In vorliegender Arbeit soll untersucht werden, inwiefern die Darstellung Catilinas in den catilinarischen Reden Ciceros mit der Darstellung in Sallusts Monographie Bellum Catilinae übereinstimmt.
Ich werde zunächst zeigen, dass die Darstellung Catilinas in beiden Fällen von einer Topik bestimmt ist, die aus der rhetorischen Tradition der Invektive stammt. Obwohl es sich also um zwei vollkommen verschiedene Textsorten handelt, wird die jeweils zentrale Figur mit denselben Mitteln dargestellt. Es ergibt sich die Frage, ob diese Übereinstimmung in der Technik der Beschreibung bedeutet, dass die Zielsetzung der Werke ebenfalls übereinstimmt.
Ich möchte also hinterfragen, ob das Verhältnis der beiden Werke so eindeutig ist, wie es zunächst den Anschein hat: Cicero verfasst als Konsul eine politische Invektive gegen seinen politischen und persönlichen Feind, Sallust nutzt die catilinarische Verschwörung um ein Exemplum für den Niedergang des Staates zu konstituieren. Doch wie viel von Sallusts Anliegen steckt bereits in den Reden Ciceros? Und inwiefern folgt die Darstellung Catilinas bei beiden Autoren ein und demselben Schema, nämlich dem der Invektive? Und handelt es sich also um Invektiven? Oder schreibt Cicero vielleicht trotz invektivischer Metaphorik gar keine Invektive?
Im Hintergrund steht dabei auch die Frage, was diese Texte uns über den historischen Catilina verraten können – dürfen sie mit Recht als Quellen zu Catilina gelesen werden oder verbietet sich dieser Ansatz?
Zunächst werde ich einen Überblick über die Darstellung Catilinas in den Catilinarien bieten und zunächst diskutieren, ob es sich bei diesen um Invektiven handelt oder nicht. Ich werde in diesem Kontext vor allem die Entpersonalisierung der angewandten Invektivtopoi untersuchen, die Cicero in den vier Catilinarien vornimmt.
Ich werde außerdem betrachten, ob es sich möglicherweise schon bei Cicero um die Statuierung eines politischen Exemplums handelt und Cicero sich somit der Zielsetzung Sallusts annährt.
In der Folge werde ich mich der Darstellung Catilinas bei Sallust widmen. Hierbei soll die Frage im Mittelpunkt stehen, inwiefern Sallust die ciceronische Darstellung Catilinas für seine Monographie übernimmt und was er der Catilina-Figur hinzufügt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Topoi als beherrschendes Element der Darstellung Catilinas
- Die Reden gegen Catilina
- Die erste Rede gegen Catilina
- Die zweite Rede gegen Catilina
- Catilina und Reflexe Catilinas in der dritten und vierten Rede
- Die dritte Rede gegen Catilina
- Die vierte Rede gegen Catilina
- Invectivae in Catilinam?
- Die Catilinarien als Rechtfertigungsreden
- Catilina als Exemplum
- In Toga Candida – Die echte Invectiva in Catilinam
- Catilina als Reflex Sullas - Die Entstehung eines neuen Typus?
- Parallelen zwischen Sulla und Catilina
- Cicero/Marius vs. Catilina/Sulla
- novitas periculi - Von Sulla bis Caesar via Catilina
- Catilina in den philippischen Reden
- Exemplum + Invektive = Rüge?
- Fehlende Individualisierung der Topoi
- Standartbeschimpfungen
- Der Mord an Sohn und Ehefrau
- Das Aussehen
- Der Name
- Aurelia Orestilla
- Der Catilina Sallusts
- Ciceros Catilina-Figur in Sallusts Bellum Catilinae
- Eine historische Monographie als, Tadelrede'?
- Die Reden Catilinas – Ein Zerrbild römischer Grundtugenden
- Die Agitationsrede
- Die Feldherrenrede
- Die Briefe Catilinas - simulator ac dissimulator
- boni und improbi bei Sallust
- Übereinstimmungen zwischen Ciceros und Sallusts Catilina – Eine Bilanz
- Die Darstellung Catilinas bei Cicero außerhalb der Catilinarien
- Catilina in der Rede pro Murena
- Catilina in der Rede pro Sulla
- Catilina in der Rede pro Caelio
- Die Literarisierung Catilinas
- Nomen est omen?
- Cum tacent, clamant? - Catilina zwischen den Zeilen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht, inwieweit die Darstellung Catilinas in den catilinarischen Reden Ciceros mit der Darstellung in Sallusts Monographie Bellum Catilinae übereinstimmt. Im Zentrum stehen die rhetorischen Mittel der Darstellung, die Funktion der Figur Catilinas in beiden Texten und die Frage nach der literarischen und historischen Bewertung Catilinas.
- Die Verwendung von Topoi in der Darstellung Catilinas bei Cicero und Sallust
- Die Analyse der Reden Ciceros gegen Catilina im Hinblick auf ihre Funktion als Invektiven
- Die Rolle Catilinas als Exemplum in den Werken Ciceros und Sallusts
- Die Beziehung zwischen Sulla und Catilina und die mögliche Rezeption Sullas in der Figur Catilinas
- Die literarische Konstruktion Catilinas als Typus und die Grenzen der historischen Bewertung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Thematik und die Zielsetzung der Untersuchung darlegt. Anschließend wird gezeigt, dass die Darstellung Catilinas bei Cicero und Sallust von Topoi aus der rhetorischen Tradition der Invektive geprägt ist.
Die Kapitel 3 bis 7 analysieren die catilinarischen Reden Ciceros, wobei die Frage nach der Funktion als Invektive im Vordergrund steht. Es wird untersucht, ob die Reden als Rechtfertigungsreden zu verstehen sind und ob Catilina als Exemplum für den Niedergang des Staates dient.
Kapitel 8 befasst sich mit der Beziehung zwischen Sulla und Catilina und der Frage, ob man Catilina als direkten Reflex Sullas betrachten kann. Anschließend wird untersucht, ob die Reden gegen Catilina als Rügen - suasiones - zu definieren sind.
Die Kapitel 12 bis 18 widmen sich der Darstellung Catilinas bei Sallust. Es wird analysiert, inwiefern Sallust die ciceronische Darstellung Catilinas für seine Monographie übernimmt und was er der Figur hinzufügt. Außerdem werden die Rolle der Reden und Briefe Catilinas für die Figur und die Parallelen zu Ciceros Reden gegen Catilina untersucht.
Kapitel 19 erweitert die Analyse der Darstellung Catilinas um die Reden pro Murena, pro Sulla und pro Caelio. Die Arbeit schließt mit einem Fazit, das die Ergebnisse der Untersuchung zusammenfasst.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung Catilinas in der römischen Literatur, insbesondere in den catilinarischen Reden Ciceros und Sallusts Bellum Catilinae. Die zentralen Themen sind die rhetorischen Mittel der Darstellung, die Funktion der Figur Catilinas als Exemplum und die Frage nach der literarischen und historischen Bewertung Catilinas. Die Arbeit untersucht insbesondere die Verwendung von Topoi aus der Invektivtradition, die Bedeutung von historischen Parallelen und die Grenzen der historischen Quellenkritik.
- Quote paper
- M.A. Nicholas Gudrich (Author), 2008, Ingenio malo pravoque? - Die Darstellung Catilinas bei Cicero und Sallust, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/141816