Mit der entscheidenden Niederlage in Waterloo endete die Herrschaft Napoleons und seiner Satellitenstaaten über Europa. Danach begannen diesiegreichen Großmächte, Europa so umzugestalten, dass die alte vorrevolutionäre Ordnung wieder herstellt wurde. Zu diesem Zweck wurde der Wiener Kongress einberufen (1814-1815), auf welchem sich der österreichische Außenminister und spätere Staatskanzler Klemens Wenzel Lothar von Metternich hervortat. Das ‚System Napoleons‘ sollte in den Folgejahren durch das ‚System Metternich‘ ersetzt werden. Vor allem im Habsburgerreich wurden Liberale, Nationalisten, Demokraten, Revolutionäre und andere ‚Demagogen‘ durch dieses System unterdrückt. Durch eine rigorose Zensur, Massen an Polizisten, Spitzeln und Soldaten sollte jeder Versuch, anders zu handeln, als von den Habsburgern bzw. Metternich vorgesehen, bereits im Keim erstickt werden.
In der österreichischen Provinz Lombardo-Venetien schienen diese Maßnahmen besonders Früchte getragen zu haben. Vom Ende des Wiener Kongresses bis zu den Märzrevolutionen 1848 gab es hier nie Anzeichen von Aufständen oder gar Revolutionen.1 Vor wie nach der Revolution von 1848/49 seien österreichische (Geheim-)Polizei und Soldaten in Norditalien omnipräsent gewesen und sorgten für eine starke politische Passivität der Lombarden und Venetier.2 Doch war diese Passivität der Bevölkerung Lombardo-Venetiens wirklich eine Folge der repressiven Maßnahmen ihrer Habsburger Herren? Etablierten die Österreicher in ihrer italienischen Provinz tatsächlich einen ‚Polizeistaat‘, in dem die Polizei allgegenwärtig war? Diese Fragen sollen in der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Dafür wird zu Beginn die Ausgangslage Lombardo-Venetiens analysiert und im Folgenden das Polizeiwesen inklusive Gendarmerie, Finanzwache und Geheimpolizei dargestellt. Des Weiteren werden die Zensurmaßnahmen beleuchtet und im Anschluss die Polizeiberichte sowie die Rivalitäten zwischen den einzelnen Behörden des österreichischen Königreiches. Den Abschluss dieser Arbeit bilden die Folgen und Kontinuitäten der Revolutionen von 1848/49 und dem Krieg von 1859für Lombardo-Venetien sowie die sich daran anschließenden Schlussfolgerungen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Ausgangslage
- Die Polizei
- Die Gendarmerie und Finanzwache
- Die Geheimpolizei
- Die Zensur
- Die Polizeiberichte und die Rivalitäten zwischen den Behörden
- Folgen und Kontinuitäten von 1848/49 und 1859
- Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert das Polizei- und Spitzelwesen in Lombardo-Venetien während der österreichischen Herrschaft von 1815 bis 1866. Sie beleuchtet die Ausgangslage der Provinz nach der napoleonischen Herrschaft, schildert die verschiedenen staatlichen Sicherheitsorgane und ihre Funktionsweise sowie die Auswirkungen der Zensur und der Rivalitäten zwischen den Behörden. Darüber hinaus werden die Folgen und Kontinuitäten der Revolutionen von 1848/49 und des Krieges von 1859 für Lombardo-Venetien untersucht.
- Die Auswirkungen der österreichischen Herrschaft auf Lombardo-Venetien nach 1815
- Die Organisation und Funktionsweise der Polizei, Gendarmerie, Finanzwache und Geheimpolizei
- Die Rolle der Zensur in der österreichischen Kontrolle Lombardo-Venetiens
- Die Rivalitäten zwischen den einzelnen Behörden des österreichischen Königreiches
- Die Folgen und Kontinuitäten der Revolutionen von 1848/49 und des Krieges von 1859
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Ausgangslage Lombardo-Venetiens nach der Niederlage Napoleons. Es beschreibt die schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, die durch Kriegsschäden, Hungersnot und die Altlasten des napoleonischen Regimes gekennzeichnet waren. Das zweite Kapitel behandelt die Organisation und Aufgaben der Polizei, Gendarmerie, Finanzwache und Geheimpolizei. Es analysiert die verschiedenen Polizeistrukturen und deren Rolle bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Unterdrückung von Opposition. Das dritte Kapitel befasst sich mit der Zensur, die ein zentrales Instrument der österreichischen Kontrolle darstellte. Es untersucht die verschiedenen Formen der Zensur und deren Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit und die kulturelle Entwicklung in Lombardo-Venetien. Das vierte Kapitel beleuchtet die Rivalitäten zwischen den verschiedenen Behörden des österreichischen Königreiches, die zu Spannungen und Ineffizienz führten. Es beschreibt die Konflikte zwischen der Polizei, der Militärverwaltung und der Zivilverwaltung. Das fünfte Kapitel untersucht die Folgen und Kontinuitäten der Revolutionen von 1848/49 und des Krieges von 1859 für Lombardo-Venetien.
Schlüsselwörter
Lombardo-Venetien, österreichische Herrschaft, Polizei, Gendarmerie, Finanzwache, Geheimpolizei, Zensur, Revolutionen von 1848/49, Krieg von 1859, politische Kontrolle, öffentliche Ordnung, Unterdrückung, nationale Opposition, wirtschaftliche Entwicklung.
- Quote paper
- Falk Hesse (Author), 2011, Polizei- und Spitzelwesen in Lombardo-Venetien (1815-1866), Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/180465