Unter dem Begriff des Konstruktivismus sind mehrere geistige Strömungen des 20. Jahrhunderts einzuordnen, sie lassen sich in den Bereichen der Soziologie, der Erziehungswissenschaft, der Kunst und auch der Politikwissenschaft finden.
Gemeinsam ist ihnen der Grundsatz, der bereits im Namen der Theorie seinen Ausdruck findet; alles wahrgenommene, sprich die Umwelt, ist ein Konstrukt und damit auch eine höchst subjektive, weil subjektiv Wahrgenommene und danach postulierte Wirklichkeitskonstruktion.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einführung zur Begrifflichkeit
1.1 Gegenüberstellung verschiedener Positionen
1.2 Abgrenzung zu weiteren Theorien
2. Konstruktivismus in der Politikwissenschaft
2.1 Grundlegende Darstellung
2.2 Konstruktivismus in den InternationalenBeziehungen
2.3 Anwendung
2.4 Kritik
3. Schlussbemerkungen
3.1 Bezug Basismodul Einführung in die Politikwissenschaft
3.2 Literaturverzeichnis
4. Anhang
4.1 Begleitpapier
Darstellungsverzeichnis:
1. G1 (Graphik 1, selbsterstellt)
2. G2 (Graphik 2, selbsterstellt)
1. Einführung zur Begrifflichkeit
Unter dem Begriff des Konstruktivismus sind mehrere geistige Strömungen des 20. Jahrhunderts einzuordnen, sie lassen sich in den Bereichen der Soziologie, der Erziehungswissenschaft, der Kunst und auch der Politikwissenschaft finden.
Gemeinsam ist ihnen der Grundsatz, der bereits im Namen der Theorie seinen Ausdruck findet; alles wahrgenommene, sprich die Umwelt, ist ein Konstrukt und damit auch eine höchst subjektive, weil subjektiv Wahrgenommene und danach postulierte Wirklichkeitskonstruktion.
1.1 Gegenüberstellung verschiedener Positionen
Wie bereits angesprochen lässt sich der Konstruktivismus in mehrere Positionen ausdifferenzieren:
Zunächst in den radikalen Konstruktivismus, der eine Kritik des Realismus darstellt, indem er die (absolute) Objektivität zu etwas fälschlich Entstandenem erklärt und damit unzureichend reflektierte wissenschaftstheoretische Standpunkte hinterfragt; zudem spielt hier der Begriff der Rekursion eine wichtige Rolle, er umschreibt den zirkulären Prozess, der, vereinfacht dargestellt aussagt, dass die Veränderung der Sinneswahrnehmung eines Individuums durch die Bewegung seiner eigenen Sinneswahrnehmung entsteht. Diesem Standpunkt gegenüber befindet sich die Position des methodischen Konstruktivismus, dieser legt den Schwerpunkt aufdie Erklärung des methodischen Vorgehens der Konstruktion von Begriffen, mit dem Ziel, somit die Nachvollziehbarkeit eben jener, dann in der Wissenschaft verwendeten Begriffen zu gewährleisten. Die dritte hier anzuführende Position ist der interaktionistische Konstruktivismus, welcher nicht die subjektive (radikaler Konstruktivismus) oder sprachtheoretische (methodischer Konstruktivismus) Perspektive wählt, sondern die kulturelle, um die (Inter-)Aktion bei der Konstruktion von Wirklichkeit zu beschreiben.
1.2 Abgrenzung zu weiteren Theorien
Durch den in Absatz 1.1 genannten Grundsatz unterscheidet sich der Konstruktivismus (in der Politikwissenschaft) stark von anderen politischen Theorien, im Bereich der internationalen Beziehungen sind hier zu nennen:
Neo-Realismus, Neo-Liberalismus und „Rational choice"-Theorie.
Der Ausschluss der Objektivität als tatsächlich möglich stellt eine Abgrenzung, als auch einen Angriff auf die eben aufgeführten Theorien dar; schließlich beruhen diese auf einem rationalen Konzept, in dem sich die Wirklichkeit als Zusammenhang ursächlicher Kausalbeziehungen darstellt, welche dann auch empirisch nachweisbar vorhanden sind. In jenen politischen Theorien existiert ein Konzept, durch welches Handlungen prognostisch deutbar werden; diese Perspektive bleibt dem Konstruktivismus verschlossen, er kennt nur die „Expost"- Rationalisierung.
2. Konstruktivismus in der Politikwissenschaft
Nachdem der Konstruktivismus im Vorfeld bereits von anderen politischen Theorien abgegrenzt wurde, soll dieser nun inhaltlich tiefergehend betrachtet und in einen erkennbaren Gesamtzusammenhang, insbesondere zu den Internationalen Beziehungen, gestellt werden.
2.1 Grundlegende Darstellung
Im Rückgriff auf Punkt 1.2 ist es zum Verstehen des Konstruktivismus in der Politikwissenschaft von Vorteil, diesen nicht als inhaltliche Theorie der Internationalen Beziehungen zu sehen; vielmehr geht es um das „Verstehen" der internationalen Politik. Dazu versucht diese Ausprägung des Konstruktivismus einen Mittelweg zwischen Rationalismus und Postmodernismus aufzutun.
Dabei wird das Ziel verfolgt, die Auswirkungen, welche die Anerkenntnis der politischen Realitäten als sozial konstruiert hätte, ebenso wie die Auswirkungen des Ersetzens der instrumentellen Rationalität durch eine soziologische Handlungskonzeption, zu erforschen. Des Weiteren will sie die Folgen aufzeigen, welche es nach sich zieht, Interessen und Präferenzen eher als soziale Konstrukte, denn als gegebene Tatsachen zu begreifen.
Eine der Grundannahmen ist, das unsere Ansichten eine wesentliche Rolle dabei spielen, wie wir die Welt wahrnehmen, d.h. Perzeption ist von großer Bedeutung.
Somit erscheinen soziale und politische Umwelt nicht mehr als schlicht (vor-)gegeben, sondern vielmehr als intersubjektive Domäne, gleichsam als soziales Konstrukt.
Dem folgt logisch, dass es keine objektive soziale oder politische Realität gibt, welche unabhängig von Menschen und seiner Wahrnehmung ist - kein Bereich des Sozialen ist vom menschlichen Faktorabkoppelbar.
Die Schlüsselkonzepte sind also:
Soziale Konstruktion bzw. Strukturen, Intersubjektivität und Identität.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der politologische Konstruktivismus ist geprägt durch ein normatives Paradigma, es wird beobachtet, wie aus sozialen und politischen Strukturen Handlungsmuster entstehen; da die Wahrnehmung dieser Strukturen durch den individuellen, subjektiven Bereich erfolgt, können diese Handlungsmuster nicht objektiv-rational oder aus bestimmten Sachzwängen entstehen und erklärt werden.
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- Quote paper
- Martin Riggler (Author), 2008, Theorien der Internationalen Beziehungen: Der Konstruktivismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/123053