Im deutschen Steuerrecht existieren mit der Besteuerung des Einzelunternehmens und der Besteuerung der Kapitalgesellschaft zwei Grundformen der Unternehmensbesteuerung. Der Besteuerung der Personengesellschaft kommt daher eine besondere Bedeutung hinsichtlich ihrer Besteuerung hinzu, da die Personengesellschaft weder ausschließlich nach dem Transparenzprinzip, noch ausschließlich nach dem Trennungsprinzip besteuert wird. Stattdessen hat sich im Laufe der Jahre aus der Rechtsprechung das besondere Besteuerungskonzept der zweistufigen Gewinnermittlung herausgebildet. Somit hat sich der Gesetzgeber für keine der beiden Grundformen entschieden, sondern erschuf ein eigenes Besteuerungskonzept für diese Rechtsform1. Woher diese Besonderheit kommt und wie sie begründet wird, behandle ich im Folgenden. Deshalb gehe ich zunächst näher auf die Begründung der zweistufigen Gewinnermittlung ein, um danach unter Anwendung dieses Wissens die einzelnen Stufen der Gewinnermittlung näher zu betrachten. Des Weiteren bespreche ich, wie es zu einer Zusammenfassung der beiden Stufen kommt und wie einzelne Steuerarten an diese Form der Gewinnermittlung anknüpfen. Ziel dabei ist es zu einem insgesamt besseren Verständnis für die Besonderheit der Besteuerung der Personengesellschaft beizutragen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Problemstellung
2. Die Besteuerung der Personengesellschaft
2.1 Der Begriff der Mitunternehmerschaft
2.2 Die Besonderheit bei der Besteuerung der Personengesellschaft: Die zweistufigen Gewinnermittlung
3. Die zweistufige Gewinnermittlung
3.1 Die erste Stufe der Gewinnermittlung
3.1.1 Die Gesamthandsbilanz
3.1.2 Die Ergänzungsbilanz
3.2 Die zweite Stufe der Gewinnermittlung
3.2.1 Das Sonderbetriebsvermögen
3.2.2 Die Zurechnungsproblematik bei mehreren Geschäftsbetrieben
4. Zusammenfassung der ersten und zweiten Stufe der Gewinnermittlung
5. Thesenförmige Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Problemstellung
Im deutschen Steuerrecht existieren mit der Besteuerung des Einzelunternehmens und der Besteuerung der Kapitalgesellschaft zwei Grundformen der Unternehmensbesteuerung. Der Besteuerung der Personengesellschaft kommt daher eine besondere Bedeutung hinsichtlich ihrer Besteuerung hinzu, da die Personengesellschaft weder ausschließlich nach dem Transparenzprinzip, noch ausschließlich nach dem Trennungsprinzip besteuert wird. Stattdessen hat sich im Laufe der Jahre aus der Rechtsprechung das besondere Besteuerungskonzept der zweistufigen Gewinnermittlung herausgebildet. Somit hat sich der Gesetzgeber für keine der beiden Grundformen entschieden, sondern erschuf ein eigenes Besteuerungskonzept für diese Rechtsform1.
Woher diese Besonderheit kommt und wie sie begründet wird, behandle ich im Folgenden. Deshalb gehe ich zunächst näher auf die Begründung der zweistufigen Gewinnermittlung ein, um danach unter Anwendung dieses Wissens die einzelnen Stufen der Gewinnermittlung näher zu betrachten. Des Weiteren bespreche ich, wie es zu einer Zusammenfassung der beiden Stufen kommt und wie einzelne Steuerarten an diese Form der Gewinnermittlung anknüpfen. Ziel dabei ist es zu einem insgesamt besseren Verständnis für die Besonderheit der Besteuerung der Personengesellschaft beizutragen.
2. Die Besteuerung der Personengesellschaft
2.1 Der Begriff der Mitunternehmerschaft
Die bedeutsamsten Formen der Personengesellschaft sind die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), die Offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG). Zwischen diesen Gesellschaften bestehen zwar zivilrechtliche Unterschiede, im Steuerrecht hingegen erfolgt eine steuerliche Gleichbehandlung dieser Formen gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG2.
Die Gesellschafter dieser Personengesellschaft erzielen gewerbliche Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, wenn die Personengesellschaft gewerblich tätig und der Gesellschafter steuerlich als Mitunternehmer anerkannt ist. Jedoch handelt es sich nicht bei jeder Personengesellschaft automatisch um eine Mitunternehmerschaft. Dies ist lediglich der Fall, wenn deren Gesellschafter als Mitunternehmer i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG anerkannt sind3. Bei dem Begriff des Mitunternehmers handelt es sich um einen speziellen steuerlichen Begriff4, der unabhängig von dem zivilrechtlichen Begriff der Personengesellschaft oder des Gesellschafters besteht5. Damit ein Gesellschafter als Mitunternehmer anerkannt wird, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: der Gesellschafter muss auch zivilrechtlich Gesellschafter der Personengesellschaft sein6. Des Weiteren werden die Entfaltung einer Mitunternehmerinitiative und das Tragen eines Unternehmerrisikos verlangt7. Dabei versteht man unter Mitunternehmerinitiative die Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen und unter dem Unternehmerrisiko die Beteiligung an Gewinn, Verlust sowie an den stillen Reserven inklusive dem Geschäfts- oder Firmenwert8. Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, liegt eine Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG vor9 und die Gewinnanteile der Gesellschafter werden als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert10.
2.2 Die Besonderheit bei der Besteuerung der Personengesellschaft: Die zweistufige Gewinnermittlung
Im deutschen Steuersystem existieren zwei Grundformen der Besteuerung von Unternehmen. Auf der einen Seite steht das Einzelunternehmen, das rechtlich nicht selbständig ist, auf der anderen Seite die Kapitalgesellschaft, die steuerlich voll als eigenständiges Steuersubjekt anerkannt ist11. Die Besteuerung der Personengesellschaft hingegen folgt keiner der beiden Grundformen. Vielmehr hat sich aus einer sich im Zeitablauf geänderten Rechtsprechung12 eine besondere Stellung der Personengesellschaft herausgebildet13. Die alte Rechtsprechung folgte dem Besteuerungskonzept von Einzelunternehmen und wurde vom Transparenzprinzip geleitet14. Aufgrund der Bilanzbündeltheorie wurde eine rechtliche Existenz der Personengesellschaft verneint15. Diese Theorie basierte auf dem Grundprinzip der Vielheit der Gesellschafter16, wonach davon ausgegangen wurde, dass jeder Gesellschafter einen eigenen Gewerbebetrieb führen würde.
Demnach hatte jeder Gesellschafter für seinen Betrieb eine Bilanz aufzustellen und die Bilanz der Personengesellschaft galt lediglich als „Bündel“ der Bilanzen aller Gesellschafter17. Das Problem dieser Sichtweise lag jedoch darin, dass die Personengesellschaft im Gegensatz zu dem Einzelunternehmen Träger eigener Rechten und Pflichten ist. Die Personengesellschaft kann eigenes Vermögen besitzen, so genanntes Gesamthandsvermögen gem. § 718 BGB, § 124 HGB, selbst Rechtsgeschäfte tätigen, klagen und verklagt werden18. Dadurch werden auch Vertragsbeziehungen zwischen der Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern möglich19. Aus diesem Grund hat der BFH Ende der Siebziger Jahre die Bilanzbündeltheorie aufgegeben20 und sich an dem Prinzip der Einheit der Gesellschaft orientiert21. Da die Personengesellschaft Träger eigener Rechte sein kann, wird ihr eine partielle Rechtsfähigkeit im Steuerrecht eingeräumt22 und als Subjekt der Gewinnermittlung anerkannt23. Diese Sichtweise erinnert an das Besteuerungskonzept der Kapitalgesellschaften, da die Personengesellschaft (zumindest teilweise) als Steuersubjekt anerkannt wird.
Jedoch hat sich der Gesetzgeber nicht für eine Besteuerung nach dem Grundprinzip von Kapitalgesellschaften entschieden, da trotz der Aufgabe der Bilanzbündeltheorie das Konzept der Vielheit der Gesellschafter nicht ohne Bedeutung ist24. Denn die partielle Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft bedeutet, dass diese zwar Subjekt der Gewinnermittlung ist, ihre Selbständigkeit jedoch damit endet, dass25 nicht sie, sondern lediglich ihre Gesellschafter Subjekt der Einkommensbesteuerung sind26. Ziel des Gesetzgebers ist es weiterhin die Personengesellschaft dem Einzelunternehmen gleichzustellen, jedoch nur solange dies nicht der Einheit der Personengesellschaft entgegensteht27. Aus diesen Gründen kommt es bei der Besteuerung von Personengesellschaften zu einem Spannungsverhältnis zwischen den Prinzipien der Einheit der Personengesellschaft und der Vielheit der Gesellschafter28, woraus sich die besondere Stellung der Personengesellschaft im deutschen Steuerrecht ergibt29. Aus dieser Besonderheit der Personengesellschaft ergibt sich auch die Erforderlichkeit, den Gewinn der Gesellschafter auf zwei Stufen zu ermitteln30.
Auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung wird der Gewinn zwar bei der Personengesellschaft ermittelt, jedoch anteilig auf deren Gesellschafter zugerechnet und dort gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 1. HS EStG versteuert31. Die Zurechnung des Gewinns auf die Gesellschafter ergibt sich aus der Tatsache, dass nicht die Personengesellschaft, sondern der Gesellschafter selbst Subjekt der Einkommensbesteuerung ist32. Nach der Zurechnung erfolgt außerdem ggf. eine wertmäßige Korrektur des anteiligen Gewinns der Gesellschafter durch eine Ergänzungsbilanz33. Auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung ermitteln sich die Vergütungen, die der einzelne Gesellschafter von der Personengesellschaft durch schuldrechtliche Vertragsbeziehungen bezogen hat. Dabei handelt es sich um Sondervergütungen gem. § 15 Abs.1 S. 1 Nr. 2, 2. HS EStG34. Diese Einkünfte müssen ebenfalls in die Gewinnermittlung einbezogen werden, da aufgrund der teilweisen Berücksichtigung der Vielheit der Gesellschafter Besonderheiten einzelner Gesellschafter zu berücksichtigen und in den Gewinn der Mitunternehmerschaft einzubeziehen sind35. Auf die zwei Stufen der Gewinnermittlung wird im Folgenden näher eingegangen.
[...]
1 Vgl. Jacobs, Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 189.
2 Während die OHG und KG in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ausdrücklich genannt sind, wird die GbR als „andere Gesellschaft“ diesen Gesellschaften gleichgestellt, Vgl. Jacobs, Unternehmensbesteue rung, 2002, S. 190.
3 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 2005, S. 714.
4 Vgl. Kirsch, Besteuerung von Gesellschaften, 2000, S. 77.
5 Vgl. Jacobs, Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 190.
6 Vgl. Niemann, Jahresabschluss, 2008, Rz. 652.
7 Vgl. BFH vom 3.05.1993, Grs 3/92, BStBl. II 1993, S. 616.
8 Vgl. Niemann, Jahresabschluss, 2008, Rz. 653.
9 Vgl. Niemann, Jahresabschluss, 2008, Rz. 651.
10 Vgl. Niemann, Jahresabschluss, 2008, Rz. 652.
11 Vgl. Jacobs, Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 189.
12 Vgl. Jacobs, Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 195.
13 Vgl. Regniet, Ergänzungsbilanzen, 2008, S. 31.
14 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 2005, S. 712.
15 Vgl. Zimmermann et al., Die Personengesellschaft, 2003, S. 105.
16 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 2005, S. 712.
17 Vgl. Regniet, Ergänzungsbilanzen, 2008, S. 32.
18 Vgl. Schreiber, Besteuerung der Unternehmen, 2005, S. 205.
19 Vgl. Lange, Personengesellschaften, 2008, S. 170.
20 Vgl. Regniet, Ergänzungsbilanzen, 2008, S. 33.
21 Vgl. Jacobs, Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 195.
22 Vgl. Jacobs, Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 195.
23 Vgl. Dinkelbach, Ertragsteuern, 2007, S. 105.
24 Vgl. Regniet, Ergänzungsbilanzen, 2008, S. 34.
25 Vgl. Schreiber, Besteuerung der Unternehmen, 2005, S. 206.
26 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 2005, S 712.
27 Vgl. Regniet, Ergänzungsbilanzen, 2008, Regniet S. 34.
28 Vgl. Regniet, Ergänzungsbilanzen, 2008, Regniet S. 32.
29 Vgl. Müller, Steuerliche Gewinnermittlung, 1999, S. 11.
30 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 2005, S. 713.
31 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 2005, S. 713.
32 Vgl. Jacobs, Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 196.
33 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 2005, S. 713.
34 Vgl. Jacobs, Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 196.
35 Vgl. Regniet, Ergänzungsbilanzen, 1990, S. 90.
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- Christian Schöllkopf (Author), 2008, Die zweistufige Gewinnermittlung, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/117636