Wie Literatur über die Vernichtung der Juden im Dritten Reich auszusehen hat, stellt seit langem ein strittiges Thema für Autoren und Literaturwissenschaftler dar. Marcel Reich-Ranicki bezeichnete 1991 die Holocaust-Thematik als „nach wie vor besonders riskant. Die wichtigsten der vielen Fallen, in die hier der Schriftsteller geraten kann, heißen einerseits Pathos, Larmoyanz und Sentimentalität und andererseits Verharmlosung und Verniedlichung.”
Ein Roman, dem diese Gratwanderung gelingt und der sich zudem durch eine unkonventionelle, fast poetische Gestaltunsweise auszeichnet, ist Jurek Beckers Jakob der Lügner.
Auffällig ist überdies die Komplexität der Figur des Jakob Heym. Im Folgenden interessiert mich, inwiefern diese Person mit filmischen Mitteln umfassend dargestellt werden kann. Im Vergleich der beiden Verfilmungen von Frank Beyer (1974) und Peter Kassovitz (1999) mit dem Roman lassen sich in der Darstellung bestimmter Charakterzüge des Protagonisten einerseits viele Gemeinsamkeiten, andererseits aber auch eklatante Unterschiede erkennen. Wie die Figur Jakob Heym von Becker, Beyer und Kassovitz charakterisiert wird, möchte ich im Folgenden genauer darstellen.
Zunächst gebe ich einen kurzen Einblick in die Theorie der Literaturverfilmung mit besonderem Hinblick auf die Problematik der Romanadaption. Des Weiteren lege ich die Entstehungsgeschichte des Romans und der beiden Filme dar, um vor allem die enge Verbundenheit von Literatur und Film bei Jakob der Lügner, durch die sich ein Buch-Film-Vergleich besonders anbietet, aufzuzeigen. Um die Charakterisierungen Jakobs in beiden Medien möglichst klar umreißen und somit eindeutig gegenüberstellen zu können, habe ich einzelne Rollen bzw. Charakteristika der Figur als Vergleichspunkte herausgearbeitet, auf die im Verlauf des Plots immer wieder eingegangen wird.
Als erstes möchte ich Jakob als Einzelperson, also sein äußeres Erscheinungsbild, seine Kennzeichnung als Jude, seine persönliche Vorgeschichte und seinen besonderen Umgang mit der aktuellen Situation als Ghettobewohner, genauer betrachten. Im Folgenden gehe ich auf sein Verhältnis zu den wichtigsten Bezugspersonen seines augenblicklichen Umfelds (die Figuren Lina, Mischa und Kowalski) ein. Außerdem werde ich darlegen, inwiefern Jakob als Lügner zu charakterisieren ist. Schließlich möchte ich seine Rolle in der Gesellschaft als Opfer einerseits, Held oder sogar Widerstandskämpfer andererseits untersuchen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Überlegungen zur Literaturverfilmung
- Interdependenz von Literatur und Film
- Möglichkeiten und Grenzen der Transformation
- Bewertung von Adaptionen
- Charakterisierung in der Filmadaption
- Der Roman und seine Verfilmungen
- Jurek Beckers Roman
- Biografischer Hintergrund des Romans
- Inhalt des Romans
- Frank Beyers Defa-Verfilmung
- Peter Kassovitzs Hollywood-Verfilmung
- Jurek Beckers Roman
- Die Charakterisierung der Figur Jakob Heym
- Die Person Jakob Heym
- Äußeres Erscheinungsbild
- Auffassung des Judentums
- Persönliche Vorgeschichte und Rolle der Vergangenheit
- Umgang mit der Situation des Ghettos
- Jakobs engeres persönliches Umfeld
- Lina
- Mischa
- Kowalski
- Jakob der Lügner
- Beginn der Lüge und erste Zweifel
- Die Höhepunkte der Lügen
- Das Ende der Lügen
- Jakobs Rolle in der Gesellschaft
- Opfer des Nationalsozialismus
- Held und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus
- Die Person Jakob Heym
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der Charakterisierung der Figur Jakob Heym in Jurek Beckers Roman "Jakob der Lügner" und seinen beiden Verfilmungen von Frank Beyer (1974) und Peter Kassovitz (1999). Ziel ist es, die Darstellung von Jakobs Charakter in den verschiedenen Medien zu analysieren und Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede herauszuarbeiten.
- Die Darstellung von Jakob Heyms Charakter in Roman und Verfilmungen
- Die Rolle der Lüge im Leben Jakobs und ihre Auswirkungen auf sein Umfeld
- Jakobs Verhältnis zu seiner jüdischen Identität im Kontext des Holocaust
- Der Einfluss der beiden Verfilmungen auf die Rezeption des Romans
- Die Frage, inwiefern die filmische Adaption den Roman gerecht werden kann
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Seminararbeit ein und stellt die Relevanz von Jurek Beckers "Jakob der Lügner" im Kontext der Holocaust-Literatur heraus.
Das zweite Kapitel befasst sich mit theoretischen Überlegungen zur Literaturverfilmung, wobei die Interdependenz von Literatur und Film, die Möglichkeiten und Grenzen der Transformation sowie die Bewertung von Adaptionen im Mittelpunkt stehen.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Roman "Jakob der Lügner" und seinen Verfilmungen. Es wird die Entstehung des Romans und der beiden Filme dargestellt sowie die enge Verbundenheit von Literatur und Film bei "Jakob der Lügner" aufgezeigt.
Das vierte Kapitel analysiert die Charakterisierung der Figur Jakob Heym in Roman und Verfilmungen. Es werden verschiedene Aspekte wie sein äußeres Erscheinungsbild, seine Auffassung des Judentums, seine persönliche Vorgeschichte und sein Umgang mit der Situation des Ghettos beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Literaturverfilmung, Holocaust-Literatur, Charakterisierung, Jurek Becker, Jakob der Lügner, Frank Beyer, Peter Kassovitz, Romanadaption, Filmsprache, jüdische Identität, Lüge, Widerstand, Opferrolle.
- Arbeit zitieren
- Teresa Hochmuth (Autor:in), 2002, Jakob der Lügner - Charakterisierung in Literaturvorlage und Verfilmungen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/144720