Gestützte Kommunikation (Facilitated Communication FC) ist ein umstrittenes Verfahren zur Unterstützung autistischer Menschen, welches es Personen ermöglicht, die sonst weder sprechen noch schreiben können, schriftliche Aussagen formulieren. Dabei werden teilweise erstaunliche Fähigkeiten und Einsichten offenbart. Ein berühmtes Beispiel ist der autistische junge Mann Birger Sellin, von dem einige Texte analysiert werden.
Es gibt eine breite Kritik an der Gestützten Kommunikation, die unterstellt, dass es sich bei den erzeugten Texten eigentlich um Produkte der Hilfepersonen handelt, denen die unterstützten Personen suggestiv-ideomotorisch folgen.
Die Arbeit beleuchtet einige Erfahrungen mit Gestützter Kommunikation, stellt wichtige Theoriefundamente für die Erklärung des Phänomens zusammen und analysiert eine empirische Untersuchung zur Validität des Verfahrens.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Autismus und Kommunikation - ein Widerspruch?
- 1.1. Was heißt Autismus?
- 1.1.1. Medizinische Kriterien
- 1.1.2. Ätiologien
- 1.2 Was heißt Kommunikation?
- 1.2.1. Sprachliche Kommunikation
- 1.2.2. Nichtsprachliche Kommunikation
- 1.2.3. Gestützte Kommunikation nach Crossley
- 2. Gestützte Kommunikation und die Kontroverse
- 2.1. Standpunkte und kontrollierte Studien
- 2.1.1. Die Münchner Studie von Bundschuh und Basler-Eggen
- 2.1.2. Metaanalyse amerikanischer Studien nach Biermann
- 2.2. Diskussion der Studien und ihrer Ergebnisse
- 3. Erklärungsbausteine zu FC-Phänomenen
- 3.1. Verdeckter Erwerb von Lese- und Schreibkompetenzen
- 3.1.1. Kompensation: Vorstellungsschemata und Sprachschemata
- 3.1.2. Lesenlernen durch Berieselung
- 3.1.3. Innere Sprache als Brücke zwischen Denken und Äußerung
- 3.1.4. Innere Sprache über neuropsychologische Umwegprozesse
- 3.2. Mögliche Wirkungen von Stützung und Nähe
- 3.2.1. Stützung als krankengymnastische Intervention
- 3.2.2. Psychologie der Wechselwirkung von Nutzer und Facilitator
- 3.2.3. Stützung als strukturelle Koppelung von Systemen
- 3.2.4. Verstehende Ansätze: Phänomenologie und Anthroposophie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem komplexen Verhältnis von Autismus und Kommunikation, insbesondere im Kontext der unterstützten Kommunikation (UK) und der damit verbundenen Kontroversen. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der Thematik zu vermitteln, indem Grundlagen des Autismus und der Kommunikation erläutert, relevante Studien vorgestellt und verschiedene Erklärungsansätze diskutiert werden.
- Autismus als Spektrumstörung mit vielfältigen Ausprägungen
- Kontroverse um die unterstützte Kommunikation und deren Wirksamkeit
- Medizinische und diagnostische Kriterien des Autismus
- Verschiedene Erklärungsmodelle für Phänomene im Zusammenhang mit unterstützter Kommunikation
- Die Bedeutung von sozialer Interaktion und Kommunikation für Menschen mit Autismus
Zusammenfassung der Kapitel
1. Autismus und Kommunikation - ein Widerspruch?: Das Kapitel untersucht die scheinbar widersprüchliche Beziehung zwischen Autismus, charakterisiert durch kommunikative Beeinträchtigungen, und der dennoch bestehenden Möglichkeit der Kommunikation mit autistischen Personen. Es werden verschiedene Kommunikationsmodalitäten und -methoden beleuchtet und die Annahme widerlegt, dass Autismus ein absolutes Kommunikationshindernis darstellt. Es wird auf die Vielfältigkeit des Autismus-Spektrums eingegangen und die Komplexität der Kommunikation bei Autismus hervorgehoben, wodurch die Notwendigkeit weiterer Erforschung unterstrichen wird. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Vielfältigkeit von Autismus und der dennoch vorhandenen Kommunikationsfähigkeit.
1.1 Was heißt Autismus?: Dieses Kapitel definiert Autismus als tiefgreifende Entwicklungsstörung und widerlegt die gängigen Stereotypen. Es beschreibt das breite Spektrum an Symptomen, von sozialer Dysfunktion und kognitiven Auffälligkeiten bis hin zu sensorischen Besonderheiten und Verhaltensauffälligkeiten. Die Diversität der Erscheinungsformen und die Bedeutung der Differenz-Hypothese im Gegensatz zur Defizit-Hypothese werden betont, und es wird auf die Bedeutung der frühen Kindheit für die Entwicklung hingewiesen. Die Ausführungen betonen die Heterogenität der Autismus-Spektrums und die Bedeutung einer differenzierten Betrachtungsweise.
1.1.1 Medizinische Kriterien: Hier werden die international anerkannten diagnostischen Kriterien nach DSM-IV und ICD-10 vorgestellt. Es wird auf die qualitative Unterscheidung von Autismus und geistiger Behinderung eingegangen und der Fokus auf die drei Hauptdimensionen der sozialen Interaktion, der Kommunikation und der stereotypen Verhaltensweisen gelegt. Der Abschnitt erläutert die Notwendigkeit einer umfassenden Diagnostik und nennt ein Beispiel für ein diagnostisches Instrument (CHAT). Die Erläuterung der Kriterien und die Erwähnung von diagnostischen Instrumenten dienen dem besseren Verständnis der medizinischen Einordnung von Autismus.
1.1.2 Ätiologien: Dieses Kapitel befasst sich mit den Ursachen des Autismus. Es wird die komplexe Interaktion genetischer, biochemischer, neurobiologischer, neuropsychologischer, kognitiv-emotionaler, sozial-kognitiver, sozial-interaktioneller und ökologischer Faktoren betont. Es wird gezeigt, dass ein rein psychogenetischer Ansatz allein nicht ausreicht, aber dennoch eine Rolle in späteren Entwicklungsphasen spielen kann. Die verschiedenen ätiologischen Modelle werden kategorisiert und die polyätiologische Natur der Störung hervorgehoben. Die Darstellung der verschiedenen Modelle und deren Grenzen zeigt die Komplexität der Ursachenforschung auf.
2. Gestützte Kommunikation und die Kontroverse: Dieses Kapitel beleuchtet die Kontroverse um die unterstützte Kommunikation (UK) bei Autismus. Es präsentiert gegensätzliche Standpunkte und Ergebnisse kontrollierter Studien, wie zum Beispiel die Münchner Studie von Bundschuh und Basler-Eggen sowie die Metaanalyse amerikanischer Studien nach Biermann. Die Kapitel diskutieren die methodischen Herausforderungen bei der Erforschung von UK und die Bedeutung der kritischen Auseinandersetzung mit den Studienergebnissen. Die Zusammenfassung fasst die unterschiedlichen Positionen zusammen und hebt die Bedeutung der kritischen Betrachtung der Forschungsbefunde hervor.
3. Erklärungsbausteine zu FC-Phänomenen: Dieses Kapitel widmet sich verschiedenen Erklärungsansätzen für Phänomene im Zusammenhang mit der unterstützten Kommunikation. Es werden Aspekte wie der verdeckte Erwerb von Lese- und Schreibkompetenzen, die Wirkung von Stützung und Nähe (einschließlich des Clever-Hans-Effekts und sozialer Fazilitation), und die Bedeutung struktureller Kopplungen und verstehenden Ansätze (wie Phänomenologie und Anthroposophie) diskutiert. Die Ausführungen zeigen die Notwendigkeit interdisziplinärer Ansätze und die Komplexität der Interpretationsmöglichkeiten auf.
Schlüsselwörter
Autismus, Kommunikation, Gestützte Kommunikation, Kontroverse, Studien, Ätiologie, Diagnostik, soziale Interaktion, Kommunikationsmodalitäten, Erklärungsansätze, neuropsychologische Modelle, sozial-kognitive Modelle.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Autismus und Kommunikation - ein Widerspruch?
Was ist der Gegenstand dieses Textes?
Der Text befasst sich umfassend mit dem komplexen Verhältnis von Autismus und Kommunikation, insbesondere im Kontext der unterstützten Kommunikation (UK) und den damit verbundenen Kontroversen. Er erläutert die Grundlagen des Autismus und der Kommunikation, präsentiert relevante Studien und diskutiert verschiedene Erklärungsansätze.
Welche Themen werden im Text behandelt?
Der Text behandelt folgende Themen: Autismus als Spektrumstörung, die Kontroverse um die unterstützte Kommunikation und deren Wirksamkeit, medizinische und diagnostische Kriterien des Autismus, verschiedene Erklärungsmodelle für Phänomene im Zusammenhang mit unterstützter Kommunikation, die Bedeutung von sozialer Interaktion und Kommunikation für Menschen mit Autismus, verschiedene Kommunikationsmodalitäten und -methoden, die Darstellung der Vielfältigkeit von Autismus und der dennoch vorhandenen Kommunikationsfähigkeit, die Heterogenität des Autismus-Spektrums und die Bedeutung einer differenzierten Betrachtungsweise, die Ursachen von Autismus (Ätiologie), die Notwendigkeit einer umfassenden Diagnostik, methodische Herausforderungen bei der Erforschung von UK, und die Bedeutung der kritischen Auseinandersetzung mit Studienergebnissen.
Welche Studien werden im Text erwähnt?
Der Text erwähnt die Münchner Studie von Bundschuh und Basler-Eggen sowie eine Metaanalyse amerikanischer Studien nach Biermann, die sich mit der Wirksamkeit der unterstützten Kommunikation befassen. Diese Studien werden kritisch diskutiert.
Welche Erklärungsansätze für Phänomene im Zusammenhang mit unterstützter Kommunikation werden diskutiert?
Der Text diskutiert verschiedene Erklärungsansätze, einschließlich des verdeckten Erwerbs von Lese- und Schreibkompetenzen, die Wirkung von Stützung und Nähe (einschließlich des Clever-Hans-Effekts und sozialer Fazilitation), die Bedeutung struktureller Kopplungen und verstehenden Ansätze (wie Phänomenologie und Anthroposophie).
Wie ist der Text aufgebaut?
Der Text ist in Kapitel unterteilt, beginnend mit einer Einführung in Autismus und Kommunikation, gefolgt von einer Diskussion der Kontroverse um die unterstützte Kommunikation und schließlich einer Erörterung verschiedener Erklärungsansätze. Jedes Kapitel ist weiter untergliedert in Unterkapitel, die sich mit spezifischen Aspekten der Thematik befassen. Der Text enthält zudem ein Inhaltsverzeichnis, eine Zielsetzung mit Themenschwerpunkten, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter.
Was sind die Schlüsselwörter des Textes?
Schlüsselwörter des Textes sind: Autismus, Kommunikation, Gestützte Kommunikation, Kontroverse, Studien, Ätiologie, Diagnostik, soziale Interaktion, Kommunikationsmodalitäten, Erklärungsansätze, neuropsychologische Modelle, sozial-kognitive Modelle.
Für wen ist dieser Text relevant?
Dieser Text ist relevant für Wissenschaftler, Therapeuten, Pädagogen und alle anderen, die sich professionell mit Autismus und Kommunikation befassen. Er bietet eine fundierte und umfassende Darstellung der Thematik.
Welche diagnostischen Kriterien werden im Text erwähnt?
Der Text erwähnt die international anerkannten diagnostischen Kriterien nach DSM-IV und ICD-10 für Autismus-Spektrum-Störungen. Es wird auf die drei Hauptdimensionen der sozialen Interaktion, der Kommunikation und der stereotypen Verhaltensweisen eingegangen.
Welche Arten von Kommunikation werden im Text behandelt?
Der Text behandelt sprachliche und nichtsprachliche Kommunikation sowie die gestützte Kommunikation nach Crossley.
Welche Schlussfolgerung zieht der Text?
Der Text betont die Komplexität des Themas und die Notwendigkeit interdisziplinärer Ansätze zur Erforschung des Verhältnisses von Autismus und Kommunikation. Er unterstreicht die Bedeutung einer kritischen Auseinandersetzung mit Studienergebnissen und die Vielfältigkeit von Autismus und Kommunikationsformen.
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- Matthias Wenke (Author), 2003, Autismus und Kommunikation. Gestützte Kommunikation und die Kontroverse, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/16633