Den frühzeitigen Krebstod seines jüngeren Bruders (Hans) Walter nimmt Dieter Wellershoff zum Anlaß, ein weiteres autobiographisches Werk zu schreiben: „Blick auf einen fernen Berg“. Das Ergebnis seines Schreibens ist ein äußerst komplexes Konstrukt, das jenseits von festgelegten Gattungsgrenzen in Form von Erzählung, Bericht, Essay und dialogischen Sequenzen versucht, sich dem Phänomen Tod aus möglichst vielfältigen und unterschiedlichen Perspektiven zu nähern. Angesprochen werden auf diese Weise die medizinische und die soziale Ebene genauso wie die psychologische und die philosophische. Ein Element jedoch bleibt durch das gesamte Werk hindurch konstant: die Fokussierung auf Dieter und Walter Wellershoff. Das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern bildet das Zentrum von „Blick auf einen fernen Berg“, und alles, was geschrieben wird, muß in Relation dazu gesetzt werden. In seinem tiefsten Kern ist dieses Buch für Wellershoff vor allen Dingen eines: eine Verarbeitung der schon immer höchst wechselvollen Beziehung zum jüngeren Bruder, eine Bilanz, die er exakt ein Jahr nach dessen Tod zu ziehen beginnt. Von jeher gilt das Verhältnis zwischen Brüdern als ein besonderes. Das ist auch im vorliegenden Fall nicht anders.
Das Ziel dieser Arbeit ist es daher, den Charakter des Bruderverhältnisses herauszuarbeiten und insbesondere die Funktionen zu untersuchen, die dem Tod darin zukommen. Es wird zu fragen sein, inwieweit er die bestehende Rollenverteilung bestätigt, beziehungsweise neue Rollen zuweist, und welche Auswirkungen er auf das Selbstverständnis der beiden Brüder in Relation zum jeweils anderen hat. Der Tod kann Chiffre für vieles sein. Welche Bedeutung er hier annimmt, welche Unterschiede dabei zwischen der Perspektive des Sterbenden und der des Überlebenden bestehen, und inwiefern diese Unterscheidung die Darstellungsweise des letzteren beeinflusst, soll im Folgenden erörtert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Bruderverhältnis vor dem Krebs
- Zwei Lebenswege – Die Biographien im Vergleich
- Ein Wechselspiel von Annäherung und Abgrenzung
- Der Tod als neue Größe im Bruderverhältnis
- Angst vor dem Tod oder Angst vor dem Bruder
- Zufall oder Schuld
- Sieger und Besiegter
- Nimmt der Sieger alles?
- Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Bruderverhältnis zwischen Dieter und Walter Wellershoff im Kontext des frühen Todes Walters, wie es in Dieter Wellershoffs Werk "Blick auf einen fernen Berg" dargestellt wird. Das Hauptziel ist die Analyse des Charakters dieses Verhältnisses und die Rolle, die der Tod darin spielt, insbesondere bezüglich der Bestätigung oder Neuzuweisung von Rollen und der Auswirkungen auf das Selbstverständnis der Brüder.
- Das komplexe und wechselvolle Bruderverhältnis vor dem Tod
- Der Einfluss des Todes auf die Dynamik des Bruderverhältnisses
- Die unterschiedlichen Perspektiven des Sterbenden und des Überlebenden
- Die Darstellung des Bruderverhältnisses als zentrales Thema des Werkes
- Die literarische Verarbeitung der Trauer und des Verlustes
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das autobiographische Werk "Blick auf einen fernen Berg" ein und beschreibt dessen komplexen Aufbau und die zentrale Rolle des Bruderverhältnisses. Kapitel 2 beleuchtet das Bruderverhältnis vor dem Tod anhand der unterschiedlichen Lebenswege der Brüder und ihrer komplexen Beziehung, die von Annäherung und Abgrenzung geprägt war. Es werden biographische Details und der jeweilige Kontext der Lebensläufe von Dieter und Walter Wellershoff verglichen. Die Analyse des Bruderverhältnisses vor dem Krebs ist wichtig, um die Bedeutung des Todes für die Beziehung der beiden Brüder zu verstehen.
Schlüsselwörter
Bruderverhältnis, Tod, Autobiographie, Dieter Wellershoff, Walter Wellershoff, Lebenswege, biographische Analyse, literarische Verarbeitung, Trauer, Verlust, Rollenverteilung.
- Arbeit zitieren
- Antje Wulff (Autor:in), 2002, Das Bruderverhältnis und der Tod in Dieter Wellershoffs "Blick auf einen fernen Berg", München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/123250