Die „Einheit der Kirche“ ist eine christliche Thematik, die seit Beginn der urchristlichen Schriftzeugnisse im letzten Drittel des 1. Jahrhunderts nachweisbar ist und bereits früh eine gewisse Problematik erkennen lässt. Das Selbstverständnis der Kirche, der ἐκκλησία, als Gemeinschaft und als das neue Gottesvolk ist konstituiert im einheitlichen Bekenntnis von Tod und Auferstehung Jesu Christi und der dieses Bekenntnis besiegelnden Taufe. Die Einheit der Kirche ist somit primär ein geistiges Prinzip, eine Einheit im Glauben. Eine tatsächliche Einheit der Kirchen ist jedoch seit den Urchristengemeinden nie realisiert worden. Bereits die Struktur des Imperii Romani erlaubte aufgrund der Heterogenität geographischer, kultureller, politischer, religiöser und philosophischer Einflüsse und Entwicklungen keinen einheitlichen Christianisierungs- und Dogmatisierungsprozess. Die sukzessive Etablierung der Reichskirche im 4. Jahrhundert strebte ein verbindliches Reichsdogma an, womit die Kirche in den politischen Raum integriert wurde. Die Frage, was rechter Glaube in Form rechter Lehre sei, fand seinen ersten Höhepunkt im Streit um das Verhältnis von Gott-Vater und Jesus-Sohn, um den dogmatischen Begriff des όμοούσιος. Dieser mehr als fünf Jahrzehnte währende Streit im Anschluss an das erste ökumenische Konzil von Nicaea (325) führte zur Spaltung der Kirche in die Positionen der „Arianer“ und „Nizäner“, die sich im weiteren Verlauf jeweils ausdifferenzierten in komplexe Parteiungen. Die Divergenz zwischen theologischem Axiom der Einheit und der christlichen Praxis zeigt sich exemplarisch in der Spaltung der antiochenischen Kirche, dem „meletianischen Schisma“. Diese Gemeindespaltung erzwang eine überregionale Stellungnahme einer Großzahl bischöflicher Sitze in Ost und West. Dogmatische Gründe können das Scheitern der Einheit in Antiochien nicht hinreichend erklären. Inwieweit beeinflussten unmittelbare und mittelbare, personal- und kirchenpolitische Motive die ekklesiale Identitätskrise?
Zur Klärung dieser Frage sollen im Folgenden erstens die theologische Notwendigkeit der Einheit und zweitens die Positionierung der zersplitterten Parteien erläutert werden. Im Anschluss an die historische Entwicklung des Schismas sollen die möglichen Gründe für das Scheitern der Einheit analysiert werden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung.
- II. Die theologische Basis
- 1. Die Notwendigkeit der Einheit der Kirche.
- 2. Theologische Positionen der antiochenischen Gemeinden..
- III. Die kirchliche Identitätskrise..........\
- 1. Das,,meletianische Schisma\".
- 2. Das Scheitern der Einheit - mögliche Gründe..
- IV. Fazit.
- V. Quellen und Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das „meletianische Schisma“ in Antiochien, eine Kirchenspaltung im 4. Jahrhundert, als Beispiel für die Diskrepanz zwischen dem Ideal der christlichen Einheit und der tatsächlichen Praxis. Ziel ist es, die theologischen und historischen Hintergründe des Schismas zu beleuchten sowie die möglichen Gründe für das Scheitern der Einheit zu analysieren.
- Die theologische Notwendigkeit der Einheit der Kirche
- Die Positionen der verschiedenen Parteien im Streit um das Verhältnis von Gott-Vater und Jesus-Sohn (ὁμοούσιος)
- Die historischen Hintergründe des „meletianischen Schismas“
- Die Rolle politischer und persönlicher Motive bei der Spaltung der antiochenischen Kirche
- Die Auswirkungen des Schismas auf die Einheit der christlichen Kirche
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Die Einleitung stellt die Thematik der „Einheit der Kirche“ vor und beleuchtet die historischen und theologischen Herausforderungen, die sich bereits in den Urchristengemeinden zeigten. Der Streit um das Verhältnis von Gott-Vater und Jesus-Sohn im 4. Jahrhundert wird als Ausgangspunkt für die Analyse des „meletianischen Schismas“ herangezogen.
II. Die theologische Basis
1. Die Notwendigkeit der Einheit der Kirche
Dieser Abschnitt beleuchtet die theologischen Gründe für die Notwendigkeit der Einheit der Kirche aus verschiedenen Perspektiven des Neuen Testaments. Es werden christologische, eschatologische, soteriologische und missionarische Aspekte beleuchtet, die die Einheit der Kirche als Ausdruck des Heils und des Wirkens des Heiligen Geistes beschreiben.
2. Theologische Positionen der antiochenischen Gemeinden
Dieser Abschnitt stellt die theologischen Positionen der verschiedenen Parteien im Streit um das Verhältnis von Gott-Vater und Jesus-Sohn dar. Es werden die Positionen der Arianer, der Nicaener und weiterer Gruppen, die sich im 4. Jahrhundert in Antiochien vertreten waren, vorgestellt.
III. Die kirchliche Identitätskrise
1. Das „meletianische Schisma“
Dieser Abschnitt beschreibt die historische Entwicklung des „meletianischen Schismas“ in Antiochien. Er beleuchtet die Hintergründe der Spaltung der Kirche und die Rolle der verschiedenen Akteure.
2. Das Scheitern der Einheit - mögliche Gründe
Dieser Abschnitt untersucht die möglichen Gründe für das Scheitern der Einheit in Antiochien. Es werden sowohl theologische als auch historische und politische Faktoren berücksichtigt.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Kircheneinheit, „meletianisches Schisma“, Antiochien, ὁμοούσιος, Arianer, Nicaener, theologische Positionen, politische Motive, Identitätskrise, ekklesiologie, Neues Testament, Christologie, Eschatologie, Soteriologie, Mission, Einheit des Leibes Christi.
- Quote paper
- Sina Hofmann (Author), 2009, Kircheneinheit und kirchliche Identitätskrise, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/143003