In der folgenden Arbeit soll der Umgang Christa Wolfs in ihrem Roman "Medea. Stimmen" mit den drei bekanntesten Mythenbestandteilen des Medea Mythos verglichen werden. Da Euripides diesen Mythos maßgeblich geprägt hat, liegen seine Versionen des Brudermordes, des Mordes an der Königstochter und des Kindsmordes dieser Analyse zugrunde. Es wurden gerade diese drei Mythologeme ausgesucht, da sie der Hauptbestandteil dessen sind, was den Medea Mythos ausmacht.
Zu Beginn soll ebenfalls kurz gezeigt werden, dass es schon vor Euripides’ Medea eine ganze Reihe nicht einheitlicher Geschichten zu diesem Mythos gegeben hat.
Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf Christa Wolfs Werk. Ausgehend von Euripides wird analysiert, was Christa Wolf daraus gemacht hat. Der Hintergrund der Morde gibt einen deutlichen Einblick darauf, was die Autorin mit der Umdeutung des Mythos bezwecken will. Auch soll anhand der Morde gezeigt werden, inwieweit Medea, trotz ihrer eindeutigen Unschuld, eine indirekte Schuld an diesen Taten angelastet werden kann. Nach der Analyse der drei Mythologeme wird die Fragestellung zu klären sein, wie bei Christa Wolf der Mythos Medea entsteht. Denn hier liegt der gravierende Unterschied zwischen ihrem Roman und der Tragödie des Euripides.
Da der Begriff der Mythengenese in der vorliegenden Arbeit eine bedeutende Rolle spielt, soll im Folgenden kurz skizziert werden, was darunter zu verstehen ist.
Das Wort Genese kommt aus dem Griechischen und bedeutet Entstehung. Mythengenese beschreibt also den Vorgang, wie ein Mythos entsteht. Ursprünglich entstanden Mythen dadurch, dass versucht wurde eine Erklärung für etwas zu schaffen, was nicht verstanden werden konnte. Deshalb wurden Götter und andere Gestalten ins Leben gerufen. Im Laufe der Zeit wandelte sich die Entstehung der Mythen, wie nachfolgend gezeigt wird. Auch durch politische Machtprozesse können Mythen entstehen. In der heutigen Zeit, in der z.B. die Werbung eine immer größere Rolle spielt, werden auch zu verkaufende Produkte zu einem Mythos umfunktioniert, indem man sie in eine bereits bekannte Vorstellung einbaut und somit den Anschein von etwas mythischem erweckt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Medea Mythos in der voreuripidäischen Überlieferung
- Der Medea Mythos in der euripidäischen Überlieferung
- Der Umgang Christa Wolfs in Medea. Stimmen mit den Mythologemen Brudermord, Mord an der Königstochter und Kindsmord und der daraus resultierenden Mythenentstehung
- Medeas Motivation zur Flucht aus Kolchis
- Wolfs Umgang mit dem Mythologem des Brudermordes
- Wolfs Umgang mit dem Mythologem des Mordes an Glauke
- Wolfs Umgang mit dem Mythologem des Kindsmordes
- Entstehung des Medea Mythos in Medea. Stimmen
- Resümee
- Siglenverzeichnis
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert den Umgang Christa Wolfs mit den zentralen Mythenbestandteilen des Medea-Mythos in ihrem Roman „Medea. Stimmen“. Der Fokus liegt auf dem Vergleich der Darstellung dieser Mythenbestandteile in Wolfs Werk mit der euripideischen Überlieferung, insbesondere dem Brudermord, dem Mord an der Königstochter und dem Kindsmord. Die Arbeit untersucht die Motivationen Medeas, die Umdeutung des Mythos durch Wolf und die Frage, inwieweit Medea trotz ihrer Unschuld eine indirekte Schuld an den Taten zugeschrieben werden kann. Darüber hinaus wird die Entstehung des Medea-Mythos in „Medea. Stimmen“ im Vergleich zur euripideischen Tragödie analysiert.
- Vergleich des Umgangs Christa Wolfs mit den Mythenbestandteilen des Medea-Mythos in „Medea. Stimmen“ mit der euripideischen Überlieferung
- Analyse der Motivationen Medeas und der Umdeutung des Mythos durch Wolf
- Untersuchung der indirekten Schuld Medeas an den Taten
- Vergleich der Entstehung des Medea-Mythos in „Medea. Stimmen“ mit der euripideischen Tragödie
- Bedeutung der Mythengenese in Wolfs Werk
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Hausarbeit ein und stellt die Forschungsfrage nach dem Umgang Christa Wolfs mit den Mythenbestandteilen des Medea-Mythos in ihrem Roman „Medea. Stimmen“ dar. Sie erläutert die Relevanz der euripideischen Überlieferung für die Analyse und skizziert den Begriff der Mythengenese.
Das zweite Kapitel beleuchtet die voreuripideische Überlieferung des Medea-Mythos. Es zeigt die verschiedenen, nicht einheitlichen Geschichten, die vor Euripides existierten, und verdeutlicht die Vielschichtigkeit des Mythos. Es werden Fragmente aus der Naupaktia, der Theogonie Hesiods und anderen Quellen vorgestellt, um die Entwicklung des Mythos vor Euripides zu veranschaulichen.
Das dritte Kapitel widmet sich der euripideischen Überlieferung des Medea-Mythos. Es zeigt auf, welche Fragmente des Mythos Euripides in seiner Tragödie „Medea“ verwendet hat und wie er diese zu einem tragischen Werk zusammengefügt hat. Es werden die zentralen Mythenbestandteile, wie der Brudermord, der Mord an der Königstochter und der Kindsmord, in ihrer euripideischen Darstellung beleuchtet.
Das vierte Kapitel analysiert den Umgang Christa Wolfs mit den drei zentralen Mythenbestandteilen des Medea-Mythos in ihrem Roman „Medea. Stimmen“. Es untersucht die Motivationen Medeas zur Flucht aus Kolchis, Wolfs Umgang mit dem Mythologem des Brudermordes, des Mordes an Glauke und des Kindsmordes. Darüber hinaus wird die Entstehung des Medea-Mythos in „Medea. Stimmen“ im Vergleich zur euripideischen Tragödie analysiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Medea-Mythos, Christa Wolf, „Medea. Stimmen“, euripideische Überlieferung, Brudermord, Mord an der Königstochter, Kindsmord, Mythengenese, Motivationen Medeas, Umdeutung des Mythos, indirekte Schuld, Vergleich der Entstehung des Mythos in „Medea. Stimmen“ mit der euripideischen Tragödie.
- Quote paper
- Michael Rößlein (Author), 2009, Christa Wolfs "Medea. Stimmen" , Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/132871