Die Europäische Union (EU) ist das erfolgreichste Beispiel für eine institutionalisierte internationale Politikkoordination in der modernen Welt, allerdings besteht kein Konsens über die Gründe für diese Entwicklung (Moravcsik 1993:473). Von der Unterzeichnung der Römischen Verträge (25.03.1957) bis zur Begündung der EU durch den Maastrichter Vertrag (09./10.02.1992) hat die Gemeinschaft eine Reihe von vielseits beachteten intergouvernementalen Vertragsverhandlungen absolviert, die jeweils Eckpunkte für erneute Zusammenschlüsse bildeten. Der Prozess der Gemeinschaftsbildung vollzog sich eher stoßweise durch eine Reihe von intergouvernementalen Verhandlungen und
weniger durch automatische und allmähliche Entwicklung (Moravcsik 1993:476).
Es gibt verschiedene theoretische Ansatzmöglichkeiten zur Erläuterung der Politikkoordination zwischen den Mitgliedstaaten der EU. Der in den 1990er Jahren von Andrew Moravcsik entwickelte Ansatz des Liberalen Intergouvernementalismus ist eine davon. Nachfolgend soll der Frage nachgegangen werden, ob der Liberale Intergouvernementalismus ein geeignetes Konzept darstellt, um die Gründe für die Verhandlungsbeziehungen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten nachvollziehbar zu machen. Insbesondere ist dabei zu klären, wer nach Ansicht Moravcsiks die relevanten Akteure innerhalb des europäischen Integrationsprozesses sind, was ihre Präferenzen prägt, warum nationale Regierungen
Entscheidungsgewalt an supranationale Institutionen delegieren und wie es zu dieser intensiven Form der Kooperation innerhalb der EU kommt.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Entstehung
- Grundaussagen
- Untersuchungsgegenstand
- Akteure und Analyseeinheiten
- Präferenzbildung (liberale Elemente)
- Bargaining (intergouvernementale Elemente)
- Institutionen (intergouvernementale Elemente)
- Kritische Bewertung der Theorie
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Liberale Intergouvernementalismus untersucht die Verhandlungsbeziehungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und stellt dabei die Frage, ob dieser Ansatz geeignet ist, die Gründe für die politische Koordination innerhalb der EU zu erklären. Im Zentrum der Analyse stehen die Akteure des europäischen Integrationsprozesses, ihre Präferenzbildung, die Delegation von Entscheidungsgewalt an supranationale Institutionen sowie die Entstehung intensiver Kooperation innerhalb der EU.
- Analyse der Präferenzbildung der Nationalstaaten im europäischen Integrationsprozess
- Untersuchung des Einflusses von ökonomischen und geopolitischen Interessen auf die Präferenzen der Nationalstaaten
- Analyse der Rolle von Verhandlungsmacht und Koordinationsgeschick in den zwischenstaatlichen Verhandlungen
- Bedeutung von supranationalen Institutionen für die Kostenreduktion und die Gestaltung des Integrationsprozesses
- Untersuchung der Gründe für die Delegation von Souveränität an internationale Organisationen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einführung stellt die Europäische Union als erfolgreichstes Beispiel für institutionalisierte internationale Politikkoordination dar und beleuchtet die stoßweise Entwicklung der Gemeinschaft durch intergouvernementale Verhandlungen. Anschließend wird der Liberale Intergouvernementalismus als theoretischer Ansatz zur Erläuterung der Politikkoordination zwischen den EU-Mitgliedstaaten vorgestellt.
Das Kapitel „Entstehung“ beleuchtet die staatszentrierte Ausrichtung des Liberalen Intergouvernementalismus und seine Positionierung als Integrationstheorie, die auf den Ideengütern des Liberalismus und des klassischen Intergouvernementalismus basiert. Der Ansatz wird als Kritik am Neofunktionalismus verstanden und baut auf dem intergouvernementalem Institutionalismus auf.
Das Kapitel „Grundaussagen“ erläutert die Verbindung des Liberalen Intergouvernementalismus mit zwei oft als gegensätzlich betrachteten Theorietypen der Internationalen Beziehungen: einer liberalen Theorie der nationalen Präferenzbildung und einer intergouvernementalen Analyse von innerstaatlichen Verhandlungen. Der Ansatz betont die rationale Kosten-Nutzen-Analyse der Nationalstaaten als treibende Kraft der europäischen Integration und betrachtet supranationale Institutionen als Mittel zur Kostenreduktion.
Schlüsselwörter
Der Liberale Intergouvernementalismus, Europäische Integration, Präferenzbildung, Verhandlungsmacht, supranationale Institutionen, Kosten-Nutzen-Analyse, Rationalität, intergouvernementale Verhandlungen, Integrationstheorien, Neofunktionalismus.
- Arbeit zitieren
- Dipl. Pol. Anke Datemasch (Autor:in), 2007, Liberaler Intergouvernementalismus, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/148571