheit und
Kinderreichtum sind ebensolche „ Armutsförderer“ Schutz vor Armut in Deutschland
Kinderlosigkeit
Vollzeiterwerbstätigkeit
( beider Elternteile)
Besonders wichtig ist auch eine gute Ausbildung, denn: Es gibt kaum Arbeitsstellen für ungelernte Arbeitskräfte
Kinder werden in gesellschaftliche Schichten hinein geboren und es gelingt ihnen kaum, aus diesen auszubrechen, da es ihren Eltern häufig nicht möglich ist, sie materiell und intellektuell zu fördern.
In diesen Familien gibt es häufig viel Fernsehkonsum, da andere Aktivitäten Geld kosten.Es finden wenige Aktivitäten außerhalb des Zuhauses statt. Oft wird ungesundes Essen ( Fast Food, Süßigkeiten) als Trost- oder Belohnung eingesetzt, da dieser Luxus ein relativ preiswerter sein kann.
Durch schlechte Ernährung, Einsparung teurer Medikamente oder Arztbesuche, sind die Armen
häufiger von Krankheiten bedroht. Übergewicht, Alkoholismus und Depressionen sind eine häufige Folgeerscheinung von Menschen, die in ärmlichen Verhältnissen leben müssen.
Die psychischen Folgen, die Armut auf Kinder hat, sind keineswegs zu verallgemeinern, denn die Entwicklungsverläufe der betroffenen Kinder sind individuell, auch wenn sie unter den gleichen oder ähnlichen Bedingungen aufwachsen.
Es gibt durchaus auch positive Folgen, die zu einem günstigen Entwicklungsverlauf führen, auf die wir ebenfalls eingehen werden.
Um eine genaue Untersuchung der psychischen Folgen durchzuführen, müssen wir uns konkret mit Risiko- und Belastungsfaktoren der von Armut betroffenen Kinder auseinander setzen.
Risikofaktoren
biologische (proximale) und soziale (distale)
Diese stehen in unmittelbarer Verbindung zueinander.
Die biologischen Risikofaktoren beziehen sich auf die psychologischen und biologischen Merkmale des Kindes, während sich die sozialen Risikofaktoren auf die psychosoziale Umwelt konzentrieren.
Biologische Risikofaktoren :z.B. durch Alkohol- oder Nikotinkonsum der Mutter während der Schwangerschaft geringes Geburtsgewicht.
Unter Umständen aus genetischen Vorbelastungen resultierend, was auch - zumindest in den ersten Lebensjahren - einen Entwicklungsrückstand gegenüber Gleichaltrigen bedeutet.
Soziale Belastungs- oder Risikofaktoren
Materielle Notlagen. Mangel an Kleidung und Wohngegenständen können sich nachteilig für die körperliche Entwicklung der Kinder auswirken (z.B. zu dünne Winterkleidung, mangelhafte Schlafmöbel), bis hin zu mangelnden Schulmaterialien, die den Bildungserfolg der Kinder nachteilig beinträchtigen können.
Disharmonie innerhalb der Familie, psychische Erkrankungen der Eltern (oder eines Elternteils) können aus der zuvor genannten dauerhaften Unzufriedenheit resultieren und ziehen oftmals eine Vernachlässigung der Kinder nach sich.
Kriminalität stellt einen nicht zu unterschätzenden Risikofaktor dar, der in der Umwelt des von Armut belasteten Kindes auftreten kann. Die Belastung durch diesen Faktor verstärkt sich mit dem Alter des Kindes.
Die biologischen Risikofaktoren nehmen langfristig an Bedeutung ab,
soziale Risikofaktoren nehmen an Bedeutung zu. Der Zusammenhang zwischen Umgebung und persönlichen Entwicklung wird komplexer, es kommt nun auf die Risikobewältigung des individuellen Kindes oder Jugendlichen an.
Wie schon zu beginn der Fragestellung nach psychischen Folgen der Kinderarmut erwähnt, gibt es durchaus Faktoren, die schädigende Risikofaktoren entkräften:
Protektive Faktoren sind Schutzfaktoren, die als „Puffer“ wirken und sich positiv für die Entwicklung von Armut betroffener Kinder auswirken.
Auch protektiven Faktoren werden sowohl vom individuellen Kind an sich und von seiner (unmittelbaren) Umgebung geprägt:
Man unterscheidet deshalb zwischen personalen und sozialen Ressourcen: Personale Ressourcen des weiblichen Geschlechts:
Mädchen gelten als weniger aggressiv und ehrgeiziger, z.B. bei Schulleistungen. Erstgeborene Kinder lernen frühzeitig Verantwortung zu übernehmen,
z. B. für jüngere Geschwister bei ganztägiger Berufstätigkeit der Eltern.
Ein positives Temperament unterstützt die Fähigkeit des Kindes flexibel, aktiv und offen mit erschwerten Lebensbedingen und Geschehnissen in seiner Umgebung umzugehen.
Ein positives Selbstwertgefühl (Selbstwirksamkeit) ist sehr wichtig für den Umgang mit Kindern und Jugendlichen aus besser situierten Familien, z. B. in der Schule beim direkten Vergleich von materiellem Besitz.
Eine überdurchschnittliche Intelligenz schafft gute Voraussetzungen, um die negativen Aspekte von Armut bei der Schulbildung zu überwinden.
Ein positives Sozialverhalten resultiert aus positivem Temperament und dem Umgang mit Gleichaltrigen und Geschwistern.
Soziale Ressource Familie: Stabile emotionale Beziehung zwischen Eltern und Kindern wirken positiv, daraus resultiert auch ein offenes und unterstützendes Erziehungsklima. Die Eltern helfen dem Kind, mit Nachteilen aufgrund von Armut zurechtzukommen und gehen konkret auf Probleme des Kindes ein.
Soziale Ressource Umwelt:
Hilfseinrichtungen wie Jugendtreffpunkte, Sportvereine, etc, sowie Lehrer und andere pädagogisch geschulte Aufsichtspersonen bieten eine soziale Unterstützung.
Positive Freundschaftsbeziehungen zu Personen, die das Kind/den Jugendlichen trotz der nachteiligen sozialen Situation respektieren und akzeptieren und ihm dies auch vermitteln, bilden einen weiteren Pfeiler positiver Situtionsbewältigung. .
Ein wichtiger weiterer Faktor ist die positive Schulerfahrung. Unterstützung durch Mitschüler/innen, schuleigene Einrichtungen wie Arbeitsgruppen oder Hausaufgabenhilfe, Erfolgserlebnisse bei guten Schulleistungen, Motivation, Lob und Unterstützung durch Lehrkräfte, auch und gerade bei schlechteren Schulleistungen sind förderliche Aspekte der Armutsbewältigung.
Die Rolle der Familie als direktes Umfeld spielt eine entscheidende Rolle für die psychische Entwicklung eines von Armut betroffenen Kindes. Materielle Armut trifft direkt auf individuelle Verhaltensweisen der Kinder. Es ist eine große Herausforderung der Eltern, das Kind unter den gegeben Umständen zu erziehen.
Für die schädigende Wirkung von Armut folgert Sabine WALPER,
„dass die elterlichen und familiären Anpassungs- und Bewältigungsformen über das Familienklima und die Sozialisations- und Erziehungsbedingungen Auftreten und Ausmaß kindlicher Entwicklungsgefährdungen in hohem Maße beeinflussen“
Elterliche Reaktionen auf finanzielle Knappheit
Psychische Belastungen der Eltern, Spannung in der Ehe, geringe Ansprechbarkeit der Eltern, mangelnde Unterstützung, mangelnde Supervision durch die Eltern, Neigung zu harten Strafen und willkürlicher Disziplin sind oft die Folgen materieller Armut.
Für das Kind ist demnach als zentrale armutsbedingte Belastung festzustellen, dass sich die Form der Erziehung für das Kind zum Negativen verändert:
Sanktionsorientierte statt unterstützende Erziehung,
anders ausgedrückt erfolgt ein Wandel vom Verhandlungs- zum Befehlshaushalt.
Familie ist zentraler Mediator für psychische Belastungen,
Aber: Die Familie selbst ist dafür nicht verantwortlich zu machen: betroffene Familien sind nicht selbst in der Lage, die kritische Situation zu ändern, staatliche Hilfe notwendig wird.
Dies ist auch im Grundgesetz verankert:
“Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“(Artikel 6, 1GG) Eine professionelle Realisierung dieses Punktes kann nur durch das gezielte Einsetzen von Fachkräften (hauptsächlich Sozialarbeiter/innen, Sozialpädagogen, Gesundheitsberater/innen und Psychotherapeuten) erfolgen.
Selbstbild und Wohlbefinden
Nachdem wir mehrere Umstände der psychischen Belastungen untersucht haben, sollten wir noch einmal genauer auf von Armut betroffene Kinder an sich eingehen und uns mit ihrem Selbstbild und Wohlbefinden auseinander setzen:
Eine Studie von Petra BUTZ und Klaus BOEHNKE besagt, dass je höher der Kaufkraftverlust, desto geringer der Selbstwert.
Jedoch gilt diese Regel nicht, wenn das Familienklima mit in die Analyse hinein bezogen wird: Aber: Folgewirkungen nicht zu verallgemeinern
verschiedene Variablen aufgrund des individuellen Kindes und seinen Lebensumständen
Das Risiko der Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls armer Kinder und Jugendlicher ist jedoch deutlich erhöht. Minderwertigkeitskomplexe, Selbstzweifel und hohe emotionale Belastungen werden schon während der frühen Kindheit ausgeprägt,
zeigen sich besonders häufig bei Mädchen.
Bei frühzeitig von Armut betroffenen Kindern wird das Selbstwertgefühl oft langfristig beeinflusst, es treten nicht zwingend Erholungseffekte bei einer Verbesserung der finanziellen Situation der Eltern bzw. Familie auf.
Es sind folglich langfristige negative Folgen für das Selbstwertgefühl des Kindes zu nennen, zum Beispiel:
Bindungsunfähigkeit im Jugend- oder Erwachsenenalter durch Mangel an Geborgenheit und Zuwendung in der Kindheit. Angst vor Enttäuschung und emotionaler Verletzung, die aus der Kindheit bekannt sind.
Schuldgefühle, wenn der Jugendliche sich für die Armut, die in seiner Familie während seiner Kindheit und Jugend herrschte, verantwortlich fühlt.
Beide Folgeerscheinungen bedürfen psychologischer Betreuung zur Aufarbeitung und Aufklärung der Eltern über die Problematik.
Forderung einer sozialstaatlichen Mindestabsicherung aus der üblichen Sozialhilfe für Kinder und Jugendliche.
Folgen für die kognitiv-intellektuelle Entwicklung:
Verschiedene Studien belegen,
-dass die Intelligenzentwicklung sowie kognitive Kompetenzen mit dem Einkommen zusammenhängen und
-sich die genannten Risikofaktoren schon im Vorschulalter zu Störfaktoren kumulieren;
-der Einfluss der biologischen Risikofaktoren mit dem Alter des Kindes abnimmt, die sozialen Bedingungen deutlich an Bedeutung für die kognitive Entwicklung des Kindes gewinnen;
-materiell eingeschränkte Lebensbedingungen oft zu dauerhaften Störungen oder Verlangsamung bei der Sprach- und Intelligenzentwicklung führen;
-der Intelligenzquotient bei dauerhaft unter Armut leidenden Kindern im Durchschnitt um 9 Punkte geringer ist als der der sozial stabilen Kinder und Jugendlichen;
-Kinder, die zeitweilig unter Armut litten, eine durchschnittliche Differenz von 4 Punkten. aufweisen³.
Kompensation durch Ausgleichsstrategien ist im Gegensatz zur Selbstbildkonstitution noch möglich, wenn Risikofaktoren professionell ausgeglichen werden oder entfallen.
Je länger das Kind unter Armut litt, desto schwieriger ist die vollständige Kompensation auf der kognitiv-intellektuellen Ebene, was auch oben genannte Zahlen belegen.
Ausgleichsstrategien bestehen in
-direkten Interventionen mit den von Armut betroffenen Kindern;
-indirekten Interventionen über die Eltern, um langfristige Erfolge zu gewährleisten.
Wesentlich sind u.a. eine sichere, der Entwicklung von Kindern angemessene Umgebung mit einem breiten Aktivitätsangebot und vielfältigen Lernmöglichkeiten, ein positives, emotionales Klima, eine gute Organisation des Tagesablaufs.
Ziel ist also eine kindzentrierte Pädagogik, um Nachteile bei der kognitiv-intellektuellen Entwicklung von Armut betroffener Kinder auszugleichen.
Problem: Es handelt sich hierbei um eine Idealvorstellung,
Kinder, die unter hohen materiellen und psychosozialen Risikobedingungen aufwachsen, werden am wenigsten von oben genannten Ausgleichsstrategien erreicht.
Aufgrund dieser Ergebnisse soll heute direkt an der Lebenswirklichkeit der risikobelasteten Kinder angesetzt werden, da leider nicht immer mit der Initiative und Aktivität der Eltern zu rechnen ist. Dabei handelt es sich um eine große Herausforderung, da die Wirkung der genannten Risikofaktoren, vor allem in Kombination, stark variiert.
Es gilt also, die jeweiligen Lebensumstände des unter Armut leidenden Kindes oder Jugendlichen konkret und ganzheitlich zu untersuchen.
Alleinerziehend-Kinderarmut in Deutschland
Es gibt spezifische Risikogruppen für Kinderarmut in Deutschland: Kinderreiche Familien
Familien, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind Ausländische Familien
Alleinerziehende
Jede fünfte Familie in Deutschland ist zur Zeit bereits eine Einelternfamilie. Die Gründe dafür sind vielfältig;
Tod des Partners/ Partnerin
Trennung aufgrund häuslicher Gewalt
Trennung aufgrund familiärer Streitigkeiten Erzeuger unbekannt
andere Gründe
Rund zwei Millionen Alleinerziehende leben mit knapp drei Millionen Kindern in dieser
Lebensform, die wiederum aus 85 % aus Müttern mit Kindern bestehen.
Die Zahl der allein erziehenden Väter ist also immer noch deutlich geringer, jedoch steigend vorhanden.
Diese Zahlen zeigen, dass die Einelternfamilie eine Familienform unter anderen geworden ist und als solche sozial anerkannt wird. Sie hat sich in Deutschland und anderen Industrienationen neben der traditionellen Kernfamilie etabliert.
Noch vor wenigen Jahren jedoch wurden allein erziehende Mütter und ihre Kinder stark sozial ausgegrenzt und ihr Status als solcher sehr negativ bewertet; allein erziehende Väter gab es erst gar nicht.
Doch obwohl die Einelternfamilie heutzutage akzeptiert wird, so stellt sie für die Betroffenen eine Lebensform mit ungleich hohen wirtschaftlichen Risiken dar; die Kinder sind sehr stark von einer relativen Armut betroffen.
Nach einem Gutachten des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sinkt nach einer Trennung oder Scheidung das Pro-Kopf-Einkommen von Müttern um 37 Prozent.
70 Prozent aller Alleinerziehenden verfügen nach Angabe des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung über ein Nettoeinkommen von unter 900 Euro im Monat. ( trotz aller staatlichen Zuschüsse )
Fast 30 Prozent der allein erziehenden Frauen beziehen Sozialhilfe und sind damit die größte Bevölkerungsgruppe unter den Sozialhilfebeziehern.
Bewegte Schule
Das erste Konzept einer Bewegten Schule hat der Schweizer ILLI im Jahr 1983 vorgelegt. In dieser Anfangsphase der Konzeption ist der Ausgangspunkt zur Bewegten Schule von der Formel “Sitzen als Belastung” bestimmt. Das Konzept “Bewegte Schule - Gesunde Schule” identifiziert mögliche körperliche Belastungen junger Menschen im Lebensraum Schule. Vor dem Hintergrund einer bewegungsfeindlichen Pädagogik im 19. Jh. beschreibt ILLI die gesundheitlichen Beeinträchtigungen einer Sitzschule mit den statischen Lern- und Lehrformen, der Stofffülle, dem Sitzen als Disziplinierungsmaßnahme, den großen Klassen, den starren Sitzmöbeln und den mangelnden Entwicklungsreizen des Sportunterrichts sowie der verminderten Körperwahrnehmung.
Bewegte Schule bedeutet bewegte Klassenräume, Möbel und Arbeitsplätze, bewegtes Sitz- und Arbeitsverhalten, z.B. Sitzbälle, Stehpulte, Schaukelelemente, ein anregendes Schulgelände zu haben sowie die Bereitstellung von Turn- und Klettergeräten, Fitnessraum, Angebot von Spielen bzw. Spielsportarten. Es sollen Bewegungsräume im Schulhaus vorhanden sein. Eine Schüler-aktive Gestaltung von Hausfluren und Freifläche sollte ermöglicht werden. Bewegung im Unterricht bedeutet bewegungsorientierte Vermittlung von Unterrichtsinhalten. Auflockerungsminuten, Entspannungsübungen sollten im Unterricht angeboten und geübt werden. Sportunterricht kann unter der Perspektive der Körper - und Sinneswahrnehmung durchgeführt werden. Es können bewegte Pausen und unterschiedliche Bewegungs- und Spielformen vorhanden sein. Wichtig sind außerdem Bewegungsangebote, Spiel- und Sportfeste, Wanderungen, Projekte.
Ziele der Bewegten Schule
Renate ZIMMER zählt Funktionen der Bewegten Schule auf:
Die personale Funktion: Den eigenen Körper entdecken, sich mit der eigenen Person, mit den eigenen Fähigkeiten auseinander setzen.
Die soziale Funktion: sich mit anderen auseinanderzusetzen, zu kommunizieren und Regeln für das gemeinsame Miteinander entwickeln und modifizieren.
Die produktive Funktion: Bewegung stellt etwas dar oder bringt etwas hervor, wie z. B. eine Fertigkeit, die sich durch Übung festigt.
Die expressive Funktion: Bewegung ermöglicht es, Gefühle körperlich auszudrücken.
Die impressive Funktion: Durch Bewegung werden Gefühle wie Lust, Freude, Erschöpfung erfahren.
Die explorative Funktion: Die Umwelt wird kennen gelernt und nach und nach erschlossen, indem sich mit Objekten auseinandergesetzt wird. Es werden deren Eigenschaften und Besonderheiten erfasst, um sich diesen anzupassen oder sie sich passend zu machen
Die komparative Funktion: Bewegung gibt Möglichkeit, sich mit anderen zu messen und dabei Sieg und Niederlage zu erfahren.
Die adaptive Funktion: Belastungen werden erfahren und dabei die Grenzen der körperlichen
Leistungsfähigkeit ausgetestet.
Die Bewegte Schule kann Wahrnehmung fördern, Sinne aktivieren und schulen, motorische Entwicklung fördern, Grob- und Feinmotorik fördern, Sprache fördern, Mimik, Gestik, Körpersprache schulen, soziale Kompetenzen fördern, Aktion, Reaktion, Interaktion Persönlichkeit fördern.
Der Lehrer kann Schüler-gemäße Angebote machen. Die Interessen der Schüler stehen im
Vordergrund Er könnte offen sein, spontane Ideen übernehmen und flexibel sein. Die Beteiligung an der Bewegung sollte freiwillig sein. Der Lehrer kann den Schüler eigenen Raum und Zeit zum Ausprobieren geben. Die Angebote können sich an der Erlebniswelt der Schüler orientieren.
Beispiele für eine Bewegte Schule
Müllprojekt, Schulgarten, Rutsche, ein „grünes“ Klassen-zimmer, Regenwassersystem zum Spielen, Ballfelder,
Baumhaus,
Balancier- und Kletterparcours um das Schulgebäude, Wasserspielbereich,
Hütten,
Trampolin,
Kletter-Pyramide, Boot
Biophile Erziehung
Martina BECKER (2009) hat unter dem Titel „Wie zeitgemäß ist Biophilie? Erich Fromm und die Pädagogik in der Postmodern“ ein Referat, das im Jahre 2008 auf einer Tagung über „Albert Schweitzer und Erich Fromm - Menschenbild und Erziehung“ von ihr gehalten wurde, publiziert. BECKER skizziert darin wichtige Gedanken zu einer Postmodernen Pädagogik mit menschlichem Antlitz. Wie kann eine Pädagogik aussehen, die unter besonderer Berücksichtigung der Postmodernen Epoche die Biophilie (FROMM 1974, 1983 ), die Lebensfreude, Lebensbejahung und Lebenskräfte fördert?
BECKER beginnt mit einer Analyse der Herausforderungen der Postmodernen Epoche an Pädagogik. Postmoderne Pädagogik beinhaltet die Auseinandersetzung mit Themen wie Neue Medien, Interkulturalität, Globalisierung, Individualisierung und Pluralisierung. Weiterhin aktuell sind die Themen Lebenslanges Lernen, Bildung und Entwicklung über die Lebensspanne, der Erwerb von Kompetenzen und Schlüsselkompetenzen sowie Soziales Lernen und die Einübung von Konflikt- und Kritikfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit und Kooperationsfähigkeit.
BECKER stellt die Frage, welche Antworten das Biophilie-Konzept von Erich FROMM auf die Orientierungssuche der Postmodernen Pädagogik bietet. FROMM unterscheidet verschiedene Charakterorientierungen. Er differenziert zwischen nicht-produktiven und produktiven Charakterorientierungen. Zu den nicht-produktiven Orientierungen zählen z.B. die autoritäre, die marketing-, die narzisstische- und die nekrophile Orientierung. In Weiterführung von FROMM hat FUNK (2004, 2005, 2006) die „Postmoderne Ich-Orientierung“ als aktuelle, neuere Form der entfremdeten Charakterorientierung beschrieben.
Produktivität lässt sich nach FROMM dann fördern, wenn die körperlichen, geistigen und seelischen Eigenkräfte gefördert werden. Eine Pädagogik nach FROMM zielt also auf die Förderung dieser Eigenkräfte, die dann in einer nicht entfremdeten Weise in der eigenen Person gefunden werden und nicht auf außen stehende Personen oder Objekte projiziert werden müssen.
BECKER betont, dass diese Eigenkräfte dem Menschen in dem Maße zur Verfügung stehen, wie sie praktiziert werden. Wenn das, was aus dem Menschen hervorgebracht wird, aus eigenen Kräften kreiert wird und als wertvoller erachtet wird als das, was in den Menschen hineingeht, dann können sich die Eigenkräfte entfalten und es kommt zur Ausbildung einer produktiven Charakterorientierung (Vgl. FUNK 2002).
Die Aktualisierung der Eigenkräfte ist also das Leitziel einer psychoanalytisch und kulturkritisch orientierten Humanistischen Pädagogik nach Erich FROMM. Durch die Aktivierung und Förderung der Eigenkräfte kann es zu einer nicht-entfremdeten produktiven Charakterorientierung und zu einer Förderung der Biophilie kommen.
Unter Biophilie versteht FROMM (Vgl. „Anatomie der menschlichen Destruktivität“, 1974) das Konzept, dass jede lebende Substanz die primäre, lebensbejahende, biophilie Tendenz hat, das Leben zu erhalten, sich zu vervollkommnen, zu wachsen und sich gegen drohenden Tod zu wehren. Gleichzeitig fühlt sich, wer das Leben liebt, von allen Wachstums- und Lebensprozessen angezogen.
Zur Nekrophilie, dem Gegenteil der Biophilie, kommt es, wenn der Lebenstrieb vereitelt wird. Je mehr der Lebenstrieb vereitelt wird, desto stärker wird die Destruktivität und der Zerstörungstrieb. Destruktivität ist das Ergebnis ungelebten Lebens. Destruktivität entsteht nach FROMM dann, wenn gehemmte biophile Energie in nekrophile Energie umgewandelt wird. Destruktivität entsteht also durch einen Umwandlungsprozess.
Sind dagegen die Umgebungsbedingungen so, dass sich die biophile Tendenz entfalten kann, dann kommt es zur Entwicklung der produktiven Orientierung. Bei der Biophilie oder der produktiven Orientierung geht es um eine aktivierende Orientierung. Bei ihr kommt es zur Entfaltung der Eigenkräfte des Menschen. Die nicht-produktiven Orientierungen haben einen passivierenden Effekt.
Die eine Orientierung führt zu Gesundheit und seelischer Reife. Die andere Orientierung führt zu Passivität, sie hemmt die Entwicklung des Einzelnen, macht den Menschen abhängig. Die eigenen Kräfte werden nicht aktiv gelebt, sondern passiv von außen kommenden fremden Mächten.
FROMMs Intention liegt BECKER zufolge in der Förderung der Eigenkräfte, also in der Förderung der biophilen oder produktiven Orientierung. Was das Konzept der Biophilie, also die Liebe zum Lebendigen, meint, lässt sich aus den Erscheinungsweisen der produktiven Orientierung erkennen.
Orientiert sich das Verhalten des Menschen am Aktivieren seiner Eigenkräfte, kommt es zu
produktiver Vernunft. d.h. Der Fähigkeit zur vernünftigen Realitätswahrnehmung, produktiver Arbeit, d.h. Der Fähigkeit zur schöpferischen Weltgestaltung, und produktiven Liebe, d.h. der Fähigkeit zur liebenden Bezogenheit.
Produktive Arbeit: Sie erfolgt frei und aus eigenem Antrieb. Sie hat nichts mit Geschäftigkeit oder Aktivismus zu tun, sondern ist geprägt durch den Wechsel von Aktivität und Entspannung. Produktive Arbeit ist weder durch Angst noch durch irrationale Leidenschaften motiviert. Sie kann nicht allein an der Effizienz gemessen werden. Auch künstlerische Qualität ist nicht unbedingt ein Indiz für produktive Arbeit. Das entscheidende Kriterium für produktive Arbeit ist die Entfaltung und Aktivierung der Eigenkräfte.
Produktive Liebe: Sie zeichnet sich aus durch das Erleben des Einswerdens mit einem anderen Menschen, mit allen Menschen und der Natur. Dabei wird die eigene Identität und Integrität gewahrt. Liebe ist dabei kein passiver Akt und nicht etwas, dem man verfällt, sondern es ist notwendig, sie in sich selbst zu entwickeln. Personale Liebe orientiert sich zudem an den Eigengesetzlichkeiten des Geliebten. Auch hier ist die aktive Tätigkeit von Bedeutung, genauso wie die aktive nicht symbiotische oder nicht schizoide Bezogenheit (Vgl. FROMM, „Die Kunst des Liebens“, 1974).
Produktive Vernunft: Sie zeichnet sich durch die adäquate Erfassung der Welt aus. „Vernunft“ meint hier nicht nur eine einseitig verstandesmäßige, zweckrationale Fähigkeit, sondern auch eine psychische Fähigkeit, substantiell „vernünftig“ zu sein. Sie bezeichnet eine „vernünftige“ Art des Umgangs mit der Realität. Entwickeln kann sie sich, wenn sie praktiziert wird, betont BECKER. . Sie wird erst durch die Praxis des vernünftigen Umgangs mit der Wirklichkeit verwirklicht und erlernt und steht dem Menschen nicht schon von Geburt an zur Verfügung. Die Realität sollte hierbei so gesehen werden, wie sie ist und nicht so, wie sie phantasiert oder gewünscht wird. Hierzu ist vor allem ein unmittelbarer Umgang mit der Praxis notwendig. Nur im Üben des vernünftigen Umgangs mit der Realität entwickelt sich die Fähigkeit zur Vernunft.
Merkmale Biophiler Orientierung
BECKER betont immer wieder, dass Biophiles Handeln die Aktivierung der Eigenkräfte bedeute. Ein wesentliches Merkmal biophilen Handelns bestehe in der Aktivierung der Eigenkräfte. Diese Eigenkräfte können psychischer, physischer oder mentaler Art sein.
Die Eigenschaft, sich freuen zu können, wird z.B. dadurch gefördert, dass man sich freut. Postmoderne Pädagogik könnte Gelegenheiten zur Freude durch Tanzen, Singen, Musizieren, Festlichkeiten, durch Handlungsorientierten Unterricht, Projektunterricht und durch Humor im Klassenzimmer anbieten.
Die Eigenschaft, zärtlich zu sein, wird dadurch gefördert, dass man diese Eigenkraft praktiziert. Möglichkeiten der Förderung der Zärtlichkeit bestehen in der familialen frühkindlichen Erziehung, durch Gruppendynamische Spiele und zum Beispiel durch Tier-gestützte Pädagogik als Teil der Postmodernen Pädagogik.
Erlebnisfähigkeit wird dadurch aktiviert, indem man sich belebt fühlt, wenn man sein Interesse für Dinge und Menschen zulässt. Erlebnisfähigkeit könnte durch die zu Unrecht diffamierte Erlebnispädagogik als Element Postmoderner Pädagogik angeregt werden (Vgl. Kapitel 5.1 des vorliegenden Buches.)
Aktivierung der Eigenkräfte ist also ein wesentliches Merkmal biophilen Handelns.
BECKER gibt zu bedenken, dass die Praxis der nicht-produktiven Orientierungen dagegen zu einer Passivierung des Menschen führt. Hier bestimmt sich der Mensch nicht durch seine Eigenkräfte, sondern durch ein Haben von Produkten (Vgl. FROMM, „Haben oder Sein“, 1983) oder durch eine Teilhabe an inszenierten Wirklichkeiten.
Ein weiteres Merkmal von biophilem Handeln ist eine Steigerung der Eigenkräfte. Die kreativen Eigenkräfte werden gesteigert in dem Maße, in dem sie praktiziert werden. Je mehr die Eigenkräfte praktiziert werden, desto stärker werden sie. Dies steht im Gegensatz zu einer Praxis nichtproduktiver Orientierungen.
Ein anderes Merkmal biophilen Handelns ist die liebende und vernünftige emotionale Bezogenheit auf die Wirklichkeit innerhalb und außerhalb von uns selbst. Die Liebe zum Leben und die
Ehrfurcht vor dem Leben sind also Leitwerte biophilen Handelns, genauso wie Solidarität und Nächstenliebe, Selbstliebe und Selbstinteresse (Vgl. HAY 2007).
Was lebendig ist, zieht den biophil Handelnden an, weil es lebendig ist. Das Interesse am Vitalen entspringt dem emotionalen Bezogensein auf das Lebendige. Der Andere wird dabei in seinem Anderssein angenommen und anerkannt und wird nicht in seinem Anderssein negiert.
Nach BECKER bedeutet Biophiles Handeln Unabhängigkeit und Freiheit: Durch die Praxis der produktiven Eigenkräfte werden die autonomen Kräfte gestärkt. Dies führt zu einer inneren Freiheit und Unabhängigkeit, obgleich man hierbei liebend und vernünftig auf die Wirklichkeit, auf sich undauf andere bezogen bleibt.
BECKER weist auf einen äußerst relevanten Aspekt hin: Biophiles Handeln belebt und ist eine Energiequelle: Wer seine Eigenkräfte praktiziert, spürt seine Energie und seine Freude. Das Praktizieren der Eigenkräfte verbraucht nicht etwa Energie, sondern setzt Energie frei. Es setzt ein belebender Effekt ein. Die Eigenheit aller psychischen Eigenkräfte ist es, dass sie Energie freisetzen in dem Maße, als sie gebraucht werden (Vgl. ROBINSON 2008).
Weiterhin ist ein Anzeichen des belebenden Effekts der produktiven Orientierung das Erleben der Zeitlosigkeit, der Konzentriertheit, der Gegenwärtigkeit und der Unmittelbarkeit. Wer in etwas ganz Interessantes vertieft ist, merkt nicht, wie die Zeit vergeht, ist konzentriert, aufmerksam und lebt ganz in der Gegenwart. MONTESSORI ( 1967, 2007) sprach hier von der Polarisation der Aufmerksamkeit.
Bei den nicht-produktiven Orientierungen dagegen ist das Gegensätzliche der Fall. Hier führt der Gebrauch nicht zu einer Zunahme der Energie, sondern es wird Energie verbraucht, man wird müde, erschöpft und lahm. Die entfremdete Tätigkeit kostet Kraft und führt schnell zu einem Nachlassen der Konzentration. Die Zeit wird als zäh dahin fließende, sinnlos verstreichende, nicht enden wollende langweilige erlebt.
BOURDIEUs Bildungsimpulse
Geboren wurde Pierre BOURDIEU am 1. August 1930 in Denguin.
Von 1958 bis 1960 war er Assistent an der Faculté des lettres in Algier, wechselte dann nach Paris und Lille und wurde 1964 Professor an der École Pratique des Hautes Études en Sciences Sociales.
Er erhielt einen Lehrauftrag an der Ècole Normale Supérieure.
BOURDIEU nahm Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte in Princeton, USA, und am MaxPlanck-Institut für Bildungsforschung in Deutschland wahr.
Seit 1975 gibt er die Forschungsreihe "Actes de la recherche en sciences sociales" heraus. 1982 folgte schließlich die Berufung an das Collège de France.
1993 erhielt er die höchste akademische Auszeichnung, die in Frankreich vergeben wird, die Médaille d'or des Centre National de Recherche Scientifique.
1997 wurde ihm der Ernst-Bloch-Preis der Stadt Ludwigshafen verliehen.
In seinem wohl bekanntesten Buch La distinction (1979, Die feinen Unterschiede) analysiert BOURDIEU, wie Gewohnheiten, Freizeitbeschäftigungen, und Schönheitsideale dazu benutzt werden, das Klassenbewusstsein auszudrücken und zu reproduzieren. An zahlreichen Beispielen zeigt BOURDIEU, wie sich Gruppen auf subtile Weise durch die feinen Unterschiede in Konsum und Gestus von der jeweils niedrigeren Klasse abgrenzen.
Mit Le sens pratique (Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft, 1987) folgte 1980 eine ausführliche Reflexion über die konkreten Bedingungen der Wissenschaft, in der BOURDIEU das Verhältnis von Theorie und Praxis neu zu denken versucht.
Seit dem Beginn der 90er Jahre engagiert sich BOURDIEU für eine demokratische Kontrolle ökonomischer Prozesse.
1993 rief er zur Gründung einer „Internationalen der Intellektuellen" auf, deren Ziel darin besteht, das Prestige und die Kompetenz im Kampf gegen Globalisierung und die Macht der Finanzmärkte in die Waagschale zu werfen. Die im selben Jahr gegründete Zeitschrift Liber soll dazu ein unabhängiges Forum bieten.
Seine Motive legt BOURDIEU in einem Interview dar:
„Menschenrechtsverletzungen, Fremdenfeindlichkeit, Nord-Süd-Gefälle, Ghettoisierung der Intellektuellen, Skandale um verseuchte Blutkonserven, die Ohnmacht der Wissenschaftler, die Invasion der Werbung, des Marketings - die Liste kann fortgesetzt werden. All das erschreckt mich so, dass ich etwas tun muss, selbst wenn ich keine Illusionen habe."
Seine politischen Aktivitäten zielen darauf ab, eine Versammlung der „Sozialstände in Europa" einzuberufen, die den europäischen Einigungsprozess kontrollieren und begleiten soll.
Auch in der Folgezeit entfaltet Pierre BOURDIEU weitere verlegerische Aktivitäten. In einem Interview sagte er einmal:
„Man müßte es fertigbringen, Wissenschaft und Militanz zu versöhnen, den Intellektuellen die Rolle von Militanten der Vernunft wiederzugeben, die sie etwa im 18. Jahrhundert hatten.“
Buchreihe „Raison d'agir" („Gründe zum Handeln“, 1996):
Die schmalen Bändchen, die den Umfang eines längeren Essays haben, werden ein großer Erfolg. BOURDIEUs kritische Analyse des Fernsehens beispielsweise verkauft sich über 100.000mal, das Buch seines Kollegen Serge HALIMI „Les Nouveaux Chiens de garde" über die französischen Medien und deren von politischer und ökonomischer Abhängigkeit diktierte Informationspolitik bringt es auf 150.000 Exemplare.
Im Dezember 1995 hält er eine Rede vor streikenden Eisenbahnern in der „Gare de Lyon" in Paris:
„Was heute auf dem Spiel steht, ist die Wiedereroberung der Demokratie gegen die Technokratie. Es muß Schluß sein mit der Sachverständigen Tyrannei vom Typ Weltbank, die ohne Widerrede die Entscheidungen des neuen Leviathan, genannt 'Finanzmarkt', aufzwingen, und die statt zu verhandeln, zu 'erklären' gedenken."
Seitdem ist Pierre BOURDIEU immer wieder in öffentlichen Stellungsnahmen gegen die „Geißel" des Neoliberalismus, gegen ein gesamteuropäisches Denken, das die Globalisierung und allumfassende Macht der Märkte zur allein seligmachenden Philosophie erklärt habe, eingeschritten.
Mai 2000 - Charta 2000:
Es wurden alle sozialen Bewegungen in Europa dazu aufgerufen, sich zu vernetzen, um gemeinsam handeln zu können und um an Konzepten für einen neuen europäischen Sozialstaat zu arbeiten.
„Wir müssen die Vorstellung eines sozialen Europas entwickeln. Ein solches Europa würde sich seiner großen wirtschaftlichen Stärke bedienen, um dem Neoliberalismus zu widerstehen: gegen den Abbau des Sozialstaates, für den Erhalt der sozialen Errungenschaften. Das wäre die Chance für Europa und es wäre, glaube ich, auch die Chance für die Menschheit."
BOURDIEU war ein Gesellschaftswissenschaftler, ein Soziologe. BOURDIEU hat es zwar geschafft, sich einzumischen, gleichzeitig verlor sich seine „engagierte Soziologie" aber in Dimensionen der Unvereinbarkeit.
Pierre BOURDIEU stirbt am 23. Januar 2002 in Paris.
Charakterstörungen
als Resultat negativer Erziehung
Aus psychoanalytischer Sicht ist der Charakter das Resultat des Triebschicksals. Charakter hat also neben der konstitutionellen Anlage, die oft überschätzt wird, viel zu tun mit den Erfahrungen eines Menschen in früher Kindheit, mit der Erziehung in der oralen, analen und phallischen Phase, aber auch mit der späteren Sozialisation in Schule und Beruf und mit den sozialen Normen der Gesellschaft einer jeweiligen Kultur und Epoche. Der Psychoanalytiker und Sexualwissenschaftler Wilhelm REICH ( 1933 ) erklärte die charakterliche Struktur als erstarrten soziologischen Prozess einer bestimmten Epoche.
Die Industrialisierung im 16., 17. und 18. Jahrhundert ist ein Beispiel für den Zusammenhang zwischen Charakter und Wirtschaftsweise. Typische erwünschte bürgerliche Tugenden dieser Epoche waren Gehorsam, Fleiß und Pünktlichkeit, Keuschheit und Anspruchslosigkeit, Bescheidenheit, Sparsamkeit und Opfersinn. Schon in früher Kindheit, solange das Ich noch schwach war, musste der Eigenwille gebrochen und der Charakter zugerichtet werden. Durch eine barbarische Reinlichkeitsdressur wurden die Grundlagen für den analen
Zwangscharakter gelegt, eine sehr weit verbreitete Charakterstruktur, bei der Sigmund FREUD ( 1964 ) die Charakterzüge Ordnungsliebe, Sparsamkeit und Eigensinn feststellte.
Häufig gibt es einen zähen Machtkampf zwischen den Eltern und dem Kind um die Defäkation, bei der es um viel schwerwiegendere seelische Dimensionen für den späteren Charakter des Kindes geht:
Aktivität steht gegen Passivität; Selbständigkeit steht gegen Abhängigkeit; Eigensinn steht gegen Nachgiebigkeit; Herrschen gegen Gefügigkeit; Sadismus gegen Masochismus; Sparsamkeit gegen Verschwendung; Ordnungsliebe und Pedanterie gegen Nachlässigkeit, Sauberkeit gegen Beschmutzungslust.
Der anale Zwangscharakter in allen seinen Spielarten kann als der von Psychoanalytikern
früher am häufigsten studierte Charaktertypus gelten. Menschen mit zwanghaften Charakterzügen sind oft wie besessen und verfolgt von einem einzigen Gedanken, einem Plan, einer Idee oder einem Gefühl. Ohne ein gewisses Maß an Gewissenhaftigkeit, Zielstrebigkeit und Ordnungssinn käme die Wissenschaft nicht voran, Firmen gingen bankrott und viele große Leistungen und Erfindungen wären nicht zustande gekommen.
Der Charaktertypus, der Leistungszwang, Konsumverzicht und Besitzstreben am stärksten verinnerlicht hat, ist von Freud als analer Zwangstypus beschrieben worden: Er zeichnet sich durch die Vorherrschaft des Über-Ichs aus, das sich unter hohen Spannungen vom Ich absondert. Er wird von der Gewissensangst beherrscht, anstelle der Angst vor dem Liebesverlust, zeigt eine sozusagen innere Abhängigkeit anstatt der äußeren, entfaltet ein hohes Maß an Selbständigkeit und wird sozial zum eigentlichen, vorwiegend konservativen Träger der Kultur. Resultat sind dann Charakterzüge wie Ordnungsliebe bis hin zu Pedanterie, Sparsamkeit bis hin zu Geiz, Denken in Besitz-Kategorien bis hin zu Erfolgsfetischismus.
In der Sexualität finden sich zwanghafte Züge in verschiedenen Spielarten. Menschen mit zwanghaften Persönlichkeitszügen können das Geschlechtliche entweder völlig verneinen oder es im Gegenteil für sämtliche menschliche Verhaltensweisen verantwortlich machen. Sexualität kann bei manchen dieser Menschen zur strengen Lebenspflicht erhoben werden. Manche männlichen Zwangspersönlichkeiten betrachten jede sexuelle Empfindung als eine äußerst wichtige Angelegenheit, die im Geiste kontrolliert, gemessen, eingeteilt und überwacht werden muss. Sie kontrollieren genauestens den Erektionswinkel, den Steifegrad und die Dauer der Erregung bei jedem sexuellen Vorgang. Messung und Einteilung der Zeit, unauffällige Vergewisserung der Funktionstüchtigkeit des Geschlechtsorgans sind Teil eines jeden Geschlechtsaktes.
Die Erektion hat OFFIT zufolge ein altes Geheimnis. Es ist wie mit dem Glück. Je erbitterter man ihm nachjagt, desto ferner rückt es. Avodah OFFIT weiß aus ihrer psychotherapeutischen Sprechstundenpraxis zu berichten, dass der Wunsch der zwanghaften Persönlichkeit nach Prüfung und Kontrolle der Funktionsfähigkeit des Penis eine verborgene Angst vor einem Versagen beschwichtigen soll.
Manche Männer mit zwanghaften Charakterzügen sind während des sexuellen Aktes in Gedanken oft ganz woanders: bei einem mathematischen Problem, einem philosophischen Gedanken von globaler Bedeutung oder bei der Berechnung und Abfassung der Steuererklärung. Der Orgasmus kommt schnell und ist rasch vorbei. Erholung und schleuniges Sich -Säubern sind das Gebot der Stunde. Männliche Zwangscharaktere können die Sexualität nicht nur vernachlässigen, sondern womöglich völlig verdrängen.
Auch Frauen haben oftmals zwanghafte Persönlichkeitszüge an sich. Gerade im häuslichen Bereich regiert weibliche Zwanghaftigkeit unangefochten als Hausfrauentugend. Die zwanghafte Hausfrau wirkt oft so mild, still, liebenswürdig und ausgeglichen. Das Unglück ist nur, dass sie auch beim Liebesspiel hauptsächlich daran denkt, wie die Tischdecken zu falten sind; wie der Teppichboden gereinigt werden muss und was es in der nächsten Woche zu essen geben soll. Neben dem Putzzwang ist es häufig der Planungszwang, der der Sexualität schadet Für alle häuslichen Pflichten und Besorgungen ist ein bestimmter Termin und Zeitbetrag vorgesehen, nur die Sexualität wird oft „vergessen".
Für viele Männer mit aggressiven Charakterstrukturen zwischen Selbstbehauptung und Brutalität ist das Sexuelle nur ein Aspekt des Wettkampfsports, für den sie von klein auf gedrillt worden sind. Ihre Eltern haben stets den Erfolg von ihnen verlangt, ob nun im Sport, im Beruf oder in der Politik. Der Bereich des Geschlechtlichen ist nur ein weiterer Bereich der Wettkampf-Arena. Der Wunsch nach einem abenteuerlichen außerehelichen Geschlechtsverkehr deckt sich völlig mit der Doppelmoral, die man vertritt: Nach außen hin ist man ein Musterbürger, andererseits triumphiert man in der Heimlichkeit über die allerheiligsten Vorschriften.
Die stärkste Triebkraft dieser Menschen ist nach psychoanalytischer Erfahrung sicherlich der unbewusste Hass auf die Eltern, die einen zu solcher Rohheit und Lieblosigkeit aufgezogen haben. Besonders der Mutter zahlt man es heim, indem man sie in ihren weiblichen Abbildern erniedrigt.
Aggressive Sexualität bedeutet Geschlechtsverkehr einzig und allein zum Zweck der Eroberung. Sie zielt darauf ab, das sexuelle Ich eines anderen zu zerstören, um die eigene Herrschaft zu sichern. Zum Beispiel werden mehrere Partnerinnen erobert, die dann herabgewürdigt und wieder fallen gelassen werden. Auch das Ausspielen mehrerer Partnerinnen gegeneinander oder destruktive Beziehungen zu einer einzigen Partnerin sind üblich.
Seltener, aber doch noch häufig genug, tritt vergewaltigungsähnliches Verhalten bis hin zur Vergewaltigung und zum Sadismus auf. „Einer meiner Patienten ...", so die Sexualtherapeutin Avodah OFFIT, ,,. .. der eine weibliche Sklavin haben wollte, küsste und liebkoste seine Frau immer nur dann, wenn sie schlief, Geschirr spülte oder sich über die Waschmaschine beugte. Er war nie impotent und konnte auf Annäherungen eingehen, wann er wollte, aber er weidete sich an ihrer Betroffenheit, wenn er ihr vorwerfen konnte, sie sei nicht spontan ... War sie sexuell entgegenkommend, sagte er, sie wolle ihn mit ihrer Hitze kastrieren; lag sie still da, warf er ihr vor, sie sei kalt: All dies tat er, wie er in einer Einzelsitzung sagte, damit sie ,spurte'.“ Er hegte eine tiefverwurzelte Befürchtungen eigener Unzulänglichkeit, wie die meisten aggressiven Männer Ebenso wie der Aggressive, der auf die Anzahl seiner Eroberungen stolz ist, oft seine Motive verleugnet und sich einfach für einen Sexualathleten hält, so glaubt auch der Haustyrann, er sorge einfach nur für die rechte Ordnung der Dinge.
Sadistische Charakterzüge bei Frauen resultieren meistens aus der Unzufriedenheit mit der weiblichen Rolle und aus Ressentiments gegen den privilegierten Status des Mannes in unserer patriarchalischen Gesellschaft. Diese Frauen sind von der geheimen Absicht geleitet, die Potenz des Mannes zu untergraben und ihn andauernd zu enttäuschen und permanent herabzusetzen. Die Psychotherapeutin Hilde KRONBERG ( 1979 ) hat diesen Typ der rachsüchtigen, „männlichen" Frau ausführlich beschrieben. Eine solche Frau hat eine aggressive Grundhaltung gegenüber dem Mann, die darauf abzielt, ihn zu übertreffen, ihm Niederlagen zu bereiten und im täglichen Kleinkrieg zu dominieren.
Der kämpferische Grundzug dieser Frauen ist meistens mit einer erhöhten Anspruchshaltung an den männlichen Partner verknüpft und äußert sich in nie endender Kritik und Unzufriedenheit. Dieser gegen den Mann gerichtete sadistische Zug bedeutet, dass die Frau mit ihrer weiblichen Rolle unzufrieden ist und dagegen rebelliert. Der Mann wird wegen seiner gesellschaftlichen Stellung, seines beruflichen Erfolges usw. beneidet. Bei der Frau mit sadistischen Charakterzügen werden jedoch die Vorrechte des Mannes überschätzt und glorifiziert. Dabei steht ihr als Ideal das Bild eines „Über-Mannes" vor Augen, einer Männlichkeit, der sie sich insgeheim beugen möchte. Die vergebliche Suche nach diesem „Superhelden" bringt eine solche Frau in eine rachsüchtige Stimmung.
Sadistische Frauen können sich nicht vertrauensvoll in einer intimen Situation mit einem männlichen Partner hingeben. Gefühlsäußerungen und Anlehnungsgefühle erleben sie als Schwäche. Hingabe in der Sexualität setzt jedoch einen Verzicht auf Beherrschen-Wollen voraus. Sie besteht im wechselseitigen Gefühlsaustausch und in einem vertrauensvollen Sich-Fallen-Lassen. Sich einem männlichen Partner in gleichberechtigter Liebe aufzuschließen, ist unmöglich.
Sexualität und Liebe werden für Menschen mit sadistischen Charakterzügen zum Machtkampf, indem es nur einen Überlegenen und einen Unterlegenen gibt. Um in einer Partnerschaft „glücklichzu werden, brauchen die Sadisten, die „harten Typen" einen weichen Partner -und tappen damit in eine vorprogrammierte Beziehungsfalle.
Der Schweizer Ehe-Therapeut Jürg WILLI (1975) weiß aus der Beratung zahlreicher Ehepaare zu berichten, dass der Masochismus als sexuelle Deviation viel seltener anzutreffen ist als eine sado- masochistische Partner-Konstellation, die das Quälen und Sich-Quälen-Lassen in allen Bereichen einer Zweierbeziehung umfasst. Regelmäßig findet sich beim Sadisten ein abgewehrter Masochismus, genauso wie sich beim Masochisten ein verkappter Sadismus findet. Sadisten leiden unter starken Ohnmachtsängsten, die sie durch ein überkompensiertes Macht-und Herrschaftsgebaren einzudämmen suchen. Die Masochisten lassen sich meistens auch nicht nur
einfach so quälen. Vielmehr verstehen sie es geschickt, die Situation des Gequält-Werdens so zu gestalten, dass rückwirkend der sadistische Partner der Gequälte ist ( Vgl. MARCUSE 1982 ).
Der masochistische Partner -oftmals die Frau, aber keineswegs stets -genießt es, wenn er den sich so stark aufspielenden Sadisten zur Weißglut reizen und provozieren kann. Der Masochist kann den Sadisten deshalb so gut provozieren, weil er die geheime Schwäche des Sadisten in seinen Herrschaftsdemonstrationen spürt. Dennoch ist das Erleben von Überwältigung, Unterwerfung und Schmerzzufügung für den Masochisten sexuell erregend. Ein Mensch mit masochistischen Charakterzügen wird stets solche unterwürfigen Situationen aufsuchen oder in einer Beziehung herstellen, da er sexuell nur erregt wird, wenn er gepackt, hart angefasst oder geschlagen wird.
OFFIT hat keinen einzigen Masochisten in ihrer Sprechstunde angetroffen, der nicht eine Kindheit mit strafenden und demütigenden Elternfiguren erlebt hatte und nun in der sexuellen Partnerschaft diese pervertierte Form elterlicher Liebe und Zuwendung reproduzierte.
Daneben existieren zahlreiche andere Charaktere, Charakterstörungen und Charakterzüge, die aus psychoanalytischer Sicht meist aus dem intensiven Erleben in der frühen Kindheit stammen und als Fixierungen oder Regressionen noch weit in das Erwachsenenalter, oft das ganze Leben lang, nachwirken.
Der deutsche Faschismus wird unter anderem auf die kollektive Verbreitung eines sado- masochistischen Charaktertypus zurückgeführt, den ADORNO die Autoritätshörige Persönlichkeit nannte.
Im Faschismus bot sich Wilhelm REICH die seelische Massenerkrankung des autoritären Charakters dar. In seinem Werk „Massenpsychologie des Faschismus“ (1933) analysiert er die tiefenpsychologischen und sexualwissenschaftlichen Gründe für die Entstehung des Massenwahns.
Die Gegner des Faschismus suchten die Lösung des Rätsels der Attraktivität des Nationalsozialismus in der Persönlichkeit HITLERs, in seiner Demagogie, oder in formalpolitischen Fehlern der demokratischen Parteien der Weimarar Republik. Das eine wie das andere bedeutete, den ganzen Faschismus durch die Brutalität einer einzelnen Person oder durch individuelle Kurzsicht zu erklären, was REICH zu einfach erschien. Er suchte nach tiefer liegenden, verborgenen Gründen des Massenwahnes.
REICHs Auffassung nach war der erschreckende Zulauf, den HITLER bekam, nur der Ausdruck des tragischen Widerspruchs zwischen Freiheitssehnsucht und realer Freiheitsangst in den Menschenmassen. Erich FROMM hat später ein Buch über "Die Furcht vor der Freiheit" geschrieben.
Der deutsche Faschismus sprach klar aus, dass er mit den kindlichen Gefühlsreaktionen, und nicht mit dem Denken und Wissen der Menschen operiere. Der Appell an ein dunkles mystisches Gefühl, an eine nicht klar zu identifizierende, aber außerordentlich kräftige Sehnsucht brachte den Faschismus an die Macht und sicherte ihn in der Folgezeit, nicht das politische Programm oder irgendeine der verworrenen wirtschaftlichen Versprechungen. Dies sah REICH generell als Hauptursache der internationalen Erscheinung des Faschismus.
Jedes Menschenkind spürt in sich das, was man die „kosmischen“ und „ozeanischen Gefühle“ nennt. Nun ist die Sehnsucht der Menschen nach diesen Gefühlen des „Eins-seins“, REICH nach nichts anderes als der Ausdruck ihrer orgastischen Lebenssehnsucht, vor der sie sich jedoch ebenso
fürchten.
HITLER appellierte an diese Sehnsucht und daher liefen die Massen ihm nach. Dies tat er beispielsweise in Form von Hilfsmitteln wie Massenveranstaltungen, in denen der Einzelne sich aufgehoben fühlen konnte, oder durch Missbrauch alter, ursprünglich positiv belegter Symbole, wie dem Hakenkreuz-Mandala (Svastika-Kreuz) im weißen Kreis (Symbol des Nationalismus, Farbe der „Reinheit“) auf roter Fahne ( Sozialismus, Farbe der Sinnlichkeit).
Den Widerspruch der irrationalen Willensbildung der deutschen Menschenmassen legt REICH z. B. daran dar, dass sie eigentlich „ Freiheit“ wollten, HITLER ihnen aber im Gegenteil autoritäre, absolut diktatorische Führung mit dem ausdrücklichen Ausschluss jeglicher Meinungsäußerung versprach. 17 von 31 Millionen Wählern trugen ihn 1933 im März jubelnd zur Macht.
HITLER versprach den Massen die Abschaffung der Demokratie und sie liefen ihm zu.
HITLER versprach ihnen die Aufhebung der individuellen Freiheit und die Errichtung der „nationalen Freiheit“. Die Menschenmassen tauschten begeistert ihre individuelle Freiheit gegen staaliche Bevormundung ein. Die illusionäre Freiheit des „Führers“ enthob sie jeder individuellen Verantwortung. Sie wünschten eine „Freiheit“, die Ihnen der große Diktator erobern und sichern sollte, die Freiheit, zu johlen, sadistisch zu sein und sich - als reale Null- mit besonderer Rassenhaftigkeit zu brüsten und mit Uniformen statt starker Menschlichkeit Mädchen zu gefallen.
Die Rassentheorie im deutschen Faschismus war nichts Neues, sondern knüpfte an die traditionellen Vererbungstheorien und Degenerationstheorien an, aus welchem Grunde gerade Erbpsychiater und Eugeniker alter Art der Diktatur so sehr zugänglich waren.
Neu erschien REICH im Faschismus, dass die Menschenmassen begeistert ihre eigene Unterdrückung bejahten und herbeiführten. Die Autoritätsbedürftigkeit erwies sich stärker als der Wille zur Selbständigkeit.
HITLER versprach die Unterdrückung der Frau durch den Mann, die Aufhebung ihrer beginnenden materiellen Selbständigkeit und generell die Abschaffung der Emanzipation. Die Frauen, deren persönliche Freiheit seit Jahrhunderten unterdrückt worden war, und die die Angst vor freiheitlicher Lebensführung besonders stark entwickelt hatten, jubelten ihm an erster Stelle zu und wählten ihn vermehrt.
HITLER versprach die Abschaffung aller sozialistischen, liberalen und demokratischen Parteien und Organisationen. Dennoch liefen ihm Massen aus diesen Organisationen zu.
Die deutsche Wissenschaft hatte Jahrzehnte um die Trennung des Sexualitätsbegriffes vom Fortpflanzungsbegriff gerungen. Vieles davon blieb den Massen fern und ohne soziale Wirkung. Nun kam HITLER und versprach, den Fortpflanzungsbegriff - nicht das Liebesglück - zur Kulturpolitik zu machen. Ab jetzt war Eugenik angesagt. Die Jugendlichen konnten nun Geschlechtsverkehr haben, wenn sie vorgaben, Kinder im Interesse der Rassenzüchtung zu zeugen.
Die Kirche hatte das „Glück im Jenseits“ versprochen und mit dem Sündenbegriff die hilflose Abhängigkeit der Massen von einer überirdischen, allmächtigen Vater-Gestalt tief in die menschlichen Strukturen gepflanzt. Da kam HITLER und erklärte sich als von Gott gesandter irdischer allmächtiger und allwissender Führer. Die Menschenmassen sahen in HITLER nun einen irdischen Heiland, einen irdischen Gott, der sie enthusiastisch „Heil“ schreien ließ. Dieser irdische Gott bot ihnen mehr als ein unsichtbarer geistiger Gott Vater im Himmel.
Deutschland hatte in seinen Schulen und Universitäten jahrzehntelang um das Prinzip der Freien Schulgemeinde, der modernen, freiwilligen Arbeitsleistung und Selbstbestimmung des Schülers gerungen ( Reformpädagogische Bewegung ). Aber dies blieb in der breiten Sphäre der Erziehung ein Tropfen im Meer, da mehrheitlich in Erziehung und Schule autoritäre Prinzipien bestehen blieben. Die freiheitlichen Erziehungsorganisationen hatten keinen gesellschaftlichen Schutz und waren vielmehr größten Gefahren ausgesetzt.
Die Jugend lief Hitler massenhaft zu. Er nahm ihnen jegliche Verantwortung ab. Die gesellschaftsund kulturreformerischen Impulse der Jugendbewegung wurden in die nationalsozialistischen Jugendorganisationen , die Hitlerjugend und den Bund Deutscher Mädel, kanalisiert. Indem der Faschismus einerseits für die „Rettung der Familie“ eintrat, andererseits gleichzeitig die Jugend aus den Familien in seine Verbände zog, trug er sowohl ihren familiären Bindungen wie der Rebellion gegen die autoritär-patriarchalische Zwangsfamilie Rechnung.
HITLER versprach anstelle der freiwilligen Arbeitsleistung das Prinzip der Zwangsdisziplin und der Pflichtarbeit. Mehrere Millionen deutscher Arbeiter und Angestellter wählten HITLER und gaben die persönliche Verantwortung für ihre Arbeitsleistung ab. Sie konnten sich nun mit „der Nation“ und „dem Staat“ gleichsetzen, die an ihrer Stelle „groß und kräftig“ waren.
Kaum ein anderes Schlagwort des deutschen Faschismus wie das der „Reinheit des deutschen Blutes“ hat die Menschenmassen je so beseelt. Die Reinheit des deutschen Blutes meint die Freiheit von Geschlechtskrankheiten, die man den Juden in die Schuhe schob. Wenn der Faschist „Jude“ sagt, dann meint er den „Geldmacher“, den „Kapitalisten“, den „Schacherer“ , den „Wucherer“, der „schmutzig“, „sinnlich“ und „sexuell schweinisch“ ist. Die Nürnberger Rassengesetze sollten „Rassenschande“ verhindern und die „Reinheit des deutschen Blutes“ erhalten.
Die antikapitalistische und antisexuelle Einstellung der Menschenmassen konnte mit Hilfe des Judenbegriffs vollständig in das Treiben der faschistischen Flut einbezogen werden. Karl MARX, der Begründer des Kommunismus, Sigmund FREUD, der Begründer der Psychoanalyse, die ROTHSCHILDs als reiche Kapitalisten, TROTZKI als ein Führer der Russischen Revolution, waren allesamt Juden.
„ Unbewu ß te Sehnsucht nach sexueller Lebensfreude und sexueller Reinheit bei gleichzeitiger Angst vor der nat ü rlichen und bei Abscheu vor der perversen Sexualit ä t ergibt faschistisch-sadistischen Antisemitismus “ (REICH 1972, S. 184).
In der faschistischen Zeitschrift „Der Stürmer“, für die Julius STREICHER verantwortlich zeichnete, erschienen zahlreiche antisemitische Artikel und Karikaturen, in denen die Juden als Vergewaltiger, Kinderschänder und Sexualmörder dargestellt wurden ( Vgl. KOCH 1986 ). Seine Darstellungen arbeiteten mit genau diesen von REICH beschriebenen gespaltenen Gefühlen.
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- Professor Dr. phil. Karl-Heinz Ignatz Kerscher (Author), 2011, Postmoderne Pädagogik von A bis Z - Wörterbuch zur Theorie und Praxis postmoderner Erziehung und Bildung, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/184928