Inmitten der Trümmer einer zerstörten Welt, wo Hoffnung wie ein fernerhallendes Echo wirkt, entfaltet sich Wolfgang Borcherts eindringliche Kurzgeschichte "Die Kegelbahn". Ein Loch im Boden, beinahe gemütlich und doch ein Grab, wird zur Bühne für zwei Soldaten, deren Existenz von Befehlen und Gewehren bestimmt wird. Borcherts minimalistischer Stil, ein Markenzeichen der Kahlschlagliteratur, zeichnet ein erschütterndes Bild von Entmenschlichung und der Sinnlosigkeit des Krieges. Die Metapher der Kegelbahn, zunächst verborgen, offenbart sich als Spiegelbild der seelischen Verwüstung, in der fallende Kegel zu gefallenen Kameraden werden und das Donnern der Kugeln die traumatischen Erschütterungen der Kriegsgräuel widerspiegelt. Die Kurzgeschichte, durchzogen von Wortmotiven wie "Gewehr", "Kopf" und "befohlen", verdeutlicht die Ausweglosigkeit der Situation und die fehlende Selbstbestimmung der Soldaten. Die Perversion einer Gesellschaft, die das Töten belohnt, wird schonungslos entlarvt. Ein Kopf, reduziert auf seine Sinnesorgane, wird zum Sinnbild der verlorenen Menschlichkeit, während die Soldaten gezwungen sind, unzählige "Köpfe kaputt zu machen", bis die Toten sich in ihren Träumen zu einem monströsen Kegelberg auftürmen. Ein tiefgründiger Dialog, geprägt von Anaphern und gegensätzlichen Sprachbildern, offenbart den inneren Zwiespalt der Soldaten zwischen Pflicht und Gewissen, zwischen Befehl und Grauen. "Die Kegelbahn" ist ein erschütterndes Mahnmal gegen den Krieg, eine literarische Trümmerlandschaft, die den Leser mit der Frage nach der eigenen Verantwortung konfrontiert. Borcherts Meisterwerk ist ein Muss für jeden, der sich mit der deutschen Nachkriegsliteratur, der Aufarbeitung des Zweiten Weltkriegs und den ethischen Dilemmata des Soldatentums auseinandersetzen möchte. Ein beklemmendes Leseerlebnis, das lange nachhallt und zum Nachdenken anregt, ein literarisches Denkmal der Trümmerzeit, das die Narben des Krieges in die Seelen der Leser brennt und die Frage nach Schuld und Verantwortung in einer entmenschlichten Welt aufwirft. Die Geschichte ist ein intensives Kammerspiel der Verzweiflung, ein literarisches Requiem für die verlorene Unschuld und eine Mahnung, die Schrecken des Krieges niemals zu vergessen. Borcherts Sprache ist präzise und schonungslos, seine Bilder sind eindringlich und verstörend. "Die Kegelbahn" ist ein literarisches Juwel, das die Abgründe der menschlichen Seele offenbart und die Frage nach dem Sinn des Lebens in einer Welt des Krieges stellt.
Der Text „Die Kegelbahn“ von Wolfgang Borchert erschien 1947 und ist somit der Nachkriegsliteratur in Deutschland - um genauer zu sein der Trümmer- und Kahlschlagliteratur zuzuordnen. Dem Text ist ein Prolog aus sechs Versen vorangestellt. Am direkten Einstieg und am offenen Ende kann ich erkennen, dass es sich um eine Kurzgeschichte handelt. Zudem verwendet Borchert das Mittel der Zeitraffung, das heißt die Erzählzeit, das ist die Zeit, die man zum Lesen der Geschichte benötigt, ist kürzer als die erzählte Zeit. Dies ist bei Kurzgeschichten sehr häufig der Fall. „Die Kegelbahn“ ist in zwei übersichtlichen Spalten abgedruckt und besteht aus mehreren Absätzen, denen unterschiedliche Funktionen zugeordnet werden können. Die Erzählperspektive ist schwer festzumachen. Nach dem Ausschlussverfahren komme ich aber zu dem Ergebnis, dass es sich um einen auktorialen Erzähler handeln muss, der sich allerdings auf sachliche Beschreibungen beschränkt und keine Wertungen vornimmt. Die Darbietungsformen in der Kurzgeschichte sind der Erzählbericht durch den auktorialen Erzähler und die direkte Rede zwischen zwei Soldaten, welche ebenfalls vom auktorialen Erzähler berichtet wird.
Der vorangestellte Prolog ist für das Verstehen des Textes von größter Bedeutung, da erst durch ihn eine inhaltlich sinnvolle Bedeutung zwischen dem Titel und dem Inhalt der Kurzgeschichte geschaffen wird. Kegler, Kugel und Kegel sind Metaphern für die Menschen bzw. die Soldaten, die sich im Krieg befinden. Kegler und Kugeln bedeutet, sie sind die Täter. Aber zugleich sind sie auch „die Kegel, die stürzen“ und somit die Opfer des Krieges. Die Kegelbahn ist hier als Metapher für das Herz und die Seele der Menschen zu sehen. Das Donnern auf der Kegelbahn sind also seelische Erschütterungen, unter denen die Menschen im Krieg leiden. Stürzende Kegel verkörpern fallende Freunde, Verwandte oder Kameraden. Ohne diesen Prolog zu Beginn kann der Leser nur schwer eine Verbindung zwischen dem Titel „Die Kegelbahn“ und dem Inhalt der Geschichte erkennen. Die Kurzgeschichte beginnt mit dem direkten Einstieg in eine sehr knappe Beschreibung des Handlungsortes „ein Loch in der Erde […] ganz geräumig und beinahe gemütlich“. Dieses Loch wird nun unerwartet mit einem Grab verglichen (vgl. Z. 1-3). Der Vergleich zeigt dem Leser die Gegenwart des Todes. Es wird der Eindruck erweckt, dass die beiden Männer bereits mit einem Bein im Grab stehen. Im Folgenden wird nun die Situation der beiden Soldaten beschrieben. Diese Beschreibung wirkt so unpersönlich, dass man die Situation der beiden Soldaten auf jeden anderen Soldaten übertragen kann. Dadurch gewinnt die Geschichte etwas Parabelhaftes. Die Sprache wirkt durch kurze, knappe Sätze und viele Wiederholungen sehr karg, was für die Trümmer- und Kahlschlagliteratur typisch ist (vgl. Z. 3- 14). Ein parataktischer Satzbau dominiert den gesamten Text. Die Schlüsselwörter sind „Gewehr“, „schießen“ und „befohlen“ im nächsten Abschnitt kommt noch das Schlüsselwort „Kopf“ dazu. Diese Wortleitmotive wiederholen sich in jedem Abschnitt des Textes.
Damit werden die Ausweglosigkeit der Lage der Soldaten und ihre eingeschränkten Möglichkeiten, was Selbstbestimmung und das Treffen eigener Entscheidungen anbelangt, formal verdeutlicht. Außerdem wird am Ende dieses Abschnitts die Perversion einer Gesellschaft gezeigt, die jemanden dafür belohnt, dass er ein Gewehr erfindet, was schneller schießt und mit dem man mehr Menschen umbringen kann (vgl. Z. 10-14). Im nun folgenden Abschnitt erscheint das Motiv des Kopfes, welches sich später immer wieder wiederholt. Um größtmögliche Objektivität und Neutralität zu erreichen, beschreibt Borchert nicht das Aussehen des Kopfes, der metaphorisch für den Menschen steht, sondern zählt lediglich die Sinnesorgane des Kopfes auf und beschreibt dann die Sinnesempfindungen, die jeder Mensch hat. „Er hatte eine Nase, […] Augen, […] Er hatte einen Mund.“ Die Organe des Kopfes werden nur aufgezählt, aber nicht beschrieben, somit kann dieser Kopf jedem Menschen gehören. Die Fähigkeit „… Parfüm riechen, […] Blume sehen […] Inge sagen oder Mutter.“, hat ebenfalls jeder Mensch. Dieser Mensch erscheint den beiden Männern gegenüber völlig neutral, erst als sie ihn erschießen, erfährt der Leser, dass es ein „Feind“ gewesen sein muss. Die Sinnlosigkeit des Krieges wird an diesem Beispiel eindrucksvoll geschildert. In Abschnitt vier wird dieser Eindruck bestätigt. Die zwei Soldaten töten viele Menschen, die sie nicht kannten und die ihnen vorher nichts getan hatten. Das Wort „Aber“ in Zeile 33 weckt beim Leser die Erwartung auf eine Begründung für den Krieg. Stattdessen wird nur wiederholt, dass einer das Gewehr erfunden hat und einer es befohlen hat. Eine vernünftige Erklärung, warum Krieg ist, bleibt aus. Das muss sie natürlich auch, da es sie nicht gibt. Im fünften Abschnitt wird erstmals eine Verbindung zum Titel hergestellt, indem der Autor auf die Anzahl der Getöteten eingeht, aus deren Köpfen man schon einen großen Berg machen konnte.
Häufig gestellte Fragen zu Wolfgang Borcherts "Die Kegelbahn"
Wann wurde "Die Kegelbahn" von Wolfgang Borchert veröffentlicht und welcher Literaturepoche wird sie zugeordnet?
"Die Kegelbahn" erschien 1947 und wird der Nachkriegsliteratur in Deutschland zugeordnet, genauer der Trümmer- und Kahlschlagliteratur.
Welche Erzählperspektive wird in der Kurzgeschichte verwendet?
Es handelt sich um einen auktorialen Erzähler, der sich jedoch auf sachliche Beschreibungen beschränkt und keine Wertungen vornimmt.
Welche Bedeutung hat der Prolog für das Verständnis des Textes?
Der Prolog ist für das Verständnis des Textes von größter Bedeutung, da er eine inhaltlich sinnvolle Bedeutung zwischen dem Titel und dem Inhalt der Kurzgeschichte schafft. Kegler, Kugel und Kegel sind Metaphern für die Menschen bzw. die Soldaten im Krieg.
Welche Rolle spielt die Metapher der Kegelbahn?
Die Kegelbahn ist eine Metapher für das Herz und die Seele der Menschen. Das Donnern auf der Kegelbahn sind seelische Erschütterungen, unter denen die Menschen im Krieg leiden. Stürzende Kegel verkörpern fallende Freunde, Verwandte oder Kameraden.
Was wird durch die karge Sprache und den parataktischen Satzbau verdeutlicht?
Die karge Sprache, kurze Sätze und Wiederholungen, sowie der parataktische Satzbau sind typisch für die Trümmer- und Kahlschlagliteratur. Sie verdeutlichen die Ausweglosigkeit der Lage der Soldaten und ihre eingeschränkten Möglichkeiten der Selbstbestimmung.
Welche Schlüsselwörter sind im Text von Bedeutung?
Die Schlüsselwörter sind "Gewehr", "schießen", "befohlen" und "Kopf". Diese Wortleitmotive wiederholen sich in jedem Abschnitt des Textes.
Was wird durch das Motiv des Kopfes dargestellt?
Das Motiv des Kopfes steht metaphorisch für den Menschen und die Sinnlosigkeit des Krieges. Die Tatsache, dass die Soldaten Menschen töten, die sie nicht kennen und die ihnen nichts getan haben, wird betont.
Wie wird die Verbindung zum Titel im Text hergestellt?
Die Verbindung zum Titel wird hergestellt, indem der Autor auf die Anzahl der Getöteten eingeht, aus deren Köpfen man schon einen großen Berg machen konnte. Er verwendet den Vergleich, dass die Köpfe wie auf einer Kegelbahn herunterrollen, was auch die Albträume der Soldaten beschreibt.
Welches Prinzip liegt dem Dialog zwischen den Soldaten zugrunde?
Dem Dialog zwischen den Soldaten liegt das antithetische Prinzip zugrunde, das heißt, einer vertritt die These und ein anderer die Antithese. Die Anapher "Aber" leitet These sowie Antithese ein.
Welchen Zwiespalt verdeutlicht der Dialog zwischen den Soldaten?
Der Dialog verdeutlicht den Zwiespalt, in dem sich die Soldaten befinden: Einerseits sind sie verpflichtet, ihrem Vaterland zu dienen, andererseits wissen oder fühlen sie zumindest, dass das, was sie tun, falsch ist.
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- Frank Bauer (Author), 2007, Borchert, Wolfgang - Die Kegelbahn - Interpretation der Kurzgeschichte, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/165069