Die Poeten des Expressionismus verbindet das Bewußtsein der absoluten Subjektabhängigkeit und Relativität aller Wirklichkeitsbehauptungen, aber auch der Wunsch, gegen die Erstarrungen und Verkrustungen tradierter Ordnungen in Elternhaus, Schule, Beruf, Universität, Armee, Ehe, Familie usw. bohemehaft zu rebellieren.
Dieses Zitat von Waltraud Wende im Buch „Großstadtlyrik“ verdeutlicht den Hauptgedanken der frühexpressionistischen Lyrik, die ab ca. 1910 anzusiedeln ist. Sie wendet sich gegen alle Ordnungen, die ihren Verfassern im Laufe ihres Lebens begegnet sind. Die Poeten drücken dies besonders durch ihre Verwendung der Sprache aus. Waltraud Wende geht also von der subjektiven Wiedergabe des Erlebten in der Großstadt aus. Wie aber äußert sich dies? Genau diesem Aspekt soll in der vorliegenden Arbeit mittels Vergleich zweier Gedichte nachgegangen werden. Verglichen werden zwei Sonette aus dem Berlinzyklus von Georg Heym. Als Grundlage und zum Verständnis der Thematik werden zunächst die Geschichte der Großstadtlyrik und die Epoche des Expressionismus erläutert. Anschließend wird, um einen weiteren Vergleichspunkt mit in die Subjektivität der Großstadtwahrnehmung einbeziehen zu können, die tatsächliche Situation der Stadt Berlin und ihrer Einwohner zu Beginn des 20. Jahrhunderts näher erläutert. Abschließend ist es für das Verständnis der Gedichte wichtig die Entwicklungen in der Großstadt auf den Wahrnehmungsprozess beim Menschen zu übertragen. Die Erörterung und der Vergleich der Gedichte schließen in der Analyse der Wahrnehmung der Großstadt bei Georg Heym.
Bei Georg Heym findet sich eine Diskrepanz zwischen Form und Inhalt seiner Sonettgedichte, die in der Forschung verschiedene Meinungen hervorruft. Diesem Aspekt soll im Schlussteil als Ausblick auf eine mögliche weitere Fragestellung in Zusammenhang mit der Subjektivität nachgespürt werden. Denn laut Jürgen Ziegler lässt sich „an der metrischen Form, an ihrer Handhabung und Funktion die Problematik der expressionistischen Subjektivität aufweisen.“
Die Untersuchungen beschränken sich lediglich auf den Expressionismus in der Literatur und beziehen weder Musik noch Kunst mit ein, um das Thema besser behandeln zu können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Geschichte der Großstadtlyrik
- Der Expressionismus
- Die Stadt Berlin zur Zeit Heyms und ihre Wahrnehmung
- Die Sonette Berlin I und Berlin III von Georg Heym
- Berlin I
- Berlin III
- Vergleich der beiden Sonette
- Die Großstadtwahrnehmung bei Heym
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die subjektive Wahrnehmung der Großstadt in der frühen expressionistischen Lyrik am Beispiel zweier Sonette aus dem Berlinzyklus von Georg Heym. Die Analyse fokussiert auf den Vergleich der beiden Sonette und die Darstellung der Großstadtwahrnehmung bei Heym. Sie untersucht, wie sich die Geschichte der Großstadtlyrik, die Epoche des Expressionismus und die Situation Berlins zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf die subjektive Wahrnehmung der Stadt auswirken.
- Die Geschichte der Großstadtlyrik und ihre Entwicklung
- Die Rolle des Expressionismus in der Literatur und seine charakteristischen Merkmale
- Die soziale und städtische Situation Berlins zu Beginn des 20. Jahrhunderts
- Der Vergleich zweier Sonette von Georg Heym und ihre Darstellung der Großstadtwahrnehmung
- Die subjektive Wahrnehmung der Großstadt bei Heym im Kontext von Form und Inhalt seiner Sonette
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit dar: wie sich die Großstadt auf die subjektive Wahrnehmung des Einzelnen auswirkt. Sie betont die Bedeutung der Sprache in der expressionistischen Lyrik und die Notwendigkeit, diese Aspekte durch den Vergleich zweier Sonette von Georg Heym zu beleuchten.
Das zweite Kapitel beleuchtet die Geschichte der Großstadtlyrik, beginnend mit den Reiseberichten des 18. Jahrhunderts. Es zeigt, wie die Großstadt zunächst als Neuheit und Kontrast zur ländlichen Heimat wahrgenommen wurde. Die Entwicklung der Großstadtlyrik wird mit dem englischen Roman des 18. und 19. Jahrhunderts und der beginnenden Industrialisierung in Verbindung gebracht, welche zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den negativen Seiten der Großstadt führte.
Kapitel drei widmet sich dem Expressionismus als literarische Epoche. Es beschreibt die antibürgerliche und antinationalistische Grundhaltung der Expressionisten und ihre negative Sicht auf die Großstadt, die mit Weltuntergangsvisionen oder einem übersteigerten Mythos verbunden ist. Der Vergleich mit dem Naturalismus zeigt die Unterschiede in der Darstellung der Realität und der Bedeutung der Sprache.
Kapitel vier beschreibt die Situation der Stadt Berlin zur Zeit Heyms und ihre Wahrnehmung. Es beleuchtet die rasche Urbanisierung, die industrielle Revolution und ihre Folgen für die Stadt und ihre Bewohner. Die Darstellung der sozialen Verhältnisse in Berlin, insbesondere der Mietskasernen und der Anonymität der Großstadt, verdeutlicht die spezifischen Herausforderungen, denen die Menschen in dieser Zeit begegneten.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind Großstadtlyrik, Expressionismus, Georg Heym, Berlinzyklus, Sonette, Großstadtwahrnehmung, Subjektivität, Form und Inhalt, soziale Situation, Industrialisierung, Anonymität, Desorientierung.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2010, Die Wahrnehmung der Großstadt in der Dichtung des Expressionismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/164733