Brasilien überzeugt als weltweit größter Zuckerexporteur und erster Initiator eines Programms zur Herstellung von Bioethanol aus Zuckerrohr. Wie lassen sich aber die immensen sozialen und räumlichen Disparitäten des Landes erklären? Hat sich Brasilien einer mit der Globalisierung einhergehenden Strukturanpassung widersetzt? Finden sich allgemein diskutierte Kontroversen im nationalen Pró-Álcool-Programm wieder? Kordula Pfeiffer analysiert die Effekte der Globalisierung auf Brasiliens wirtschaftliche Entwicklung und Armut. Grundlage ihrer fundierten Untersuchung bildet nicht nur die Theorie des wirtschaftlichen Armutskonzepts, sondern sie greift auch das entwicklungspolitische Konzept eines breitenwirksamen Wachstums sowie eine neue Erscheinungsform von Armut auf. Unter dem Grundsatz des komparativen Kostenvorteils und einer fortwährenden Produktionsausweitung von Bioethanol stellt sie die ökonomischen und sozioökonomischen Chancen und Risiken des Programms für die arme Bevölkerung heraus. Das Buch richtet sich an Studierende, Wissenschaftler, Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit und Politik.
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung
Danksagung
Vorwort
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Das Grüne Gold
2 Die Integration Brasiliens in die globale Wirtschaft
2.1 Definitorische Abgrenzung von Globalisierung
2.2 Aspekte der Globalisierung in Brasilien
2.2.1 Nationale Wirtschaftspolitik und Tendenzen des Außenhandels
2.2.1.1 Die 80er Jahre - Das verlorene Jahrzehnt
2.2.1.2 Die 90er Jahre - Die wirtschaftspolitische Wende
2.2.1.3 Das 21. Jahrhundert - Die Regierung unter Präsident Lula
2.2.2 Wirtschaftsbeziehungen und Frei-Handelsbündnisse
2.2.2.1 Die World Trade Organisation (WTO)
2.2.2.2 Der gemeinsame Markt Südamerikas (Mercosur)
2.2.2.3 Die Gesamtamerikanische Freihandelszone (ALCA)
2.2.2.4 Das EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen
3 Wirtschaftliche Entwicklung und Armut in Brasilien
3.1. Das wirtschaftliche Entwicklungsniveau Brasiliens
3.2 Definitorische Abgrenzung von Armut
3.3 Ein wirtschaftliches Armutskonzept - Einkommensarmut
3.3.1 Absolute und relative Armut
3.3.2 Armutskennzahlen
3.4 Brasiliens Armutsprofil
3.4.1 Pro-poor growth
3.4.2 Einkommensungleichheit
3.4.3 Globalisierung und neue Armut
4 Brasiliens Zucker- und Bioethanolmarkt
4.1 Der Zuckermarkt
4.2 Das Pró-Álcool Programm
4.2.1 Auslöser und Ziele des Pró-Álcool Programms
4.2.2 Entwicklungsphasen des Pró-Álcool Programms
4.2.2.1 Die Anfänge des Prò-Àlcool Programms, 1975-1979
4.2.2.2 Ausbau und Konsolidierung des Pró-Álcool Programms, 1979-1996
4.2.2.3. Liberalisierung und Pró-Álcool II, 1996 bis heute
4.3. Bioethanol im globalen Zusammenhang und Trends
5 Chancen und Risiken des Pró-Álcool Programms
5.1 Ökonomische Faktoren
5.1.2 Technologie und komparativer Kostenvorteil von Bioethanol
5.1.3 Komparativer Kostenvorteil von Zucker
5.2 Sozioökonomische Faktoren
5.2.1 Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen
5.2.2 Einkommen
5.2.3 Ernährungssicherung
5.2.3.1 Flächenkonkurrenz und Nahrungsmittelproduktion
5.2.3.2 Nahrungsmittelpreise
6 Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Kurzfassung
Brasilien überzeugt als weltweit größter Zuckerexporteur und erster Initiator eines Programms zur Herstellung von Bioethanol aus Zuckerrohr. Wie lassen sich aber die immensen sozialen und räumlichen Disparitäten des Landes erklären? Hat sich Brasilien einer mit der Globalisierung einhergehenden Strukturanpassung widersetzt? Finden sich allgemein diskutierte Kontroversen im nationalen Pró-Álcool-Programm wieder? Kordula Pfeiffer analysiert die Effekte der Globalisierung auf Brasiliens wirtschaftliche Entwicklung und Armut. Grundlage ihrer fundierten Untersuchung bildet nicht nur die Theorie des wirtschaftlichen Armutskonzepts, sondern sie greift auch das entwicklungspolitische Konzept eines breitenwirksamen Wachstums sowie eine neue Erscheinungsform von Armut auf. Unter dem Grundsatz des komparativen Kostenvorteils und einer fortwährenden Produktionsausweitung von Bioethanol stellt sie die ökonomischen und sozioökonomischen Chancen und Risiken des Programms für die arme Bevölkerung heraus. Das Buch richtet sich an Studierende, Wissenschaftler, Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit und Politik.
Schlagwörter: Armut, Bioenergie, Bioethanol, Brasilien, Ernährungssicherung, Globalisierung, Pró-Álcool, Proalcool, Pro-Poor Growth, Wirtschaftliche Entwicklung, Zuckerrohr
Danksagung
Mein herzlichster Dank gilt meinen Eltern und Geschwistern für die überaus hilfreiche Unterstützung, die Anteilnahme an meiner Arbeit und dafür, dass sie mir immer Mut machten.
Vorwort
Die Substitution fossiler durch regenerative Energien wird gewöhnlich als eine strategische Komponente nachhaltigen Wirtschaftens angesehen. Insbesondere die Produktion von Bioethanol wird derzeit als Substitut für Benzin propagiert und in einer Reihe von Ländern erheblich gefördert. Nachhaltigkeit beinhaltet selbstverständlich nicht nur ökologische und soziale Aspekte, sondern auch ökonomische, vor allem den Wohlfahrtszuwachs armer Menschen.
Kaum ein Land hat eine so lange Erfahrung mit der Förderung und Produktion von Bioethanol wie Brasilien. Kordula Pfeiffer zeichnet die Entwicklung der Bioethanol-Politik in Brasilien im Kontext der Wirtschaftspolitik des Landes nach und beurteilt den Beitrag dieser Politik zur Steigerung des Wohlstands armer, in der Landwirtschaft tätiger Menschen. Das Ergebnis der Studie, die auch interessierten Laien sehr gut zugänglich ist, ist recht ernüchternd. Obgleich die Nachfrage nach Arbeitskräften durch die Bioethanol-Politik stimuliert wurde, werden regionale und personale Einkommensunterschiede nicht abgeschwächt und sozioökonomische Anforderungen an eine nachhaltige Politik nur unzureichend erfüllt. Mit ihrer Studie ist der Autorin ein lesenswerter Beitrag zur differenzierten Bewertung einer wichtigen Nachhaltigkeits-Strategie gelungen.
Prof. Dr. Rolf A.E. Müller
Institut für Agrarökonomie, CAU Kiel
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Armutsverteilung in Brasilien, 2000
Abbildung 2: Wirtschaftliche Entwicklung in Brasilien
Abbildung 3: Regionen der Zuckerrohrproduktion in Brasilien, 2001
Abbildung 4: Die fünf größten Bioethanolproduzenten weltweit, 2006
Abbildung 5: Die größten Exporteure von Bioethanol weltweit, Handel in Millionen Tonnen (US-Dollar)
Abbildung 6: Die größten Importeure von Bioethanol weltweit, Handel in Millionen Tonnen US-Dollar (1985-2004)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Länderklassifizierung anhand des BNE pro Kopf, 2008
Tabelle 2: Entwicklung des durchschnittlichen BNE pro Kopf in Brasilien 2005-2007
Tabelle 3: Ländliche und städtische Armut im Süd-Osten und Nord-Osten Brasiliens, 1999
Tabelle 4: Entwicklung des Headcount- und Income Gap Index in Brasilien, 2000-2004
Tabelle 5: Hauptcharakteristika der Beschäftigten im Zucker- und Bioethanolsektor, 2003
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Das Grüne Gold
Brasilien ist der Initiator des weltweit ältesten Programms zur Herstellung von alternativem Kraftstoff. Seit 1975 wird unter dem nationalen Programa Nacional do Àlcool (Prò- Àlcool Programm) Bioethanol aus Zuckerrohr hergestellt, wobei die Produktionsprozesse fortwährend modifiziert und ausgeweitet wurden. Seither gerät das Land zunehmend in den Fokus weltweiter Klimadiskussionen. Eine befürchtete Verknappung der Erdölvorkommen, ein international steigender Ölpreis sowie die Verabschiedung des Kyoto-Protokolls1 (1997) gaben einen zusätzlichen Anstoß auf der Suche nach einem geeigneten Substitut für fossilen Kraftstoff. Neben großen Anbaukapazitäten verfügt Brasilien hinsichtlich des Pró-Álcool Programms über eine technologische Kompetenz und Infrastruktur, die derzeit auf dem Weltmarkt konkurrenzlos ist. Somit hat das brasilianische Programm einen Modellcharakter, welchen andere Länder nachzuahmen versuchen.
Der Begriff das Grüne Gold reflektiert die Bedeutsamkeit des Pró-Álcool Programms für den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva (Lula, seit 2003). Grün steht im weitesten Sinne für eine Umweltpolitik zur signifikanten Reduktion der Schadstoffemissionen durch Bioethanol. Gold hingegen beschreibt die Möglichkeit des Schwellenlands durch Exportzuwachs zu einer der führenden Industrienationen zu avancieren und impliziert gleichzeitig eine Überwindung der ländlichen Armut durch positive Beschäftigungs- und Einkommenseffekte. Dies sind auch die wesentlichen Legitimationsargumente für das Programm, mit denen Lula als globaler Förderer der Agrarenergie in der Öffentlichkeit wirbt und eine intensivierte Produktion von Bioethanol in Aussicht stellt.
Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel darin, die ökonomischen und sozioökonomi- schen Chancen und Risiken des Pró-Álcool Programms aufzudecken und zu untersuchen, ob eine steigende Produktionsausweitung die Armut im Land reduzieren kann.
Hierfür wird zunächst grundlegend geklärt, inwieweit Globalisierungsprozesse auf die wirtschaftliche Entwicklung und schlussendlich auf die Armut in Brasilien wirken. Auf diesen Resultaten beruhend wird überprüft, ob sich die allgemeinen Kontroversen der Globalisierung auch im Prò-Àlcool Programm wiederfinden.
Wissenschaftliche Untersuchungen und Berichte zum Thema Biokraftstoff im umweltpolitischen Kontext sind zahlreich. Die Tortilla-Krise in Mexiko (Anfang 2007) und die Hungerkrise in Haiti (2008) haben in diesem Zusammenhang das Thema Ernährungssicherung verschärft hervorgebracht. Veröffentlichungen staatlicher Institutionen wie die der Food and Agriculture Organization (FAO), der World Bank, des International Food Policy Research Institute (IFPRI) oder der United Nations (UN) sind oftmals in einen breiten, themenübergreifenden Kontext eingebunden. Seltener findet eine konkrete Projektion auf Brasilien statt, ganz besonders hinsichtlich möglicher Auswirkungen des nationalen Programms auf die Armen. Zudem basieren wissenschaftliche Studien ebenso wenig wie zahlreiche Berichte der NonGovernmental Organizations (NGOs) auf einer soliden Datenbasis und vertiefen nicht die Thematik sozioökonomischer Chancen und Risiken. Literatur, die sich eingehender mit dem brasilianischen Modell befasst, wurde bisher auf Portugiesisch veröffentlicht, jedoch in keiner anderen Sprache.
Kapitel 2 behandelt die Frage, inwieweit Brasilien weltwirtschaftlich integriert ist. In diesem Kontext wird der Globalisierungsbegriff definitorisch abgegrenzt, bevor die Aspekte der Globalisierung in Brasilien herausgestellt werden. Hierfür werden die verschiedenen Strategien nationaler Wirtschaftspolitik chronologisch dargelegt. Verhandlungen zu multinationalen, bilateralen und interregionalen Freihandelsabkommen belegen zudem die Ausrichtung der brasilianischen Außenhandelsstrategie. Kapitel 3 umschreibt die wirtschaftliche Entwicklung und Armut in Brasilien. In diesem Zusammenhang wird das brasilianische Entwicklungsniveau zunächst anhand wirtschaftlicher Indikatoren verortet. An eine allgemeine Definition von Armut schließt dann eine Erläuterung des wirtschaftlichen Armutskonzepts, der Einkommensarmut. Darauf aufbauend wird das aktuelle Armutsprofil des Landes beschrieben. Basierend auf angeführten Statistiken zum wirtschaftlichen Wachstum sowie zur Armuts- und Einkommensmessung wird untersucht, ob das Wachstum in Brasilien pro-poor2 ist. Nachdem auf die Problematik der Einkommensungleichheit eingegangen wird, folgt eine Beschreibung der neuen Armut. Kapitel 4 gibt einen geschichtlichen Abriss über die Entwicklung des Zucker- und Bioethanolmarkts in Brasilien. Neben der Verflechtung dieser bedeutsamen Märkte, die sich aus dem Pró-Álcool Programm ergibt, wird auf die Förderpolitik der Regierung eingegangen. Darüber hinaus werden die wesentlichen Akteure des internationalen Bioethanolmarktes genannt. Unter Berücksichtigung der tarifären Einordnung von Bio-ethanol werden globale Trends in der Produktion aufgezeigt. Welche nationalen Chancen und Risiken das Prò-Àlcool Programm für die Armen birgt, wird unter ökonomischen und sozioökonomischen Gesichtspunkten in Kapitel 5 herausgestellt. Kapitel 6 schließt mit einem Fazit zur Fragestellung.
2 Die Integration Brasiliens in die globale Wirtschaft
Kapitel 2 gibt zunächst eine Definition von Globalisierung. Darauf aufbauend wird in Kapitel 2.3.1 untersucht, welche Weichen Brasilien zur Teilnahme an dem Globalisierungsprozess stellte. Dies geschieht im Hinblick auf die nationale Wirtschaftsund Handelspolitik der 80er Jahre bis heute. In Kapitel 2.3.2 werden Brasiliens Bemühungen zur weltwirtschaftlichen Einbindung erläutert. Um Brasiliens Außenhandelsstrategie und -ausrichtung zu verdeutlichen, wird auf Verhandlungen zu multinationalen, bilateralen und interregionalen Freihandelsabkommen eingegangen.
2.1 Definitorische Abgrenzung von Globalisierung
Der Globalisierungsbegriff hat sich erstmalig im Verlauf des 20. Jahrhunderts etabliert. Er ist bis heute in seiner Verwendung oft vage und auf verschiedenste Weise interpretiert (vgl. EBENTHAL 2007, S. 4).
„Globalization is the increased international mobility of goods, people, contracts (including financial claims) and thoughts (facts, ideas, and believes)" (LEAMER 2007, S. 104).
“Economic globalization constitutes integration of national economies into the international economy through trade, direct foreign investment (by corporations and multinationals), short-term capital flows, international flows of workers and humanity generally, and flows of technology: [...]. It is distinct from other aspects of globalization, such as cultural globalization (which is affected, [...] by economic globalization) and communications (which is among the factors that cause the deepening of economic globalization)" (BHAGWATI2004, S.3-4).
„Ökonomische Globalisierung sei daher hier grundlegend definiert als der zunehmende Anteil grenzüberscheitender privatwirtschaftlicher Aktivitäten an der gesamten Wirtschaftsleistung von Ländern” (SCHIRM 2007a, S. 13).
J. A. Scholte kritisiert eine oftmals unzureichende begriffliche Abgrenzung zu verwandten Prozessen wie Internationalisierung, Uniformisierung, Liberalisierung oder Westernisation (vgl. SCHOLTE 2002, S. 8-13).
Auf einem in den 90er Jahren entstandenen Liberalisierungskonzept beruhend, verstehen Ökonomen unter Globalisierung den grenzüberschreitenden freien Austausch von Gütern, Dienstleistungen, Arbeitskräften und Kapital, begünstigt durch den Abbau von Restriktionen (vgl. HESHMATI 2007, S. 59). Internationale Transaktionen steigen mit zunehmender staatlicher Departizipation, sinkenden Transport- und Kommunikationskosten, dem Abbau von Handelshemmnissen, steigender Kommunikation, steigendem Kapitalfluss und Wettbewerb sowie Standardisierung und Migration (vgl. SCHOLTE, ROBERTSON 2007, S. 526 ff.).
Allerdings vollzieht sich die Globalisierung räumlich und zeitlich nicht einheitlich (vgl. HESHMATI 2007, S. 59). Diese Heterogenität löst ungleiche Entwicklungen aus. Dabei stehen unter Anderem positive Effekte wie ein höheres wirtschaftliches Wachstum und verbesserte Lebensstandards dem Risiko steigender Ungleichheit und Exklusion gegenüber (WORLD BANK 2000, S. 3).
2.2 Aspekte der Globalisierung in Brasilien
2.2.1 Nationale Wirtschaftspolitik und Tendenzen des Außenhandels
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß ein Land von der Globalisierung profitieren kann, erfordert nicht nur die Berücksichtigung solcher Faktoren, die außerhalb des nationalen Einflussbereichs liegen. Vielmehr ist eine eingehende Analyse der nationalen Wirtschaftspolitik notwendig. Nationale Regierungen können einen erheblichen Beitrag leisten, die Tendenzen des Globalisierungsprozesses zu bestimmen. Globalisierungswirkungen ergeben sich dabei aus der Fähigkeit der nationalen Wirtschaftspolitik stabile makroökonomische Rahmenbedingungen zu schaffen, Investitionen in Sach- und Humankapital zu erhöhen und dem internationalen Handel und ausländischen Direktinvestitionen ausreichend offen gegenüber zu stehen. Eine wirtschaftliche Stabilität ist bei niedrigen, konstanten Inflationsraten gegeben. Hohe Inflationsraten und langfristige Inflationsschwankungen sind meist die Folge staatlicher Budgetdefizite, wodurch die Standortattraktivität für national operierende Unternehmen erheblich geschmälert wird. Damit ist gleichzeitig der Zustrom ausländischer Direktinvestitionen gering, welcher ein Indikator für die Intensität der globalen Einbindung eines Landes ist. Investitionen in Sachkapital steigern die Arbeitsproduktivität und gleichzeitig die Aussicht auf ein vorteilhaftes wirtschaftliches Wachstum. Hohe Investitionsquoten sind hingegen kein Garant für wirtschaftlichen Fortschritt. Regierungen sind in diesem Zusammenhang gefordert, nicht nur Investitionen zu steigern, sondern diese in solche Bereiche einfließen zu lassen, in denen das Land einen komparativen Produktionsvorteil3 hat. Zur Weiterentwicklung technischer Fertigkeiten ist mit zunehmender Globalisierung eine verstärkte Investition in Humankapital erforderlich. Die wirtschaftspolitische Offenheit gegenüber Importen und ausländischen Direktinvestitionen fördert den Wettbewerb und die Effizienz auf den nationalen Märkten. Hierbei ist der Offenheitsgrad entscheidend darüber, wie schnell und in welchem Ausmaß der materielle Wohlstand eines Landes, also das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ansteigt (NUNNENKAMP 1997, S. 109-111).
Brasilien hatte sich zunächst der mit der Globalisierung einhergehenden wirtschaftspolitischen Strukturanpassung widersetzt. Das Land fällt somit aus dem typischen Rahmen, denn im internationalen Vergleich wurde der Weg zu neuen Wirtschaftsreformen erst spät geebnet. Um zu verstehen, warum eine neoliberalistische Strategie der brasilianischen Regierung verzögert einsetzte, soll rückblickend auf die letzte Phase der importsubstituierenden Industrialisierung unter Militärregime eingegangen werden (CALCAGNOTTO 1996, S. 526; NUNNENKAMP 1997, S. 109-111). Dies geschieht in Kapitel 2.2.1.1. Welchen Grundstein die brasilianische Wirtschaftspolitik bis heute legte und inwieweit Brasilien dadurch an dem Globalisierungsprozess partizipiert, wird in den anschließenden Kapiteln erläutert. Hierzu werden Strategien und Effekte verschiedener Regierungsführungen der 80er Jahre bis heute aufgezeigt.
2.2.1.1 Die 80er Jahre - Das verlorene Jahrzehnt
Brasilien konnte seine Chancen in den 80er Jahren nicht nutzen. Obwohl das Land bis dahin hohe gesamtwirtschaftliche Wachstumsraten aufwies und bevorzugter Standort der Entwicklungsländer für ausländische Direktinvestitionen war, ist es nicht gelungen, das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen weitestgehend dem höheren Niveau der OECD-Mitgliedsländer anzu passen.
Zu Beginn der 80er Jahre überstiegen die brasilianischen Exporte die Importe, wodurch das Land temporäre Handelsüberschüsse erzielte. Dieser enorme Exportanstieg war auf den Industrialisierungsprozess und die hohe Außenverschuldung zurückzuführen. Weil Brasilien unzureichend kreditwürdig war, wurden die brasilianischen Exporte staatlich subventioniert, um über diesen Weg an Auslandsdevisen zu gelan-gen. Phasenweise deckten diese Subventionen bis zu 75% des nationalen Exportvolumens. Gleichzeitig wurden die Importquoten stark reduziert. Dies ging im Bereich der Technologieimporte mit einer repressiven Politik einher, weswegen der Modernisierungsprozess stagnierte. Die höchste Exportquote von 14% im Jahr 1984 fiel bereits Mitte der 80er Jahre wieder auf historische 7% (KOHLHEPP 2003, S. 130; NUNNEN- KAMP 1997, S. 112).
Für den rückläufigen Trend der Exporte war die unter General Ernesto Geisel (19741979) und General Joäo Figueiredo (1979-1985) geführte Militärregierung verantwortlich. Anstatt die Konjunktur- und Strukturpolitik den sich abzeichnenden nationalen wirtschaftlichen Krisen anzupassen, wurden hohe Wachstumsraten angestrebt und die importsubstituierende Industrialisierung vertieft. Somit konnte den wirtschaftlichen Krisen nicht ausreichend entgegengewirkt werden und auch die schnelle Überwindung interner und externer Ungleichgewichte blieb vernachlässigt (BAER 2008 S. 179; CALCAGNOTTO 1996, S. 526). Die nachholende Industrialisierung der Militärregierung stützte sich auf eine dreigliedrige Wirtschaftsstruktur aus staatlichem, nationalem und transnationalem Kapital und setzte auf ansteigende Investitionen ausländischer Unternehmen sowie günstige Auslandskredite (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 3-4). Die von tarifären wie nicht tarifären Handelsbeschränkungen4 begleitete Industriepolitik war vornehmlich an dem binnenländischen Markt orientiert und förderte kapitalintensive Industriesektoren. Mit der damaligen Industriepolitik konnte Brasilien ein industriell entwickeltes Niveau erreichen, auf dem es bis heute verharrt (KOHLHEPP 2003, S. 127-128). Traditionelle Sektoren waren demgegenüber vernachlässigt, da die Herstellung von Gütern rapide wachsender Bereiche des internationalen Handels an Entwicklungsländer übergeben wurde. Zwar förderte die Regierung weiterhin strategisch wichtige Bereiche der nationalen Land-, Energie- und Exportwirtschaft, jedoch resultierte daraus eine verzerrte Industriestruktur. Gleichzeitig schmälerte sich das Exportpotenzial solcher Erzeugnisse, in denen Brasilien einen komparativen Vorteil hätte erzielen müssen (CALCAGNOTTO 1996, S. 526, KOHLHEPP 2003, S. 127-130).
Mit der Ölkrise (1979/80) brach in Brasilien endgültig eine Wirtschaftskrise aus. Das schuldeninduzierte Wachstum war für das Land bald nicht mehr tragbar, so dass es 1981 in die Schuldenkrise geriet (BAER 2008, S. 179; CALCAGNOTTO 1996, S. 526; SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 4). Eine starke Rezession machte das Land gegenüber den Auswirkungen der darauffolgenden Mexiko-Krise (1982) äußerst fragil, so dass Brasilien im gleichen Jahr die Zahlungsunfähigkeit erklärte (CALCAGNOTTO 1996, S. 526). Zahlreich angewandte Stabilisierungsprogramme, verschiedene Lohnpolitiken und andere Politikansätze konnten den aufeinanderfolgenden Krisen nicht erfolgreich entgegenwirken (WEHRHAHN 2002, S. 5). Infolgedessen blieb Brasiliens Wirtschaft in dieser Phase gekennzeichnet durch hohe, noch nie da gewesene Inflationsraten und Budgetdefizite, die fast 12% des BIP ausmachten (NUNNENKAMP 1997, S. 113). Zwischen 1985 und 1994 war das brasilianische Pro-Kopf-Einkommen im Jahresdurchschnitt um 0,4% rückläufig, so dass es, insbesondere im Vergleich zu den ostasiatischen Ländern, aber auch im lateinamerikanischen Vergleich, erheblich zurückgefallen war (NUNNENKAMP 1997, S. 106).
Wegen der gesamtwirtschaftlichen Instabilität und der fortwährenden Importsubstitutionspolitik war Brasiliens Außenorientierung bis in die 90er Jahre sehr gering. Nicht nur der Anteil der Exporte am brasilianischen BIP war rückläufig, sondern auch die ausländischen Direktinvestitionen im Vergleich zu den Exporten. Wettbewerbsfähige lokale Zulieferindustrien konnten sich aufgrund umfassender, güterverzerrender Interventionen des Staates nur unzureichend entwickeln. Demzufolge war das Land für ausländisches Risikokapital nicht mehr interessant. Die Importsubstitutionspolitik des Landes war zudem darauf ausgelegt, ausländische Direktinvestitionen für die lokalen Märkte zu verwenden. Auf diese Weise konnte Brasilien wenig vom Globalisierungsprozess profitieren, denn es sah von einer Investition zur Ausweitung der Exporte ab (BAER 2008, S. 179; NUNNENKAMP 1997, S. 113).
2.2.1.2 Die 90er Jahre - Die wirtschaftspolitische Wende
Globalisierungseffekte begannen in Brasilien erst zu Beginn der 90er Jahre zu greifen, denn die derzeitige Regierung hatte das Ausmaß der Wirtschaftskrise und die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftspolitik und Inflation sowie Haushaltsdefizit besser erfassen können (CALCAGNOTTO 1998, S. 504-505). Mit der Regierung unter Fernando Collor de Mello (Collor, 1990-1992) war die brasilianische Außenpolitik integraler Bestandteil einer neoliberalen Strategie im Zeichen einer sich öffnenden Wirtschaft, in der Handelsbarrieren abgebaut und Restriktionen für Fremdkapital entschärft werden (BAER 2008, S. 179; SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 9). Der Staatspräsident initiierte Reformen zur Privatisierung von Staatsunternehmen, zur sukzessiven Liberalisierung des Außenhandels sowie zur Deregulierung, die eine größere Wirkung zeigten als die Maßnahmen zuvor. Um Handelsmärkte zu öffnen, wurden Zolltarife schrittweise von über 30% (vor 1990) auf 13% (1995) gesenkt. Einige Unternehmen, die unter protektionistischen Bedingungen entstanden, waren dann nicht mehr überlebensfähig. Insbesondere die brasilianische Elektroindustrie und Computerbranche waren von Unternehmensschließungen betroffen. Somit war die strukturelle Modernisierung und ein signifikanter Anstieg der Arbeitsproduktivität in den 90er Jahren von einer zunehmenden Arbeitslosigkeit begleitet (CALCAGNOTTO 1998, S. 504-505; WEHRHAHN 2002, S. 5). Ein früheres Importverbot von auch im Inland hergestellten Gütern wurde aufgehoben. Neben Konsumgütern wie Pkws, Elektrogeräten und elektronischen Geräten konnten sodann Halbfertigwaren und Rohstoffe eingeführt werden, die zur Modernisierung der weiterverarbeitenden Industrie notwendig waren (WEHRHAHN 2002, S. 5). Nachdem eine erneute Rezession (1990-1992) überwunden war, führte der erhebliche Importanstieg seit 1995 zu einer negativen Handelsbilanz. Inklusive Zinszahlungen und Dividenden belief sich Brasiliens Leistungsbilanzdefizit auf -33,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 1997, was 64,7% aller Devisenreserven des Landes ausmachte. Daraus lässt sich ableiten, welch enormer Auslandsfinanzierungsbedarf daraufhin für Brasilien erforderlich war. Eine deutliche Passivierung, sowohl der Handels- als auch der Leistungsbilanz, ist insbesondere auf das von Fernando Henrique Cardoso (Finanzminister, 1993-1994) eingeführte, dreistufige wirtschaftliche Stabilisierungsprogramm Plano Real zurückzuführen. Der Nebeneffekt, des zur Inflationsbekämpfung initiierten Programms, war eine Überbewertung der Landeswährung Real, die an den Dollar gekoppelt war. Dadurch waren nicht nur Importwaren verbilligt. Die flexible Wechselkursanbindung konnte zudem die Inflationsrate des Landes auf unter 2% monatlich senken, was zu einem stärkeren Zustrom ausländischer Direktinvestitionen führte (CALCAG- NOTTO 1996, S. 527; KOHLHEPP 2003, S. 130). Entgegen der Theorie rückläufiger Exportquoten bei Währungsaufwertung blieb Brasiliens Exportaktivität weitestgehend unverändert. Ab 1995 verzeichnete Brasilien sogar moderate Exportzuwächse durch einen intensivierten Austausch mit dem Mercosur5. Gegenüber den übrigen Ländern, zu denen Brasilien eine Handelsbeziehung pflegte, veränderte sich die Exportaktivität jedoch nicht (KOHLHEPP 2003, S. 130). Diese theorieabweichende Tendenz lässt sich durch die brasilianische Exportstruktur erklären, denn das Land konzentrierte sich auf nicht dynamische Produktgruppen. So waren für die brasilianische Exportwirtschaft nicht etwa in erster Linie industrielle Fertigwaren, sondern nach wie vor Rohstoffe und rohstoffnahe Produkte bedeutsam (KOHLHEPP 2003, S. 130, 132). Um zusätzliches Auslandskapital zum Ausgleich des entstandenen Leistungsbilanzdefizits zu erlangen, wurde der Binnenmarktzins über das durchschnittliche Weltmarktniveau angehoben. Infolgedessen stellten Unternehmer, die sich keine überteuerten Kredite leisten konnten, ihre Investitionen weitestgehend ein. Niedrige Investitionsquoten von ca. 15% des BIP gingen seitdem mit einer niedrigen wirtschaftlichen Wachstumsrate von 2,8% (1997) einher. Auf diese Weise konnte vermieden werden, dass sich das Handelsbilanzdefizit weiterhin ausweitete (CALCAGNOTTO 1998, S. 505-506). Brasilien war als unmittelbare Konsequenz der Asienkrise (1998/ 1999) erneut einer Finanz- und Währungskrise ausgesetzt, bis sich die Dollarkoppelung wieder auflöste. Infolgedessen stiegen die Staatsschulden bis auf 53% des BIP an und die wirtschaftliche Wachstums- rate stagnierte auf unter 1%. Diese Entwicklung war von einer Deindustrialisierung begleitet, welche aus zahlreichen Privatisierungen und Übernahmen durch ausländische Unternehmen resultierte (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 4). Das unter Collor herausgebildete importorientierte Wachstumsmodell wurde mit der Auflösung der Währungskoppelung an den US-Dollar (1999) in ein exportgetriebenes Wachstumsmodell umgekehrt (SCHMALZ, FUCHS S. 120). Im Hinblick auf die Außenpolitik zeigte sich Brasilien gegenüber den Industrienationen kooperativ, um ausländische Investoren anzulocken. Cardoso wandte sich aber wegen wiederholter Konflikte mit den USA von der Orientierung auf Entwicklungsländer in den frühen 80er Jahren ab und etablierte eine eigenständige Integrations- und Außenpolitik in Lateinamerika (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 9-10).
2.2.1.3 Das 21. Jahrhundert - Die Regierung unter Präsident Lula
Die neue Regierung unter dem früheren Gewerkschaftsführer Lula verfolgt prinzipiell die gleiche neoliberale Strategie, wie sie Collor zuvor umsetzte (Europäische Kommission, 2008). Dies geschieht mit dem einzigen Unterschied, dass im Vergleich zu den 90er Jahren eine veränderte außenpolitische Ausrichtung realisiert wird, durch die Brasilien eine greifende makroökonomische Stabilität erzielen konnte. Steigende wirtschaftliche Wachstumsraten, moderate Inflationsraten, eine intensivierte Einbindung in die Weltwirtschaft, Handelsüberschüsse sowie rapide ansteigende ausländische Direktinvestitionen sind ein Indiz dafür.
Insgesamt ist das 21. Jahrhundert geprägt von einer Modernisierung des Agrarsektors und einem regional heterogen verlaufenden Industrialisierungsprozess. Globalisierungsprozesse, wie sie sich heute in Brasilien abzeichnen, gehen über einen Export von Rohstoffen hinaus. Eine stärkere Verflechtung von Produktions-, Absatz-, Geld- und Humankapitalmärkten tritt neben eine Weltmarktintegration. Für die fortschreitende Globalisierung ist auch die Tatsache kennzeichnend, dass ökonomische Strukturen und nationale Entscheidungen zunehmend äußeren Einflüssen unterliegen (WEHRHAHN 2002, S. 2-4). Soziale Bewegungen, die Arbeiterpartei Partido de los Trabajadores (PT) und Teile der Industrie stellen sich allerdings gegen einen Ausverkauf der brasilianischen Industrie und fordern ein hohes wirtschaftliches Wachstum zur Umverteilung. Um eine unabhängige Außenpolitik zu erzielen, fördert Präsident Lula das Exportwachstum und versucht somit gleichermaßen auf die Interessen des Agrarsektors und der Industrie einzugehen (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 9-10).
Nach 1994 war die brasilianische Außenhandelsbilanz erstmalig wieder positiv. Der Überschuss von 13,1 Milliarden US-Dollar (2002) sowie die Auslandsinvestitionen konnten kontinuierlich gesteigert werden (SCHIRM 2007, S. 4). Trotz abflauender Wirt-Schaftsentwicklung seit 2005 boomt die brasilianische Exportwirtschaft weiterhin. Während die Exporte von 57,95 Milliarden US-Dollar (2002) auf 118,31 Milliarden US-Dollar (2005) anstiegen, erhöhte sich gleichzeitig der Importanteil, so dass ein Handelsbilanzüberschuss von 44,76 Milliarden US-Dollar (2005) entstand (SCHMALZ 2008, S. 13). Brasilien hat nicht nur den Außenhandel systematisch ausgeweitet, sondern auch die Exportstruktur stark diversifiziert. Die Exporte reichen von Agrargütern über verarbeitete Konsumwaren bis hin zu Industrie- und Kapitalprodukten, wobei Exportunternehmen von einer Währungsabwertung profitieren. Nahrungsmittel wurden sukzessive von Transportmitteln und Maschinen als führende Export- und Importgüter zurückgedrängt. Im Jahr 2004 wurden 29,6% Primärgüter, 16,6% Halbfertigwaren und 56,9% verarbeitete Industrieprodukte exportiert (SCHIRM 2007, S. 4).
Brasiliens weltwirtschaftliche Einbindung ist trotz eines Handelswachstums hinsichtlich der Auslandsinvestitionen, -verschuldung und seiner Wettbewerbsfähigkeit fragil (SCHIRM 2007, S. 5). Das neoliberale Wirtschaftsmodell führte letztendlich zu einer verstärkten Außenabhängigkeit, so dass sich die Auslandsschulden vertieften. Im Jahr 2008 beliefen sich Brasiliens Staatsschulden auf insgesamt 40,7% des kaufkraftbereinigten BIP (BIP 2008, 2,3 Billionen US-Dollar).
Damit soziale Veränderungen im Land erzielt werden konnten, sollte die bisherige Außenpolitik einer verstärkten Süd-Süd-Orientierung weichen. Umfangreiche Kooperationen mit den großen Industrienationen des Nordens wurden daher vernachlässigt. Entsprechend dieser Strategie sind neue Bündnisse mit China, Indien, dem Nahen Osten, Südafrika, Subsahara Afrika und innerhalb Lateinamerikas erwachsen (CIA 2008; SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 9-10). Dabei hat die Beteiligung der EU am brasilianischen Gesamthandel um 10% zugenommen, während der Anteil der USA um etwa 29,1% und derjenige Chinas um 24,6% gestiegen ist (SCHMALZ 2008, S. 13). Präsident Lula meidet trotz zahlreicher Konflikte mit den USA eine absolute Konfrontation und ist bemüht, geregelte Beziehungen weiterhin aufrecht zu halten (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 9-10).
2.2.2 Wirtschaftsbeziehungen und Frei-Handelsbündnisse
Präsident Lula befindet sich in einer schwierigen Position, denn seit Mitte der 90er Jahre ist Brasilien in zahlreichen Verhandlungen zu Freihandelsabkommen beteiligt. Als Mercosur-Mitglied verhandelt Brasilien gleichzeitig mit den übrigen Mercosur-Staaten zur Gesamtamerikanischen Freihandelszone (ALCA)6 und der EU. Auf multilateraler Ebene verhandelt Brasilien über die World Trade Organization (WTO) in der Doha- Runde7. Dabei ist zu befürchten, dass das Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Norden und Süden vertieft und nicht, wie es Lula zu erreichen versucht, in eine Süd-SüdOrientierung umgekehrt wird (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 9-12).
Die EU und die USA verfolgen offensive Strategien, die insbesondere den Export- und Investitionsinteressen transnationaler Unternehmen der Industrienationen zu Gute kommen. Zollsenkungen öffnen neue Märkte für Exporte einerseits, Dienstleistungsund Investitionsliberalisierungen intensivieren den Ausverkauf der Unternehmen in Brasilien andererseits. Zudem nehmen marktkonforme Regelungen zur Vergabe von staatlichen Aufträgen der öffentlichen Hand die Möglichkeit zur entwicklungsfördernden Industriepolitik. Eine Festschreibung hoher sozialer Spaltung sowie eine Vertiefung der Außenabhängigkeit Brasiliens sind die Folgen dieser handelspolitischen Agenda. Für die großen Handelsblöcke ergänzen sich dabei die Verhandlungen auf multilateraler und bilateraler Ebene. So ist ein Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens sogar explizit an die Verhandlungsresultate auf WTO-Ebene gekoppelt. Bilaterale und interregionale Projekte stehen im Zeichen einer ehrgeizigen Mehrebenenstrategie der Industrieländer. Die verhandelten Abkommen der ALCA und des EU-Mercosur reichen über gegenwärtige WTO-Regelungen hinaus. Auf interregionaler Ebene finden sich Themen wie Zollsenkungen für Industrie- und Agrargüter, Liberalisierung des Dienstleistungshandels, Rechte an geistigem Eigentum und die Singapurthemen8 wider (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 30).
Im Interesse des heimischen Agribusiness zielen die Agrarverhandlungen der WTO auf die Liberalisierung der Agrarmärkte ab, wobei die Schutzinteressen der Kleinbauern, nicht nur in Brasilien untergraben werden. Dabei ist nicht auszuschließen, dass Brasilien seine Märkte für Industriegüter und Dienstleistungen zur Verbesserung des Marktzugangs innerhalb des Landwirtschaftssektors unverhältnismäßig weit öffnen könnte. Dies wäre für kleinere, global nicht wettbewerbsfähige Anbieter verhängnisvoll. Die brasilianische Regierung ist neben externen Zwängen einem widersprüchlichen Ringen interner sozialer Gruppen ausgesetzt. Offensive Exportinteressen des brasilianischen Agribusiness und Teilen der Industrie stehen dabei den defensiven Schutzinteressen sozialer Bewegungen, Gewerkschaften und einigen Industriesektoren gegenüber.
Als Schwellenland und weltpolitische Mittelmacht hat Brasilien durchaus einen gewissen Spielraum gegenüber den großen Wirtschaftsmächten EU und USA. Dieser Spielraum kann erweitert werden, wenn es gelingt, als Gegengewicht zu den Interessen des Nordens, die Süd-Süd-Kooperation zu stärken und zu stabilisieren. Ein Weg dorthin wurde bereits durch den Aus- und Umbau des Mercosur zu einem Machtblock, der in höherem Maß soziale Belange berücksichtigt und ganz Südamerika einschließen könnte, bereitet. Auch der Ausbau der bilateralen Handelspolitik mit Ländern des Südens sowie die Führungsrolle Brasiliens in der G-209 auf WTO-Ebene ist ein wesentlicher Schritt in diese Richtung (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 31).
Welche Position Brasilien bei den Verhandlungen zu den Freihandelsabkommen auf WTO-Ebene, mit dem Mercosur, der ALCA und der EU tatsächlich einnimmt und wie das Land diesen internationalen Wirtschaftsbeziehungen letztendlich gegenüber steht, wird in den folgenden Kapiteln herausgestellt.
2.2.2.1 Die World Trade Organisation (WTO)
Die WTO agiert als neutraler Vermittler bei Verhandlungen zu Freihandelsabkommen und verhilft zur Einigung und zum Abschluss. Über die WTO, dessen übergreifendes Ziel die weitere Liberalisierung des Welthandels durch den Abbau von Zöllen, Dumping, Subventionen und anderen Handelshemmnissen ist, ist Brasilien an multilateralen Verhandlungen beteiligt (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 12; WTO 2008).
Im Rahmen des im Jahr 2001 verabschiedeten Arbeitsprogramms (DohaEntwicklungsagenda) versucht die G-20, ein Bündnis von Entwicklungs- und Schwellenländern, in weiteren Ministerkonferenzen einen besseren Marktzugang zur EU und den USA zu erlangen. Dies soll durch eine Reduzierung von Exportsubventionen im Agrarsektor der Industriestaaten und einen Abbau von Importquoten und Zöllen realisiert werden (WTO 2011b). Allerdings scheiterte die Doha-Verhandlungsrunde in Cancún (2003) ergebnislos am Widerstand der G-20 gegen die Agenda des Nordens. Brasilien hat seit der Gründung eine Koordinatorenrolle in der G-20 eingenommen, die die Machtkonfiguration der WTO veränderte und dadurch den Einfluss der OECD-Staaten10 schwächen konnte (SCHMALZ 2008, S. 12, S. 150-151). Die Haltung der EU und den USA unterschied sich erheblich von der der brasilianischen Regierung, denn diese warf den Nationen ein gravierend asymmetrisches Machtverhältnis in der Welthandelsordnung vor. Im Sinne Brasiliens steht ein weniger autokratisches multilaterales Handelssystem, das nicht lediglich als wohlfahrtssteigerndes Instrument dient, sondern vielmehr eine gleichgewichtete Verteilung der Wohlfahrt vorsieht. Dieser Wunsch grundlegende Ordnungsmuster des internationalen Systems zur Symmetrie und Gerechtigkeit zu führen, ist aber dem protektionistischen Interesse der wettbewerbsfähigen brasilianischen Industrie und den Liberalisierungsanstrengungen des konkurrenzfähigen Agrarsektors nach wie vor untergeordnet (SCHIRM 2007, S. 13). Mit der Verabschiedung eines Agrar-Rahmenabkommens zur Handelserleichterung und der zukünftigen Agenda der Doha-Runde konnte auf der WTO-Konferenz in Genf (2004), das ergebnislose Scheitern der Verhandlungsrunde von Cancún überwunden werden (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 14). Dieses Rahmenabkommen, auch Juli-Paket11 genannt, zeichnet sich durch einen Kompromiss zwischen dem Interesse eines umfassenden Handlungsspielraums für interne Subventionen und Exportinteressen aus. Vernachlässigt werden allerdings die Bedürfnisse derjenigen Länder, die zur Ernährungssicherung auf einen Zollschutz für ihre Kleinbauern abzielen (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 12). Auch außerhalb des Agrarsektors sind die Vereinbarungen des JuliPakets entwicklungspolitisch bedenklich. In den so genannten Non Agricultural Market Access-Verhandlungen (NAMA)12 über den Marktzugang nicht agrarischer Produkte sind immense Zollsenkungen beabsichtigt, die in vielen Entwicklungsländern den einheimischen, global nicht wettbewerbsfähigen Betrieben die Existenz nehmen. Einige Beobachter sehen darin sogar eine Gefahr der Deindustrialisierung. Gleichwohl könnten diese genannten Risiken Schwellenländer wie Brasilien treffen, dessen Industrie dem Weltmarktwettbewerb nur teilweise gewachsen ist (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 14-15).
Auch die Ministerkonferenz in Hong Kong (2005), welche die Doha-Runde zum erfolgreichen Abschluss bringen sollte, endete lediglich mit einem Kompromissvorschlag. Dies lag zum einen darin begründet, dass Vertreter der USA zu keinen weiteren Zugeständnissen der zentralen Forderung der G-20, nämlich Agrarsubventionen abzubauen, bereit waren. Zum anderen weigerten sich die Schwellenländer China und Indien, ihre Agrarmärkte zu öffnen und ihre kleinen Landwirtschaftsbetriebe mit massiv subventionierten landwirtschaftlichen Gütern vor der Konkurrenz zu bewahren. Der Kompromissvorschlag sieht den vollständigen Abbau von Agrarexportsubventionen vor allem in der EU, den USA und Kanada bis zum Jahr 2013 vor. Industriell wenig entwickelten Ländern soll bis zum Jahr 2008 ein weitestgehend zoll- und quotenfreier Weltmarktzugang eröffnet werden. Alle weiteren Ministerkonferenzen, zuletzt im Juli 2008, wurden ergebnislos abgebrochen (TAGESSPIEGEL 2008).
2.2.2.2 Der gemeinsame Markt Südamerikas (Mercosur)
Der Mercosur wurde 1991 unter dem Zusammenschluss der Kernländer Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gegründet. Nachdem Peru als assoziiertes Mitglied (2003) aufgenommen wurde, schloss der Mercosur zusätzliche Freihandelsverträge mit Mexiko und den Staaten der Andengemeinschaft (CAN)13 ab. Als gemeinsamer Binnenmarkt setzen diese sich für eine nicht sektoral gebundene Liberalisierung der Warenmärkte sowie für eine gemeinsame Zollunion ein, die jedoch niedrige Außenzölle vorsieht. Auf diese Weise soll ausländisches Kapital angezogen und der südamerikanische Markt attraktiver für den Weltmarkt sein. Diese Integrationspolitik sah es vor, den Mercosur als Plattform zu nutzen, um interne Widerstände gegenüber einer Marktöffnungen einzudämmen (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 22-23). Mit einem BIP von über einer Billion US-Dollar, was etwa 70% des lateinamerikanischen Außenhandels und den Direktinvestitionen entspricht, etablierte sich der Mercosur-Verbund in den 90er Jahren, nach der EU und der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA)14, zum drittgrößten Handelsverbund weltweit (SANGMEISTER 2001, S. 42). Insgesamt überstieg der Intrahandel des Mercosur jedoch nie 25% der Gesamtexporte aller Mitgliedsländer (1998), weswegen der Intrahandel im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbündnissen weit hinten angesiedelt ist (SCHMALZ 2008, S. 43-44).
Als Freihandelszone ist der Mercosur von einigen Ausnahmen und konjunkturell bedingter Wiedereinführung des Protektionismus geprägt. In dieser Hinsicht konnte sich die brasilianische Regierung nicht fortwährend gegen den von Lobbygruppen ausgeüb-ten internen Druck durchsetzen. So gelang es Gewerkschaften und Unternehmen, die ihre Gewinne durch staatliche Protektion zu erzielen versuchten, sich über die handelsliberalen Interessen anderer Sektoren hinwegzusetzen. Entsprechend stehen konkurrenzfähige Branchen der Landwirtschaft sowie einige Industriegütersektoren, deren Interesse der Liberalisierung gilt, gleichermaßen dem Protektionismus wenig wettbewerbsfähiger Sektoren, wie insbesondere den Importsubstitutionsindustrien, gegenüber. Auch konnte der brasilianische Führungsanspruch von einer erfolgreichen regionalen Gruppierung geschwächt werden. Das Ziel, Souveränitätsrechte und Kompetenzen von Nationalstaaten auf gemeinsame Institutionen zu übertragen, war weitestgehend verfehlt. Die rudimentäre Institutionalisierung des Mercosur lag in der brasilianischen Position begründet. Brasilien wollte die nationale Souveränität nicht durch internationale Verträge einschränken lassen, sondern als stärkstes Mitgliedsland seine Überlegenheit ohne Einschränkung verbindlicher multilateraler Institutionen durchsetzen. Insgesamt ist Brasilien vor allem aus machtpolitischen Gründen am Mercosur interessiert und nicht bereit, eine ökonomische Führungsrolle in diesem Bündnis zu übernehmen. Eine Vorbildstellung hinsichtlich einer interregionalen Handelsliberalisierung ist weit gefehlt und eine Unterstützung schwächer gestellter Partnerländer über Strukturfonds oder Beitragszahlungen nicht gewährleistet. Brasilien strebt eine multilaterale Verbindlichkeit lediglich dort an, wo ein Machtgewinn gegenüber stärkeren Institutionen als der WTO zu erwarten ist. Brasilien ist das Mitgliedsland, welches bisher die wenigsten Mercosur-Beschlüsse geltend machte (SCHIRM 2007, S. 5-6). Dieses ambivalente Verhalten erschwert die erfolgreiche Entwicklung des Mercosur zu einer einheitlichen Position.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Mercosur eine widersprüchliche Funktion einnimmt, in der einerseits der institutionelle Zusammenschluss einen politischen Autonomiegewinn der südamerikanischen Länder gegenüber den Industrienationen bedeutet. Andererseits stellt dieser ein Instrument dar, um Privatisierungen und Liberalisierungen im Süden durchzusetzen (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 12).
2.2.2.3 Die Gesamtamerikanische Freihandelszone (ALCA)
Bemühungen, westliche Ökonomien durch Freihandelsabkommen in den Weltmarkt zu integrieren, begannen auf dem amerikanischen Gipfeltreffen in Miami (1994). Dort gaben 34 Staaten Nord-, Süd- und Mittelamerikas sowie der Karibik - Kuba ausgenommen - ihr Einverständnis zur Erschließung einer gesamtamerikanischen Freihandelszone. Verhandlungsprozesse zu diesem Abkommen, welches einen stufenweisen Abbau von Handels- und Investitionshemmnissen vorsieht, hätten bis 2005 abgeschlossen werden sollen (VIVAS-EUGUI 2003, S. 10).
[...]
1 Das Kyoto Protokoll trat 2005 als internationales Abkommen, angekoppelt an das Rahmenabkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderung, in Kraft. In diesem sind verbindliche Vorgaben für 37 Industriestaaten und die EU zur Reduktion von Treibhausgasemissionen verabschiedet. Emissionen sollen zwischen 2008 und 20012 um durchschnittlich 5% gegenüber 1990 reduziert werden (UNFCCC 2011).
2 Nach Ravallion und Chen kann pro-poor growth als mittlere Wachstumsrate des Einkommens der Armen gedeutet werden und gibt das Ausmaß an, inwieweit die Armen von dem Wirtschaftswachstum eines Landes profitieren (RAVALLION, CHEN 2003, S. 93-95).
3 Nach Ricardo ist der Handel zwischen zwei Ländern dann vorteilhaft, wenn für ein Land ein komparativer Kostenvorteil in der Produktion besteht und es somit zu geringeren Opportunitätskosten gegenüber der Konkurrenz produziert. Demnach sollte sich ein Land auf jenes Gut spezialisieren, welches es vergleichsweise relativ günstiger herstellen kann (DORNBUSCH 1977, S. 823-839).
4 Unter tarifären Handelshemmnissen lassen sich Zölle zusammenfassen, die im Zuge freihandelspolitischer Anstrengungen von nicht-tarifären Handelshemmnissen abgelöst wurden. Zu diesen zählen beispielsweise Importkontingente, Exportbeschränkungen oder Exportsubventionen (APOLTE et al. 2007, S. 475).
5 Der Gemeinsame Markt des Südens (Mercosur) ist ein Freihandelsabkommen zwischen Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela. Assoziierte Mitglieder sind Bolivien, Chile, Ecuador, Kolumbien und Peru. Ökonomische und politische Regelungen sind durch den Vertrag von Asunción (1991) erstmalig festgelegt (IDATD 1991).
6 Die ALCA konstituierte sich mit dem Amerikagipfel in Miami (1994), bei dem Staats- und Regierungschefs von 34 Mitgliedsstaaten Nord- und Südamerikas sich bereit erklärten, Hindernisse für Handel und Investitionen zukünftig schrittweise zu beseitigen (ALCA 2011).
7 Auf der vierten WTO-Ministerkonferenz in Doha (Katar, 2001) einigten sich Wirtschafts- und Handelsminister darauf, eine neue multilaterale Handelsrunde anzustoßen. In dem dafür vorgesehenen Arbeitspapier, der Doha-Entwicklungsagenda, sind Maßnahmen zur Stärkung der Welthandelsordnung, zur weiteren Öffnung von Märkten und gleichzeitig eine verbesserte Integration von Entwicklungsländern in die Weltwirtschaft vorgesehen (WTO 2011a).
8 Der Ministererklärung von Singapur (1996) folgend bildeten sich Arbeitsgruppen, die sich mit den sogenannten Singapurthemen wie Investitionen, Wettbewerbspolitik und Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen auseinander setzen. Zur Beurteilung von Strategien zur Handelserleichterung wurde darüber hinaus der Rat für Handel verpflichtet (ICTSD, IISD 2003).
9 Mit der Gruppe der Zwanzig Finanzminister und Zentralbankpräsidenten (G-20) wurden systemisch wichtige Industrie- und Entwicklungsländer zusammen gebracht, um über zentrale Fragen der Weltwirtschaft zu diskutieren (G-20 2011).
10 Die OECD vereint weltweit 34 Staaten, welche sich für demokratische und marktwirtschaftliche Belange einsetzen. Dabei unterstützen sie die Entwicklung anderer Länder und verfolgen das Ziel eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums, einen verstärkten Welthandels, höhere Beschäftigung, Steigerung des Lebensstandards sowie finanzielle Stabilität (OECD 2011).
11 Mit dem verabschiedeten Juli-Paket (2008) sollte der Weg zum Abschluss der Doha Runde geebnet werden. Dieses umfasst Modalitäten für künftige Handelspolitiken in Bezug auf landwirtschaftliche und nicht-landwirtschaftliche Güter (NAMAs). Vereinbarungen würden das Ausmaß von Zollsenkungen sowie die Höhe der Agrarsubventionen innerhalb der WTO- Mitgliedsländer bestimmen. Auch weitere Themen wie Dienstleistungsregelungen stehen auf der Agenda (WTO 2011b).
12 Verhandlungen zum nicht-landwirtschaftlichen Marktzugang zielen auf eine Verminderung oder Beseitigung von Tarifen ab. Insbesondere sollen Zollspitzen, hohe Zölle, Zolleskalation und nicht-tarifäre Handelshemmnisse für Exportprodukte unterbunden werden, welche für Entwicklungsländer und am wenigsten entwickelte Staaten besonders bedeutsam sind (WTO 2011c).
13 Zu den Ländern der Andengemeinschaft zählen Bolivien, Chile, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela (SCHMALZ, FUCHS 2005, S. 23).
14 Das im Januar 1994 gegründete Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) ist ein ausgedehnter Wirtschaftsverbund zwischen Kanada, den USA und Mexiko (SANGMEISTER 2001, S. 42).
- Quote paper
- Kordula Pfeiffer (Author), 2011, Globalisierung und wirtschaftliche Entwicklung in Brasilien, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/174675