Den Intentionalitätsbegriffs kann man in aller Kürze so formulieren: Das Bewusstsein ist Bewusstsein von etwas, d.h. man sieht etwas, man denkt etwas, man hofft etwas etc. Dies scheint eine Selbstverständlichkeit und Trivialität zu sein. Doch warum können wir uns geistig auf etwas beziehen? Diese scheinbare einfache Frage, erweist sich bei näherer Betrachtung als äußerst schwierig. Was Husserl unter Intentionalität versteht, soll in dieser Arbeit näher untersucht werden. Den Begriff der Intentionalität hat Husserl von seinem Lehrer Franz Brentano übernommen, der diesen Ausdruck, ursprünglich aus der Scholastik kommend, in modifizierter Form wieder aufnahm und in seinem Werk "Psychologie vom empirischen Standpunkt" in die Neuzeit einführte. Zunächst soll auf Brentanos Intentionalitätsbegriff eingegangen werden. Husserl kritisiert und modifiziert Brentanos Auffassung. In Husserls Verständnis der Intentionalität lassen sich drei Phasen unterscheiden. Die allgemeine Struktur entwickelt er in seiner ersten Phase bis einschließlich den "Logischen Untersuchungen". Im Anschluss daran führt Husserl eine transzendentalphilosophische Neuformulierung seiner Intentionalitätsanalyse durch. In der dritten Phase gelangt er zur Erforschung der vorbewussten Schichten der Intentionalität, die die Gegenstandskonstitution im vollen Sinne erst
ermöglicht. Diese drei Phasen der Intentionalität werden erläutert. Letztlich wird die Bedeutung der Phänomenologie für den Husserlschen Begriff der Intentionalität dargelegt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Brentanos Intentionalitätsbegriff
- 3 Husserls Intentionalitätsbegriff
- 3.1 Intentionalität in den „Logischen Untersuchungen Bd. 2“
- 3.1.1 Zielsetzung der „Logischen Untersuchung Bd. 2“
- 3.1.2 Ausdruck und Bedeutung
- 3.1.3 Über intentionale Erlebnisse und ihre Inhalte
- 3.1.3.1 Intentionale und nicht-intentionale Erlebnisse
- 3.1.3.2 Materie und Qualität
- 3.1.4 Erkenntnis, Evidenz und Wahrheit
- 3.1.5 Abgrenzung zu Brentanos „Psychologie vom empirischen Standpunkt Bd. 1“
- 3.2 Intentionalität in den „Ideen I“
- 3.2.1 Natürliche Einstellung, Einklammerung und epoche
- 3.2.2 Immanenz, Transzendenz und Abschattung
- 3.2.3 ύλη und μορφή
- 3.2.4 Noesis und Noema
- 3.2.4.1 Die Schichten des Noema
- 3.2.4.2 Gesetz der Korrelation
- 3.2.5 Erneute Abgrenzung zu Brentano
- 3.3 Intentionalität nach den „Ideen I“
- 3.3.1 Das innere Zeitbewusstsein
- 3.3.1.1 Urimpression, Retention und Protention
- 3.3.1.2 Längs- und Querintentionalität
- 3.3.2 Von der statischen zur genetischen Intentionalitätsanalyse
- 3.3.2.1 Horizont
- 3.3.2.2 Genetische Analyse, Passivität und Assoziation
- 3.3.1 Das innere Zeitbewusstsein
- 3.1 Intentionalität in den „Logischen Untersuchungen Bd. 2“
- 4 Bedeutung der Phänomenologie für die Intentionalität bei Husserl
- 5 Schlussbetrachtungen
- 5.1 Zusammenfassung
- 5.2 Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Intentionalitätsbegriff bei Edmund Husserl, ausgehend von dessen Übernahme und Modifikation des Begriffs von Franz Brentano. Das Hauptziel ist es, die Entwicklung von Husserls Intentionalitätsanalyse in drei Phasen zu verfolgen und deren Bedeutung für die phänomenologische Philosophie aufzuzeigen. Die Arbeit beleuchtet die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Brentanos und Husserls Auffassungen.
- Brentanos Intentionalitätsbegriff und seine Schwächen
- Husserls Intentionalitätsanalyse in den „Logischen Untersuchungen“
- Die Weiterentwicklung der Intentionalitätsanalyse in den „Ideen I“
- Die genetische Intentionalitätsanalyse bei Husserl
- Die Rolle der Phänomenologie in Husserls Intentionalitätsverständnis
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Intentionalität ein und erläutert die zentrale Fragestellung der Arbeit: die Untersuchung von Husserls Intentionalitätsbegriff im Vergleich zu Brentanos Ansatz. Sie skizziert den Aufbau der Arbeit und benennt die drei zentralen Phasen der Entwicklung von Husserls Intentionalitätsanalyse. Der Bezug auf die Schwierigkeit, den scheinbar einfachen Begriff der Intentionalität zu erfassen, wird hervorgehoben. Die Einleitung legt die methodische Vorgehensweise dar und kündigt die einzelnen Kapitel mit ihren Schwerpunkten an.
2 Brentanos Intentionalitätsbegriff: Dieses Kapitel analysiert Brentanos Verständnis von Intentionalität. Es beschreibt Brentanos Einteilung der Welt in physische und psychische Phänomene und betont die Intentionalität als kennzeichnendes Merkmal der psychischen Akte. Die Kapitel beschreibt die "intentionale Inexistenz" und deren Probleme, insbesondere die Schwierigkeit, die Erkenntnis außergeistiger Dinge zu erklären. Die Kritik an den potentiellen Schwächen des Ansatzes wird im Kontext der damaligen Diskussionen um die Intentionalität eingeordnet und auf die spätere Entwicklung von Husserls Ansatz bezogen. Das Kapitel unterstreicht die Bedeutung von Brentanos Werk als Grundlage für Husserls spätere Überlegungen.
3 Husserls Intentionalitätsbegriff: Dieses Kapitel bildet den Kern der Arbeit und behandelt Husserls Intentionalitätsbegriff in drei Phasen. Zuerst wird die Intentionalität in den „Logischen Untersuchungen Band 2“ analysiert, wobei die Zielsetzung dieses Werkes im Kontext der Kritik am Psychologismus dargestellt wird. Anschließend wird die transzendentale Neuformulierung in den „Ideen I“ erläutert, einschließlich der Konzepte von Noesis und Noema. Die dritte Phase konzentriert sich auf die Erforschung der vorbewussten Schichten der Intentionalität und die genetische Konstitutionsanalyse. Die Kapitel diskutiert die Weiterentwicklung von Husserls Verständnis im Laufe seiner Karriere und die Beziehungen zwischen den verschiedenen Phasen seiner Analyse.
4 Bedeutung der Phänomenologie für die Intentionalität bei Husserl: In diesem Kapitel wird die enge Verbindung zwischen Husserls Phänomenologie und seinem Verständnis der Intentionalität herausgearbeitet. Es wird gezeigt, wie die phänomenologische Methode der Reduktion und die Analyse des Bewusstseins die Erforschung der Intentionalität ermöglicht und bereichert. Die Diskussion wird sich auf die zentrale Rolle der Phänomenologie in Husserls Gesamtwerk konzentrieren und ihre Bedeutung für das Verständnis seiner Intentionalitätslehre hervorheben. Die Kapitel unterstreicht den Zusammenhang zwischen der phänomenologischen Methode und den Ergebnissen von Husserls Intentionalitätsanalyse.
Schlüsselwörter
Intentionalität, Edmund Husserl, Franz Brentano, Phänomenologie, Logische Untersuchungen, Ideen I, Bewusstsein, Noesis, Noema, genetische Intentionalitätsanalyse, transzendentale Phänomenologie, psychische Akte, intentionale Inexistenz.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Husserls Intentionalitätsbegriff im Vergleich zu Brentano"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht den Intentionalitätsbegriff bei Edmund Husserl im Vergleich zu Franz Brentano. Sie verfolgt die Entwicklung von Husserls Intentionalitätsanalyse in drei Phasen und beleuchtet die Bedeutung der Phänomenologie für Husserls Verständnis von Intentionalität. Ein Schwerpunkt liegt auf den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen Brentanos und Husserls Auffassungen.
Welche Phasen der Intentionalitätsanalyse bei Husserl werden behandelt?
Die Arbeit gliedert Husserls Intentionalitätsanalyse in drei Phasen: 1) Die Intentionalität in den „Logischen Untersuchungen Band 2“, 2) die transzendentale Neuformulierung in den „Ideen I“, und 3) die Erforschung der vorbewussten Schichten der Intentionalität und die genetische Konstitutionsanalyse.
Wie wird Brentanos Intentionalitätsbegriff dargestellt?
Das Kapitel zu Brentano analysiert sein Verständnis von Intentionalität als kennzeichnendes Merkmal psychischer Akte, beschreibt seine Einteilung der Welt in physische und psychische Phänomene und diskutiert die "intentionale Inexistenz" und ihre Probleme. Die potentiellen Schwächen von Brentanos Ansatz werden im Kontext der damaligen Diskussionen eingeordnet und auf die spätere Entwicklung bei Husserl bezogen.
Welche Rolle spielt die Phänomenologie in Husserls Intentionalitätsverständnis?
Die Arbeit betont die enge Verbindung zwischen Husserls Phänomenologie und seinem Verständnis der Intentionalität. Die phänomenologische Methode der Reduktion und die Analyse des Bewusstseins ermöglichen und bereichern die Erforschung der Intentionalität. Die zentrale Rolle der Phänomenologie in Husserls Gesamtwerk und ihre Bedeutung für seine Intentionalitätslehre werden hervorgehoben.
Welche Schlüsselkonzepte werden in der Arbeit behandelt?
Schlüsselkonzepte sind Intentionalität, Noesis, Noema, genetische Intentionalitätsanalyse, transzendentale Phänomenologie, psychische Akte, intentionale Inexistenz, sowie die Analyse der "Logischen Untersuchungen" und "Ideen I" von Husserl im Vergleich zu Brentanos Werk.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die das Thema einführt und den Aufbau der Arbeit skizziert. Es folgt ein Kapitel zu Brentanos Intentionalitätsbegriff, danach der Hauptteil zu Husserls Intentionalitätsbegriff in seinen drei Phasen. Ein Kapitel widmet sich der Bedeutung der Phänomenologie, und die Arbeit schließt mit Schlussbetrachtungen inklusive Zusammenfassung und Ausblick.
Welche methodische Vorgehensweise wird angewendet?
Die methodische Vorgehensweise ist in der Einleitung beschrieben und basiert auf einer vergleichenden Analyse von Brentanos und Husserls Auffassungen zur Intentionalität, wobei die Entwicklung von Husserls Denken im Laufe seiner Karriere nachvollzogen wird.
Wo finde ich eine detailliertere Zusammenfassung der einzelnen Kapitel?
Die Arbeit enthält eine detaillierte Zusammenfassung jedes Kapitels, welche die wichtigsten Punkte und Argumentationslinien jedes Abschnitts wiedergibt.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für Leser gedacht, die sich für die Philosophie des Geistes, insbesondere für die Geschichte und Entwicklung des Intentionalitätsbegriffs, interessieren. Sie richtet sich an Studierende und Wissenschaftler der Philosophie, sowie an alle, die sich mit den Werken von Husserl und Brentano auseinandersetzen möchten.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt dieser Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Intentionalität, Edmund Husserl, Franz Brentano, Phänomenologie, Logische Untersuchungen, Ideen I, Bewusstsein, Noesis, Noema, genetische Intentionalitätsanalyse, transzendentale Phänomenologie, psychische Akte, intentionale Inexistenz.
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- Dr. Martin Henneke (Author), 2010, Edmund Husserls Begriff der Intentionalität, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/162594