Seit Anbeginn der Zeit versuchen Philosophen dem Gebilde „Mensch“ Herr zu werden. Sie versuchen ihn zu formen, zu prägen und zu erziehen. Und doch befinden wir uns heute auf einer nicht wesentlich höheren Stufe als damals. Das kann an fehlenden Überlieferungen liegen oder an Kritikern, die eine Theorie verwarfen, von null begannen und am Ende fast die gleiche Theorie neu entwickelten.
Einen entscheidenden Wendepunkt in der pädagogischen Geschichte stellt eine Zeit dar, die vom denkenden Menschen erzählt. In der Aufklärung herrschte im Bürgertum der Wille, zu sein wie die Großen, Mächtigen und die Weisen. Die Menschen trachteten nach geistiger Vollkommenheit und gesellschaftlicher Erfüllung und erkannten, dass die Erziehung dafür die Grundvoraussetzung stellt.
Bereits seit vielen Jahrhunderten ist man sich bewusst, dass die Erziehung nicht erst im hohen Alter beginnt, sondern schon in sehr jungen Jahren stattfinden muss. Insbesondere die Aufklärer beschäftigten sich mit der Problematik „Kind“ und wie man dieses zu einem mündigen Bürger erziehen könnte.
Bevor ich jedoch meine Ausführungen beginne, halte ich es für ratsam zunächst zwei Begriffe zu definieren, die diese Arbeit prägen: „Kind“ und „Erziehung“.
Wenn man von Erziehung spricht, muss man eine Unterscheidung treffen, wen man erziehen möchte. In diesem Fall geht es um die Kindererziehung. John Locke stellt sich darunter vor, „dass der kindliche Geist wie das Wasser ebenso leicht in diese oder jene Richtung gelenkt werden kann.“ (Locke 1966, S.8) Die Erziehung ist demnach die Hauptursache für die großen Unterschiede zwischen den Menschen, weil jeder Mensch durch seine Erziehung genau das ist, was er ist. (ebd.)
Im Hauptteil wird dazu nach einer kurzen Einführung in die Epoche das anfängliche Bildungswesen dargestellt. Hierbei beschränkt sich die Arbeit allerdings auf wesentliche Aspekte, die der Autor für wichtig hielt. Anschließend versucht diese Darstellung sich in einem Vergleich mit der heutigen Zeit damit auseinanderzusetzen, in welcher Weise sich die Bildungsmethoden und -ideen der Aufklärer auch in der heutigen Zeit widerspiegeln.
Gliederung
1. Einleitung
2. Die Erziehung des Kindes in der Aufklärung
2.1 Epochaler Hintergrund
2.2 Die Erziehung zum Gentleman
2.3 Die Rolle der Schule
2.4 Tugenden
2.5 Menschliche Verweichlichung
2.6 Leibesübungen
2.7 Das Spiel als Erziehungsmethode
3. Das Erbe
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Seit Anbeginn der Zeit versuchen Philosophen dem Gebilde „Mensch“ Herr zu werden. Sie versuchen ihn zu formen, zu prägen und zu erziehen. Und doch befinden wir uns heute auf einer nicht wesentlich höheren Stufe als damals. Das kann an fehlenden Überlieferungen liegen oder an Kritikern, die eine Theorie verwarfen, von null begannen und am Ende fast die gleiche Theorie neu entwickelten.
Einen entscheidenden Wendepunkt in der pädagogischen Geschichte stellt eine Zeit dar, die vom denkenden Menschen erzählt. In der Aufklärung herrschte im Bürgertum der Wille, zu sein wie die Großen, Mächtigen und die Weisen. Die Menschen trachteten nach geistiger Vollkommenheit und gesellschaftlicher Erfüllung und erkannten, dass die Erziehung dafür die Grundvoraussetzung stellt. Bereits seit vielen Jahrhunderten ist man sich bewusst, dass die Erziehung nicht erst im hohen Alter beginnt, sondern schon in sehr jungen Jahren stattfinden muss. Insbesondere die Aufklärer beschäftigten sich mit der Problematik „Kind“ und wie man dieses zu einem mündigen Bürger erziehen könnte.
Bevor ich jedoch meine Ausführungen beginne, halte ich es für ratsam zunächst zwei Begriffe zu definieren, die diese Arbeit prägen: „Kind“ und „Erziehung“. Eine Definition für den Begriff „Kind“ stellt sich schwierig dar, wenn man auf bloße Altersgrenzen verzichten möchte. Für Rousseau sind Kinder kleiner als Erwachsene und besitzen weder deren Stärke noch deren Verstand, doch können sie zumindest genauso gut sehen und hören, wie auch riechen, schmecken und fühlen wie die Erwachsenen. (vgl. Rousseau 2001, S.289) Ein Kind ist noch rein, nicht verdorben oder befleckt. Es ist unschuldig und naiv, aber dafür weitaus lernfähiger als sein älteres Ebenbild.
Wenn man von Erziehung spricht, muss man eine Unterscheidung treffen, wen man erziehen möchte. In diesem Fall geht es um die Kindererziehung. John Locke stellt sich darunter vor, „dass der kindliche Geist wie das Wasser ebenso leicht in diese oder jene Richtung gelenkt werden kann.“ (Locke 1966, S.8) Die Erziehung ist demnach die Hauptursache für die großen Unterschiede zwischen den Menschen, weil jeder Mensch durch seine Erziehung genau das ist, was er ist. (ebd.) Er spricht in diesem Sinne sogar von einer edlen und vollkommenen Erziehung, in der er die Fähigkeit des Menschen sieht, „im Krieg und im Frieden alle öffentlichen und privaten Ämter mit Gerechtigkeit, Fähigkeit und Mut auszufüllen“ (Grassi 1967, S.49). Mit Hilfe dieser beiden Definitionen sollte es nun möglich sein das Feld der Kindererziehung in der Aufklärung zu beschreiten. Im Hauptteil wird dazu nach einer kurzen Einführung in die Epoche das anfängliche Bildungswesen dargestellt. Hierbei beschränkt sich die Arbeit allerdings auf wesentliche Aspekte, die der Autor für wichtig hielt. Anschließend versucht diese Darstellung sich in einem Vergleich mit der heutigen Zeit damit auseinanderzusetzen, in welcher Weise sich die Bildungsmethoden und -ideen der Aufklärer auch in der heutigen Zeit widerspiegeln.
2. Die Erziehung des Kindes in der Aufklärung
2.1 Epochaler Hintergrund
Das Zeitalter der Aufklärung lässt sich genau wie jede andere Epoche nur schwer mit einem Anfang und einem Ende festlegen. Einige Quellen beschreiben nur die Jahre von 1786 bis 1815 mit dem Terminus; eine Zeit, in der Europa Schauplatz zahlreicher Ereignissen wurde, wie der französischen Revolution, der Selbstkrönung Napoleons, seinen Feldzügen in das damalige Deutschland bis nach Russland und des Wiener Kongresses, der die Grenzen der Länder in Europa neu festlegte.
Andere Quellen, und das ist die Mehrzahl, gehen dagegen weiter in der Geschichte zurück und zählen das 17. Jahrhundert in Teilen und das 18. Jahrhundert im Schwerpunkt dazu. (vgl. Böhm 2004, S.56). Grundsätzlich geht man davon aus, dass die Aufklärung den größten Teil des 18. Jahrhunderts bestimmte und als Gegenbewegung zum 17. Jahrhundert galt. Allerdings gab es bereits im 17. Jahrhundert Einflüsse einer gewissen rationalen Eigenbestimmung, welche als wichtiges Moment der Aufklärung gilt, sodass beide Jahrhunderte durchaus im Kontext der Aufklärung zu betrachten sind.
Geprägt wurde diese Zeit durch und vom Menschen, der, besinnend auf seine Vernunft, in Freiheit und Würde leben wollte. Diese Vernunft hatte keinen Selbstzweck, sondern war das unendliche Vertrauen in den Menschen selbst, der statt in Phantasiewelten seinen Träumen hinterherzulaufen, nun vielmehr im Diesseits seine Erfüllung suchte.
Durch die Abkehr vom Bösen, Schauernden und Abgründigen gelangt der aufgeklärte Mensch zu einem Optimismus, der ihn dazu anregen sollte, lachend und heiter durch die Welt zu wandern. Auf dem Weg durch das Leben erkannte jener dann die Einfachheit der Welt und beschäftigte sich mit Themen, auf die er geradezu spielerisch einfache Lösungen (er-)fand. Erstmals sollte der Mensch nicht nur ein Teil der Gesellschaft sein. Vielmehr stellte er die Gesellschaft selbst dar, in der er nicht seinem Schicksal ausgeliefert war, sondern es eigenhändig „schmiedete“. Über ganz Europa schwappte eine Welle der Euphorie für Wissen, Verstand und Bildung. In allen Bereichen entwickelte sich dabei ein Verlangen sein eigenes Wissen weiterzugeben, zu lehren und zu erziehen. Vor allem Staatsmänner, Dichter und Pfarrer entdeckten eine Lehrerperson in sich, die nach einfachen Erklärungen zur Weitergabe an das Volk trachtete. Einfachheit statt Komplexität, und damit vollkommene Verständlichkeit, sollten zu einem gebildeten und aufgeklärten Bürgertum führen. (vgl. Schwendner 2004)
Einen großen Stellenwert erkannten die Philosophen wie Johann Heinrich Pestalozzi und Jean-Jacques Rousseau in den Kindern. Die Erziehung zum eigenständigen und eigenverantwortlichen Denken sollte so früh wie nur möglich im Leben eines Menschen stattfinden. Rousseau fordert dazu am Anfang des ersten Buches aus „Emile oder Über die Erziehung“ folgendes: „Pflege und tränke das junge Gewächs, bevor es stirbt; eines Tages werden seine Früchte deine Wonne sein.“ (Rousseau 2001, S.108) Er sah im Kind und seinen Fähigkeiten die Chance eine bessere Gesellschaft und einen besseren Staat entstehen zu lassen, der allgemein und gerecht handeln sollte.
Wie und in welcher Art und Weise sich die Erziehung des Kindes in der Zeit der Aufklärung darstellte, wird in den folgenden Abschnitten anhand verschiedene Bereiche skizziert.
2.2 Die Erziehung zum Gentleman
Wie bereits in der Einleitung angedeutet, stellte die Erziehung für John Locke eine essentielle Tätigkeit in der modernen Zeit dar. Vor allem der Erziehung der Kinder räumt er den größten Stellenwert ein und verweist zugleich auf die Pflichten und die Verantwortung, welche die Eltern dabei tragen. Er bedauert aber, dass sich leider nicht allzu viele Menschen damit auseinandersetzen, obwohl nach ihm „das Wohl und der Wohlstand der Nation“ (Grassi 1967, S.48) in hohem Maße davon abhängen, wie die nächste Generation erzogen wird. Sein Hauptaugenmerk legt Locke auf seine Erziehung des Gentleman. Dieser Status wird getragen von der führenden Gesellschaftsschicht, welche in öffentlichen Ämtern und im Staatsdienst ihre Berufung findet. Diese Menschen, die sich als Gentlemen bezeichnen dürfen, haben nach Locke eine edle und vollkommene Erziehung genossen, durch die sie auch Andere dazu bewegen können, ihrem Beispiel zu folgen. (vgl. Grassi 1967, S.48 ff.) Sie müssen dabei nicht unbedingt wissenschaftlich gebildet sein, denn das stand bei Locke nicht an vorderster Stelle. Vielmehr sollte der Mensch erzogen statt ausgebildet werden, tugendhaft statt hochintelligent und Lebenskünstler statt Wissenschaftler sein. Sein Gentleman kann ohne Gefahr auf einen Teil der Bildung verzichten und sich auf die allgemeine Klugheit und das Benehmen konzentrieren, ohne dabei befürchten zu müssen, in seiner Persönlichkeit oder in seinem Beruf Schaden zu erleiden.
Daraus lässt sich auch erkennen, dass er sich auf den Leitspruch „res non verba“ berief, also den Dingen zugewandter war, als der Sprache. Er betrachtete die Diskussion als pure Zeitverschwendung, da sie letztendlich nur wenig oder gar nichts besagt. Die Kunst zu Diskutieren vergleicht er mit der ebenso unsinnigen Fähigkeit Knoten in ein Spinnennetz zu flechten. (ebd.)
Mit Hilfe seiner Erziehungsansätze versucht John Locke nicht das junge Wesen wissenschaftlich zu prägen, sondern dessen Geist und Verstand zu öffnen und vorzubereiten, um ihm die Voraussetzungen zum Erlernen einer Wissenschaft zu geben.
Ohne Zweifel spricht Locke bei seinem Gentleman nicht von den Armen und den Menschen, die der Gesellschaft zur Last fallen. Diese sollten zum Beispiel in der Wollindustrie einer erbarmungslosen und streng religiös geführten Disziplin unterliegen und so ihren Teil in die Gesellschaft beitragen. Hieran erkennt man schnell, dass Locke der erste Aufklärer war, weil er sich nur mit dem höheren Bürgertum abgab. Die unteren Schichten fielen durch sein Raster und wurden wie beschrieben als Arbeiter in den Bienenstock der Gesellschaft eingereiht.
Und doch hatten seine Ansätze großen Erfolg. Seine „Gedanken über Erziehung“ von 1693 (ebd.) wurden für die pädagogische Entwicklung im 18. Jahrhundert ausschlaggebend und für viele Teilbereiche wie das Schulwesen übernommen und weiterhin optimiert.
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- Quote paper
- Michel Beger (Author), 2009, Die Erziehung des Kindes in der Aufklärung, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/144069