Zumeist werden phonetische Experimente unter Idealbedingungen durchgeführt, d.h. die
Stimuli, die akustisch präsentiert werden, werden der Versuchsperson möglichst klar und
verständlich präsentiert. Somit versucht man beispielsweise mögliche Fehlerraten, die auf das
reine akustische Verständnis zurückzuführen sind, zu minimieren. In natürlicher
Kommunikation ist es jedoch äußerst selten, dass solche Idealbedingungen vorherrschen.
Vielmehr liegt es oft am Hörer, das Signal über den allgemeinen Geräuschpegel hinweg
herauszufiltern und zu begreifen. In der Regel funktioniert dies ohne Probleme, auch wenn
man sich zum Beispiel an einer vielbefahrenen Straße unterhält. Trotz allem können immer
wieder Missverständnisse auftreten und Wörter falsch verstanden werden. Experimente, die
ein Hintergrundgeräusch simulieren und damit die Sprachwahrnehmung beeinflussen können,
können Aufschlüsse auf die generelle Sprachperzeption geben. Die folgende Studie soll sich
damit beschäftigen, Mißperzeption, also falsch interpretierte Wahrnehmung von Sprache,
unter Einfluss von weißem Rauschen zu analysieren und aufzudecken, welche Prozesse aus
welchem Grund dafür verantwortlich sind.
Hierbei liegt die Konzentration allein auf CVC (Konsonant-Vokal-Konsonant)-Silben, wobei
jede der Komponenten bei einer vorkommenden Mißperzeption genauer untersucht werden
soll, sprich als Onset, Vokal und Coda. Es soll begründet werden, warum bei einer
Mißperzeption beispielsweise ein /p/ anstelle des präsentierten /k/ verstanden wurde und
warum hohe Vokale hinteren überlegen sind, sowie Ursachen beschrieben werden, die zur
Tilgung von Codas führen.
Bisherige Experimente haben bereits Mißperzeptionen von Konsonanten beschrieben (Miller
& Nicely 1955) und kamen zu dem Ergebnis, dass konsonantische Kontraste im Onset
robuster sind als in der Coda und hohe Vokale robuster als hintere Vokale. Pickett (1957)
berichtet von „asymmetrical patterns of confusions“ zwischen hinteren Vokalen, die für ihre
vorderen Gegenstücke gehalten werden, jedoch nicht andersherum. Ergebnisse der Studien
sind beispielsweise, dass Stimmhaftigkeit und Artikulationsart die robustesten Kontraste
bilden, dass jedoch der Artikulationsort anfällig für Verwirrungen bei der Sprachperzeption
ist.
Die genannten Experimente basierten im Gegensatz zu der folgenden Studie auf CV bzw. VC
Silbenstrukturen, wurden aber auch mit Hilfe von weißem Rauschen durchgeführt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Methode
2.1 Versuchspersonen
2.2 Stimuli
2.3 Durchführung
2.4 Analyse
3. Hypothesen und Beobachtungen
4. Diskussion
4.1 Vokaldifferenzen
4.2 Fronting von Vokalen
4.3 Robustheit von Stimmhaftigkeit und Artikulationsart über Artikulationsart
4.4 Vorteil Onset über Coda
4.5 Mißperzeption von stimmlosen Konsonanten
5. Zusammenfassung
6. Appendix
Bibliographie
1. Einleitung
Zumeist werden phonetische Experimente unter Idealbedingungen durchgeführt, d.h. die Stimuli, die akustisch präsentiert werden, werden der Versuchsperson möglichst klar und verständlich präsentiert. Somit versucht man beispielsweise mögliche Fehlerraten, die auf das reine akustische Verständnis zurückzuführen sind, zu minimieren. In natürlicher Kommunikation ist es jedoch äußerst selten, dass solche Idealbedingungen vorherrschen. Vielmehr liegt es oft am Hörer, das Signal über den allgemeinen Geräuschpegel hinweg herauszufiltern und zu begreifen. In der Regel funktioniert dies ohne Probleme, auch wenn man sich zum Beispiel an einer vielbefahrenen Straße unterhält. Trotz allem können immer wieder Missverständnisse auftreten und Wörter falsch verstanden werden. Experimente, die ein Hintergrundgeräusch simulieren und damit die Sprachwahrnehmung beeinflussen können, können Aufschlüsse auf die generelle Sprachperzeption geben. Die folgende Studie soll sich damit beschäftigen, Mißperzeption, also falsch interpretierte Wahrnehmung von Sprache, unter Einfluss von weißem Rauschen zu analysieren und aufzudecken, welche Prozesse aus welchem Grund dafür verantwortlich sind.
Hierbei liegt die Konzentration allein auf CVC (Konsonant-Vokal-Konsonant)-Silben, wobei jede der Komponenten bei einer vorkommenden Mißperzeption genauer untersucht werden soll, sprich als Onset, Vokal und Coda. Es soll begründet werden, warum bei einer Mißperzeption beispielsweise ein /p/ anstelle des präsentierten /k/ verstanden wurde und warum hohe Vokale hinteren überlegen sind, sowie Ursachen beschrieben werden, die zur Tilgung von Codas führen.
Bisherige Experimente haben bereits Mißperzeptionen von Konsonanten beschrieben (Miller
& Nicely 19551) und kamen zu dem Ergebnis, dass konsonantische Kontraste im Onset robuster2 sind als in der Coda und hohe Vokale robuster als hintere Vokale. Pickett (1957) berichtet von „asymmetrical patterns of confusions“ zwischen hinteren Vokalen, die für ihre vorderen Gegenstücke gehalten werden, jedoch nicht andersherum. Ergebnisse der Studien
sind beispielsweise, dass Stimmhaftigkeit und Artikulationsart die robustesten Kontraste bilden, dass jedoch der Artikulationsort anfällig für Verwirrungen bei der Sprachperzeption ist.
Die genannten Experimente basierten im Gegensatz zu der folgenden Studie auf CV bzw. VC Silbenstrukturen, wurden aber auch mit Hilfe von weißem Rauschen durchgeführt.
Robustheit, was heißen soll, dass die eine Gruppe der anderen überlegener, durchsetzungsfähiger und gehaltvoller ist.
Gegenstand der folgenden Studie soll die Beschreibung der Gründe sein, die zu Mißperzeption von Nicht-Wörtern führen. Es wird eine rein phonetische Begründung angestrebt auch bei der Frage, wie weißes Rauschen die Perzeption von Onset- und Coda- Kononanten sowie von hohen und hinteren Vokalen beeinflusst. Es soll untersucht werden, warum Onset-Konsonanten robuster sind als Coda-Konsonanten, warum es teilweise zu Coda- Tilgungen bei der Perzeption kommen kann und wie eine Mißperzeption von hohen und hinteren Vokalen zu Stande kommen kann.
Um eine Untersuchung in diese Richtung anzustellen, werden die Experimente, die von Boothroyd & Nittrouer (1988) und Benkí (2003) für das Englische unternommen wurden, auf das Deutsche ausgeweitet. Benkí (2003) selbst basierte sein Experiment auf die Analyse von Nonsens-Silben-Erkennung für das Englische auf einem Experiment von Boothroyd & Nittrouer (1988), die 120 englische CVC Wörter und 120 CVC Nicht-Wörter benutzten und auch beide Gruppen auswerteten. Benkí benutze hierbei jedoch nur den Datensatz der 120 Nicht-Wörter für seine Studie.
2. Methode
Für die Untersuchung, die für das Deutsche angestellt wird, wird derselbe Datensatz an Nicht- Worten verwendet, wie es auch schon Boothroyd & Nittrouer (1988) in ihrem Versuch unternommen haben. Allerdings verwendeten sie zusätzlich 120 englische CVC Wörter, die sie auch auswerteten. Benkí (2003) jedoch zog für seine Auswertung des Experiments diese Worte nicht in Betracht. Auf eine Auswertung existierender Worte soll auch hier verzichtet werden. CVC-Silben aus dem Datensatz, die im deutschen Sinn als Worte ergeben können, jedoch nicht im Englischen wurden ebenfalls benutzt, um auf ein ausgeglichenes Maß zu gewährleisten (siehe Appendix). Benutzt wurden 10 initiale Konsonanten, 10 Vokale und 10 Coda-Konsonanten.
2.1 Versuchspersonen
50 Versuchspersonen, die Deutsch als Muttersprache sprechen und keinen Hörschaden aufweisen.
2.2 Stimuli
120 Nicht-Wörter, präsentiert in CVC-Silben aus dem Experiment von Boothroyd & Nittrouer (1988) (Appendix) und 120 CVC Wörter des Deutschen. Beide Listen setzen sich zusammen aus denselben Phonemen (10 Onset Konsonanten, 10 Vokale, 10 Coda Konsonanten). Die einzelnen Phoneme werden in einem gleichartigen Verhältnis verwendet.
Die Stimuli werden aufgezeichnet und in den Kontext „Bitte schreiben Sie … auf“ eingebracht.
2.3 Durchführung
Zunächst wird ein kleiner Teil der Teilnehmer (ca. 8) getestet, um die Lautstärken des Rauschens, das über die Stimuli gelegt werden soll, zu bestimmen. Dabei sollte man darauf achten, ein gesundes Maß zu finden, bei dem die verschiedenen Rauscharten weder zu übertrieben noch zu vernachlässigbar sind. Benkí hat 4 S/N (Signal/Noise) Varianten benutzt, die bei -14dB, -11dB, -8dB und -5dB lagen.
Die Versuchspersonen werden darüber unterrichtet, dass sie verschiedene CVC-Stimuli präsentiert bekommen, wobei manche davon reelle Wörter des Deutschen sind, andere jedoch Nicht-Wörter. Die Teilnehmer werden angewiesen, das Gehörte in deutscher Orthographie in einen Computer zu tippen. Dabei können sie sich selbst korrigieren, jedoch den Input nicht erneut hören. Durch Drücken der Enter-Taste wird der nächste Stimulus aktiviert. Der Computer informiert die Versuchsperson, ob eine Liste an Nicht-Worten oder deutschen Wörtern als nächstes präsentiert wird, sucht diese jedoch per Zufall aus und präsentiert die Listen in 10er Blocks.
Ausgewertet werden nur die Ergebnisse der Nicht-Wörter.
[...]
1 in Benkí 2003, ebenso Pickett (1957)
2 Benkí (2003) spricht bei Überlegenheitskontrasten zwischen verschiedenen Konsonant- bzw. Vokaltypen von
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- B.A. David Spitzl (Author), 2007, Perzeption von CVC-Nichtwörtern über weißem Rauschen im Deutschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/114300