In der ausgehenden römischen res publica bedeutete lex eine einseitige, sprachlich artikulierte rechtliche Festsetzung als Akt einer Autorität4, der allerdings noch das normative Moment einer notwendig allgemeinen, auf künftige Anwendung zielenden Regelung fehlte. Demgegenüber existierte mit ius eine weitere Bezeichnung des Rechts, die sich jedoch ursprünglich5 nicht auf das objektiv geltende Recht bezog, sondern die als rechtens anerkannten, im Streitfall durch Richterspruch festzustellenden privaten Zugriffe und Rechtshandlungen zum Inhalt hatte6. Die Grundlage dieses Verständnisses von ius ist somit die durch überlieferte und anerkannte Rituale entstehende Rechtsmacht, ohne die derartige Handlungen rechtlose Gewalt, d.h. vis wären7. Durch diese Gegenüberstellung erweist sich der Begriff der lex als eng auszulegender Begriff des formal-positiven Gesetzes.
Dies kann aber nur auf das erste lex der Sentenz „lex iniusta non est lex“ zutreffen, soll sie in sich schlüssig sein, kann man doch einen Rechtsakt nicht gleichzeitig als lex und non lex bezeichnen. Aus diesem Paradoxon ergibt sich, dass das zweite lex übergeordnetes Recht welcher inhaltlicher Ausgestaltung auch immer bedeuten muss. Wie umstritten diese Aussage aber ist, lässt sich anhand des jahrhundertealten Streites zwischen Naturrecht und Rechtspositivismus exemplifizieren: Gibt es ein dem Gesetz übergeordnetes Gesetz?
Inhaltsverzeichnis
- I. Adomeit, Mauerschützenprozesse
- II. Alexy, Mauerschützen
- III. Alexy, Beschluss des BVerfG
- IV. Aristoteles, Nikomachische Ethik
- V. Böckenförde, Rechtsphilosophie
- VI. Brockhaus, Enzyklopädie
- VII. Buchner, Rechtswidrigkeit
- VIII. Cicero, de Legibus
- IX. Drath, Verbindlichkeit des Rechts
- X. Dreier, Radbruchsche Formel
- XI. Dreier, Gesetzliches Unrecht
- XII. Dreier, Mauerschützen
- XIII. Flückiger, Naturrecht
- XIV. Frommel, Mauerschützenprozesse
- XV. Hart, Recht und Moral
- XVI. Herrmann, Auslegung
- XVII. Hoerster, Einleitung
- XVIII. Hoerster, Recht und Moral
- XIX. Hoffmann, Verfahrensgerechtigkeit
- XX. Kaufmann, Rechtsphilosophie
- XXI. Kaufmann, Radbruchsche Formel
- XXII. Lecheler, Unrecht
- XXIII. Münzel, Recht
- XXIV. Neufelder/Trautmann, Kennzeichen Unrecht
- XXV. Ott, Radbruch'sche Formel
- XXVI. Pawlik, Positives Recht
- XXVII. Radbruch, Grundzüge
- XXVIII. Radbruch, Rechtsphilosophie
- XXIX. Radbruch, Relativismus
- XXX. Radbruch, Fünf Minuten
- XXXI. Radbruch, Unrecht
- XXXII. Radbruch, Gesetz und Recht
- XXXIII. Radbruch, Vorschule
- XXXIV. Roggemann, Mauerschützen
- XXXV. Saliger, Radbruchsche Formel
- XXXVI. Thomas von Aquin, summa theologica
- XXXVII. von Münch/Kunig, GG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Anwendung der Radbruch'schen Formel auf die juristische Aufarbeitung der Tötungen an der innerdeutschen Grenze. Ziel ist es, die verschiedenen rechtsphilosophischen Positionen und Argumentationslinien zu analysieren und kritisch zu bewerten.
- Die Radbruch'sche Formel und ihre Anwendung auf den Kontext des DDR-Grenzregimes
- Der Konflikt zwischen positivem Recht und Gerechtigkeitsprinzipien
- Die Rolle des Naturrechts in der juristischen Auseinandersetzung
- Die verschiedenen Interpretationen des Begriffs "unbegrenztes Unrecht"
- Die Bedeutung der Mauerschützenprozesse für die deutsche Rechtsgeschichte
Zusammenfassung der Kapitel
I. Adomeit, Mauerschützenprozesse: Dieses Kapitel analysiert die ersten juristischen Auseinandersetzungen mit den Tötungen an der innerdeutschen Grenze, die sogenannten Mauerschützenprozesse. Es beleuchtet die Herausforderungen, die sich aus der Anwendung des bestehenden Rechts auf Handlungen im Kontext eines Unrechtsstaates ergaben und diskutiert die frühen Reaktionen der Justiz auf diese komplexen Fälle. Der Fokus liegt auf der Frage, wie die Gerichte versuchten, mit den moralischen und rechtlichen Dilemmata umzugehen, die sich aus den Ereignissen an der Grenze ergaben.
II. Alexy, Mauerschützen: Dieses Kapitel behandelt Robert Alexys Beitrag zur Debatte um die Strafbarkeit der "Mauerschützen". Alexy analysiert die Herausforderungen der Anwendung der Radbruch'schen Formel und die Abwägung zwischen positivem Recht und Gerechtigkeitsprinzipien im Kontext des DDR-Regimes. Die Analyse von Alexys Argumentation verdeutlicht den komplexen juristischen und moralischen Diskurs, der durch die Ereignisse an der Grenze ausgelöst wurde.
III. Alexy, Beschluss des BVerfG: Die Auseinandersetzung mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu den Tötungen an der innerdeutschen Grenze vom 24. Oktober 1996 steht im Mittelpunkt dieses Kapitels. Es wird untersucht, wie das Bundesverfassungsgericht die Radbruch'sche Formel angewendet und die rechtlichen und moralischen Fragen der Strafverfolgung im Kontext eines Unrechtsstaates gewürdigt hat. Die Entscheidung des BVerfG und ihre Begründung werden detailliert analysiert und in den Gesamtkontext der juristischen Aufarbeitung eingeordnet.
Schlüsselwörter
Radbruchsche Formel, Gesetzliches Unrecht, Mauerschützenprozesse, DDR-Grenzregime, Positives Recht, Naturrecht, Gerechtigkeit, Strafbarkeit, Rechtsphilosophie, Unrechtsstaat.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument "Inhaltsverzeichnis, Zielsetzung und Zusammenfassung"
Was ist der Gegenstand des Dokuments?
Das Dokument bietet einen umfassenden Überblick über eine wissenschaftliche Arbeit, die sich mit der Anwendung der Radbruch'schen Formel auf die juristischen Aufarbeitungen der Tötungen an der innerdeutschen Grenze befasst. Es enthält ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und die Schwerpunktthemen der Arbeit, Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel und Schlüsselwörter.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit analysiert verschiedene rechtsphilosophische Positionen und Argumentationslinien zur Strafbarkeit der "Mauerschützen". Im Mittelpunkt steht der Konflikt zwischen positivem Recht und Gerechtigkeitsprinzipien im Kontext des DDR-Grenzregimes. Weitere Themen sind die Rolle des Naturrechts, verschiedene Interpretationen des "unbegrenzten Unrechts" und die Bedeutung der Mauerschützenprozesse für die deutsche Rechtsgeschichte. Die Radbruch'sche Formel und ihre Anwendung bilden den zentralen analytischen Rahmen.
Welche Autoren und Werke werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt eine Vielzahl von Autoren und Werken der Rechtsphilosophie, darunter Adomeit, Alexy, Aristoteles, Böckenförde, Radbruch (mit mehreren Werken), und viele weitere. Die behandelten Werke umfassen klassische Texte der Rechtsphilosophie sowie aktuelle Auseinandersetzungen mit der Radbruch'schen Formel und den Mauerschützenprozessen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in Kapitel gegliedert, wobei jedes Kapitel einem spezifischen Autor oder einem Aspekt der Thematik gewidmet ist (z.B. ein Kapitel zu Alexys Analyse der Mauerschützen, ein Kapitel zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts). Die Kapitelzusammenfassungen im Dokument geben einen Überblick über den jeweiligen Inhalt.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die verschiedenen rechtsphilosophischen Positionen und Argumentationslinien zur Anwendung der Radbruch'schen Formel auf die Tötungen an der innerdeutschen Grenze zu analysieren und kritisch zu bewerten. Es soll ein umfassendes Verständnis des komplexen juristischen und moralischen Diskurses um diese Ereignisse geschaffen werden.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Die Schlüsselwörter umfassen "Radbruch'sche Formel", "Gesetzliches Unrecht", "Mauerschützenprozesse", "DDR-Grenzregime", "Positives Recht", "Naturrecht", "Gerechtigkeit", "Strafbarkeit", "Rechtsphilosophie" und "Unrechtsstaat".
Welche Kapitelzusammenfassungen sind im Dokument enthalten?
Das Dokument enthält Zusammenfassungen der ersten drei Kapitel. Kapitel I behandelt Adomeits Analyse der Mauerschützenprozesse und die frühen Reaktionen der Justiz. Kapitel II fokussiert auf Alexys Beitrag zur Debatte um die Strafbarkeit der "Mauerschützen". Kapitel III analysiert den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu den Tötungen an der innerdeutschen Grenze. Weitere Kapitelzusammenfassungen werden im vollständigen Dokument erwartet.
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- Moritz Lichtenegger (Author), 2003, Lex iniusta non est lex - Ist unethisches Recht ungültiges Recht?, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/12237