Bis zur zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts hatte sich das einstmals kleine Kernland Burgundien durch zahlreiche Neuerwerbungen seiner insgesamt vier Herzöge in einem Maße vergrößert, das es zu einem Machtfaktor hatte werden lassen, der es ihm ermöglichte, fast gleichwertig neben dem Reich Friedrichs III. und dem Frankreich Ludwigs XI. auftreten zu können. Burgund unterschied sich jedoch in wesentlichen Punkten von seinen stärksten mitteleuropäischen Nachbarn, die ihm eine andere, dynamischere Rolle zuwachsen ließen. Burgund war nämlich ein Flickenteppich ethnisch heterogener, geographisch verstreuter und wirtschaftlich inhomogener Gebiete1. So gehörten die wirtschaftlich stärksten Teile Flandern und Brabant nicht zum Ursprungsgebiet des Herzogtums, sollten jedoch nach dem Willen des Herrschers weiter integriert werden. Um diesem durch seine geographischen Gegebenheiten leicht verwundbaren Land, das sich wie eingezwängt zwischen dem Königreich Frankreich und dem Deutschen Reich sah, eine sowohl nach innen wie nach außen größere Festigkeit zu geben, hatte Herzog Karl der Kühne, Nachfolger Philipps, den er schon zu dessen Lebzeiten in der Macht beerbt hatte, neben einer gewaltigen Militärmacht in Gestalt seiner einzigen Tochter das Mittel der Ehediplomatie zur Hand, ein Faustpfand, das in die Waagschale zu werfen durchaus Erfolg zu versprechen schien, denn Kaiser Friedrich III., lohnendste Zielrichtung einer solchen Aktivität, hatte eine mit der burgundischen kompatible Interessenlage, wie diesbezügliche diplomatische Vorgespräche gezeigt hatten. Die Überlegungen auf beiden Seiten, durch Eheschließung eine Vereinigung der Herrscherhäuser herbeizuführen, hatten eine lange Tradition. Zuerst hatte der Dynastiegründer Philipp der Kühne die Einheirat in das Haus Habsburg betrieben und seine Tochter Katharina 1387 an den Herzog Leopold IV. verheiratet2. Später hatte im Jahre 1447 Herzog Philipp mit Kaiser Friedrich III. ein solches Projekt angestrebt, war jedoch an der Weigerung des Kaisers gescheitert, alle seine Länder unter einer Krone zu vereinigen, wie es notwendig gewesen wäre, um dem Staatswesen die ersehnte formale Geschlossenheit zu geben3. Die Verhandlungen waren 1454 und 1459 wieder aufgenommen worden mit dem Aspekt eines linksrheinischen Reichsvikariats für den burgundischen Herzog, was eine Stellvertreterfunktion für den Kaiser bedeutet hätte. Auch dieser Versuch hatte jedoch ergebnislos abgebrochen werden müssen4.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Ausgangslage bei den Verhandlungen
- Ankunft in Trier
- Zeremonielle und Gespräche
- Erstes Treffen
- Zweites Treffen
- Drittes Treffen
- Verhandlungsziele im Wandel
- Schlußbetrachtung
- Quellen / Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text untersucht die diplomatischen Verhandlungen zwischen Kaiser Friedrich III. und Herzog Karl dem Kühnen von Burgund im Jahre 1473 in Trier. Das Treffen hatte zum Ziel, eine Ehe zwischen Maximillian, dem Sohn des Kaisers, und Maria, der einzigen Tochter Karls, zu arrangieren. Die Verhandlungen sollten die Beziehungen zwischen Burgund und dem Heiligen Römischen Reich stärken und die Türkengefahr gemeinsam bekämpfen.
- Die politische und wirtschaftliche Situation Burgunds im 15. Jahrhundert
- Die Rolle der Ehediplomatie in der europäischen Politik
- Die strategischen Ziele und Interessen von Kaiser Friedrich III. und Herzog Karl dem Kühnen
- Die Verhandlungen in Trier und deren Verlauf
- Die Auswirkungen des Treffens von Trier auf die Beziehungen zwischen Burgund und dem Heiligen Römischen Reich
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Der Text stellt die historische Situation Burgunds in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vor und beschreibt die Expansion des Herzogtums unter Philipp dem Kühnen und Karl dem Kühnen. Die Bedeutung der Ehediplomatie als Mittel zur Festigung der Macht wird hervorgehoben. Die Notwendigkeit einer Allianz zwischen Burgund und dem Heiligen Römischen Reich zur Abwehr der Türkengefahr wird deutlich.
- Die Ausgangslage bei den Verhandlungen: Dieses Kapitel beleuchtet die Interessenlage beider Seiten vor den Verhandlungen. Die Überlegungen zur Heirat zwischen Maximillian und Maria werden dargelegt. Es werden die früheren Verhandlungsversuche und die damit verbundenen Ziele und Rückschläge beleuchtet.
- Ankunft in Trier: Dieses Kapitel beschreibt die Ankunft von Kaiser Friedrich III. und Herzog Karl dem Kühnen in Trier. Der offizielle Anlaß der Zusammenkunft, die gemeinsame Abwehr der Türkengefahr, wird betont.
- Zeremonielle und Gespräche: Dieses Kapitel behandelt die einzelnen Verhandlungsstufen und die damit verbundenen Gespräche. Das erste Treffen, das zweite Treffen und das dritte Treffen werden im Detail dargestellt. Die sich wandelnden Verhandlungsziele werden beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Textes sind: Burgund, Habsburg, Kaiser Friedrich III., Herzog Karl der Kühne, Ehediplomatie, Türkengefahr, Verhandlungen, Trier, Heirat, Reich, Macht, Interessen, Strategie, Diplomatie.
- Quote paper
- Magister Joachim Pahl (Author), 2002, Das Treffen von Trier 1473, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/14939