Auf der Suche nach der verlorenen Zeit von Marcel Proust ist nicht nur eine Art fiktive Biografie und ein Entwicklungsroman, sondern auch ein Zeitroman, in dem sich der Erzähler, an einer Stelle des Buches ‚Marcel’ genannt, auf die Suche nach der verlorenen Zeit begibt. Die verlorene Zeit meint dabei verloren geglaubte Erinnerungen und Momente, die zu Beginn des Romans nicht mehr für ihn existent sind. Im Verlauf des Romans entwickelt der Protagonist Erkenntnisse, die ihm die scheinbar verlorene Zeit wiederzubringen vermögen und weitere Einsichten, die ihn diese Momente sogar bannen lassen. Dabei lassen sich die Erinnerungen Marcels in zwei unterschiedliche Konzepte unterteilen. Zum einen in die unwillkürliche Erinnerung, die mémoire involontaire, und in die willentliche Erinnerung, die mémoire volontaire. Diese Erinnerungskonzepte und deren Bedeutungen sollen im Verlauf der Arbeit näher erläutert werden. Außerdem soll in Kürze auf weitere, schwächere Formen der Erinnerung bei Proust eingegangen werden, wie zum Beispiel die mémoire du rêve oder die mémoire des yeux und deren Funktionen. Des weiteren steht die These zur Diskussion, ob es sich bei der mémoire involontaire um eine zeitlose Erinnerung handelt, wie von Gilles Deleuze in seinem Werk Proust und die Zeichen geschildert.
In Bezugnahme auf die Zeitlosigkeit wird in einem kurzen Exkurs auf die écriture nach Deleuze eingegangen, die von Vottoria Borsò in ihrem Aufsatz Proust und die Medien: Écriture und Filmschrift zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit näher erläutert wurde.
Im Folgenden wird nur auf den ersten und den letzten Teil des Werkes eingegangen, also auf In Swanns Welt und Die wiedergefundene Zeit. Dies erfolgt aufgrund der Komplexität des Romans und der Tatsache, dass sich die Schlüsselszenen der mémoire involontaire in diesen Teilen befinden und sich hier am besten die Erinnerungsbilder erläutern lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die willentliche Erinnerung: mémoire volontaire
- Die Formen des unwillentlichen Erinnerns
- Die mémoire involontaire
- Exkurs: Écriture
- Die Madeleine-Episode
- Der Weg zu den Guermantes
- Die mémoire du rêve und mémoire du corps
- Die mémoire des yeux
- Die mémoire involontaire
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Funktion von Erinnerung im siebenteiligen Romanzyklus „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von Marcel Proust. Der Fokus liegt dabei auf der Unterscheidung zwischen willkürlicher Erinnerung (mémoire volontaire) und unwillkürlicher Erinnerung (mémoire involontaire). Außerdem werden weitere, schwächere Formen der Erinnerung, wie zum Beispiel die mémoire du rêve oder die mémoire des yeux, untersucht.
- Die Unterscheidung zwischen willentlicher und unwillkürlicher Erinnerung
- Die Rolle der mémoire involontaire in Prousts Roman
- Der Einfluss der Zeitlosigkeit auf die Erinnerung
- Die Funktion von Écriture in Prousts Werk
- Der Einfluss der Erinnerung auf die Konstruktion der Identität
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ als bedeutendes Werk der Prosaliteratur des 20. Jahrhunderts vor. Es wird erläutert, dass Prousts Roman die Welt aus einer subjektiven Perspektive neu konstruiert und die chronologische Abfolge der Ereignisse in den Hintergrund tritt. Der Erzähler erinnert sich an seine Kindheit und bewegt sich zwischen Traum und Wirklichkeit. Des Weiteren wird hervorgehoben, dass das Werk nicht nur eine fiktive Biografie und ein Entwicklungsroman ist, sondern auch ein Zeitroman, in dem der Protagonist nach verlorenen Erinnerungen sucht. Die Unterscheidung zwischen willentlicher (mémoire volontaire) und unwillkürlicher (mémoire involontaire) Erinnerung wird als grundlegend für die Analyse des Romans eingeführt. Die Arbeit konzentriert sich auf die Schlüsselszenen der mémoire involontaire im ersten und letzten Teil des Werkes, „In Swanns Welt“ und „Die wiedergefundene Zeit“.
Die willentliche Erinnerung: mémoire volontaire
Der Abschnitt befasst sich mit der willentlichen Erinnerung (mémoire volontaire), die im Gegensatz zur unwillkürlichen Erinnerung (mémoire involontaire) bewusst herbeigerufen wird. Es wird beschrieben, dass Marcels bewusste Erinnerungsversuche nur verzerrte Bilder der Vergangenheit liefern, die nicht die tatsächliche Erfahrung wiedergeben können. Die visuelle Erinnerung wird dabei als besonders problematisch dargestellt, da sie im Laufe des Erinnerungsprozesses immer mehr an Klarheit und Präzision verliert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen der Erinnerung, Zeit und Identität in Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Insbesondere stehen die Konzepte der mémoire involontaire und der mémoire volontaire, sowie die Bedeutung von Écriture im Kontext der Zeitlosigkeit der Erinnerung im Fokus.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2009, Die mémoire involontaire und andere Formen des Erinnerns in Marcel Prousts 'Auf der Suche nach der verlorenen Zeit', Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/147042