Der Begriff der Globalisierung gehört seit einigen Jahren zu den zentralen Begriffen, um die ökonomische, soziale und politische „Entgrenzung“ von Problemen und Handlungs-zusammenhängen zu diskutieren. Laut allgemein geteilter Meinung der Sozialwissenschaftler sind der Nationalstaat und seine repräsentative Demokratie in den Sog der Globalisierung gekommen. Die Grenzen nationaler Staatlichkeit sind durch die Globalisierung aufgebrochen, oder zumindest relativiert worden: Auslandsreisen nehmen zu, der Welthandel wächst schneller als die Volkswirtschaften und es kommt folglich zu einer Ausweitung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Handlungszusammenhänge über die politischen Grenzen des Nationalstaates hinaus, wovon zunächst alle demokratischen Nationalstaaten entscheidend profitiert haben.
Heute aber ist der Prozess der Globalisierung – oder Denationalisierung wie ihn einige Wis-senschaftler nennen – für viele Furcht einflößend. Das gleichzeitige Auftreten von Krisenerscheinungen in fast allen OECD-Ländern legt für Michael Zürn die Vermutung nahe, dass die Ursachen jenseits der einzelnen Länder liegen. Wie wäre es sonst zu erklären, dass sie zur selben Zeit auftreten, obwohl die ökonomischen, aber auch die politisch-institutionellen und kulturellen Unterschiede sehr groß sind? Als Ursache für die Krise wird also angeführt, dass die Reichweite der Gültigkeit von nationalstaatlichen Regelungen die realen Grenzen des betroffenen Handlungszusammenhangs als Folge der gesellschaftlichen Globalisierung häufig unterschreitet (vgl. Zürn, 1998, S. 10).
Das Ziel dieser Arbeit wird sein, anhand sechs ausgewählter Ansätze, einen Überblick der Forschung zu den Globalisierungsfolgen für den Nationalstaat und seine Demokratie zu geben. Es werden ausgewählte politische Gegenwartsdiagnosen aus zwei Kategorien dargestellt und anschließend auf ihre Herangehensweise und Aussagekraft verglichen. Die Kategorisierung folgt einer Einteilung von Stefan Lange, der das Spektrum der politischen Gegenwartsdiagnosen in Ökonomisierungs-, Politisierungs-, Kulturalisierungsthesen und Thesen der reziproken Fragmentierung unterteilt hat (vgl. Lange, 2002).
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der demokratisch verfasste Nationalstaat als politische Ordnungsform der Moderne
- Politische Dimension der Globalisierung
- Ökonomisierungsthesen
- Zygmunt Baumann
- Jürgen Habermas
- Kenichi Ohmae
- Politisierungsthesen
- Ulrich Beck
- Anthony Giddens
- Michael Zürn
- Ökonomisierungsthesen
- Vergleich der Thesen
- Inhaltliche Konkurrenz oder Komplementarität
- Methodologische Konkurrenz oder Komplementarität
- Validität der politischen Gegenwartsdiagnosen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen der Globalisierung auf den Nationalstaat und seine Demokratie. Sie vergleicht ausgewählte politische Gegenwartsdiagnosen, die die Globalisierung entweder als Ökonomisierung oder Politisierungsprozess beschreiben. Ziel ist es, einen Überblick über die Forschung zu diesem Thema zu geben und die unterschiedlichen Ansätze zu analysieren.
- Der demokratisch verfasste Nationalstaat als Ordnungsmodell der Moderne
- Ökonomisierungsthesen zur Globalisierung
- Politisierungsthesen zur Globalisierung
- Vergleich der Ökonomisierungs- und Politisierungsthesen
- Bewertung der dargestellten Gegenwartsdiagnosen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema Globalisierung und deren Auswirkungen auf den Nationalstaat ein. Sie beschreibt den Wandel der Wahrnehmung der Globalisierung von anfänglichem Optimismus hin zu gegenwärtiger Besorgnis und benennt das Ziel der Arbeit: den Vergleich verschiedener Thesen zur Globalisierung.
Der demokratisch verfasste Nationalstaat: Dieses Kapitel beschreibt den demokratisch verfassten Nationalstaat als Ausgangspunkt der Analyse, basierend auf der Drei-Elemente-Lehre (Staatsgebiet, Staatsvolk, Staatsgewalt) und dessen wohlfahrtsstaatlicher Ausrichtung.
Politische Dimension der Globalisierung: Dieses Kapitel stellt Ökonomisierungsthesen (Baumann, Habermas, Ohmae) und Politisierungsthesen (Beck, Giddens, Zürn) vor, ohne detailliert auf deren Inhalte einzugehen.
Vergleich der Thesen: Dieses Kapitel kündigt einen Vergleich der vorgestellten Thesen bezüglich ihrer inhaltlichen und methodologischen Aspekte an.
Schlüsselwörter
Globalisierung, Nationalstaat, Demokratie, Ökonomisierung, Politisierung, Gegenwartsdiagnosen, Baumann, Habermas, Ohmae, Beck, Giddens, Zürn, politische Ordnungsformen, Moderne, Wohlfahrtsstaat.
- Quote paper
- Dipl.-Soz. Gabriele Riedel (Author), 2007, Die Zukunft von Nationalstaat und Demokratie im Zeitalter der Globalisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/120333