In Mary Shelleys Roman Frankenstein (1818) sind Männer und Frauen nach einem dualistischen Prinzip gestaltet: Die Frauen sind keine eigenständigen Charaktere, sondern richten ihr Dasein darauf aus, ihre Ehemänner oder männlichen Verwandten fürsorglich zu unterstützen. Diese Anordnung gleicht dem Geschlechtermodell der Romantik: Der Mann ist in der symbolischen Ordnung der Geschlechter der Öffentlichkeit zugeordnet und die Frau dem Häuslichen. Im Literaturbetrieb gelten Frauen im Gegensatz zum männlichen Autor als minderwertig, obwohl sie in allen Genres eine hohe Zahl an Veröffentlichungen tätigen. Die vorliegende Arbeit prüft, ob Mary Shelleys Roman als Stellungnahme zum Konzept von Autorschaft in der Romantik gelesen werden kann. Die Theorie des dekonstruktiven Feminismus, eine Form des Lesens, die in Anlehnung an Derrida subversive Strukturen in Texten aufdeckt, bildet dabei die Grundlage für eine textimmanente Interpretation. Abschließend wird untersucht, inwiefern der Text das Konzept von der exklusiv männlichen Genialität in der englischen Romantik unterwandert.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Frankenstein zur Einführung: Entstehung und Hintergründe
- 2.1 Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte Frankensteins
- 2.1.1 Mary Shelleys Zeitgenossen
- 2.1.2 Das 20. Jahrhundert
- 2.2 Interpretationsansätze aus dem 20. Jahrhundert - Eine Auswahl
- 2.3 Die Female Gothic Novel
- 2.4 Die weibliche Autobiografie: Mary Shelley und Frankenstein
- 3. Theorie: Dekonstruktiver Feminismus und weibliche Autorschaft
- 3.1 Überblick zur Entwicklungsgeschichte des dekonstruktiven Feminismus
- 3.1.1 Jacques Derrida – Der Begriff der Dekonstruktion
- 3.1.2 Barbara Johnson und Barbara Vinken – Der dekonstruktive Feminismus
- 3.1.3 Versuch einer Systematik: Das Problem der 'Methode'
- 3.1.4 Der 'Ort der Frau'
- 3.2 Weibliche Autorschaft in der englischen Romantik
- 3.2.1 Die Rolle des Geschlechts und die Position der Frauen
- 3.2.2 Der 'männliche Autor'
- 4. Literaturanalyse: Frankenstein (1818)
- 4.1 Die Darstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit in Frankenstein
- 4.2 Familie und Elternschaft
- 4.2.1 Geschwisterähnliche Beziehungen
- 4.2.2 Mütterlichkeit und 'mutterlose Geburt'
- 4.3 Sexualität
- 4.3.1 Frankenstein und Elizabeth
- 4.3.2 Frankenstein und das Monster
- 4.4 Die Subversion der Verdrängung: Weiblichkeit und Monstrosität
- 4.5 Der romantische Autor
- 4.5.1 Sprache, Identität und die gothic quest
- 4.5.2 Intertextuelle Bezüge: Coleridge, Shelley und Wordsworth
- 4.5.3 Männliche Genialität und weibliche Subversion
- 5. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Mary Shelleys Frankenstein (1818) unter dem Blickwinkel des dekonstruktiven Feminismus. Ziel ist es, den Roman als mögliche Stellungnahme zum Konzept der Autorschaft in der englischen Romantik zu lesen und dabei subversive Strukturen aufzudecken, die das traditionelle Geschlechterverhältnis und die Vorstellung vom männlichen Autor hinterfragen.
- Das Geschlechterverhältnis in Shelleys Frankenstein und der englischen Romantik
- Dekonstruktiver Feminismus als theoretischer Rahmen
- Die Darstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit im Roman
- Die Rolle von Monstrosität und Verdrängung
- Subversion der romantischen Vorstellung von männlicher Autorschaft
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt mit einem Zitat aus Frankenstein die zentrale Thematik des Geschlechterverhältnisses ein und skizziert die Problematik der männlich dominierten Autorschaft in der englischen Romantik. Shelleys Roman wird als möglicher Kommentar zu dieser Ordnung vorgestellt, wobei die Monstrosität als kritische Auseinandersetzung mit dem schöpferischen Anspruch des männlichen Autors interpretiert wird. Die Arbeit kündigt eine dekonstruktiv-feministische Lektüre an, um subversive Strukturen in Frankenstein aufzudecken.
2. Frankenstein zur Einführung: Entstehung und Hintergründe: Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von Frankenstein, einschließlich der zeitgenössischen Kritik und wichtiger Interpretationsansätze des 20. Jahrhunderts. Es werden verschiedene Perspektiven auf den Roman vorgestellt, u.a. die Einordnung in den Kontext der Female Gothic Novel und der weiblichen Autobiografie. Der Fokus liegt auf dem Verständnis von Frankenstein als Produkt seiner Zeit und den unterschiedlichen Lesarten, die sich im Laufe der Geschichte entwickelt haben.
3. Theorie: Dekonstruktiver Feminismus und weibliche Autorschaft: Dieses Kapitel erläutert die theoretischen Grundlagen der Arbeit: den dekonstruktiven Feminismus. Es werden die Ansätze von Jacques Derrida, Barbara Johnson und Barbara Vinken vorgestellt und die zentralen Konzepte des dekonstruktiven Feminismus, insbesondere die Kritik an phallozentrischen Denkstrukturen und die Problematik der Methodisierung und Verortung der Frau, diskutiert. Zusätzlich wird die Situation der weiblichen Autorschaft in der englischen Romantik beleuchtet, um den Kontext für die anschließende Analyse von Frankenstein zu schaffen.
4. Literaturanalyse: Frankenstein (1818): Die Literaturanalyse untersucht die Darstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit in Frankenstein, fokussiert auf familiäre Beziehungen, Sexualität und die Thematik der Monstrosität. Es wird analysiert, wie diese Aspekte zusammenspielen, um die Geschlechterordnung der Romantik zu unterwandern. Die Rolle von Sprache und intertextuelle Bezüge zu Werken von Coleridge, Shelley und Wordsworth werden untersucht, um Shelleys Umgang mit der männlich geprägten romantischen Sprache zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Frankenstein, Mary Shelley, Dekonstruktiver Feminismus, Weibliche Autorschaft, Englische Romantik, Geschlechterverhältnis, Männlichkeit, Weiblichkeit, Monstrosität, Subversion, Romantischer Autor, Phallozentrismus.
Mary Shelleys Frankenstein: Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Mary Shelleys Roman "Frankenstein" (1818) unter der Perspektive des dekonstruktiven Feminismus. Der Fokus liegt auf der Untersuchung des Geschlechterverhältnisses im Roman und der Subversion traditioneller Vorstellungen von Autorschaft in der englischen Romantik.
Welche theoretischen Ansätze werden verwendet?
Die Arbeit basiert auf dem dekonstruktiven Feminismus, insbesondere auf den Konzepten von Jacques Derrida, Barbara Johnson und Barbara Vinken. Diese Theorie dient als Grundlage zur Analyse der Geschlechterrollen und der Kritik an phallozentrischen Denkstrukturen im Roman.
Welche Themen werden im Roman untersucht?
Die Analyse konzentriert sich auf die Darstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit in "Frankenstein", die familiären Beziehungen, Sexualität, Monstrosität und die Subversion der romantischen Vorstellung vom männlichen Autor. Dabei werden intertextuelle Bezüge zu Werken anderer romantischer Autoren wie Coleridge, Shelley und Wordsworth berücksichtigt.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Eine Einleitung, die den Kontext und die Fragestellung beschreibt; ein Kapitel zur Entstehungsgeschichte und Rezeptionsgeschichte von "Frankenstein"; ein Kapitel zur Theorie des dekonstruktiven Feminismus; eine detaillierte Literaturanalyse von "Frankenstein"; und abschließend eine Zusammenfassung der Ergebnisse.
Welche Aspekte der englischen Romantik werden betrachtet?
Die Arbeit untersucht die Rolle des Geschlechts und die Position der Frauen in der englischen Romantik, insbesondere im Hinblick auf die Konzepte von männlicher Autorschaft und Genialität. Shelleys "Frankenstein" wird als möglicher Kommentar zu diesen gesellschaftlichen und literarischen Normen interpretiert.
Wie wird Monstrosität im Roman interpretiert?
Die Monstrosität in "Frankenstein" wird als kritische Auseinandersetzung mit dem schöpferischen Anspruch des männlichen Autors und der patriarchalen Ordnung interpretiert. Sie dient als Mittel zur Subversion etablierter Geschlechterrollen und Machtstrukturen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Frankenstein, Mary Shelley, Dekonstruktiver Feminismus, Weibliche Autorschaft, Englische Romantik, Geschlechterverhältnis, Männlichkeit, Weiblichkeit, Monstrosität, Subversion, Romantischer Autor, Phallozentrismus.
Für wen ist diese Arbeit bestimmt?
Diese Arbeit richtet sich an Leser*innen, die sich für Mary Shelleys "Frankenstein", den dekonstruktiven Feminismus und die Literatur der englischen Romantik interessieren. Sie ist insbesondere für akademische Zwecke gedacht, um die Thematik des Geschlechterverhältnisses und der weiblichen Autorschaft in einem professionellen Kontext zu analysieren.
- Quote paper
- Wiebke Blanck (Author), 2006, Mary Shelleys Frankenstein und der dekonstruktive Feminismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/139238