Geschichtliche und soziolinguistische Entwicklung des Provenzalischen in Teilen der Provence mit Feldstudienauszügen.
Dass sich Sprachen im Laufe der Geschichte stetig ändern, ist gewiss unumstritten. Doch
welche Faktoren müssen berücksichtigt werden, wenn wir die Auslöser für Sprachwandel
ergründen wollen? Zum einen stehen sicherlich Sprachkontakte im Vordergrund. Aufgrund
der Tatsache, dass Sprecher auf der Ebene der Diaphasik ihre Sprache den
Kommunikationssituationen -und Kontexten anpassen, ist es praktisch unumgänglich, dass
diese ihre Sprache sowie ihre Sprachwahl und Sprachgewohnheiten auf längere Sicht wandeln.
Einen weiteren bedeutenden Einfluss auf den Sprachwandel haben auch die
Einstellungen, welche Sprecher zu ihrer Sprache haben. Vor allem Gruppen mit
gesellschaftlich hoher Dominanz prägen sehr stark die Einstellungen zu einer Sprache. Um
sozial aufzusteigen, werden sich Sprecher gezwungenermaßen der Sprachform der sozial
Bessergestellten anpassen. Demnach kann man sagen, dass eine Sprache sich wandelt, sobald
es Veränderungen im sozialen Gefüge gibt, und somit die diastratischen Nivellierungen zum
Ausdruck kommen. So kam es zum Beispiel in Frankreich auf der diastratischen und
diaphasischen Ebene im 17. Jahrhundert zu einer Normsetzung durch eine kulturelle und
politische Elite, die diese Arbeit näher erläutern wird.
Was einen ganz besonderen Einfluss auf Sprachwandel ausüben kann, sind ferner
Regelungen und Maßnahmen auf politischer und wirtschaftlicher Ebene. Handel zwischen
zwei Regionen, deren Sprachensysteme zu distanziert voneinander sind, kann nur schwer
vollzogen werden, ohne dass es eine allgemeingültige Handels- und Verkehrssprache, eine
lingua franca oder koinè gibt, die überregionale Interkomprehensibilität sicherstellt. Dass
sprachpolitische Maßnahmen in diesen sowie in ideologischen und kulturellen
Angelegenheiten eine dominante Rolle spielen, soll einer der Hauptaspekte dieser Arbeit sein.
Ferner darf nicht vergessen werden, welche Schlagkraft medialer und technischer Wandel in
Bezug auf Sprachwandel besitzt. So spielen der Buchdruck und die modernen Medien wie das
Fernsehen, das Radio und das Internet eine ernstzunehmende Rolle.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Sprachwandel / Ziel und Aufbau der Arbeit
- Begriffsklärungen
- Bilinguismus und Diglossie
- Dialekt und patois
- Geschichte des Okzitanischen
- Definitorische Vorbemerkungen: Zur Etymologie von „Okzitanisch“, „Provenzalisch“ und langue d'oc
- Geschichte bis zum Jahre 600 n. Chr.
- Geschichte von 600 bis 900
- Die Trennung langues d'oc und langues d'oïl
- Das Okzitanische und seine Dialekte
- Die okzitanische Schriftsprache und das Vordringen des Französischen – Entwicklungen bis zum 15. Jahrhundert
- Entwicklungen im 15. und 16. Jahrhundert und die Folgen des Edikts von Villers-Cotterêts
- Entwicklungen vom 17. Jahrhundert bis zur Französischen Revolution
- Die Folgen der Französischen Revolution und Entwicklungen im Napoleonischen Kaiserreich
- Fazit: Soziolinguistische Folgen der französischen Sprachpolitik Sprachkonflikt
- Neuer Aufschwung für das Okzitanische
- Die Entstehung von Widerstandsgruppen – der Félibrige als Begründer der Zweiten Renaissance
- Antworten auf den Félibrige: Panokzitanische Sprachkodifikationen und ihre Folgen bis heute
- Das Okzitanische im 20. Jahrhundert
- Entwicklungen bis zum Zweiten Weltkrieg
- Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg
- Regionalistische Entwicklungen
- Der provenzalische Sprachgebrauch: demo -und soziolinguistische Studien
- Vergleich mit dem Languedokischen
- Orale Praktiken in der Provence – persönliche Beobachtungen
- Das Okzitanische im Schulwesen
- Die okzitanische Kultur heute
- Die provenzalische Kultur
- Das okzitanische Theater
- Die okzitanische Chanson
- Die provenzalischsprachige Literatur
- Das Okzitanische in den Medien
- Die Presse
- Das Okzitanische in den modernen Medien Radio und TV
- Subjektive Einschätzungen und Stellungnahmen von provenzalofonen Interviewpartnern
- Arbeitshypothese – Arbeitsbedingungen
- Interview 1
- Interview 2
- Interview 3
- Synthese der wichtigsten Aussagen der Befragten
- Arbeitshypothese – Arbeitsbedingungen
- Fazit: Zusammenfassung und Ausblick
- Bibliografie
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Zulassungsarbeit befasst sich mit der Geschichte und Dynamik der okzitanischen Sprache und Kultur, wobei der Fokus auf dem Provenzalischen liegt. Ziel ist es, die Faktoren zu analysieren, die zum Rückgang der okzitanischen Dialekte in Frankreich führten und die aktuelle Situation der Sprache und Kultur zu beleuchten.
- Sprachwandel und die Rolle von Sprachkontakten, Einstellungen und Sprachpolitik
- Die Geschichte des Okzitanischen und seine Dialekte
- Der Einfluss des Französischen auf das Okzitanische
- Die okzitanische Kultur und ihre verschiedenen Ausdrucksformen
- Die aktuelle Situation des Okzitanischen und die Bemühungen um seine Revitalisierung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema Sprachwandel ein und erläutert die Zielsetzung und den Aufbau der Arbeit. Im zweiten Kapitel werden wichtige Begriffe wie Bilinguismus, Diglossie, Dialekt und Patois definiert. Das dritte Kapitel befasst sich mit der Geschichte des Okzitanischen, beginnend mit der Etymologie des Begriffs und der Entwicklung der Sprache bis zum 15. Jahrhundert. Es werden die wichtigsten Phasen der Sprachgeschichte beleuchtet, darunter die Trennung der langues d'oc und langues d'oïl sowie die Folgen des Edikts von Villers-Cotterêts. Das vierte Kapitel analysiert die Entwicklungen des Okzitanischen im 20. Jahrhundert, einschließlich der regionalistischen Bewegungen, der soziolinguistischen Studien zum provenzalischen Sprachgebrauch und der Rolle des Okzitanischen im Schulwesen. Das fünfte Kapitel widmet sich der okzitanischen Kultur in ihrer heutigen Form, mit Schwerpunkten auf der provenzalischen Kultur, dem okzitanischen Theater, der Chanson, der Literatur und den Medien. Das sechste Kapitel präsentiert subjektive Einschätzungen und Stellungnahmen von provenzalofonen Interviewpartnern, die Einblicke in die aktuelle Situation der Sprache und Kultur geben. Das siebte Kapitel fasst die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf die Zukunft des Okzitanischen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die okzitanische Sprache, die provenzalische Kultur, Sprachwandel, Sprachpolitik, Bilinguismus, Diglossie, Dialekt, Patois, Geschichte, Kultur, Literatur, Theater, Chanson, Medien, Soziolinguistik, Sprachkontakt, Sprachnormierung, Revitalisierung, Französisch, Okzitanisch, Provenzalisch, langue d'oc, Félibrige, Regionalismus.
- Quote paper
- John Güldenpenning (Author), 2007, Geschichte und Dynamik der okzitanischen Sprache und Kultur, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/131912