Über das Leben von Oswald von Wolkenstein ist mehr überliefert als über irgendeinen anderen mittelalterlichen Dichter. Das liegt daran, dass seine Autobiographie in Urkunden, Briefen und vor allem Liedern umfangreich dokumentiert ist.
Sein Fundus beinhaltet 130 Lieder und zwei Reimpaarreden. Er zeichnet sich durch eine Vielfalt von Themen und Formen aus, bestehend aus Liebesliedern in sogenannter Ich-Form, Tageliedern und Pastourellen, Liebesdialogen und Minneallegorien, Trink- und Scheltliedern sowie Reise- und geistlichen Liedern. Oswald widmete sich rund ein Dutzend mal dem Genre des Tagelieds. Generell nimmt das Thema Liebe bei ihm einen dominierenden Platz ein.
Diese Fakten lassen „Oswalds künstlerisches Werk insgesamt besehen hervorragend überliefert“1 erscheinen und sind „im Bereich der Lyrik zu den umfangreichsten des Mittelalters“2 zu zählen.
Fraglich ist, ob diese Niederschriften Fiktion oder Erlebtes sind, was es zu klären gilt.
Im folgenden werde ich versuchen, anhand Oswalds von Wolkenstein zu zeigen, inwieweit man den Begriff Autobiographie auf seine Werke beziehen kann. Dies geschieht abschließend an dem Lied „Es fügt sich“.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1.: „Autobiographie“ im Mittelalter
- a) Definition des Begriffs
- b) Minnesang und Autobiographie
- c) Kritik und Begründung
- d) Fazit: Erlebnislyrik oder Rollenlyrik
- 2.: Autobiographische Lyrik veranschaulicht am Beispiel von Oswald von Wolkenstein
- a) Oswalds von Wolkenstein neu geschaffener Stil
- b) Beispiele für mögliche autobiographische Angaben in Oswalds Lyrik
- c) Fazit: Nachruf und Überlieferung
- d),,Es fügt sich" als Dokument zur Belegung Oswalds Biographie
- 3.: Schluss: Fiktion oder Wirklichkeit, Rollenspiel oder Selbstdarstellung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, inwieweit der Begriff „Autobiographie“ auf die Werke des mittelalterlichen Dichters Oswald von Wolkenstein angewendet werden kann. Ziel ist es, anhand seiner Lyrik zu untersuchen, ob es sich bei seinen Texten um fiktive oder autobiographische Darstellungen handelt.
- Definition des Begriffs „Autobiographie“ im Mittelalter
- Untersuchung der Rolle des Minnesangs und seiner Beziehung zur Autobiographie
- Analyse von Oswalds von Wolkensteins Lyrik auf mögliche autobiographische Elemente
- Bewertung der Bedeutung von Oswalds Lied „Es fügt sich“ als Dokument seiner Biographie
- Diskussion der Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit in Oswalds Werk
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Oswald von Wolkenstein als einen der am besten dokumentierten mittelalterlichen Dichter vor und beleuchtet die Vielfältigkeit seines Werkes. Sie wirft die Frage auf, ob seine Schriften Fiktion oder Erlebtes darstellen und kündigt die Analyse von Oswalds Lied „Es fügt sich“ an, um die Anwendbarkeit des Begriffs „Autobiographie“ auf seine Werke zu untersuchen.
Kapitel 1 befasst sich mit der Definition des Begriffs „Autobiographie“ im Mittelalter. Es wird deutlich, dass die Anwendung dieses Begriffs auf mittelalterliche Texte problematisch ist, da die Unterscheidung zwischen lyrischem Ich und realem Ich im Mittelalter anders verstanden wurde als in der Neuzeit. Der Abschnitt beleuchtet die Rolle des Minnesangs als Selbstdarstellungsform des Adels und stellt fest, dass die mittelalterliche Lyrik eher als Rollenlyrik denn als Erlebnislyrik zu verstehen ist.
Kapitel 2 analysiert Oswalds von Wolkensteins Lyrik auf mögliche autobiographische Elemente. Es werden Beispiele für Texte angeführt, die Hinweise auf Oswalds Leben geben könnten, und es wird die Frage aufgeworfen, ob er seine Biographie für die Nachwelt festhalten wollte oder ob er sich um sein Ansehen und seinen Nachruf sorgte.
Kapitel 3 befasst sich mit Oswalds Lied „Es fügt sich“ und untersucht, ob es sich bei den darin enthaltenen Aussagen um Dichtung oder Wahrheit handelt. Es wird die Frage aufgeworfen, wie viel von dem Geschriebenen fiktiv ist und wie viel autobiographische Elemente enthalten sind.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Autobiographie im Mittelalter, Minnesang, Oswald von Wolkenstein, „Es fügt sich“, Rollenlyrik, Erlebnislyrik, Fiktion, Wirklichkeit, Selbstdarstellung, Nachruf, Überlieferung.
- Quote paper
- Michael Bylsma (Author), 2002, Oswald von Wolkenstein 'Es fügt sich', Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/131452