Schon seit Jahrzehnten wird über Sinn und Unsinnigkeit der Zensurengebung in Grundschulen diskutiert. Während man in der Fachliteratur auf eine Reihe von kritischen Studien stößt, ist die Wichtigkeit von Schulnoten in der öffentlichen Meinung noch fest verankert. Laut einer Elternbefragung aus dem Jahre 2005 halten 93% der Eltern von Grundschülerinnen und -schülern Noten als eine wichtige Orientierungshilfe. Nur ein Viertel der Eltern finden Noten überflüssig, sofern sie mit ausformulierten Beurteilungen ersetzt werden. Die Popularität von Zensuren kann nicht am Mangel an Alternativen liegen, denn in der ersten und zweiten Klasse sind Gesamtbeurteilungen und Berichtzeugnisse – also sprachliche Einschätzungen ohne Noten – in den meisten Bundesländern vorgeschrieben. Noten gelten jedoch als exakter und objektiver als verbale Beurteilungen. Befürworter von Leistungsbeurtei-lung durch Zensuren, zu denen auch fachkundige Pädagogen gehören, führen an, dass die Schülerinnen und Schüler ohne Noten kaum noch zu schulischen Anstrengungen zu motivieren sind. Sie sind davon überzeugt, dass die Beibehaltung von Zensuren auch für eine bessere Integration ins Berufsleben steht. Denn früher oder später müssten alle mit Leistungs- und Konkurrenzdruck umgehen können.
Im Vordergrund der Modularbeit steht die Kontroverse um den schulischen Leistungsbegriff, der sich auf die Frage konzentriert, ob schulische Leistung allein die Aneignung überprüfbarer Wissensbestände umfasst oder ob der individuelle Bezugs-rahmen des Kindes miteinbezogen werden sollte. Oder anders gefragt: Ist die Schule in erster Linie eine Instanz der fachlichen Wissensaneignung oder geht es in der Schule vielmehr darum, Kinder und Jugendliche in ihrer Selbsttätigkeit und sozialen Verantwortlichkeit zu unterstützen? Das klassische Schulnotensystem soll dabei kritisch hinterfragt werden, wobei außer Frage steht, schulische Leistung systematisch zu beurteilen. Doch welche Konsequenzen erfolgen aus einem Schul-system, das die Leistungen seiner Schülerinnen und Schülern mit Ziffern honoriert?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der schulische Leistungsbegriff
- Diskussion der Zensurengebung
- Historische Entwicklung von Ziffernnoten
- Erziehungswissenschaftlicher Diskurs
- Alternative Beurteilungspraxis: Das Beispiel der Montessori-Gesamtschule Potsdam
- Leistungsbegriff in der Montessori-Pädagogik
- Schulversuch: Verbale Bewertung in den Jahrgangsstufen 5 und 6
- Fazit
- Literaturverzeichnis
- Literatur
- Internet
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Modularbeit befasst sich mit der Kontroverse um den schulischen Leistungsbegriff und hinterfragt die Sinnhaftigkeit von Zensuren in der Grundschule. Sie analysiert die historische Entwicklung von Schulnoten, beleuchtet den erziehungswissenschaftlichen Diskurs und untersucht anhand des Schulversuchs der Montessori-Gesamtschule Potsdam ein alternatives Beurteilungssystem. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob schulische Leistung allein die Aneignung überprüfbarer Wissensbestände umfasst oder ob der individuelle Bezugsrahmen des Kindes miteinbezogen werden sollte.
- Historische Entwicklung von Schulnoten und deren Vereinbarkeit mit modernen pädagogischen Ansprüchen
- Argumente für und gegen die Erteilung von Zensuren im Hinblick auf Objektivität und Vorbereitung auf das Berufsleben
- Der Leistungsbegriff in der Montessori-Pädagogik und die Bedeutung individueller Förderung
- Empirische Ergebnisse des Schulversuchs an der Montessori-Gesamtschule Potsdam, insbesondere die Anwendung verbaler Beurteilungen
- Kritik am klassischen Schulnotensystem und die Suche nach alternativen Beurteilungsformen
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung beleuchtet die aktuelle Debatte um Zensuren in der Grundschule und stellt die Problematik der Leistungsbewertung in den Vordergrund.
- Das Kapitel „Der schulische Leistungsbegriff“ analysiert den Begriff Leistung im Kontext unterschiedlicher Zielvorstellungen für die Schule.
- Das Kapitel „Diskussion der Zensurengebung“ setzt sich mit der historischen Entwicklung von Ziffernnoten und dem erziehungswissenschaftlichen Diskurs über deren Sinnhaftigkeit auseinander.
- Das Kapitel „Alternative Beurteilungspraxis: Das Beispiel der Montessori-Gesamtschule Potsdam“ stellt den Schulversuch der Montessori-Gesamtschule Potsdam vor, der auf Noten verzichtet und verbale Beurteilungen verwendet.
Schlüsselwörter
Schulische Leistung, Leistungsbewertung, Zensurengebung, Montessori-Pädagogik, verbale Beurteilung, Schulversuch, empirische Ergebnisse, individueller Bezugsrahmen, Selbsttätigkeit, soziale Verantwortung, Bildungstheorie, Didaktik, Erziehungsziele, Kritik, Alternativen.
- Quote paper
- Theodora Keller (Author), 2008, Leistungsbewertung in der Grundschule, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/158066