Unterrichtsentwurf zu einer Lehrprobe im Fach Französisch in der Gymnasialen Kursstufe zum Thema "La Banlieue Parisienne et Ses Jeunes: Le Chômage".
Unterrichtsentwurf zur Lehrprobe im Fach Französisch
II Inhaltliche Überlegungen
Das Thema der Einheit sind die Vororte von Paris und die Jugendlichen, die dort leben. Bei der vorliegenden stunde handelt es sich um die fünfte von neun stunden. Bisher wurde anhand des von Charles Aznavour gesungenen Chansons Moi, je vis en banlieue in die Thematik eingeführt und die Jugendsprache Verlan besprochen. In der der Lehrprobenstunde direkt vorangehenden stunde wurde die Lebenssituation der Beurs näher beleuchtet. Im Anschluß an die Lehrprobenstunde folgt das Thema Gewalt und Kriminalität. Die Einheit wird durch eine Betrachtung verschiedener Reaktionen der jugendlichen Vorstädter in Form von Rapmusik und standup Comedy, sowie einen Rückblick auf das Gelernte und einen Ausblick auf weitere Fragestellungen abgeschlossen.
Das Thema der Lehrprobeneinheit fügt sich gut in den Bildungsplan 2004 für Französisch ein, da dort unter Punkt 4 Kulturelle Kompetenz: Soziokulturelles Wissen davon die Rede ist, daß Schülerinnen am Ende der Kursstufe Kenntnisse über die Gesellschaft und Kultur Frankreichs verfügen und mit Grundzügen der gesellschaftlichen und politischen Wirklichkeit vertraut sein sollen. Die Situation in den Pariser Vororten gehört zu diesem gesellschaftlichen Themenkomplex. Das Thema der Lehrprobenstunde - die Jugendarbeitslosigkeit - ist eines der Hauptprobleme der Vororte von Paris und darf somit auf keinen Fall bei einer Besprechung des Themas zu kurz kommen. Auch hängt dieses Problem natürlich stark mit dem Thema Rassismus zusammen.
III Methodisch-didaktische Überlegungen
Bei der Konzeption der stunde war es mir sehr wichtig, die Schülerinnen zum Sprechen zu animieren. Da sie bereits in anderen Fächern, wie Deutsch und Politik, das Thema Jugendarbeitslosigkeit besprochen haben, wollte ich auf alle Fälle vermeiden, sie mit zu ausgedehnter Textarbeit über ein bereits bekanntes Thema, dem nur noch einige kulturspezifische Aspekte hinzugefügt werden, zu langweilen. Des Weiteren lag mir viel daran, sie im Hinblick auf ihre schlechten bis mittelmäßigen Französischkenntnissen nicht durch eine zu intensive Beschäftigung mit einem nicht gerade einfach zu verstehenden Text zu überfordern oder gar zu demotivieren. Daher auch meine Vorgehensweise der Integration von Seh- und Hörverstehen in die bereits zu Hause vorbereitete Textarbeit und die Einbindung problemorientierter Fragestellungen im Hinblick auf weitere Gründe für die Jugendarbeitslosigkeit und die Motivation von Arbeitgebern, Jugendliche aus den Vororten nicht einzustellen. Durch den abschließenden Perspektivenwechsel können sich die Schülerinnen vermutlich weitaus besser in die Lage der betroffenen Jugendlichen versetzen, als dies durch theoretische Diskussionen oder Textarbeit möglich gewesen wäre. Die Schreibkompetenz kommt hauptsächlich bei der Hausaufgabe zum Zuge. Allerdings halte ich diese Einseitigkeit bei der Behandlung eines landeskundlichen Themas für durchaus vertretbar, da Landeskunde für mich etwas ist, das man so gut es geht erleben muss.
Anstatt direkt mit der Besprechung der Hausaufgabe zu beginnen, habe ich mich dazu entschlossen, ein Opfer der Diskriminierung zu Wort kommen zu lassen. Ich hatte zuerst mit dem Gedanken gespielt, den letztendlich als Hausaufgabe vorbereiteten Text Ca va pas être possible vorzulesen, und die Reaktion der Schülerinnen abzuwarten. Dies hätte in einem abgedunkelten Raum in Verbindung mit einem an die Wand projizierten Foto einer jungen Algerierin stattgefunden. Da jedoch auch die Sprechweise der Jugendlichen aus der Banlieue in diesem Zusammenhang nicht unerheblich ist und ich sie nicht imitieren kann, habe ich von dieser Idee Abstand genommen und bin stattdessen auf einen Werbespot der Organisation La Halde gegen Diskriminierung und für Gleichberechtigung ausgewichen. So wird auch ansatzweise das Seh- und Hörverstehen der Schülerinnen im Umgang mit den neuen Medien trainiert.
Das Einbringen von Statistiken, die die kurze Ausführung des jungen Mannes nordafrikanischer Herkunft untermauert und verallgemeinert, bietet einen Sprechanlass für die Schülerinnen, da sie selbst die Statistiken versprachlichen sollen. Da sie eventuell mit der Versprachlichung Schwierigkeiten haben werden, habe ich mich bewußt dazu entschlossen, ihnen einige Formulierungen als Hilfestellung anzubieten. Dies sind die Schülerinnen von ihrem Französischlehrer außerdem so gewohnt. So ist es auch schwächeren Schülerinnen möglich, sich zu beteiligen.
Die zwei Phasen, die die Besprechung der als Hausaufgabe gelesenen Texte umschließen, dienen dazu, weitere Sprechanlässe zu bieten. Die geäußerten Mutmaßungen können gleichzeitig bei der anschließenden kreativen Aufgabe verwendet werden, da sie sowohl die Position der Arbeitgeber als auch der jungen Arbeitlosen aus den Vororten beinhalten und sich die Jugendlichen aus der Banlieue ja eben gerade in diesem Spannungsfeld bewegen. Des Weiteren ist zu erwarten, daß sich einige Mutmaßungen auf beiden Seiten wiederfinden, wodurch die Schülerinnen bemerken, daß auch die Auswahlkriterien des Arbeitgebers möglicherweise auf Mutmaßungen basieren. Die Betrachtung beider Seiten soll klar machen, daß man sowohl für die Jugendlichen als auch für die Arbeitgeber Verständnis aufbringen kann und keiner der beiden Beteiligten auf dem Arbeitsmarkt eindeutig als Opfer oder Täter gelten darf. Dies schwächt den Eindruck, daß die Jugendlichen in der Banlieue aus reinem Fremdenhass Opfer von Diskriminierung werden, ab und zeigt die Komplexität und die Verfahrenheit der ganzen Situation. Es besteht hier ein gewisses Risiko, daß die Schülerinnen zu engstirnig denken und zu sehr auf fremdenfeindlichen Gründen verweilen. Dem muß ich gegebenenfalls entgegenwirken, da die gesammelten potentiellen Gründe für eine Nichteinstellung eines Jugendlichen aus der Banlieue die Grundlage für den anschließenden kreativen Teil der stunde dienen und einen möglichst großen Pool an Ideen bieten sollen.
Wie bereits erwähnt, wollte ich die Schülerinnen nicht mit allzu extensiver Textarbeit strapazieren und sie lieber kreativ tätig werden lassen. Daher beschränkt sich die Besprechung der als Hausaufgabe gelesenen Texte lediglich auf die Kernaussagen der recht komplizierten Texte. Die häusliche Lektüre der Texte wurde durch einige Leitfragen unterstützt, die es allen ermöglichen sollte, den Text zu bewältigen. Dadurch lernen die Schülerinnen zum einen, daß auch das Erschließen schwieriger Texte kein unüberwindbares Hindernis darstellt, wenn man sich auf die Kernaussagen beschränkt. Außerdem ermöglicht diese Vorgehensweise - ganz im Sinne des Bildungsplans - allen Schülerinnen, ihre Arbeitsergebnisse in die von der Lehrerin vorgegebene Struktur einzubringen. Eine solche Strukturierung von Lehrerhand ist in schwächeren Klassen notwendig, um auch die schwachen Schülerinnen nicht zu verlieren. Durch die Integration des zu Stundebeginn gezeigten Werbespots als ein weiteres Beispiel für Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, wird der Kreis geschlossen und die Erarbeitung von Faktenwissen beendet. Sollte die Zeit zu knapp werden, kann dieser Teil jedoch weggelassen werden.
Für die Gestaltung der abschließenden kreativen Phase gab es mehrere Möglichkeiten. Denkbar wäre zum Beispiel gewesen, ein Vorstellungsgespräch mit Rollenkarten zu inszenieren oder einen Tagebucheintrag eines Jugendlichen aus der Banlieue zu verfassen, der eine erneute Absage erhalten hat und seine Gedanken so zum Ausdruck bringt. Jedoch wollte ich nicht, daß die Schülerinnen bei diesem Schritt lediglich die bereits bekannten Dinge nochmals wiedergeben - wenn auch mit einem Perspektivenwechsel. Daher fiel meine Wahl auf die Hot Chair - Methode. Sie erlaubt nicht nur den Perspektivenwechsel, sondern erfordert neben der Erfindung einer eigenen Identität auch die Auseinandersetzung mit neuen Gesichtspunkten, besonders bei der abschließenden Fragerunde. Des Weiteren erlaubt es diese Methode natürlich den Schülerinnen, sich in der Fremdsprache auszudrücken. Der Perspektivenwechsel ist im Übrigen eine sehr effektive Methode, um den Schülerinnen Sachverhalte nahezubringen, da sie so Dinge erleben und nicht nur über sie lesen bzw. hören.
Die Schülerinnen haben über die gesamte Einheit hinweg die Aufgabe, sich nach jeder Stunde zehn für sie wichtige Dinge zu notieren, die für sie in Bezug auf das Thema der jeweiligen stunde wichtig erscheinen. Diese zehn Punkte verwenden sie beim Verfassen eines Tagebucheintrags. Die Schülerinnen nehmen die Position eines Schülers oder eine Schülerin ein, der bzw. die sich auf einem Schüleraustausch befindet und in einem der Vororte von Paris gelandet ist. Was in der stunde gelernt wurde, wird so beschrieben, als ob es vor Ort kennengelernt wurde. Beide Hausaufgaben werden erst am Ende der Einheit kontrolliert und bewertet. Da die nächste stunde erst am Donnerstag stattfindet, halte ich es jedoch für vertretbar, eine weitere Hausaufgabe zu geben. Sie besteht darin, auf der Basis der selbst erfundenen Identität und unter Hinzunahme von bei der Fragerunde neu aufgeworfenen Aspekten einen Beschwerdebrief über die eigene Situation an die Organisation “La Halde“ zu verfassen.
IV Lernziele und Kompetenzen
Die Schülerinnen ...
- ... entnehmen einem Werbespot von “La Halde“ seine Hauptinformationen.
- ... versprachlichen die vorgelegten Statistiken zur Jugendarbeitslosigkeit in der Banlieue.
- ... stellen Vermutungen darüber an, weshalb Jugendliche in der Banlieue arbeitslos sein können und weshalb sie von Arbeitgebern abgewiesen werden. Durch die Beschäftigung mit beiden Seiten leisten sie einen ersten Perspektivenwechsel.
- ... bringen ihre eigenen Arbeitsergebnisse aus der häuslichen Lektüre bei der Erschließung des Inhalts der einzelnen Texte ein.
- ... äußern ihre eigene Meinung im Hinblick auf das gesellschaftliche Problem der Jugendarbeitslosigkeit in den Vororten von Paris vor dem Hintergrund der möglichen Gründe von Arbeitgeberseite. (Puffer)
- ... versetzen sich in die Lage eines Jugendlichen aus der Banlieue, der mit der Arbeitslosigkeit aufgrund seiner ethnischen Herkunft konfrontiert ist. Damit wird ein zweiter Perspektivenwechsel geleistet.
- ... schreiben einen Brief aus Sicht ihrer erfundenen Identität an “La Halde“.
V Materialien
Bildungsplan Baden-Württemberg 2004, s. 141-144.
Horizons: Basisdossier Les Jeunes. Klett 2005.
Horizons: Société Multiculturelle. Klett 2006.
Horizons: Points Chauds. Klett 2007.
Statistiken: http://www.inegalites.fr/article.php3?id_article=86
Werbespot von “La Halde“: http://www.youtube.com/watch?v=_1mOCSeT06k
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- Quote paper
- B.A. Stephanie Wössner (Author), 2008, La Banlieue Parisienne et Ses Jeunes: Le Chômage. Unterrichtsentwurf zur Lehrprobe in der Kursstufe, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/138130