Derzeit praktizieren nahezu 30 Prozent aller bei den Landesärztekammern gemeldeten Ärzte und 67 Prozent aller bei den Landeszahnärztekammern gemeldeten Zahnärzte in einer eigenen Praxis, bzw. als Gesellschafter einer Praxisgemeinschaft oder eines MVZ. Dies entspricht einer absoluten Zahl von etwa 126.000 niedergelassenen Ärzten und etwa 55.800 selbständigen Zahnärzten, wobei davon fast 60 Prozent über 50 Jahre alt sind.
Fast jeder selbstständige Arzt sieht sich früher oder später mit dem Problem des Praxisverkaufs konfrontiert. Für die meisten Ärzte ist der Verkaufserlös der Arztpraxis ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Baustein der eigenen Altersvorsorge. Neben diese wirtschaftlichen Gründe tritt meist ein psychologischer. Für den Verkäufer ist die eigene Praxis das Lebenswerk und dementsprechend emotional sind die Diskussionen und Verhandlungen mit einem potenziellen Käufer, der naturgemäß auf die Schwächen und Mängel der zu bewertenden Praxis eingeht.
Die Veräußerbarkeit von Arztpraxen wurde erst durch ein BGH-Urteil im Jahr 1965 als zulässig betrachtet. Zweifel gab es bis dato an der Sittenwidrigkeit einer Praxisveräußerung. Diese wurden mit wegweisenden Urteilen aus dem Weg geräumt und durch die BFH-Rechtsprechung aus dem Jahr 1994 wurde der immaterielle Praxiswert als abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut auch steuerlich anerkannt. Diese Entwicklung, die durch zunehmende Konkurrenz und die Bildung von Marktpreisen stattgefunden hat, bedingt durch Angebot und Nachfrage, hat die Bewertung von Arztpraxen längst zum Usus vieler Steuerberater- und Wirtschaftsprüferpraxen, sowie spezialisierter Unternehmensberatungen, werden lassen. Um die Qualität der Praxiswertgutachten zu gewährleisten und die hohe Nachfrage zu bewältigen, wurde im August 1990 das Institut „Sachverständiger für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen“ eingeführt. Mittlerweile gibt es in Deutschland mehr als ein Dutzend aktive öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige.
Die Frage, ob eine Arztpraxis heutzutage aus rechtlicher Sicht veräußerbar ist, stellt sich also nicht mehr. Problematisch ist vielmehr die Feststellung des individuellen Praxiswertes, denn der kann, zusätzlich zu dem Substanzwert, also den Wiederbeschaffungspreisen, Marktwerten oder Liquidationswerten der Aktiva, aus einem ideellen Wert, dem sogenannten Goodwill, bestehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Praxis
- Begriffsbestimmung und -abgrenzungen
- Praxiswert
- Gegenstand der Praxisveräußerung
- Substanzwert und Goodwill
- Vertragsarztzulassung als immaterielles Wirtschaftsgut
- Formen der gemeinschaftlichen ärztlichen Berufsausübung
- Nachfolgealternativen und Gestaltungsmöglichkeiten für Ärzte
- Erläuterung der wissenschaftlichen Erhebung
- Praxisbewertungsgründe
- Umfrageergebnisse
- Definitionen
- Praxisabgabe und -übernahme
- Begründung und Auseinandersetzung von Medizinischen Kooperationen
- Bewertungsmethoden
- Subjektivität von Praxisbewertungen
- Zugewinnausgleich
- Ertragswertmethode
- Bundesärztekammermethoden
- Steuerliche Konsequenzen einer Praxisveräußerung
- Abschreibung des Praxiswertes
- Erbschaftsteuerreform und die Bewertung von Arztpraxen
- Zusammenfassende Würdigung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den Ist-Zustand der Bewertung von Arztpraxen. Ziel ist es, verschiedene Bewertungsmethoden und deren Auswirkungen auf Praxisveräußerungen und -übernahmen zu beleuchten. Die Arbeit berücksichtigt auch steuerliche Aspekte und die Rolle von Kooperationen im Gesundheitswesen.
- Bewertung von Arztpraxen und deren Methoden
- Steuerliche Implikationen bei Praxisveräußerungen
- Rollen von Substanzwert und Goodwill bei der Praxisbewertung
- Formen der gemeinschaftlichen ärztlichen Berufsausübung
- Einfluss der Erbschaftsteuerreform auf die Praxisbewertung
Zusammenfassung der Kapitel
Einführung: Diese Einleitung liefert einen Überblick über die Thematik der Arztpraxisbewertung und skizziert den Aufbau der Arbeit. Sie legt die Motivation und Zielsetzung der Untersuchung dar und gibt einen kurzen Einblick in die Methodik.
Praxis: Dieses Kapitel definiert den Begriff "Arztpraxis" und grenzt ihn von anderen medizinischen Einrichtungen ab. Es befasst sich eingehend mit dem Praxiswert, unterteilt in Substanzwert und Goodwill, und analysiert die Vertragsarztzulassung als immaterielles Wirtschaftsgut. Der Abschnitt über Formen gemeinschaftlicher ärztlicher Berufsausübung und Nachfolgealternativen beleuchtet verschiedene Modelle der Zusammenarbeit unter Ärzten, die Auswirkungen auf die Praxisbewertung haben.
Erläuterung der wissenschaftlichen Erhebung: Dieses Kapitel beschreibt die Datenerhebung und -auswertungsmethodik der zugrundeliegenden Studie. Es liefert detaillierte Informationen über die Umfrageteilnehmer, deren Ausbildung, Qualifikation und Erfahrung, und erläutert wie diese Daten zur Analyse der Praxisbewertungsmethoden verwendet wurden.
Praxisbewertungsgründe: Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der Umfrage zu den Gründen für die Bewertung von Arztpraxen. Es analysiert die Daten und definiert die Begriffe Praxisabgabe und -übernahme im Kontext der Bewertung. Es geht auch auf die verschiedenen Arten von medizinischen Kooperationen und deren Bedeutung für die Bewertung ein.
Bewertungsmethoden: Dieses Kapitel untersucht verschiedene Bewertungsmethoden für Arztpraxen, beginnend mit einer Diskussion über die Subjektivität solcher Bewertungen. Es analysiert im Detail die Ertragswertmethode und die Methoden der Bundesärztekammer, einschließlich ihrer Kritikpunkte und Anwendung in der Praxis. Der Zugewinnausgleich als weiterer relevanter Faktor bei Praxisübernahmen wird ebenfalls behandelt.
Steuerliche Konsequenzen einer Praxisveräußerung: Dieses Kapitel befasst sich mit den steuerlichen Aspekten der Praxisveräußerung, insbesondere mit der Abschreibung des Praxiswertes und den Auswirkungen der Erbschaftsteuerreform auf die Bewertung von Arztpraxen. Es beleuchtet die komplexen Interaktionen zwischen rechtlichen und finanziellen Aspekten der Praxisübertragung.
Schlüsselwörter
Arztpraxisbewertung, Praxiswert, Substanzwert, Goodwill, Vertragsarztzulassung, Bewertungsmethoden, Ertragswertmethode, Bundesärztekammermethode, Steuerliche Konsequenzen, Praxisveräußerung, Praxisübernahme, gemeinschaftliche ärztliche Berufsausübung, Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), Erbschaftsteuerreform.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arztpraxisbewertung
Was ist der Inhalt dieses Dokuments?
Dieses Dokument bietet eine umfassende Übersicht über die Bewertung von Arztpraxen. Es beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel und ein Stichwortverzeichnis. Der Fokus liegt auf verschiedenen Bewertungsmethoden, steuerlichen Implikationen und den Auswirkungen von Kooperationen im Gesundheitswesen.
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Die Arbeit behandelt die Bewertung von Arztpraxen, verschiedene Bewertungsmethoden (einschließlich Ertragswertmethode und Bundesärztekammermethoden), den Substanzwert und Goodwill, die Vertragsarztzulassung als immaterielles Wirtschaftsgut, steuerliche Konsequenzen (wie Abschreibung und Auswirkungen der Erbschaftsteuerreform), Formen gemeinschaftlicher ärztlicher Berufsausübung (z.B. in MVZs), Praxisabgabe und -übernahme sowie den Zugewinnausgleich.
Welche Bewertungsmethoden werden beschrieben?
Das Dokument beschreibt verschiedene Bewertungsmethoden für Arztpraxen, darunter die Ertragswertmethode und die Methoden der Bundesärztekammer. Es wird auch die Subjektivität von Praxisbewertungen diskutiert und der Zugewinnausgleich als wichtiger Faktor bei Praxisübernahmen behandelt.
Welche steuerlichen Aspekte werden berücksichtigt?
Die steuerlichen Konsequenzen einer Praxisveräußerung werden ausführlich behandelt, insbesondere die Abschreibung des Praxiswertes und die Auswirkungen der Erbschaftsteuerreform auf die Bewertung von Arztpraxen. Die komplexen Wechselwirkungen zwischen rechtlichen und finanziellen Aspekten der Praxisübertragung werden beleuchtet.
Welche Bedeutung haben Kooperationen im Gesundheitswesen?
Das Dokument analysiert verschiedene Formen der gemeinschaftlichen ärztlichen Berufsausübung und deren Auswirkungen auf die Praxisbewertung. Es beleuchtet verschiedene Modelle der Zusammenarbeit unter Ärzten und deren Relevanz für die Bewertung.
Was wird unter Substanzwert und Goodwill verstanden?
Der Praxiswert wird in Substanzwert und Goodwill unterteilt. Der Substanzwert bezieht sich auf den materiellen Wert der Praxis (z.B. Einrichtung), während der Goodwill den immateriellen Wert darstellt (z.B. den etablierten Patientenstamm).
Welche Rolle spielt die Vertragsarztzulassung?
Die Vertragsarztzulassung wird als immaterielles Wirtschaftsgut betrachtet und spielt eine wichtige Rolle bei der Bewertung einer Arztpraxis.
Wie ist der Aufbau des Dokuments?
Das Dokument beginnt mit einer Einführung, gefolgt von einem Kapitel zur Praxis (Begriffsbestimmung, Praxiswert, Kooperationen), einem Kapitel zur wissenschaftlichen Erhebung, einem Kapitel zu Praxisbewertungsgründen, einem Kapitel zu Bewertungsmethoden, einem Kapitel zu den steuerlichen Konsequenzen und schliesslich einer zusammenfassenden Würdigung.
Für wen ist dieses Dokument relevant?
Dieses Dokument ist relevant für Ärzte, die ihre Praxis veräußern oder übernehmen möchten, sowie für Steuerberater, Rechtsanwälte und andere Experten, die im Gesundheitswesen tätig sind und sich mit der Bewertung von Arztpraxen befassen.
- Quote paper
- Till Ohrmann (Author), 2009, Bewertung von Arztpraxen. Analyse des Ist-Zustands, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/144995