Das Ziel dieser Arbeit ist es, herauszuarbeiten, welche Geschlechtermerkmale Jesus und seiner weiblichen Gegenspielerin, der Syrophöniziern, in Mk 7,24-30 zugeordnet werden. Der Grund für die Auswahl der Perikope liegt darin, dass die Perikope eine besondere innerhalb der synoptischen Evangelien darstellt, da sie die einzige ist, in der Jesus einen Disput nicht nur verliert, sondern diesen auch noch gegen eine heidnische Frau verliert. Dafür soll zunächst herausgearbeitet werden, welche Konzepte von Männlichkeit und Weiblichkeit in der antiken griechisch-römischen Welt existierten. Im nächsten Schritt wird eine narrative Analyse der Perikope durchgeführt, woraufhin es gilt, das Verhalten von Jesus und der Syrophönizierin anhand der zuvor vorgestellten Männlichkeits- und Weiblichkeitskonzepte zu analysieren.
Biblische Texte stecken voller Geschlechterbilder und -stereotype. Diese in ihrem soziokulturellen Kontext zu erforschen und aufzudecken, hat sich die gender-sensible Exegese im Rahmen der kritischen Männlichkeitsforschung und der feministischen Exegese zur Aufgabe gemacht. Die kritische Männlichkeitsforschung und die feministische Bibelauslegung befassen sich konkret mit der Frage danach, welche Merkmale Männern und Frauen in biblischen Texten zugeordnet werden und welche Konzepte von „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ dabei abgerufen und genutzt werden. Ferner geht es auch um die Frage danach, welche Variationen oder Unschärfen diese Konzepte zulassen. So liefern Antworten auf diese Frage Aufschluss über die zu der Entstehungszeit der biblischen Texte herrschenden Vorstellungen von dem, wie Männer und Frauen zu sein haben. Dabei gilt es immer mitzubedenken, dass die biblischen Texte selbst solche Vorstellungen durch ihre aktive lebenspraktische Umsetzung mitgestalten und prägen.
Auch wenn die feministische Bibelforschung seit dem 20. Jahrhundert ihren Platz in der theologischen Wissenschaft gefunden hat und ihre Ursprünge sogar zurück bis in das 19. Jahrhundert gehen, hat die Männlichkeitsforschung (engl. Masculinity Studies) eher weniger Berücksichtigung gefunden. Im Gegensatz zu den feministischen Studien ist die kritische Männlichkeitsforschung in biblischen Texten, speziell im Neuen Testament, noch sehr jung und etablierte sich erst im späten 20. Jahrhundert als Antwort auf die feministische Bibelforschung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Geschlechterrollen und -zuweisungen in der antiken griechisch-römischen Welt
- Narrative Analyse von Mk 7,24-30
- Interpretation von Mk 7,24-30 mit Schwerpunkt auf eine Genderanalyse der Hauptakteur*innen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Analyse der Geschlechtermerkmale von Jesus und der Syrophönizierin in Markus 7,24-30. Ziel ist es, die in diesem Text dargestellten Konzepte von Männlichkeit und Weiblichkeit im Kontext der antiken griechisch-römischen Welt zu untersuchen und zu interpretieren. Dabei wird insbesondere auf die Frage eingegangen, wie die Perikope mit ihrer einzigartigen Darstellung eines Disputs zwischen Jesus und einer heidnischen Frau, der Jesus verliert, die bestehenden Geschlechterrollen und -stereotype widerspiegelt oder gar in Frage stellt.
- Geschlechterrollen und -stereotype in der antiken Welt
- Narrative Analyse der Perikope Markus 7,24-30
- Genderanalyse der Hauptakteur*innen: Jesus und die Syrophönizierin
- Reflexion des Handels von Jesus und der Syrophönizierin im Kontext der Geschlechterrollen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung skizziert den Hintergrund der gender-sensiblen Exegese und die Bedeutung der kritischen Männlichkeitsforschung und der feministischen Bibelforschung für die Analyse biblischer Geschlechterbilder. Sie erläutert das Ziel der Arbeit, welches darin besteht, die Geschlechtermerkmale von Jesus und der Syrophönizierin in Markus 7,24-30 zu untersuchen. Außerdem wird die Bedeutung der Perikope im Kontext der synoptischen Evangelien hervorgehoben.
Geschlechterrollen und -zuweisungen in der antiken griechisch-römischen Welt
Dieser Abschnitt beleuchtet die Unterscheidung zwischen Geschlecht als sozialem Konstrukt (Gender) und Geschlecht als biologischer Kategorie (Sex) in der modernen Wissenschaft. Es werden die Konzepte von Männlichkeit und Weiblichkeit in der antiken griechisch-römischen Welt dargestellt, die sich durch strikte Zuweisungen von Rollen und Kompetenzbereichen, die als „in der Natur begründet“ galten, auszeichneten. Die soziale Bedeutung von Verhaltensweisen und Werturteilen gegenüber Sklav*innen sowie die zentralen Gegensatzpaare Freiheit vs. Sklaverei, Selbstkontrolle vs. Inkontinenz und Rationalität vs. Emotionalität werden in diesem Kontext erörtert.
Narrative Analyse von Mk 7,24-30
Dieser Abschnitt soll die narrative Analyse der Perikope Markus 7,24-30 umfassen, wobei die Handlungsstruktur und die sprachlichen Besonderheiten des Textes im Fokus stehen. Es ist anzunehmen, dass dieser Abschnitt eine detaillierte Beschreibung der narrativen Elemente der Perikope beinhaltet, um die Grundlage für die spätere Genderanalyse zu legen.
Interpretation von Mk 7,24-30 mit Schwerpunkt auf eine Genderanalyse der Hauptakteur*innen
Dieser Abschnitt widmet sich der Analyse des Verhaltens von Jesus und der Syrophönizierin im Kontext der zuvor vorgestellten Konzepte von Männlichkeit und Weiblichkeit. Er soll herausarbeiten, welche Geschlechterstereotype in der Perikope zum Ausdruck kommen und inwieweit diese auf die Handlungsmotive und das Verhalten der beiden Hauptfiguren Einfluss nehmen. Es wird erwartet, dass dieser Abschnitt eine detaillierte Analyse der sprachlichen und narrativen Elemente des Textes bietet, um die Geschlechterrollen und -stereotype im Kontext der Perikope zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Gender, Geschlechterrollen, Männlichkeitsforschung, feministische Bibelforschung, biblische Exegese, antike griechisch-römische Welt, Markus-Evangelium, Perikope Markus 7,24-30, Jesus, Syrophönizierin, Geschlechterstereotype.
- Arbeit zitieren
- Daniel Wiebe (Autor:in), 2022, Jesus und die Syrophönizierin. Konstruktionen von Männlichkeit und Weiblichkeit in der neutestamentlichen Umwelt, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1336872