Die Erzählung ,,Sonja" ist aus diversen Gründen reizvoll: Es ist die Darstellung einer durchaus interessanten Dreieckskonstellation (ein Mann zwischen zwei Frauen) ohne banale Eifersüchteleien, wobei die Reflexion über die ,,biegbare", schweigsame aber handelnde Titelfigur den Schwerpunkt der Erzählung bildet. Die Autorin wählte die Perspektive eines männlichen Ich-Erzählers, der im Nachhinein die Zeit mit Sonja und Sonja selbst reflektiert und projiziert. Sie ist Objekt des (männlichen) Ich-Erzählers, ist im Nachhinein doch Objekt seiner Liebe, Inspirationsquelle für seine Kunst, Zuhörerin und eben Projektionsfläche. Bei genauer Lektüre des Textes bemerkt man, dass Sonja unbeeinflusst von dessen Zuschreibungen handelte und ihn nicht zur Vervollständigung ihrer Person aufsuchte. Außerdem fällt auf, dass tradierte Vorstellungen der Geschlechterrollen überschritten werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Distanz zum Schutz der eigenen Identität
- 2.1 Sie-Ich-Sie oder Verena-Ich-Sonja
- 2.1.1 ,,Jeder nach seiner Fasson.“
- 2.1.2 Sonja als Projektionsfläche, später
- 2.2 Das un-männliche Unmögliche
- 2.2.1 Sexuelle Energie in Kunst „,entladen“
- 2.2.2 Wassermetaphern und der Mythos der Orte…
- 2.2.3 Der beobachtete Beobachter
- 3 Handeln der Frau, zu früh – Reaktion des Mannes, zu spät: eine Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Analyse der Erzählung „Sonja“ aus Judith Hermanns Debütwerk „Sommerhaus, später“ zielt darauf ab, die Darstellung der Beziehung zwischen dem männlichen Ich-Erzähler und der Titelfigur Sonja im Kontext der Identitätssicherung der Figuren zu untersuchen. Die Arbeit beleuchtet die komplexen Dynamiken der Beziehungen innerhalb der Dreieckskonstellation, die sich zwischen dem Ich, Sonja und deren Gegenspielerin Verena entfalten. Im Zentrum stehen die Interaktionen und die subjektive Darstellung Sonjas, die sich durch Distanz zu den anderen Figuren ihre Identität zu bewahren versucht.
- Die Darstellung der Beziehungen innerhalb des Dreiecks und die Rolle Sonjas als Objekt des Ichs
- Die Subjektivität der Darstellung und die Suche nach Identität durch Distanz
- Die Überwindung traditioneller Geschlechterrollen und die Unterwanderung binärer Festlegungen
- Die Rolle der Kunst und des Schreibens im Kontext der Identitätssicherung
- Die Bedeutung der Stadt Berlin als Ort der Orientierungslosigkeit und der Suche nach neuen Lebensformen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Judith Hermanns Werk „Sommerhaus, später“ vor und beleuchtet die Thematik der Orientierungslosigkeit junger Menschen in der Stadt Berlin. Es wird darauf hingewiesen, dass die Erzählungen durch ihre reduzierte Sprache Fragen aufwerfen, die nur dann beantwortet werden können, wenn man die Lebensentwürfe der Figuren nachvollziehen kann.
Kapitel 2 konzentriert sich auf die Darstellung der Beziehung zwischen dem Ich-Erzähler und Sonja. Die Analyse beleuchtet die Projektionen des Ichs auf Sonja und die subjektive Perspektive Sonjas, die sich durch Distanz zu den anderen Figuren ihre eigene Identität zu bewahren versucht.
Kapitel 2.1 geht näher auf die Dreieckskonstellation zwischen dem Ich, Sonja und Verena ein. Die Analyse zeigt, dass jede der Frauen durch die Rolle, die sie in Bezug auf den Ich-Erzähler einnimmt, ihre eigene Identität zu sichern versucht.
Kapitel 2.2 analysiert, wie die Figuren versuchen, tradierte Geschlechterrollen zu überwinden und binäre Festlegungen zu unterlaufen.
Schlüsselwörter
Die Analyse konzentriert sich auf die Schlüsselbegriffe Identität, Distanz, Beziehung, Projektion, Subjektivität und Geschlechterrollen. Weitere wichtige Themen sind die Stadt Berlin als Ort der Orientierungslosigkeit, die Rolle der Kunst und die Darstellung von Lebensentwürfen junger Menschen.
- Quote paper
- Elisabeth Hecht (Author), 1999, Sonja aus "Sommerhaus, später" von Judith Hermann - Distanz zum Schutz der eigenen Identität, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1534