Am 22. November 2006 hat die Europäische Kommission ein Grünbuch für ein moderneres Arbeitsrecht vorgelegt. Dessen Zweck lag nach Meinung der Brüsseler Behörde darin, eine öffentliche Debatte darüber einzuleiten, „wie mit Hilfe des Arbeitsrechts Fortschritte bei der „Flexicurity“-Agenda erzielt werden können und damit das Entstehen eines gerechteren, reaktionsfähigeren und integrativeren Arbeitsmarktes gefördert werden kann, der dazu beiträgt, Europa wettbewerbsfähiger zu machen“. „Flexicurity“ ist dabei als ein Ansatz zu verstehen, der darauf abzielt das Spannungsverhältnis zwischen möglichst flexibler Gestaltung der Arbeitsverhältnisse und größtmöglicher Sicherheit für die Beschäftigten aufzulösen.
Bereits kurz nach dessen Veröffentlichung wurde das Grünbuch teils heftig kritisiert. Insbesondere wurde der Kommission vorgeworfen eine schleichende Kompetenzverlagerung auf die europäische Ebene voranzutreiben bzw. gar die Schaffung eines einheitlichen europäischen Arbeitsvertragsgesetzbuchs zu erwägen. Formulierungen wie „Weiterentwicklung des Arbeitsrechts“, „Notwendigkeit [...] die arbeitsrechtlichen Vorschriften anzupassen“, bzw. die Frage nach der Erforderlichkeit eines „Grundstocks an Vorschriften“ ließen Befürchtungen aufkommen, die Kommission erwäge Legislativvorschläge mit dem Ziel eines vereinheitlichten europäischen Arbeitsrechts.
Zwar konnte die Kommission ihre schärfsten Kritiker mittlerweile beruhigen – in der Folgemitteilung zum Grünbuch heißt es, dieses sei von Anfang an nicht als „Grundlage für die Konzeption legislativer Maßnahmen“ gedacht gewesen – die Diskussion um die aufgeworfenen Fragestellungen hält jedoch an. Insofern ist es mit dem Grünbuch zumindest gelungen Denkanstösse zu liefern und damit die Debatte um die Zukunft des Arbeitsrechts in Europa neu in Gang zu bringen.
Diese Arbeit legt ihren Schwerpunkt, entsprechend der aktuellen Diskussion im einschlägigen Schrifttum, auf die gemeinschaftsrechtlichen Aspekte der Problematik. Daneben wird aber auch die derzeitige Rechtslage im deutschen Arbeitsrecht behandelt.
Inhaltsverzeichnis
- Teil Eins: Einführung
- A. Der Untersuchungsgegenstand und seine Eingrenzung
- I. Das Grünbuch der Kommission zum Arbeitsrecht
- II. Einführung eines einheitlichen Arbeitnehmerbegriffs auf europäischer Ebene?
- B. Bedeutung des Arbeitnehmerbegriffs
- Teil Zwei: Der Arbeitnehmerbegriff im Europäischen Arbeitsrecht
- C. Der Arbeitnehmerbegriff des Freizügigkeitsrechts
- I. Autonome Begriffsbildung durch den EuGH
- II. Einzelkriterien
- 1. Erbringung von Leistungen für einen anderen
- 2. Weisungsgebundenheit
- 3. Entgeltlichkeit
- III. Ergebnis zum Arbeitnehmerbegriff des Freizügigkeitsrechts
- D. Arbeitnehmerbegriff des Art. 141 EG
- I. Autonome an Art. 39 EG angelehnte Begriffsbestimmung
- II. Keine Einbeziehung selbständig Tätiger
- E. Der Arbeitnehmerbegriff des Art. 137 EG
- I. Art. 137 EG als Kompetenznorm für das Arbeitsschutzrecht der Gemeinschaft
- II. Bestimmung des Begriffsinhaltes
- F. Der Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsschutzrechts
- I. Die Rahmenrichtlinie 89/391/EWG
- II. Auf Art. 16 der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG fußende Einzelrichtlinien
- G. Richtlinie über die Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern
- I. Inhalt und Zweck der Richtlinie
- II. Persönlicher Anwendungsbereich
- H. Richtlinie über den Betriebsübergang
- I. Inhalt und Zweck der Richtlinie
- II. Persönlicher Anwendungsbereich
- Teil Drei: Der Arbeitnehmerbegriff im deutschen Arbeitsrecht
- I. Begriffsbildung durch die Rechtsprechung des BAG
- I. Fehlen einer gesetzlichen Regelung
- II. Prinzip der Einheitlichkeit des Arbeitnehmerbegriffs
- III. Einzelkriteien des Arbeitnehmerbegriffs nach der Rechtsprechung des BAG
- J. Kritik aus dem Schrifttum am Arbeitnehmerbegriff der Rechtsprechung
- Teil Vier: Vergleich der vorgefundenen Begrifflichkeiten
- K. Die Weisungsbindung als zentrales Abgrenzungskriterium
- L. Das Prinzip der Einheitlichkeit des Arbeitnehmerbegriffs
- M. Vergleich der im EU-Recht vorgefundenen Arbeitnehmerbegriffe
- N. Vergleich mit dem Arbeitnehmerbegriff des deutschen Arbeitsrechts
- Teil Fünf: Vereinheitlichung des Arbeitnehmerbegriffs auf EU-Ebene
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht den Arbeitnehmerbegriff im europäischen und deutschen Arbeitsrecht. Ziel ist es, die verschiedenen Definitionen und Kriterien im europäischen Recht (Freizügigkeitsrecht, Art. 141 EG, Art. 137 EG, Arbeitsschutzrecht) mit dem deutschen Arbeitsrecht zu vergleichen und die Möglichkeiten einer Vereinheitlichung auf EU-Ebene zu analysieren.
- Vergleichende Analyse des Arbeitnehmerbegriffs im europäischen und deutschen Recht
- Untersuchung der Kriterien zur Abgrenzung von Arbeitnehmern und Selbstständigen
- Bewertung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG)
- Analyse der Auswirkungen unterschiedlicher Arbeitnehmerdefinitionen auf die Arbeitnehmerrechte
- Diskussion der Herausforderungen und Möglichkeiten einer Harmonisierung des Arbeitnehmerbegriffs auf EU-Ebene
Zusammenfassung der Kapitel
Teil Eins: Einführung: Dieser einführende Teil legt den Untersuchungsgegenstand der Arbeit fest: den Arbeitnehmerbegriff im europäischen und deutschen Arbeitsrecht. Er grenzt den Untersuchungsgegenstand ein und erläutert die Bedeutung des Arbeitnehmerbegriffs für die Anwendung des europäischen und deutschen Arbeitsrechts. Das Grünbuch der Kommission zum Arbeitsrecht und die Frage nach der Einführung eines einheitlichen Arbeitnehmerbegriffs auf europäischer Ebene werden kurz angesprochen, um den Kontext zu schaffen.
Teil Zwei: Der Arbeitnehmerbegriff im Europäischen Arbeitsrecht: Dieser Teil analysiert den Arbeitnehmerbegriff in verschiedenen Bereichen des europäischen Arbeitsrechts. Es werden die autonomen Begriffsbildungen des EuGH im Freizügigkeitsrecht, Art. 141 EG und Art. 137 EG sowie im Arbeitsschutzrecht untersucht. Die einzelnen Kriterien wie Leistungserbringung, Weisungsgebundenheit und Entgeltlichkeit werden detailliert betrachtet und anhand von Beispielen aus der Rechtsprechung und Literatur erläutert. Der Teil gipfelt in einer vergleichenden Betrachtung der verschiedenen Ausprägungen des Arbeitnehmerbegriffs im europäischen Recht.
Teil Drei: Der Arbeitnehmerbegriff im deutschen Arbeitsrecht: Dieser Teil widmet sich der Begriffsbildung des Arbeitnehmerbegriffs im deutschen Arbeitsrecht. Die Arbeit untersucht die Rechtsprechung des BAG, die Kriterien zur Abgrenzung von Arbeitnehmern und Selbstständigen (insbesondere die Weisungsgebundenheit), und kritische Stimmen aus der Literatur zum bestehenden Arbeitnehmerbegriff. Verschiedene Ansätze zur Neubestimmung des Begriffs werden vorgestellt und bewertet.
Teil Vier: Vergleich der vorgefundenen Begrifflichkeiten: Dieser Teil vergleicht die im vorherigen Teil dargestellten Begrifflichkeiten des europäischen und deutschen Arbeitsrechts. Die zentrale Rolle der Weisungsgebundenheit als Abgrenzungskriterium wird herausgestellt, und es erfolgt ein Vergleich der Arbeitnehmerbegriffe in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten. Die Arbeit analysiert das Prinzip der Einheitlichkeit des Arbeitnehmerbegriffs und seine Bedeutung für die Anwendung des europäischen Arbeitsrechts.
Schlüsselwörter
Arbeitnehmerbegriff, Europäisches Arbeitsrecht, Deutsches Arbeitsrecht, Freizügigkeitsrecht, Art. 141 EG, Art. 137 EG, Arbeitsschutzrecht, Weisungsgebundenheit, Entgeltlichkeit, Rechtsprechung EuGH, Rechtsprechung BAG, Selbstständige, Harmonisierung, EU-Recht.
Häufig gestellte Fragen zur Magisterarbeit: Arbeitnehmerbegriff im europäischen und deutschen Arbeitsrecht
Was ist der Gegenstand dieser Magisterarbeit?
Die Magisterarbeit untersucht den Arbeitnehmerbegriff im europäischen und deutschen Arbeitsrecht. Sie vergleicht die verschiedenen Definitionen und Kriterien im europäischen Recht (Freizügigkeitsrecht, Art. 141 EG, Art. 137 EG, Arbeitsschutzrecht) mit dem deutschen Arbeitsrecht und analysiert die Möglichkeiten einer Vereinheitlichung auf EU-Ebene.
Welche Rechtsgebiete werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt das europäische Arbeitsrecht (Freizügigkeitsrecht, Art. 141 EG, Art. 137 EG, Arbeitsschutzrecht) und das deutsche Arbeitsrecht. Sie analysiert die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
Welche zentralen Fragen werden in der Arbeit untersucht?
Zentrale Fragen sind der Vergleich des Arbeitnehmerbegriffs im europäischen und deutschen Recht, die Kriterien zur Abgrenzung von Arbeitnehmern und Selbstständigen, die Bewertung der Rechtsprechung von EuGH und BAG, die Auswirkungen unterschiedlicher Definitionen auf Arbeitnehmerrechte und die Herausforderungen und Möglichkeiten einer Harmonisierung des Arbeitnehmerbegriffs auf EU-Ebene.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in fünf Teile gegliedert: Teil Eins (Einführung), Teil Zwei (Arbeitnehmerbegriff im Europäischen Arbeitsrecht), Teil Drei (Arbeitnehmerbegriff im deutschen Arbeitsrecht), Teil Vier (Vergleich der Begrifflichkeiten) und Teil Fünf (Vereinheitlichung des Arbeitnehmerbegriffs auf EU-Ebene). Jeder Teil ist in Kapitel und Unterkapitel unterteilt, die sich mit spezifischen Aspekten des Arbeitnehmerbegriffs befassen.
Welche Kriterien werden zur Abgrenzung von Arbeitnehmern und Selbstständigen betrachtet?
Die Arbeit untersucht verschiedene Kriterien, insbesondere die Weisungsgebundenheit und die Entgeltlichkeit. Sie analysiert, wie diese Kriterien in der Rechtsprechung des EuGH und des BAG angewendet werden und welche Unterschiede es gibt.
Welche Rolle spielt die Rechtsprechung des EuGH und des BAG?
Die Rechtsprechung des EuGH und des BAG spielt eine zentrale Rolle in der Arbeit. Die Arbeit analysiert und bewertet die Entscheidungen beider Gerichte zum Arbeitnehmerbegriff und untersucht deren Auswirkungen auf die Praxis.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit hinsichtlich einer Vereinheitlichung des Arbeitnehmerbegriffs?
Die Arbeit untersucht die Herausforderungen und Möglichkeiten einer Harmonisierung des Arbeitnehmerbegriffs auf EU-Ebene. Die konkreten Schlussfolgerungen sind im letzten Teil der Arbeit zu finden, der die Ergebnisse der vergleichenden Analyse zusammenfasst und bewertet.
Welche Schlüsselbegriffe sind für das Verständnis der Arbeit relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind Arbeitnehmerbegriff, Europäisches Arbeitsrecht, Deutsches Arbeitsrecht, Freizügigkeitsrecht, Art. 141 EG, Art. 137 EG, Arbeitsschutzrecht, Weisungsgebundenheit, Entgeltlichkeit, Rechtsprechung EuGH, Rechtsprechung BAG, Selbstständige, Harmonisierung und EU-Recht.
- Quote paper
- Michael Müller (Author), 2009, Der Arbeitnehmerbegriff im europäischen und deutschen Arbeitsrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/144374