Die Anfänge der niedrigschwelligen Hilfe-Angebote an Drogengebraucher*innen entstehen wohl schon Anfang der Siebzigerjahre, z.B. die ersten Drogenberatungsstellen, welche sich als Hilfe zur Selbsthilfe verstehen, Einrichtungen für Langzeittherapie, Entgiftungs- und Behandlungseinrichtungen, so auch das Polamidonprogramm in Hannover.
Im Laufe der Erfahrung mit stationärer Langzeittherapie wird dies nun der "Königsweg", um Drogensüchtige zu behandeln, sodass alle anderen Möglichkeiten aus dem Fokus geraten. Erst durch die alarmierende Zunahme der HIV-Infektionen unter Drogengebrauchenden Mitte der 80er findet der Gedanke des niedrigschwelligen Angebots Einzug in die Hilfeangebote-Palette für drogenabhängige Menschen. Ein bis dahin verfolgter Leitsatz "Die Abstinenz" wird durch den "Drogenkonsum erstmal akzeptierenden Ansatz" erweitert. Durch das Ergänzen des auf Abstinenz gezielten Hilfespektrums finden nun solche Begriffe Einzug in die Suchthilfe wie "nicht-bevormundende", "suchtbegleitende", "offensive", "klientenorientierte" "oder "niedrigschwellige" Drogenarbeit mit "schwellenlosen Angeboten". Stöver schreibt weiter: "Schwellen im Zugang zur Drogenhilfe sollen abgebaut werden, um die Reichweite der Hilfsangebote zu vergrößern, insbesondere für die Drogengebraucher, die hochschwellige drogenfreie Angebote nicht mehr erreichen können oder wollen. Eine Erhöhung der Reichweite ist nur durch bedürfnisgerechte, lebensweltnahe Ausgestaltung der Angebote möglich, die sich auf die Alltagsprobleme und Risiken der Gebraucher einlassen. Eine Bevormundung durch beratende oder therapeutische Institutionen wird aufgegeben zugunsten der Betonung der Selbstbestimmung der Drogengebraucher".
Nur wie soll solch eine Hilfe aussehen? Eine Antwort darauf liefern neben den in Deutschland mittlerweile weit aufgestellten Spritzenautomaten die Drogenkonsumräume.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Exkurs in die mit Drogen-/Sucht-Arbeit verbundenen Begrifflichkeiten
- Die zwei Ansätze der Sucht-/Drogen-Arbeit
- Der abstinensbasierte Ansatz
- Der akzeptierende Ansatz
- HIV-Epidemie und ihr Einfluss auf Drogengebraucher*innen
- Was ist HIV und AIDS?
- Exkurs zu der Historie HIV erreicht Deutschland
- HIV-Ansteckung bei Drogengebraucher*innen
- Der Präventions-Gedanke
- Niedrigschwellige Suchthilfe
- Was ist ein Drogenkonsum-Raum?
- Gesetzliche Grundlagen
- Zielgruppe
- Das Angebot und Ziele
- Drogenkonsumräume in Berlin
- Vista Berlin
- FixPunkt e.V.
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Entstehung von niedrigschwelligen Suchthilfeeinrichtungen in Deutschland, insbesondere mit Drogenkonsumräumen. Die Arbeit untersucht, wie die HIV-Epidemie die traditionelle Drogen- und Suchtarbeit transformiert hat und welche Rolle die Einführung eines akzeptierenden Ansatzes dabei spielte.
- Die Entwicklung von Drogenkonsumräumen als Reaktion auf die HIV-Epidemie
- Der Wandel von einem abstinensbasierten zu einem akzeptierenden Ansatz in der Drogen- und Suchtarbeit
- Die Bedeutung von Prävention und Schadensminimierung in der Drogenhilfe
- Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Drogenkonsumräume in Deutschland
- Die Rolle von Drogenkonsumräumen als niedrigschwellige Suchthilfeeinrichtung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den Gedenktag für Drogengebraucher*innen am 21. Juli und die Bedeutung von Menschenwürde für alle Menschen, unabhängig von Sucht. Sie führt den Leser in die Thematik der Arbeit ein und skizziert die zentrale Frage: Wie konnte es dazu kommen, dass Menschen mit Drogensucht 2022 in einigen Städten Deutschlands unter sterilen Bedingungen und Aufsicht ihrer Sucht nachgehen können?
Kapitel 2 erläutert die Bedeutung von Begriffen wie „Drogen“, „Sucht“ und „Niedrigschwelligkeit“ für das Verständnis der Arbeit. Es definiert Sucht anhand der ICD 10 und geht auf die verschiedenen Arten des Drogenkonsums sowie die Legalität und Illegalität von Substanzen ein. Der Abschnitt befasst sich mit den drei Substanzen, die häufig in Drogenkonsumräumen konsumiert werden: Heroin, Kokain und Opioide bzw. Substitutionsmittel.
Kapitel 3 stellt die zwei Ansätze der Drogen- und Suchtarbeit – den abstinensbasierten und den akzeptierenden Ansatz – gegenüber. Es beschreibt die unterschiedlichen Herangehensweisen an die Behandlung von Sucht und die Entwicklung der akzeptierenden Haltung, die durch die HIV-Epidemie beeinflusst wurde.
Kapitel 4 widmet sich der HIV-Epidemie und ihrem Einfluss auf Drogengebraucher*innen. Es erklärt die Ansteckungsgefahr von HIV bei Drogengebraucher*innen und wie die hohe Zahl an Infektionen in den 1980er Jahren zu neuen Präventionsstrategien und einer Veränderung des Betäubungsmittelgesetzes führte.
Kapitel 5 erklärt den Begriff „Niedrigschwellige Suchthilfe“ und beschreibt die Funktion von Drogenkonsumräumen als sichere und hygienische Konsumorte. Es geht auf die gesetzlichen Grundlagen, die Zielgruppe und die Ziele dieser Einrichtungen ein.
Kapitel 6 stellt zwei Drogenkonsumräume in Berlin – Vista Berlin und FixPunkt e.V. – vor und beschreibt deren Angebote und Arbeitsprinzipien.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind Drogenkonsumraum, HIV-Epidemie, niedrigschwellige Suchthilfe, akzeptierender Ansatz, abstinensbasierter Ansatz, Prävention, Schadensminimierung, Betäubungsmittelgesetz, Heroin, Kokain, Opioide, Substitutionsmittel, Drogengebraucher*innen.
- Quote paper
- Lana Briede (Author), 2022, Niedrigschwellige Suchthilfe. Hat die HIV-Epidemie die Sucht-/Drogen-Hilfe transformiert?, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1394082